Aus dem Buch =>Die Botschaft der Krafttiere von Ted Andrews

Der Wolf:

    Schlüsselbegriff: Wächter sein, Loyalität, Ritual und Geist
    Kraftphase: Das ganze Jahr - Vollmond - Dämmerung.
    Wahrscheinlich sind Wölfe unter allen frei lebenden Säugetieren die am meisten mißverstandenen. Es gibt eine Unmenge von Geschichten über den Schrecken, den sie verbreiten und ihre Grausamkeit. Aber trotz vieler anders lautender Geschichten gibt es keinen einzigen bezeugten Bericht darüber, daß ein Mensch von einem gesunden Wolf angegriffen oder getötet wurde. Trotz ihrer negativen Presse sind Wölfe das genaue Gegenteil des Bildes, das von ihnen gezeichnet wird. Sie sind freundlich, gesellig und äußerst intelligent. Ihr Familiensinn ist stark, sie sind loyal und leben nach sorgfältig definierten Gesetzen und Ritualen.
    Wölfe sind der Inbegriff des wilden Geistes. Ihre positiven Merkmale sind so zahlreich, daß es nicht erstaunlich ist, daß die Indianer und andere Völker sie so beinahe vergöttlichten.
    In Nordamerika gibt es mehrere Wolfsarten. Der rote Wolf ist der kleinste von ihnen und ist in der freien Natur möglicherweise schon ausgerottet, allerdings gibt es Bemühungen, ihn wieder einzuführen. Sein Territorium lag im Süden der Vereinigten Staaten. Der mexikanische Wolf ist eine Unterart des weiter verbreiteten grauen Wolfes. Er kommt im Südwesten der Vereinigten Staaten und in Mexiko vor. Er wurde fast bis zur Ausrottung bejagt und soll nun geschützt und gefördert werden. Der arktische Wolf hat sich wahrscheinlich am reinsten erhalten. Da er in einer isolierten Gegend rings um den Polarkreis lebt, konnte er überleben. Am weitesten ist der graue Wolf verbreitet. Heute kommt er nur in Alaska, Kanada und der Gegend rings um die Großen Seen vor. In allen anderen Teilen des Landes wurde er bis zur Ausrottung gejagt. Der graue Wolf ist nicht immer grau, sondern kann auch schwarz, braun, weiß oder verschiedenfarbig sein.
    Das größte Mißverständnis über Wölfe betrifft wahrscheinlich ihre Größe. Sie sind nicht annähernd so groß wie die meisten Menschen es sich vorstellen. Ihr dicker Pelz verleiht ihnen den Anschein von Größe, aber meist entsprechen sie in etwa einem deutschen Schäferhund.
    Wölfe sind sehr ritualistisch - oft in ähnlicher Weise wie Menschen. Sie leben nach sorgfältig definierten Regeln und haben ihre eigenen Territorien, die ihnen heilig sind. Ihr soziales Verhalten basiert auf einer hierarchischen Struktur, in der jeder einzelne Wolf seinen Platz und seine Funktion besitzt. Es gibt ein »Alpha«-Männchen und ein »Alpha«-Weibchen.
    Wölfe kämpfen nicht ohne Not. Meist weichen sie einem Kampf lieber aus. Obwohl sie äußerst stark sind, enden Meinungsverschiedenheiten nur selten in wirklichen Kämpfen. Oftmals genügt ein Blick, eine Haltung, ein Knurren, um Dominanz auszudrücken. Sie brauchen es nicht zu zeigen, sind aber dazu fähig, wenn es darauf ankommt. Das gehört zu den Botschaften der Wolfsmedizin. Der Wolf lehrt uns zu wissen, wer wir sind, und Kraft, Vertrauen und Sicherheit zu entwickeln, damit wir uns nicht zu beweisen brauchen. Wölfe verfügen über ein komplexes Kommunikationssystem, das durch Körpersprache funktioniert. Bewegungen des Kopfes, aufgerichteter Schwanz, unmittelbarer Augenkontakt - all das ist sehr bedeutungsvoll. Die Haltungen sind oftmals subtil, aber jeder Wolf lernt von frühester Kindheit an, wie er sie lesen und auf sie reagieren muß. Der Gesichtsausdruck von Wölfen ist verschiedenartig und dient dazu, anderen Mitgliedern des Rudels die eigene Stimmung zu übermitteln. Wölfe setzen auch die Haltung des Schwanzes ein, um miteinander zu kommunizieren. Meist sind Menschen mit dem Wolf als Krafttier äußerst geschickt darin, ihre Stimmungen durch Gesten, Haltung oder Mimik auszudrücken. Wenn es Ihnen schwerfällt, Ihre Ideen und Gefühle anderen zu übermitteln, so sollten Sie den Wolf erforschen. Er wird Ihnen zeigen, wie Sie Ihre verbalen Mitteilungen durch die entsprechende Körpersprache verstärken können.
    Wölfe besitzen auch ein komplexes System stimmlicher Kommunikation. Sie heulen, winseln, knurren und bellen sogar. Selbst das Heulen, für das sie berühmt sind, hat viele verschiedene Bedeutungen. Es kann ein Signal sein, um andere aus dem Rudel zu rufen oder Mitglieder zu lokalisieren. Es kann auch eingesetzt werden, um sich zu begrüßen oder bestimmte Territorien zu definieren. Und manchmal heulen Wölfe einfach nur zum Spaß. Jedes Rudelmitglied kennt seine Position in bezug auf jedes andere im Rudel. Die ritualisierten Verhaltensweisen in der Wolfshierarchie gehören zu ihrer Magie. Wölfe sind nicht vollständig autokratisch. Sie stehen nicht unter der höchsten Herrschaft des Alpha-Wolfes. Aber sie sind auch nicht demokratisch. Viel mehr gibt es Zeiten, in denen beide Systeme vorkommen, und genau diese Flexibilität trägt zum Erfolg der »Wolfsregierung« bei. Wölfe können also die Lektion der richtigen Führung, eine Balance zwischen Autorität und Demokratie vermitteln. Sie lehren uns, Rituale einzusetzen, um Ordnung und Harmonie in unserem Leben zu erzeugen. Sie helfen uns zu verstehen, daß wahre Freiheit Disziplin erfordert.
    Alpha-Männchen und Alpha-Weibchen paaren sich oft fürs ganze Leben. Die Paarungszeit findet meist im Spätwinter statt, und das weibliche Tier bringt etwa zwei Monate später die Jungen zur Welt.
    Alle Mitglieder des Rudels erweisen den verspielten Welpen große Fürsorge und Zuneigung. Sie sind äußerst tolerant, und wenn Mutter oder Vater unfähig sind, für sie zu sorgen, so werden sie von einem anderen Mitglied des Rudels adoptiert. Manche Wölfe fungieren sogar als Babysitter. Erwachsene Wölfe sind freundlich gegenüber den Welpen und die Wolfsmedizin lehrt Achtung für Familie und Kinder. Im Alter von etwa 22 bis 24 Monaten erreichen Wölfe die sexuelle Reife. Dieses Zeitmuster ist auch für Menschen mit dem Wolf als Krafttier bedeutsam.
    Natürlich sind Wölfe Raubtiere. Ihre Beute besteht meist aus kranken, jungen und alten Tieren. Ihr bevorzugtes Beutetier sind Rehe. Auf einen gesunden, erwachsenen Elch, der sich kraftvoll verteidigt, würden sie dagegen nicht viel Zeit verschwenden. Wölfe legen bei der Jagd große Entfernungen zurück. Sie haben die Kraft, lang und weit zu laufen, manchmal mit einer Geschwindigkeit von bis zu vierzig Kilometern pro Stunde. Diese Schnelligkeit können sie natürlich nicht beliebig lange aufrecht erhalten, aber mit einer Geschwindigkeit von etwa sieben Kilometern pro Stunde können sie schier unendlich traben. Im Winter verwenden Wölfe eingefrorene Seen und Flüsse als Wanderwege und können in einer einzigen Nacht zwischen fünfzehn und fünfundzwanzig Kilometern zurücklegen.
    Meist verzehren sie alles, was sie fangen und füllen sich damit an. Menschen mit dem Wolf als Krafttier sollten alles, was ihnen zur Verfügung steht, nutzen. Manchmal treten Wölfe in Erscheinung, um uns zu sagen, daß wir nichts vergeuden sollten, aber auch, daß wir unseren Geist lebendig halten müssen.
    Der Wolf ist überaus intelligent und verläßt seinen Weg, um Problemen oder Gefahren auszuweichen. Es heißt, daß Wölfe sogar Raben als Kundschafter der Luft einsetzen, um nach möglichen Nahrungsquellen Ausschau zu halten. In der Tradition der Eskimos unterhält der Rabe eine Verbindung zum Elch, und da auch Elche zur Beute von Wölfen werden können, steht der Rabe auch mit ihnen in Verbindung. Oft folgen diese Vögel den Wölfen, sie fliegen voraus, landen auf einem Baum und warten, bis die Wölfe vorbeiziehen, um dann weiterzufliegen.
    Der Wolfsspezialist David Mech berichtet, daß sich manchmal ein spielerisches Verhalten zwischen Wölfen und Raben entwickelt. Deshalb sollten Menschen mit dem Wolf als Krafttier auch den Raben erforschen.
    Wölfe verfügen über außerordentlich scharfe Sinne, am stärksten ist der Geruchssinn entwickelt. Es heißt, daß er etwa hundertmal stärker als der des Menschen ist, und in esoterischen Kreisen wird der Geruchssinn oftmals mit spirituellem Idealismus assoziiert.
    Außerdem verfügt der Wolf über ein hervorragendes Gehör. Bei der Jagd hängt er stark sowohl vom Geruchssinn wie auch vom Gehör ab. Menschen mit dem Wolf als Krafttier sollten auf ihre eigenen Gedanken und Worte hören. Ihre Intuition ist stark. Diese Idee wird durch den dicken Pelz des Wolfes noch unterstrichen, denn Haare sind immer Symbole für übersinnliche Fähigkeiten gewesen. Der Wolf besitzt sowohl ein inneres wie auch ein äußeres Kleid und drückt dadurch die archetypischen Kräfte übersinnlicher Wahrnehmung aus.
    Er ist imstande, rasche und feste emotionale Bindungen einzugehen. Dementsprechend ist das Vertrauen auf die richtige Wahrnehmung und die Sicherung von Bindungen ein Teil dessen, was die Wolfsmedizin lehrt. Der Wolf hilft uns, auf unsere innere Stimme zu hören und uns vor unangemessenen Handlungen zu schützen. Er lehrt und schützt uns, manchmal sanft, manchmal hart, aber immer mit Liebe. Wenn ein Wolf auftaucht, so ist es an der Zeit, den Ritualen des Alltags neues Leben einzuhauchen. Schlagen Sie einen neuen Weg ein, machen Sie sich auf eine neue Reise und übernehmen Sie die Kontrolle über Ihr eigenes Leben. Sie selbst müssen es lenken und immer wieder neu erzeugen. Tun Sie es mit Harmonie und Disziplin, dann werden Sie den wahren Geist der Freiheit erkennen.