Die Europäische Union hätte gerne mehr Wettbewerb bei
der Wasserversorgung in Deutschland. Bislang ist dies weitgehend ein Privileg
der Kommunen. Diese wehren sich gegen eine Liberalisierung und sind damit
nicht allein: Eine Privatisierung der Wasserversorgung gefährde die
Trinkwasserqualität und sorge für steigende Preise, sagen Wettbewerbskritiker.
Es geht um eine einfache Frage: Ist die Wasserversorgung ein Grundrecht
oder ist Trinkwasser eine Handelsware wie jede andere auch. Wolfgang Prangenberg,
Pressesprecher des Verbandes Kommunaler Unternehmen (VKU),
der sich kürzlich auf seiner Verbandstagung in Mannheim mit der Liberalisierung
des Wassermarktes beschäftigte, sieht jedenfalls bei der
EU „einen neuen Gedankengang“ Wasser künftig als Ware anzusehen.
Mit seiner Einschätzung steht er, nicht allein. Das „Handelsblatt“
schreibt: »Eine Liberalisierung und Internationalisierung der Wasserwirtschaft
ist wieder aktuell« Dass sich die EU-Kommission nun der Sache angenommen
hat, lässt Ängste entstehen. »Die Mühlen in der EU
mahlen langsam, aber penetrant«, sagt Prangenberg. Will heißen:
Bislang ist noch jede Idee aus Brüssel in der einen oder anderen Form
umgesetzt worden. Das fürchtet auch der Gemeindetag
Baden-Württemberg. Mehr noch: Die EU wolle, so die Befürchtung,
grundsätzlich in die Selbstverwaltung der Kommunen eingreifen.
Besonders kritisch beäugt werden Pläne aus Brüssel,
die künftig eine europaweite Zwangsausschreibung
für kommunale Dienstleistungen vorsehen. Dadurch könnten sich
die Kommunen selbst die Hände binden, denn das komplizierte Ausschreibungsrecht
läßt dem Ausschreibenden hinterher oft keine Wahlfreiheit mehr.
Das, so das Horrorszenario der Liberalisierungskritiker, könnte Global
Player mit Dumping-Angeboten auf den Plan rufen, die, so argwöhnen
bereits einige Experten, ohnehin schon ein Auge auf den lukrativen deutschen
Wassermarkt geworfen hätten.
Bislang ist die Trinkwasserversorgung in Deutschland ausgesprochen
kleinteilig organisiert. Fast überall halten die Kommunen noch ihren
Daumen drauf, auch wenn der laufende Betrieb schon oft von privaten oder
teilprivaten Dienstleistern organisiert wird - wie von der Badenova (unter
anderem in Freiburg und Lörrach) oder von Regioaqua im Raum Rheinfelden,
an der neben der Badenova auch Energiedienst beteiligt ist.
Häufig ist aber alles noch fest in kommunaler Hand. Ein Beispiel
dafür ist der Wasserverband Südliches Markgräflerland, der
Weil, das vordere Kandertal und Efringen-Kirchen versorgt.
Gerade die kleinteilige Wasserversorgung ist jedoch ,immer wieder
Gegenstand der Kritik - sie sei nicht wirtschaftlich. »Small ist
nicht unbedingt beautiful«, meint Badenova-Sprecher Erich Möck
angesichts 12000 Wasserversorgungsunternehmen in Deutschland. Die Badenova
fürchte den Wettbewerb nicht. Trinkwasserversorgung sei ein kompliziertes
Geschäft, für das man Erfahrung und Ortskenntnisse brauche. Da
könne nicht jeder einfach so von außerhalb daher kommen.
Klemens Drescher, Lenker des Wasserwerks bei den Waldkirchen Stadtwerken,
sieht das genauso: Auf Wasser aus örtlichen Quellen zu setzen, bedeute
Qualitätssicherung. »Die politischen Vertreter der Region werden
es nie zulassen, dass unser Wasser den Bach runter geht«, so Drescher.
Eine Liberalisierung, wie sie auf dem Strommarkt möglich ist, halte
er beim Wasser für undenkbar; »Strom kann auch mal drei Wochen
in der Leitung stehen -Wasser nicht« Karl-Heinrich Jung, technischer
Leiter des Eigenbetriebs Stadtwerke in Emmendingen, wo derzeit Gespräche
über neue Konzessionsverträge für die Gas-, Strom- und Wasserversorgung
laufen, ist sich sicher: »Eine Liberalisierung der Trinkwasserversorgung
wird es nicht geben - sie ist politisch nicht gewollt.«
Erfahrungen in anderen Ländern sprechen eine andere Sprache. In
Großbritannien etwa hat sich die Wasserqualität verschlechtert
- bei steigenden Preisen. Einigen Kunden wurde gar der Hahn zugedreht,
weil sie ihre Rechnungen nicht bezahlen konnten. Bernhard Wiesmeier von
»Menschenrecht Wasser«, einer Initiative von »Brot für
die Welt«, meint, dass die Privatisierung der Wasserversorgung bislang
nirgends die in sie gesetzten Hoffnungen erfüllt habe. Im Gegenteil:
Steigende Preise, Verschlechterung der Wasserqualität und Umweltschäden
seien meist die Folge.