An dieser Stelle muß ich mich vom Inhalt distanzieren. Man könnte sonst zurecht meinen, daß ich Kriegsveteranen verehre und Krieg zum Vorbild hätte. Ich will aber nicht anderslautende Meinungen betreffs Jugend unterdrücken und habe deswegen die Ode mit auf die Seite gestellt. Horst
Als wesentlich für den Greisentypus erscheint das Zurücktreten
des Trieb- und Affektlebens gegenüber der Geistigkeit. Infolge der
körperlich geringeren Aktivität löst sich der Greis aus
dem tätigen Leben und nimmt eine zuschauende Stellung, von der aus
er die Welt in Distanz, mit Ruhe und Objektivität sieht. Goethe kennzeichnet
das Greisenalter durch ein "stufenweises Zurücktreten aus der Erscheinung."
Große Erfahrung läßt den Greis das Leben in seinen
typischen Formen sehen; er erkennt, daß unter wechselnden Erscheinungsformen
gewisse "ewige Gesetze" herrschen; daher der Konservativismus des Altrs
im Gegensatz zum naiven Fortschrittsglauben des Jugendlichen.
Das gilt jedoch nur für solche Greise, die sich ein inneres Leben
bewahren. Bei ihnen führt das Zurücktreten aus der Erscheinung
oft zu erhabener Mystik, wie sie sich in den Spätwerken Rembrandts,
Goethes, Ibsens und vieler anderer offenbart. Bei geringen Geistern führt
das Greisenalter häufig zu "Verknöcherung", Erstarren und Unlebendigwerden
des Lebens, zu reaktionärer Gesinnung und nörgelnder Krittelei,
bis dann zuletzt eine Wiederkehr infantiler Lebensformen einsetzt.
In ihrer Gesamtheit stehen die Altersphasen in einem kulturell höchst
wertvollen Ergänzungsverhältnis. Es ist eine Kulturnotwendigkeit,
daß die drei Generationen - Jugend, Reifealter und Greisenalter,
nicht bloß nebeneinander, sondern füreinander wirken, und jede
Generation hat in jeder Zeit ihre besondere Aufgabe.
Die Jugend lebt in der Zukunft, der Mann in der Gegenwart, der Greis
in der Vergangenheit, die er aber für Gegenwart und Zukunft nutzbar
macht. Während in Frühkulturen zumeist das Alter höchste
Ehrfurcht genießt und die meisten noch heute geltenden Respektsbegriffe
(Herr = Hehrere, das Heißt der Ältere) das Alter betonen, nehmen
spätere Kulturen den Mann zwischen Dreißig und Fünfzig
als wahren Repräsentanten der Menschheit, bis dann in ausgesprochenen
Spätkulturen (am stärksten in Amerika) ein Kult der Jugendlichkeit
betrieben wird, also daß man sich des Alters schämt und noch
in späteren Jahren in Gebaren, Kleidung und Lebensformen oft gewaltsam
Jugendlichkeit betont. In Wahrheit hat jede Altersphase ihre Kulturaufgaben
und ihren Wert für die Kulturgemeinschaft.
Der innere Reichtum vieler Menschen beruht darauf, daß sie sich
Jugendlichkeit und sogar eine gewisse Kindlichkeit bis ins hohe Alter bewahren.