[sfv-rundmail] 14.11.02 Photovoltaik - Königin der Erneuerbaren Energien
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*** Warum die Stromwirtschaft die Photovoltaik fürchtet

50.000 Photovoltaik-Anlagen (PV-Anlagen) speisen in 
Deutschland Strom vom Hausdach ins öffentliche Netz ein; 
und ihre Zahl wächst von Tag zu Tag; in wenigen 
Jahrzehnten können es bereits viele Millionen sein. 
Solarstromeinspeiser werden dann Solarstrom zu einem 
Preis erzeugen, den die Stromversorger in der 
Niederspannungsebene 230/400 Volt mit fossil-atomarem 
Strom nicht mehr unterbieten können.

RWE und Bayernwerk haben bereits im April 1993 eine 
Studie anfertigen lassen, die der Frage auf den Grund 
ging, ob PV-Anlagen auf der grünen Wiese oder ob 
PV-Anlagen auf Gebäuden den Strom billiger erzeugen 
können. Die Studie stellte damals fest, dass die 
Hausanlagen den Strom billiger liefern konnten. Diese 
Erkenntnis hat sich inzwischen weiter befestigt.
Und es besteht keine Aussicht, dass die Stromversorger 
die Hausanlagen in eigener Regie betreiben, denn Dächer 
und Fassaden gehören nun einmal den Hauseigentümern. 

Bei weiterem Fortschritt der Speichertechnik könnten 
Bauherren aus wirtschaftlichen Erwägungen sogar auf die 
Idee kommen, dass sie die teure Errichtung eines 
Stromanschlusses einsparen (dazu unten mehr). Die 
einträglichste Kundengruppe - Haushalts- und 
Gewerbekunden, bisher die Melkkühe der Stromversorger - 
würde dann besorgniserregend schrumpfen; ihr 
Selbstbewusstsein im Umgang mit dem Netzbetreiber wird 
hingegen wachsen. So etwa sehen wohl die Angstträume 
einiger Strom-Manager aus ... Und, ehrlich gesagt, sie 
sind nicht ganz unrealistisch. 

    Zur Zeit wehrt sich die Stromwirtschaft 
    allerdings noch in dreister Verdrehung der 
    Tatsachen mit dem genau entgegengesetzten 
    Argument: Es lohne sich überhaupt nicht, 
    die Photovoltaik weiter zu fördern, denn 
    Solarstrom könne aus Preisgründen niemals 
    konkurrenzfähig werden. Und dieses Argument 
    findet selbst im Kreis von Umweltfreunden 
    gläubige Zuhörer.
 
 

*** Hoher Augenblicks-Preis

Dass die PV auf ewig teuer bleiben würde, und deshalb 
keine Zukunft habe, wird nicht nur vom RWE öffentlich 
verbreitet, sondern von manchen Umweltfreunden 
gedankenlos wiederholt. Auf den ersten Blick scheint 
es ja sogar zu stimmen. 
Gegenüber der Windenergie z.B. liegt die PV noch weit 
zurück. Windenergie ist zehnmal billiger und liefert 
in Deutschland fast 60 mal so viel Strom. Dass dies mit 
der ungleichen Förderintensität zusammenhängt, wird 
leicht übersehen. 

    Betreiber von Windanlagen erhalten in 
    Norddeutschland bereits seit Einführung 
    des StrEG Ende 1990 - also bereits 12 
    Jahre lang - eine kostendeckende Vergütung, 
    während der PV zehn Jahre lang nur ein 
    winziger Bruchteil der notwendigen Vergütung 
    zugestanden wurde. Auch im EEG ist ihre 
    Vergütung nie auf kostendeckende Höhe 
    angehoben worden.

Hier müssen wir gegen eine sich selbst erfüllende 
Prophezeiung ankämpfen: Weil PV angeblich niemals 
wirtschaftlich werden könne, verweigert man ihr die 
kostendeckende Einspeisevergütung, die sie zur Erzeugung 
einer Massennachfrage benötigt, die ihrerseits die 
Voraussetzung für Massenproduktion und Preissenkung
darstellt.
Erste Ansätze für eine Massennachfrage - nach Einführung 
der 99 Pf/kWh bei gleichzeitiger großzügiger Handhabung 
des 100.000-Dächerprogramms - wurden im Frühjahr 2000 
mit der ängstlichen Begründung abgebremst, der Markt 
könne sich überhitzen. So ist es nie zu dem 
erforderlichen Nachfragesog gekommen. Im Gegenteil:
Nachdem die ohnehin nicht ausreichende Mindestvergütung 
des EEG zum 1.1.2002 für Neuanlagen auch noch um fünf 
Prozent abgesenkt wurde, wurden in Deutschland im Jahr 
2002 sogar weniger PV-Anlagen verkauft als im 
Vergleichszeitraum des Vorjahrs. 
Die Firma Bayer hatte schon vorher - als erkennbar 
wurde, dass es keine kostendeckende Einspeisevergütung 
geben würde - ihre ganze Solarabteilung einschließlich 
der Patente weggegeben. Bei anderen Firmen wurde die 
Ausweitung der Produktionsanlagen gestoppt, und Shell 
Solar entlässt jetzt im Herbst 2002 sogar 170 
Mitarbeiter in Helmond und München. Bei Shell Solar 
spricht man offen von einer Überangebotssituation. 

    Die beobachteten geringen Preissenkungen 
    ergeben sich heutzutage also nicht etwa 
    aus einer aufwachsenden Massenproduktion 
    und dem daraus folgenden technischen 
    Fortschritt sondern aus der schwachen 
    Nachfrage; ein typischer Sommerschluss-
    verkaufs-Effekt! 
    Und wann kommt der nächste "Sommer"?
 
 

*** Der Spitzenplatz in der Preiswürdigkeit ist zu erwarten

Die weitere Entwicklung hängt davon ab, welche 
politische Entscheidung getroffen wird. Bei einer 
planbar auf Jahrzehnte angelegten kostendeckenden 
Einspeisevergütung (mit fünfprozentiger Verringerung der 
Vergütungssätze für Neuanlagen, die jeweils im Folgejahr 
ans Netz gehen) ist ein Boom der Photovoltaik zu 
erwarten. Wichtig ist - dies sei hier noch einmal 
betont - dass die jeweils fünfprozentige Absenkung von 
einem ausreichend hohen Ausgangswert, nämlich der 
kostendeckenden Vergütung, ausgehen muss. 
Die Photovoltaik würde unter dieser Bedingung schließlich 
den Spitzenplatz in der Preiswürdigkeit unter allen 
erneuerbaren Energien erobern. Dies ist leicht zu 
begründen: 
    
    Keine der anderen erneuerbaren Energien kommt 
    ohne bewegte Teile aus und benötigt so wenig 
    Wartung, keine der anderen baut auf einem so 
    billigen Rohstoff (Sand) auf , keine der 
    anderen ist so geeignet für die Massenproduktion 
    (Quadratkilometer völlig gleichartiger 
    photovoltaischer Folien oder Qadratkilometer 
    von Fassaden- oder Dachplatten müssen hergestellt 
    werden), kaum eine der anderen kann auf 
    Fundamente verzichten, kaum eine andere hat den 
    Netzanschluss so in erreichbarer Nähe. 

Interessant ist insbesondere die Möglichkeit der 
Mehrfachnutzung. Fast ist es wie im Märchen: Schon 
Hänsel und Gretel waren fasziniert von der Möglichkeit 
der Mehrfachnutzung bei den "Fassadenelementen" des 
Pfefferkuchenhauses. Ein Haus aus Photovoltaikplatten - 
wenn diese nur preiswert genug zu haben sind - wäre für 
energiehungrige Menschen in Gebieten ohne Stromanschluss 
vielleicht noch begehrenswerter. Aus der Tatsache, dass 
PV-Module gleichzeitig architektonische Aufgaben 
übernehmen können, z.B. als Fassaden- oder Dachelement, 
ergibt sich die wichtigste Preisreduktionsmöglichkeit 
für die Photovoltaik. 

Gebäude mit integrierten Photovoltaikanlagen gehören zu 
den schönsten Zweckbauten der letzten Jahrzehnte. Man 
denke z.B. an den Lehrter Stadtbahnhof in Berlin. Die 
Königin der Erneuerbaren Energien trägt - wie es sich 
gehört - auch die schönsten Kleider.
    
    Die bisher üblichen Bauteile zur Abdichtung 
    der Gebäudehülle können eingespart und ihre 
    Kosten der Photovoltaik als Gutschrift angerechnet 
    werden. Aus dieser Überlegung ist auch 
    verständlich, warum Solarstromanlagen auf der 
    grünen Wiese, wo sie keine Mehrfachverwendung 
    finden, einen Irrweg darstellen. 

All diese Vorteile zusammengenommen werden die 
Photovoltaik auf den Spitzenplatz als die billigste 
Stromversorgungstechnik vorrücken lassen und damit die 
Aussage der Enquete-Kommission "Schutz der Erde" des 
11. Deutschen Bundestages - übrigens unter 
CDU/CSU-Vorsitz - bestätigen, wonach die Kosten auf 
unter 10 Cent/kWh sinken würden (Band 2, Seite 198). 
 
 

*** PV-Anlagen - unentbehrlich für die weltweite CO2-Vermeidung

Wenn es die einzige Aufgabe wäre, einen gewissen
Anteil der Energieversorgung in Deutschland auf 
Erneuerbare Energien umzustellen, könnte man sich die 
Markteinführung der Photovoltaik schenken. Dann würde 
die Windenergie als derzeit preiswerteste Erneuerbare 
Energie völlig ausreichen. Doch wer aus 
Klimaschutzgründen eine Vollversorgung mit Erneuerbaren 
Energien erreichen will, kann auf das große Potenzial 
der Photovoltaik nicht verzichten. Er muss außerdem an 
den Aufbau einer umweltfreundlichen Stromversorgung in 
Entwicklungsländern denken. PV-Anlagen sind dafür 
prädestiniert, insbesondere, weil die Sonneneinstrahlung 
dort zumeist noch höher ist und weil PV-Anlagen auch 
ohne Stromnetz arbeiten können. 
Zur Zeit verbietet allerdings der hohe Preis der 
Photovoltaik den Einsatz in den finanzschwachen
Entwicklungsländern. Gerade aus diesem Grund ist eine 
Preisreduzierung durch gezielte Markteinführung bei uns 
so drängend.
 
 

*** Wenn die Sonne nicht scheint?

Eingangs wurde die Sorge der Stromversorger erwähnt, 
dass Betreiber von PV-Anlagen auf die Idee kommen 
könnten, sich vom öffentlichen Stromnetz abzukoppeln. Ob 
dies wirklich geschehen wird, hängt wesentlich von der 
Kostenentwicklung der Energiespeichertechnik ab. 
Wenn es billiger ist, überschüssigen Sommer-Strom aus der 
PV-Anlage bis zum nächsten Frühjahr im eigenen Haus 
zu speichern, ist ein Verzicht auf den Netzanschluss 
denkbar.
Wahrscheinlicher aber ist die Beibehaltung des 
Netzverbundes, welcher europaweit einen je nach 
Wetterangebot und Tageszeit unterschiedlich 
zusammengestellten Mix aller Erneuerbaren Energien ins 
Haus liefert. Hier kommt der Biomasse eine besondere 
Rolle zu.

    Die Biomasse ermöglicht die Kontinuität der 
    Stromversorgung, auch dann, wenn die Sonne 
    nicht scheint und der Wind nicht weht. Sie 
    ist speicherbar und nach Bedarf abrufbar. 
    Umgekehrt erlaubt das Stromnetz den PV-Betreibern 
    im Fall von Solarstromüberschuss, z.B. in 
    den Sommerferien, dass sie ihren Solarstrom 
    gegen Vergütung ins Netz abgeben. 
 
 

*** Kein Flächenverbrauch 

Photovoltaik unterliegt nicht dem Skaleneffekt; d.h. 
auch kleine PV-Anlagen arbeiten mit dem gleichen 
technischen Wirkungsgrad wie die großen. Die benötigte 
Gesamtfläche für einen nennenswerten Anteil 
photovoltaischer Stromversorgung unserer Zivilisation 
lässt sich deshalb aus Millionen kleiner 
Flächenstückchen zusammensetzen. Der Flächenverbrauch 
kann auf ohnehin versiegelte Flächen - Hausdächer, 
Fassaden usw. - beschränkt werden. 
 
 

*** Gesellschaftspolitischer Vorteil der Photovoltaik 

Photovoltaikanlagen sind wegen ihrer Kleinheit und ihres 
zukünftigen geringen Preises Energiegewinnungsanlagen 
nahezu für Jeden. 
    
    Jeder Bürger kann sich ganz persönlich einer 
    wichtigen Aufgabe der Zukunftsvorsorge annehmen; 
    er verliert das Gefühl der politischen Ohnmacht 
    und erreicht einen Informationsstand, der es 
    ihm erlaubt, mitzubestimmen. 

Die überlebenswichtige Frage der zukünftigen 
Energieversorgung kann so auf demokratische Weise 
entschieden werden. Die Königin der Erneuerbaren 
Energien zeigt letzten Endes ihr demokratisches Herz.
 

Mit freundlichen Grüßen
Wolf von Fabeck

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