Die 20:80-Gesellschaft. Weltenlenker unterwegs zu einer anderen Zivilisation
John Cage, Topmanager bei der US-Computerfirma Sun Microsystems, stößt
die Debattenrunde über „Technologie und Arbeit in der globalen Wirtschaft"
an. „Jeder kann bei uns so lange arbeiten, wie
er will, wir brauchen auch keine Visa für unsere Leute aus dem
Ausland", erklärt Cage knapp. Regierungen und deren Vorschriften für
die Arbeitswelt seien bedeutungslos geworden. Er beschäftige, wen
er gerade brauche, derzeit bevorzugt ,,gute Gehirne in Indien", die so
lange arbeiten, wie sie können. Aus allen Erdteilen erhalte die Firma
per Computer Bewerbungen, die für sich sprächen. „Wir stellen
unsere Leute per Computer ein, sie arbeiten am Computer, und sie werden
auch per Computer wieder gefeuert. Wir holen uns ganz einfach die Cleversten.
Mit unserer Effizienz konnten wir den Umsatz seit unserem Beginn vor 13
Jahren von null auf über sechs Milliarden Dollar hochjagen.“ Selbstzufrieden
wendet sich Cage an einen Tischnachbarn und schmunzelt: „Das hast du längst
nicht so schnell geschafft, David." Der Angesprochene ist David Packard,
Mitbegründer des High-Tech-Riesen Hewlett-Packard. Der greise SeIf-made-Milliardär
verzieht keine Miene. Mit hellwachem Verstand stellt er lieber die zentrale
Frage: „Wie viele Angestellte brauchst du wirklich, John?" ,,Sechs, vielleicht
acht" antwortet Cage trocken. „Ohne sie wären wir aufgeschmissen.
Dabei ist es völlig gleichgültig, wo auf der Erde sie wohnen."
Jetzt hakt der Diskussionsleiter, Professor Rustum Roy von der Pennsylvania
State University, nach: „Und wie viele Leute arbeiten derzeit für
Sun Systems ?“ Cage:“16.000. Sie sind bis auf eine kleine Minderheit Rationalisierungsreserve."
Kein Raunen geht da durch den Raum, den Anwesenden ist der Ausblick
auf bislang ungeahnte Arbeitslosenheere eine Selbstverständlichkeit.
Keiner der hochbezahlten Karrieremanager aus den Zukunftsbranchen und Zukunftsländern
glaubt noch an ausreichend neue ordentlich bezahlte Jobs auf technologisch
aufwendigen Wachstumsmärkten in den bisherigen Wohlstandsländern
- egal, in welchem Bereich.
Die Zukunft verkürzen die Pragmatiker im Fairmont auf ein Zahlenpaar
und einen Begriff: „20 zu 80" und ,,tittytainment".
20 Prozent der arbeitsfähigen Bevölkerung würden im
kommenden Jahrhundert ausreichen, um die Weltwirtschaft in Schwung zu halten.
„Mehr Arbeitskraft wird nicht gebraucht" meint Magnat Washington SyCip.
Ein Fünftel aller Arbeitsuchenden werde genügen, um alle Waren
zu produzieren und die hochwertigen Dienstleistungen zu erbringen, die
sich die Weltgesellschaft leisten könne. Diese 20 Prozent werden damit
aktiv am Leben, Verdienen und Konsumieren teilnehmen - egal, in welchem
Land. Das eine oder andere Prozent, so räumen die Diskutanten ein,
mag noch hinzukommen, etwa durch wohlhabende Erben. Doch sonst? 80 Prozent
der Arbeitswilligen ohne Job?
„Siche“, sagt der US-Autor Jeremy Rifkin, Verfasser des Buches „Das
Ende der Arbeit",
die unteren 80 Prozent werden gewaltige Probleme bekommen." Sun-Manager
Cage legt noch einmal nach und beruft sich auf seinen Firmenchef Scott
McNealy: Die Frage sei künftig ,,to have lunch or be lunch"' zu essen
haben oder gefressen werden.
In der Folge beschäftigt sich der hochkarätige Diskussionskreis
zur „Zukunft der Arbeit" lediglich mit jenen, die keine Arbeit mehr haben
werden. Dazu, so die feste Überzeugung der Runde, werden weltweit
Dutzende Millionen Menschen zählen, die sich bislang dem wohligen
Alltag in San Franciscos Bay Area näher fühlen durften als dem
Überlebenskampf ohne sicheren Job. Im Fairmont wird eine neue Gesellschaftsordnung
skizziert: Reiche Länder ohne nennenswerten Mittelstand - und niemand
widerspricht.
Vielmehr macht der Ausdruck ,,tittytainment" Karriere, den der alte
Haudegen Zbigniew Brzezinski ins Spiel bringt. Der gebürtige Pole
war vier Jahre lang Nationaler Sicherheitsberater von US-Präsident
Jimmy Carter, seither beschäftigt er sich mit geostrategischen Fragen.
„Tittytainment“, so Brzezinski, sei eine Kombination von ,,entertainment"
und ,, tits", dem amerikanischen Slangwort für Busen. Brzezinski denkt
dabei weniger an Sex als an die Milch, die aus der Brust einer stillenden
Mutter strömt. Mit einer Mischung aus betäubender Unterhaltung
und ausreichender Ernährung könne die frustrierte Bevölkerung
der Welt schon bei Laune gehalten werden.
,,Der richtige Orkan"
Deutschland im Jahr 1996: Mehr als sechs Millionen Arbeitswillige finden
keine feste Anstellung - mehr als je zuvor seit Gründung der Bundesrepublik.
Die durchschnittlichen Nettoeinkommen der Westdeutschen sinken seit fünf
Jahren. Und dies sei, so künden die Auguren aus Regierung, Wissenschaft
und Unternehmen, erst der Anfang. Mindestens 1,5 Millionen weiterer Jobs
werden allein in der Industrie im kommenden Jahrzehnt gestrichen, prognostiziert
der führende Unternehmensberater der Republik, Roland Berger, ,,obendrein
vermutlich jeder zweite Arbeitsplatz im mittleren Management". Sein Kollege
Herbert Henzler, Chef der deutschen Filiale der Beratungsfirma McKinsey,
geht noch weiter: ,,Die Industrie wird den Weg der Landwirtschaft nehmen",
prophezeit er. Die Warenproduktion biete zukünftig nur noch für
wenige Prozent der Erwerbsbevölkerung Lohn und Brot. Die von Ökonomen
und Politikern verbreiteten Erklärungen für den Niedergang gipfeln
stets in einem Wort: Globalisierung. High-Tech-Kommunikation, niedrige
Transportkosten und grenzenloser Freihandel lassen die ganze Welt zu einem
einzigen Markt ver-schmelzen, lautet die stets wiederkehrende These. Dies
schaffe harte globale Konkurrenz, auch auf dem Arbeitsmakt. Deutsche Unternehmen
würden neue Arbeitsplätze nur noch im billigeren Ausland schaffen.
Vom Konzernchef bis zum Arbeitsminister kennt die Führungsriege der
Republik nur eine Antwort: Anpassung nach unten. Unentwegt sind die Bürger
einer Kakophonie aus Verzichtsforderungen ausgesetzt. Die Deutschen arbeiten
zu wenig, beziehen zu hohe Einkommen, machen zuviel Urlaub und feiern zu
oft krank, behauptet ein Chor aus Verbandsfunktionären, Ökonomen,
Sachverständigen und Ministern. Publizistische Helfer bei Presse und
Fernsehen assistieren. Die ,,westliche Anspruchsgesellschaft kollidiert
mit ehrgeizigen asiatischen Verzichtsgesellschaften", schreibt die Frank-furter
Allgemeine Zeitung, der Wohlfahrtsstaat sei ,,zur Zukunftsbedrohung geworden",
ein ,,Mehr an sozialer Ungleichheit ist unausweichlich". Selbst der deutsche
Bundespräsident Roman Herzog sekundiert mit Einstimmungsreden ans
Volk. Der Wandel sei ,,unausweichlich. Jeder wird Opfer bringen müssen."
Da hat er allerdings etwas falsch verstanden. Es geht keineswegs um notwendige
Opfer für alle in Zeiten der Krise. Kürzung der Lohnfortzahlung
bei Krankheit, Aufhebung des Kündigungsschutzes, radikale Schnitte
bei allen Sozialleistungen und Lohnsenkung trotz steigender Produktivität
sind kein Krisenmanagement mehr. Die Reformer im Zeichen der GIobalisierung
kündigen vielmehr den ungeschriebenen Gesellschaftsvertrag der Republik,
der die soziale Ungleichheit durch Umverteilung von oben nach unten in
Grenzen hielt. Das Modell des europäischen Wohlfahrtsstaats habe ausgedient,
propagieren sie, im weltweiten Vergleich sei er nun zu teuer. Die Betroffenen
verstehen sehr wohl. Gewerkschaften und Wohlfahrtsverbände senden
einen Aufschrei der Empörung durch die Republik. Selbst die sonst
konservative IG Chemie droht mit flächendeckenden Streiks, und Dieter
Schulte, Vorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbundes, warnt vor „Verhältnissen",
denen gegenüber der französische Massenausstand im Dezember 1995
,,ein müder Auftakt war".
Doch die Verteidiger des Sozialstaats kämpfen auf verlorenem Posten.
Zwar sind viele Argumente ihrer Gegner einfach falsch. Per Saldo schaffen
Deutschlands Konzerne im Ausland kaum zusätzliche Jobs sondern kaufen
zumeist nur dortige Unternehmen, um anschließend die Belegschaft
auszudünnen und regionale Märkte zu versorgen. Auch sind die
Soziallasten in Deutschland keineswegs explodiert, ihr Anteil am Bruttosozialprodukt
war 1995 sogar geringer als 20 Jahre zuvor. Was wirklich trifft, ist dagegen.
der stete Verweis auf die Politik der anderen, bisherigen Industrieländer.
Staatsausgaben kürzen, Löhne senken und Sozialleistungen streichen,
das Programm ist von Schweden über Osterreich bis Spanien im Kern
gleich. Und überall endet der Protest in Resignation.
Der Internationalismus, einst eine Erfindung sozialdemokratischer Arbeiterführer
gegen kapitalistische Kriegstreiber, hat längst die Seiten gewechselt.
Weltweit spielen über 40.000 transnationale Unternehmen aller Größenordnungen
ihre Beschäftigten ebenso wie die Staaten gegeneinander aus. 40 Prozent
Steuern auf Kapitalerträge in Deutschland? Viel zuviel, Irland gibt
sich mit zehn Prozent zufrieden, Malaysia und einige US-Bundesstaaten verzichten
sogar fünf oder zehn Jahre lang ganz auf Abgaben. 45 Mark für
die Facharbeiterstunde? Viel zu teuer, die Briten arbeiten für weniger
als die Hälfte, die Tschechen für ein Zehntel. Nur 33 Prozent
Investitionszulage für neue Fabriken in Italien? Viel zuwenig, in
Ostdeutschland legt der Staat gerne 80 Prozent dazu. In einer globalen
Zangenbewegung hebt die neue Internationale des Kapitals ganze Staaten
und deren bisherige gesellschaftliche Ordnung aus den Angeln. An der einen
Front droht sie mal hier, mal dort mit Kapitalflucht und erzwingt so drastische
Steuerabschläge sowie milliardenschwere Subventionen oder kostenlose
Infrastruktur. Wo das nicht wirkt, hilft Steuerplanung im großen
Stil: Gewinne werden nur noch in den Ländern ausgewiesen, wo der Steuersatz
auch wirklich niedrig ist. Weltweit sinkt der Anteil, den Kapitaleigner
und Vermögensbesitzer zur Finanzierung staatlicher Aufgaben beitragen.
Auf der anderen Seite fahren die Lenker der globalen Kapitalströme
das Lohnniveau ihrer steuerzahlenden Beschäftigten kontinuierlich
nach unten. Auch die Lohnquote, der Anteil der Lohnbezieher am gesellschaftlichen
Reichtum, sinkt im Weltmaßstab. Keine Nation allein vermag sich dem
Druck entgegenzustellen. Das Modell Deutschland, kommentiert der US-Ökonom
Rüdiger Dombusch, werde im transnationalen Wettbewerb nun ,,regelrecht
abgekocht". Börsenkurse und Konzerngewinne steigen mit zweistelligen
Raten, während Löhne und Gehälter sinken. Gleichzeitig wächst
die Arbeitslosigkeit parallel mit den Defiziten der öffentlichen Haushalte.
Niemand benötigt besondere ökonomische Kenntnisse, um zu verstehen
was geschieht: 113 Jahre nach dem Tod von Karl Marx steuert der Kapitalismus
wieder in jene Richtung, die der revolutionäre Ökonom für
seine Zeit so trefflich beschrieb. ,,Die allgemeine Tendenz der kapitalistischen
Produktion ist, den durchschnittlichen Lohnstandard nicht zu heben, sondern
zu senken oder den Wert der Arbeit bis zu seiner Minimalgrenze zu drücken",
referierte er 1865 vor dem Generalrat der I. Internationale in London -
und ahnte nicht, daß der Urkapitalismus dereinst demokratisch gezähmt
werden würde. Doch nach den Reformen des sozialdemokratischen Jahrhunderts
bahnt sich nun eine Gegenreform von historischer Dimension an: Rückwärts
geht es in die Zukunft, und Gewinner wie Heinrich von Pierer, der Chef
des Weltkonzerns Siemens, triumphieren: ,,Der Wettbewerbswind ist zum Sturm
geworden, und der richtige Orkan steht uns noch bevor." Die Wortwahl Pierers
und anderer Bannerträger des neuen Globalismus soll glauben machen,
bei alledem handele es sich um einen gleichsam naturgegebenen Prozeß,
Ergebnis eines unaufhaltsamen technischen und wirtschaftlichen Fortschritts.
Das ist Unsinn. Die globale wirtschaftliche Verflechtung ist keineswegs
ein Naturereignis, sondern wurde durch zielstrebige Politik bewußt
herbeigeführt. Vertrag für Vertrag, Gesetz für Gesetz waren
es immer Regierungen und Parlamente, deren Beschlüsse die Barrieren
für den grenzüberschreitenden Verkehr von Kapital und Waren beseitigt
haben. Von der Freigabe des Devisenhandels über den europäischen
Binnenmarkt bis zur fortwährenden Ausdehnung des Welthandelsabkommens
GATT haben Regierungspolitiker der westlichen Industrieländer systematisch
jenen Zustand selbst heraufbeschworen, mit dem sie nun nicht mehr fertig
werden.
Demokratie in der Falle
Doch der ,,Turbo-Kapitalismus", dessen weltweite Durchsetzung jetzt
unaufhaltsam scheint, zerstört die Grundlagen seiner Existenz: Den
funktionsfähigen Staat und demokratische Stabilität. Das Tempo
der Veränderung und die Umverteilung von Macht und Wohlstand erodieren
die alten sozialen Einheiten schneller als das Neue sich entwickeln kann.
Die bisherigen Wohlstandsländer verzehren die soziale Substanz ihres
Zusammenhalts, schneller noch als die ökologische. Neoliberale Ökonomen
und Politiker predigen der Welt das ,,amerikanische Modell“, doch diese
Parole gleicht furchterweckend der Propaganda der DDR-Regierung, die bis
zu ihrem Ende von der Sowjetunion das Siegen lernen wollte. Schließlich
wird der gesellschaftliche Zerfall nirgendwo deutlicher als im Ursprungsland
der kapitalistischen Gegenrevolution, den USA: Die Kriminalität hat
epidemische Ausmaße angenommen. Im Bundesstaat Kalifornien, für
sich genommen die siebtgrößte Wirtschafismacht der Erde, übersteigen
die Ausgaben für die Gefängnisse den gesamten Bildungsetat. Schon
28 Millionen Amerikaner, mehr als zehn Prozent der Bevölkerung, haben
sich in bewachten Hochhäusern und Siedlungen verschanzt. Für
private bewaffnete Wächter gehen die US-Bürger doppelt soviel
Geld aus wie ihr Staat für die Polizei.
Aber auch Europa und Japan, China und Indien spalten sich in eine Minderheit
von Gewinnern und eine Mehrheit von Verlierern. Für viele hundert
Millionen Menschen gilt: Der globalisierte Fortschritt ist gar keiner.
Wie ein Hohn muß für sie die Formel klingen, welche die Regierungschefs
aus den sieben führenden Industrienationen zum Leitmotiv ihres G-7-Gipfels
Ende Juni 1996 in Lyon erhoben: ,,Aus der Globalisierung einen Erfolg zum
Nutzen aller machen“.
So trifft der Protest der Verlierer auf Regierungen und Politiker,
deren Gestaltungsmacht kontinuierlich schrumpft. Egal, ob soziale Gerechtigkeit
hergestellt oder die Umwelt geschützt werden muß, ob Medienmacht
begrenzt oder die internationalisierte Kriminalität bekämpft
werden soll: stets ist der einzelne Nationalstaat überfordert, und
ebenso regelmäßig scheitert die internationale Konzertierung.
Wenn aber Regierungen in allen existentiellen Zukunftsfragen nur noch auf
die übermächtigen Sachzwänge der transnationalen Ökonomie
verweisen, gerinnt alle Politik zu einem Schauspiel der Ohnmacht, und der
demokratische Staat verliert seine Legitimation. Die Globalisierung gerät
zur Falle für die Demokratie.
Nur naive Theoretiker oder kurzsichtige Politiker glauben, man könne,
wie derzeit in Europa, Jahr für Jahr Millionen Menschen um Jobs und
soziale Sicherheit bringen, ohne dafür irgendwann den politischen
Preis zu bezahlen. Das muß schief geben. Anders als in der betriebswirtschaftlichen
Logik der Konzernstrategen gibt es in demokratisch verfaßten Gesellschaften
keine ,,surplus people“, keine überflüssigen Bürger. Die
Verlierer haben eine Stimme, und sie werden sie nutzen. Kein Grund zur
Beruhigung: Dem sozialen Erdbeben wird das politische folgen. Sozialdemokraten
oder soziale Christen werden so schnell keine neuen Triumphe feiern. Statt
dessen wird sichtbar, wie immer mehr Wähler die stereotypen Formeln
der Globalisierer wirklich ernst nehmen. Nicht wir sind es gewesen, die
ausländische Konkurrenz ist schuld, erfährt der Bürger in
jeder zweiten Nachrichtensendung aus dem Mund derer, die seine Interessen
vertreten sollten. Von diesem - ökonomisch falschen - Argument ist
es nur ein kleiner Schritt zur offenen Feindschaft gegen alles Fremde.
Längst suchen Millionen verunsicherter Mittelstandsbürger ihr
Heil in Fremdenhaß, Separatismus und der Abschottung vom Weltmarkt.
Die Ausgegrenzten antworten ihrerseits mit Ausgrenzung.
Der national-autoritäre Populist Ross Perot fuhr 1992 bei seinem
ersten Antritt zur Präsidentschaftswahl in den USA 19 Prozent der
Stimmen ein. Ähnliche Wahlergebnisse erzielen der französische
Prediger der nationalen Wiedergeburt Jean Marie Le Pen und Österreichs
radikaler Rechtspopulist Jörg Haider. Von Quebec über Schottland
bis in die Lombardei verzeichnen auch Separatisten wachsenden Zulauf. Sie
ergänzen den Kanon des Fremdenhasses um den Zorn auf Zentralregierungen
und die Abgrenzung von den vermeintlichen Kostgängern in ärmeren
Landesteilen. Gleichzeitig wächst in aller Welt die Masse vagabundierender
Migranten, die dem Elend entfliehen wollen.
20:80, die Einfünftelgesellschaft, wie sie die elitären Visionäre
im Fairmont-Hotel für das nächste Jahrhundert ausmalten, folgt
durchaus der technischen und wirtschaftlichen Logik, mit der Konzernführer
und Regierungen die globale Integration vorantreiben. Aber der Welt-Wettlauf
um höchste Effizienz und niedrigste Löhne öffnet der Irrationalität
die Türen zur Macht. Es sind nicht die wirklich Notleidenden, die
rebellieren. Unkalkulierbare politische Sprengkraft entspringt viel mehr
der Furcht vor Deklassierung, die sich jetzt in der Mitte der Gesellschaft
ausbreitet. Nicht die Armut gefährdet die Demokratie, sondern die
Angst davor.
Schon einmal führte die ökonomische Aufhebung aller Politik
in die globale Katastrophe. Geschichte wiederholt sich nicht. Gleichwohl
ist der Krieg noch immer das wahrscheinlichste Ventil, wenn soziale Konflikte
unerträglich werden, und sei es in Form des Bürgerkriegs gegen
ethnische Minderheiten oder abtrünnige Regionen. Die Globalisierung
muß nicht zu kriegerischen Auseinandersetzungen führen, aber
sie kann dazu führen, wenn es nicht gelingt, die entfesselten Kräfte
der transnationalen Ökonomie sozial zu bändigen. Die bislang
formulierten politischen Antworten auf die wirtschaftliche Vernetzung der
Welt verneinen, daß dieser Prozeß überhaupt beherrschbar
sei. Doch es gibt Instrumente und Wege, die Steuerung wieder in die Hand
gewählter Regierungen und ihrer Institutionen zu legen, ohne die Nationen
gegeneinander aufzubringen. Die vornehmste Aufgabe demokratischer Politiker
an der Schwelle zum nächsten Jahrhundert wird die Instandsetzung des
Staates und die Wiederherstellung des Primats der Politik über die
Wirtschaft sein. Geschieht dies nicht, wird die dramatisch schnelle Verschmelzung
der Menschheit durch Technik und Handel schon bald ins Gegenteil umschlagen
und zum globalen Kurzschluß führen. Unseren Kindern und Enkeln
bliebe nur die Erinnerung an die goldenen Neunzigerjahre, als die Welt
noch geordnet schien und das Umsteuern noch möglich war.
Hans-Peter Martin, Dr.jur., Jahrgang 1957, geboren in Bregenz, seit
1986 Spiegel-Redakteur und Korrespondent in Südamerika, derzert in
Wien und Prag, Autor u.a. des Buches ,,Nachtschicht“, Mitautor von „Gesunde
Geschäfte“, „Kursbuch Gesundheit“,“Bittere Pillen“.
Harald Schumann, 1957 geboren in Kassel, von 1984 bis 1986 Redakteur
der TAZ, seit I986 Spiegel-Redakteur und Autor u.a. des Buches „Futtermittel
und Welthunger“
Ihr Buch „Die Globalisierungsfalle. Der Angriff auf Demokratie und Wohlstand“ ist 1996 im Rowohlt Verlag bei Hamburg erschienen.
Mein Kommentar zu o.a. Artikel:
Die o.a. Entwicklung ist tatsächlich abzusehen. Im höheren kosmischen Zusammenhang gesehen ist diese Entwicklung eine Folge der Bemühungen höherer geistiger Welten, die Menschheit vor die Entscheidung zu stellen, sich für oder gegen Gott (alles, was für alle Menschen zum Besten ist) zu entscheiden. Stellt man sich gegen Gott, wird auch diese Entscheidung akzeptiert mit der Folge, daß diese Seelengruppen einen neuen langen Reinkarnations- und Karmazyklus folgen müssen, an dessen Ende sie erneut vor die Entscheidung gestellt werden sich für oder gegen Gott auszusprechen. (Daher die Analogie der Geschichte vom verlorenen Sohn). Es ist wie in der Schule: Man könnte sich theoretisch beliebig oft dazu entscheiden während des Schuljahrs NICHTS zu lernen mit der Folge dieses Schuljahr immer wieder von vorne anzufangen und nie in die nächsthöhere Klasse versetzt zu werden. Das geschieht so lange bis man sich entschließt erstmalig anders zu handeln und aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen.
Die o.a. Topmanager im Fairmont-Hotel haben die hohe Intelligenz die Arbeitslosenentwicklung zu erkennen, sie hätten aber auch die Möglichkeit und die Macht diese Entwicklung zu stoppen und zum Positiven hin abzuändern. Diese Möglichkeit - sozusagen zum Reich Gottes einen positiven Beitrag zu liefern - nehmen sie jedoch nicht wahr sondern ahlen sich noch in ihrer Machtfülle die Entwicklung zu höherer Arbeitslosigkeit zu forcieren und zu bestimmen, wer im Einzelnen nun zu den Arbeitslosen und wer zu den Wohlhabenden gehören soll. Und genau das war ihre Gelegenheit sich für oder gegen Gott auszusprechen.
Für uns stellt sich nun nicht die Aufgabe o.a. Topmanager zu bekehren oder gar zu bekämpfen sondern die Fragewelchen Einfluß die Entwicklung auf uns selbst nimmt. Gehören wir auch zu den Produzenten der Arbeitslosigkeit und Unzufriedenheit? Dann sollten wir nach Lösungen zum Wohle aller und nicht nur weniger suchen - und zwar JEDER EINZELNE von uns in SEINEM EIGENEN Macht- und Einflußbereich.
Manche mögen aus Selbst-Erziehungsgründen den Weg der Schmerzen gehen und alles erleiden, was die Topmanager für die breite Masse billigend in Kauf nehmen. Ich schlage jedoch einen anderen Weg vor:
Die Industrie lebt davon naturentfremdete, künstliche Artikel herzustellen und über subtile Werbung ein Bedürfnis danach bei möglichst vielen Menschen zu erzeugen. Sie lebt davon, daß nur wenige zentral produzieren und handeln. Da sich immer mehr Menschen dem Produktions- und Vermarktungsprozess dieser Industrie als Arbeitnehmer zur Verfügung gestellt haben,haben sie verlernt sich auf ihre eigenen Fähigkeiten zu besinnen (siehe merkawas.htm) und der Natur ihr Vertrauen zu schenken. Um sich von der Abhängigkeit von der Industrie zu lösen, sollte man sich auf seine eigenen Fähigkeiten konzentrieren. Tun Sie das, was Industrien nicht mehr leisten können und leisten wollen: Helfen Sie Ihren Mitmenschen - auch kostenlos - in ihrer REGIONALEN Umgebung. Erlernen Sie die Selbstversorgung und lehren Sie andere die Selbstversorgung. Machen Sie sich unabhängig von einem Stromnetz, von einem Wasserversorgungs- und Abwasserentsorgungsnetz. Machen Sie sich unabhängig von einer Müllabfuhr, von einem Lebensmittelgeschäft. Produzieren Sie ihre eigenen Lebensmittel. Wenn Sie ihr Geld mit etwas verdienen, was die Industrie auch produziert, dann seien Sie nicht unbedingt billiger aber dafür fachlich versierter, machen einen tollen Kundendienst, geben Ihren Kunden Wärme und Anerkennung und seien Sie einfach schneller als der Moloch von Großindustrie: Garantiefälle werden sofort und zuverlässig ohne große Verhandlungen am nächsten Tag erledigt. Verzögerungen werden telefonisch entschuldigt: Wenn Sie Ihre Kunden mögen, dann werden Ihre Kunden Sie auch mögen! „Geben ist seliger denn nehmen!“ Und das drückt sich in Empfehlungen und daraus resultierendem neuem Einkommen aus.
Letztendlich
sind wir jedoch nicht hier um uns gegenseitig Waren und Dienstleistungen
zu vermarkten (je mehr Sie besitzen umsomehr müssen Sie Zeit und Energie
aufwenden, um es zu erhalten oder gar zu vermehren, je weniger Sie besitzen
umso mehr Zeit finden Sie den Sinn Ihrer eigen Existenz zu erfassen und
danach zu leben) sondern um Erfahrungen zu sammeln, Erlebnisse zu haben
und im Umgang von Mensch zu Mensch ein menschenwürdiges Miteinander
zu erlernen, um in unserer Persönlichkeitsentwicklung und Seelenentwicklung
fortzuschreiten, sodaß wir eines Tages Engel und Höheres werden
können und einen Körper nicht mehr brauchen.
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