Prostatavergrößerungen sind ein weitverbreitetes Problem
der reifen Mannesjahre. Durch allmähliche Größenzunahme
drückt die Vorsteherdrüse, die die männliche Harnröhre
umschließt, den Urinstrom ab. Er wird gedrosselt mit zunehmender
Tendenz zur Erdrosselung. Dadurch kann die Blase nur noch gegen Widerstand
mit erheblichem (Druck-)Aufwand entleert werden. Das Loslassen wird anstrengend
und die Blase nicht mehr völlig entleert. Das macht einerseits häufiges
Wasserlassen notwendig und stört so den Schlaf, andererseits verkommt
der Harnstrahl, der Stolz vieler kleiner Jungen, zu einem müden Rinnsal.
Der große Bogen des Loslassens bricht kläglich in sich zusammen,
öffentliche Pissoirs werden peinlich gemieden, denn die (Strahl-)Schwäche
wird demütigend empfunden.
Der stolze Strahl, mit dem kleine Buben wetteifern, wer wohl am weitesten
kommt (im Leben?), dient in dieser frühen Zeit auch dazu, sich auf
nachdrückliche Weise vom, in dieser Hinsicht, entschieden schwächeren
Geschlecht abzusetzen. Hinzu kommt, daß die männliche Haltung
beim Urinieren eine Machtposition ist. Mit breit gespreizten Beinen, wird
der Strahl offensiv nach vorn gerichtet. Der deutsche Begriff »Vorsteherdrüse«
für die Prostata taucht hier auf. Beim Spiel der Buben wird das Glied
gerade zum Sportgerät. Schon die Bibel verwendet den von Luther lautmalend
gewählten Ausdruck »pissen« als ein Symbol männlicher
Stärke. Die entsprechende weibliche Haltung wirkt dagegen eher demütig.
Die Frau hockt sich hin und läßt in gebückter Haltung Wasser.
Wenn diese Unterscheidungsfähigkeit mit fortschreitendem Alter
nachläßt, deutet der Körper an, daß man sich dem
schwachen Geschlecht annähert. Er kann nun sein Wasser nicht mehr
so einfach und im hohen Bogen abschlagen, eine Situation, mit der Frauen
immer leben. Der Organismus macht deutlich, daß die Annäherung
an den weiblichen Pol auf körperlicher Ebene stattfindet. Der Verdacht
liegt nahe, daß die eigentliche Aufgabe, die Annäherung an den
eigenen weiblichen Pol, die Anima, zu kurz kommt und der Körper leben
muß, was die Seele meidet.
Das Symptom zeigt die Aufgabe: Es geht um die Rücknahme männlicher
Größenphantasien. Der Körper macht ehrlich und zwingt dem
Betroffenen die Erkenntnis auf, daß es mit seinem männlichen
Strahl und der diesbezüglichen Ausstrahlung nicht mehr so weit her
ist. Gleichzeitig konkretisiert sich die Aufgabe der Annäherung an
den weiblichen Pol auf übertragener Ebene.
Ein gängiger therapeutischer Hinweis wirft zusätzliches Licht
auf das Krankheitsbild. Aufgabe der Prostata ist es, Flüssigkeit zu
produzieren, damit beim Geschlechtsverkehr alles gut rutscht und die Samen
auf ihrer Reise versorgt sind. Die Größe der Prostata nimmt
folglich durch Entleerung ab. Insofern ist der urologische Rat konsequent,
der regelmäßige sexuelle Betätigung empfiehlt. Ist der
Patient diesbezüglich unwillig oder -fähig, zwingt er den Urologen
selbst Hand anzulegen. Der in den After eingeführte Finger kann Druck
auf die vergrößerte Prostata ausüben und sie durch diese
anale Massage auspressen. Allerdings ist die eigene sexuelle Betätigung
überlegen, weil der Samenerguß entlastend hinzukommt.
Das Krankheitssymptom will den Patienten zwingen, sich mehr auf seine
Sexualität einzulassen. In diesem Zusammenhang ist interessant, daß
in arabischen Kulturen, wo häufige sexuelle Betätigung bis ins
Alter für den wohlhabenden Scheich die Regel ist, keine vergleichbaren
Prostataprobleme auftreten. Andererseits ist die Prostatahyperplasie auch
häufig das Ergebnis von Impotenz. Die Drüse produziert Flüssigkeiten,
die dann nicht mehr verbraucht werden. Sie stauen sich, und der Ausbau
des Stauraums wird nötig.
Das Krankheitssymptom drängt auf mehr Sexualität und damit
zur Anerkennung und Bearbeitung des Themas Polarität. Der Patient
hat es offenbar versäumt, sich ausreichend damit zu beschäftigen.
So muß ihm mehr körperlicher Kontakt zum weiblichen Geschlecht
empfohlen werden und mehr seelischer Kontakt zur eigenen weiblichen Seite.
Mit fortschreitendem Alter werden sich die Schwerpunkte von der sexuellen
Begegnung zu jener mit der Anima verschieben. Dabei wird aber die körperliche
Ebene bei diesem Symptom in dem Maße wichtig bleiben, wie sie bisher
zu kurz gekommen ist. Zusätzlich kann auch der männliche Pol
auf nachträgliche Bearbeitung warten. Die anschwellende Vorsteherdrüse
deutet auch auf die Notwendigkeit von zusätzlichem Wachstum der Männlichkeit
hin. Das große Ziel aber bleibt, den Gegenpol in sich zu verwirklichen,
nicht auf der Ebene des Urinstrahls, sondern auf der geistig-seelischer
Ausstrahlung.
Fragen
1. Inwieweit fühle ich meine männliche Ausstrahlung geschwächt?
Fühle ich mich zu alt und verbraucht zum Sex?
2. Wo kämpfe ich gegen zäh wachsende Widerstände an?
3. Was stimmt mit meinem Loslassen nicht? Wo staue ich etwas an?
4. Bin ich im Leben zu kurz gekommen?
5. Wo habe ich den großen Bogen raus? Wo habe ich ihn aus den
Augen verloren?
6. Welche Rolle spielt das Weibliche in meinem Leben, welche das »schwache
Geschlecht«? Welche die (sexuelle) Begegnung mit ihm?
7.Inwieweit bin ich der Weiblichkeit in mir begegnet?
Das Hüftgelenk ist die Basis unseres Ausschreitens und somit
die Heimat unserer Schritte und Fortschritte im Kleinen wie im Großen,
im Guten wie im Bösen. Jede Reise beginnt mit einem Schritt, und auch
jede Ausschreitung. Schmerzen im Hüftgelenk, zumeist auf eine Arthrose
zurückgehend, verhindern solches Ausschreiten und signalisieren den
Betroffenen, daß nicht mehr mit großen Fortschritten zu rechnen
ist. Sie kommen nur noch unter Schmerzen (im Leben) voran. Neben sogenannten
Abnutzungserscheinungen kommen als medizinische Basis vor allem rheumatische*
Probleme in Frage.
Die Aufgabe wäre, sich in die aufgezwungene Ruhe zu fügen,
anzuerkennen, wie schwer Fortschritt und Bewegung fallen, und statt äußerer
innere Schritte zu tun. Mit dem Eingeständnis, daß die Artikulationsfähigkeit
auf dieser Ebene verloren ist, rücken äußere Ziele in weite
Ferne. Zugleich kann den Betroffenen bei dieser Gelegenheit aufgehen, daß
es möglich bleibt, in der erzwungenen Ruhe innere Ziele zu artikulieren
und auch zu erreichen. Das verbrauchte Gelenk signalisiert in seinem zähen,
wie ungeschmiert anmutenden Lauf, daß äußere Wege zu begrenzen
sind. Die Situation ist festgefahren. Das legt Ruhe nahe. Ist diese tief
genug, wird aus ihr schließlich wieder Bewegung folgen, und zwar
innere.
Der heute gängige Ausweg ist das künstliche Hüftgelenk,
ein ebenso genialer wie entwicklungsfeindlicher Trick, der einem erlaubt,
weiter zu leben, als wäre nichts passiert. Auch hierin liegt noch
die Chance zu Ehrlichkeit, sofern man sich eingesteht, daß der in
Zukunft erzielte Fortschritt ein künstlicher ist, da man strenggenommen
gar nicht mehr auf eigenen Beinen steht. Das legt wiederum nahe, sich von
nun an in äußeren Dingen mehr auf fremde Hilfe zu verlassen
und dafür bei inneren Dingen selbständiger zu werden. Es läßt
sich auch der Hinweis daraus ableiten, daß der äußere
Fortschritt ein künstlich erzwungener sein darf, solange der echte
auf einer anderen Ebene stattfindet.
Fragen
1. Wie bin ich vorangekommen im Leben? Wie ging's vorwärts? Habe
ich nur auf äußere Ziele geachtet? Habe ich sie erreicht?
2. Sind meine Ziele überhaupt auf äußeren Wegen erreichbar?
3. Wo habe ich mich festgefahren oder verrannt?
4. Welche Rolle spielen Ruhe und innere Einkehr für mich?
5. Wo bin ich innerlich gelandet, und wo will ich noch hin?
6. Habe ich gelernt, mich auf äußere Hilfen zu stützen,
sie für meine inneren Bedürfnisse nutzbar zu machen?