Aus dem
=>Buch Rückkehr zur Natur von Masanobu Fukuoka
Eine natürliche Landwirtschaft liefert 200 000 Kilokalorien an
Energie pro Arbeitstag eines Menschen, ohne daß anderweitiges Material
dazu verwendet wird. Das macht ungefähr 100mal 2000 Kilokalorien für
die Versorgung eines Bauern mit einer natürlichen Ernährung.
In der herkömmlichen Landwirtschaft wurde zehnmal soviel Energie verbraucht,
weil man Pferde und Ochsen zum Pflügen der Felder einsetzte, Der Energieaufwand
in Form von Kalorien verdoppelte sich noch einmal mit der beginnenden Mechanisierung
auf kleiner Ebene und verdoppelte sich ein weiteres Mal beim Übergang
zu ausgedehnter Mechanisierung. Diese Entwicklung bescherte uns die energie-intensiven
Landwirtschaftsmethoden von heute.
Große Tiere erscheinen nur dann nützlich, wenn es jemand
eilig mit der Arbeit hat. Wir vergessen gern, daß 1 ha Weideland
notwendig ist, um nur 1 Pferd oder 1 Kuh zu ernähren. Mit so viel
Grund könnten wir 5-1OO Menschen mit Nahrung versorgen, vorausgesetzt,
daß die Kräfte der Natur voll genutzt werden. Die Haltung von
Haustieren hat dem Menschen eindeutig einen hohen Tribut auferlegt. Der
Grund dafür, warum indische Bauern heute so arm sind, ist der, daß
sie zahlreiche Kühe und Elefanten hielten, die ihr ganzes Gras auffraßen,
und deren Dung sie zu Kraftstoff verbrannten. Mit diesen Praktiken haben
sie die Fruchtbarkeit ihres Bodens erschöpft und seine Produktivität
verschlechtert.
Die Landwirtschaft mit Hilfe von Tieren ermöglicht es, bestimmte
Wünsche des Menschen zu befriedigen, vermehrt aber seine Arbeit um
ein Vielfaches.
Obwohl es so aussieht, als nütze diese Form der Landwirtschaft
dem Menschen, macht sie ihn in Wirklichkeit zum Knecht seiner Tiere. Indem
sie Rinder oder Elefanten auf ihrem Hof hielten, wurden japanische und
indische Bauern ärmer, weil sie die Tiere mit den nötigen Kalorien
versorgen mußten.
Bei der mechanisierten Landwirtschaft ist es noch schlimmer. Statt
die Arbeit des Bauern zu verringern, machen die Maschinen ihn zu ihrem
Sklaven. Für den Bauern sind die Maschinen schlimmer als alle Haustiere
zusammen, denn sie verschlingen Unmengen an Kraftstoff und sind eher Verbrauchsgüter
als Investitionsgüter. Auf den ersten Blick scheint eine maschinelle
Landwirtschaft die Produktivität pro Arbeitskraft zu verbessern und
damit das Einkommen zu steigern. Das Gegenteil davon ist jedoch der Fall;
ein Blick auf das Ergebnis der Bodennutzung und den Energieverbrauch zeigt,
daß es sich dabei um eine extrem zerstörerische Form der Landwirtschaft
handelt.
Wenn ein Bauer mit einem Hektar Land einen Traktor mit 30 PS kauft,
vergrößert sich dadurch sein Land nicht wie durch ein Wunder
auf 25 ha. Wenn die bebaute Fläche begrenzt ist, wird durch die Anschaffung
von Maschinen nur die Zahl der benötigten Arbeitskräfte verringert.
Diese überschüssige Arbeitskraft kann anderweitig eingesetzt
werden und dadurch zusätzliches Einkommen verdienen - so jedenfalls
gehen die Überlegungen. Das Problem dabei ist jedoch, daß dieses
zusätzliche Einkommen nicht vom Land kommen kann. Die Erträge
des bestellten Bodens werden sogar wahrscheinlich abnehmen, während
der Energiebedarf in die Höhe schnellt. Am Ende wird der Bauer durch
Maschinen von seinen Feldern vertrieben. Ihr Einsatz mag zwar die Arbeit
auf dem Feld erleichtern, aber seine Einnahmen aus dem Verkauf der Ernte
sind gesunken. Währenddessen sind die zu entrichtenden Steuern nicht
gerade weniger geworden und die Kosten der Mechanisierung steigen sprunghaft
an. So stehen die Dinge für den Bauern.
Daß die wissenschaftliche Landwirtschaft die Zahl der benötigten
Arbeitskräfte verringerte, hat nur dazu geführt, daß die
Bauern vom Land verdrängt wurden. Vielleicht betrachten es die Politiker
und die Verbraucher als Fortschritt, wenn die Agrarproduktion für
die Nation von einer geringeren Zahl von Arbeitskräften bewältigt
werden kann Aber für den Bauern bedeutet diese Entwicklung eine Tragödie,
einen unsinnigen Fehler. Auf jeden Traktorfahrer kommen ich weiß
nicht wieviele Bauern, die gezwungen sind, ihr Land zu verlassen und in
Fabriken Arbeit zu suchen, wo landwirtschaftliches Zubehör und Dünger
hergestellt werden, die gar nicht gebraucht würden, wenn man gleich
natürliche Landwirtschaftbetriebe, Maschinen, Kunstdünger und
Pestizide haben den Bauern der Natur entfremdet. Diese nutzlosen, von Menschen
hergestellten Produkte verbessern nicht die Erträge seines Landes,
aber weil sie ihm als Mittel zu höheren Gewinner und gesteigerter
Produktivität angepriesen werden, glaubt er, ohne sie nicht auskommen
zu können. Ihr Einsatz hat überdies in der Natur schwere Schäden
angerichtet und sie ihrer Kräfte beraubt, so daß dem Menschen
keine andere Wahl bleibt, als große Felder von Hand zu bestellen
oder noch größere Maschinen, hochwirksame Mischdünger und
Gifte einzusetzen. Dieser gleiche Teufelskreis setzt sich endlos fort.
Wissenschaftler stellen sich für die Zukunft Städte unter
kuppelartigen Gewölben mit enormen Heiz- und Klimaanlagen vor, in
denen Ventilatoren das ganze Jahr für angenehme Lebensbedingungen
sorgen. Sie träumen davon, Städte unter der Erde und Siedlungen
auf dem Meeresgrund zu errichten. Aber die Bewohner solcher Städte
würden sterben. Sie hätten die hellen Strahlen der Sonne, die
grünen Felder, die Pflanzen und Tiere und das wohltuende Empfinden
einer sanften Brise auf der Haut vergessen. Der Mensch kann nur mit der
Natur richtig leben.