Wie Jesus erklärt wie man den Lichtstrahl Gottes zu seiner Verteidigung benutzt und welcher Voraussetzungen es bedarf. Desweiteren wehrte er dann den Angriff mehrerer tausend räuberischer Reiter ab und erklärt wie jedermann zum Sohn Gottes wird.
3. KAPITEL
Nach dem Mahle erhoben wir uns von der Tafel, und unsere Gastgeberin
führte uns in den Garten hinaus. Zu unserer Überraschung fanden
wir dort Jesus, Emil, Jast und Bud Rah vor, und wir gesellten uns zu ihnen.
Ein unhörbarer Seufzer der Erleichterung stieg in uns auf, und es
wurde uns bewußt, wie sehr wir uns daran gewöhnt hatten, uns
auf diese Freunde zu verlassen. Es war fast, als wären wir mit stählernen
Banden an sie geschmiedet. Irgendwie spürte ich, daß dies nicht
sein dürfe. Wir mußten notwendigerweise in dem großen
Lebensplan unsere besondere definitive Stellung beziehen und nicht zu bloßen
Drahtpuppen werden. Wir sollten lernen, uns ganz auf eigene Füße
zu stellen und uns auf uns selber zu verlassen, oder unsere Freunde würden
sich andernfalls veranlaßt sehen, diese Bande zu lösen. Später
hat sich unser Führer über diese Angelegenheit frei ausgesprochen.
Es war noch früh am Abend, und der sanfte Schimmer der schwindenden
Sonne tauchte alles in wundervolle Farben, in eine Schönheit, die
man gesehen haben muß, um sie ganz zu würdigen. Kein Lüftchen
regte sich, kein Ton störte die Ruhe, die uns sozusagen einschloß.
Die Furcht vor den Banditen, die uns noch vor kurzen Augenblicken schwer
auf der Seele gelegen hatte, war verschwunden.
Es war still und friedlich. Ein herrliches Gefühl vollkommener
Entspannung herrschte, das nur der kennt, der es erlebt hat. Es war, als
ob wir uns in einem großen Strome sachte sich bewegenden Lichtes
befänden; plötzlich vernahmen wir die Stimme Jesu, aber wortlos.
Ich kann es nur so erklären, daß sie in einem rein rhythmischen,
flutenden, schwingenden Eindruck bestand, nicht in Worten. Die Wirkung,
die als Gedanke zu uns kam, war viel ausdrucksvoller als Worte. Rhythmus
und Kadenz waren unbeschreiblich. Gedanken schienen in uns hineinzuströmen
und in uns Wohnung zu nehmen. Dies war ein völlig neues Erlebnis.
Währenddem Gedanken und Ideen auf solche Weise in uns einströmten,
übertrugen wir dieselben in stenographische Zeichen und übersetzten
sie in Worte und Sätze, die wir später unseren Freunden zeigten,
um uns über ihre Richtigkeit zu vergewissern.
»Wenn ich sage: >Siehe, ein Christus Gottes ist hier<, so
sehe ich vor mir den Gottmenschen. Ich sehe diesen Körper als den
wahren Tempel Gottes, als das vollkommene Werkzeug oder als den vollkommenen
Kanal, durch welchen das große, schöpferische Prinzip strömt
und aus dem es frei hervortritt. Dann ist diese Schöpfung nicht entstellt
in bezug auf Bild, Form und Gottähnlichkeit. ICH BIN GOTT. In dieser
Haltung stehe ich da als Herr jeder Lage, als siegreicher Christus Gottes.
Es ist dieses Ideal, das ich anbete; und was ich anbete, erschaffe
ich. Ich kann Gott nicht hervorbringen, wenn das >ICH BIN< diesen Gott
nicht der ganzen Menschheit zeigen kann. In dieser inneren Haltung steht
der Mensch da als Beherrscher jeder Situation; der Christus triumphiert,
siegt. Gott und der Mensch gehen Hand in Hand und sind EINS. Es gibt nur
ein Prinzip, einen Menschen.«
Jemand von uns fragte nach einigem Nachdenken: »Wie können
wir dieses Licht hervorbringen und es wirklich anwenden lernen?«
Die Antwort darauf kam: »Laßt euren Körper zu einem
Generator werden, durch welchen dieses große, schöpferische,
strahlende Prinzip hindurchströmt. Seht dieses Prinzip als den Ausfluß
aller Macht, wißt, daß es das Prinzip aller Macht ist; dann
wird euer Körper gleich einem elektrischen Generator diese Energie
auffangen und sie verstärken, und ihr werdet sie aussenden wie einen
Strom reinen, weißen Lichtes, dem nichts widerstehen kann; dann kann
auch nichts, was gegen euch gerichtet ist, euch schaden.
Auch könnt ihr mit diesen Lichtstrahlen solch intensive Impulse
elektrischer Energie aussenden, daß der Körper dessen, der euch
zu schaden versucht, zerstört wird. Jeder Widerstand gegen diese Energie
verstärkt augenblicklich ihr Volumen und infolgedessen ihre Schnelligkeit.
Wer Widerstand gegen sie leistet oder den eigenen Willen dagegen zu stemmen
sucht, schadet bloß sich selber. Wer diesem Licht keinen Widerstand
entgegensetzt, wird es in sich wie heilenden Balsam einfluten spüren,
so, wie ihr es jetzt spürt.
Es ist der reine Gottesstrahl, der sich zu jeder Zeit mit demjenigen
eines anderen vermischt, wenn kein Widerstand besteht und er freie Bahn
hat. Seine Schwingung ist die allerhöchste. Darum vibrieren alle in
vollster Harmonie, in vollstem Gleichklang, und es ist nicht möglich,
daß ihnen etwas Böses zustoßen kann, solange sie mit dieser
Gottesschwingung vereinigt sind und solange sie dieser Gottesschwingung
nicht widerstreben. Schwingung ist Leben. Seht ihr nicht, wie ihr allezeit
mit Gott vereinigt seid? Wäre bei solcher Einstellung die Möglichkeit
einer Trennung vorhanden? Die einzig mögliche Trennung ist der Widerstand,
der Disharmonie bewirkt.
Nichts kann euch nahekommen, solange ihr auf dem heiligen Berge steht,
eins mit Gott. Dies ist nicht etwa eine besondere Gunst für einige
wenige, es gilt für alle. >ICH BIN< ist die große, absolute
Ursache oder Quelle, in der jedes Kind mit Gott vereint ist.
Daher leben alle unter DEM GESETZ, nämlich der höchstschwingenden
Gedankenwirkung. Es gibt keine disharmonische Schwingung, die in diese
Sphäre einzudringen vermöchte oder sich diesem Throne nähern
könnte, vor den alle gehören, wo alle zu Hause sind. Dies ist
euer göttliches Reich.
Ihr könnt diese Kraft auch dazu anwenden, falsche und schädliche
Gedanken oder Wünsche, die gegen euch gerichtet werden, zurückzuschicken.
Wenn ihr wollt, könnt ihr diesen weißen Gottesstrahl mit göttlicher
Macht versehen, seine Energie verstärken, und ihr könnt die Energie,
die der Aussender dem Ding oder der Lebensbedingung verliehen hat, die
er euch zudachte, in euern Reflektor auffangen, sie umwandeln und sie ihm
mit der Geschwindigkeit des Lichtes zurückschicken. Wenn ihr sie so
zurücksendet ist sie ein Strahl weißen Lichtes an Stelle der
euch zugesandten niedrigen Schwingungen. Wenn sie den Aussender wieder
erreichen, sind ihre Impulse so stark, daß sie den Körper dessen,
der die niedrigere Vibration zuerst in Bewegung setzte, zerstören
können. Es hat nichts zu bedeuten, ob ihr den Absender oder seinen
Standort kennt, unweigerlich wird die Schwingung zu ihrem Aussender zurückkehren.
Der Tag des Gerichtes und der Vergeltung ist dann gekommen. So wie ihr
gebt, so werdet ihr erhalten, gutes Maß (Gottes Maß), vollgerüttelt
und überfließend.
Ihr könnt die Gottesmacht umgestalten und sie mit solcher Kraft
aussenden, daß sie unwiderstehlich wirkt. Dies sind die Lichtstrahlen,
wie ihr sie aus meinem Körper herauskommen seht. Diese strahlen auch
aus euern Körpern aus; sie sind nur noch nicht so mächtig. Aber
wenn ihr fortfahrt, diese Kraft anzuwenden in Verbindung mit dem Gesetz
oder dem Prinzip, so werdet ihr dieses Licht verstärken, und ihr könnt
die Kraft bewußt leiten, so daß sie euch jeden guten Wunsch
erfüllt.
Als der Künstler mich in Gethsemane darstellte, sah er die Strahlen,
die aus meinem Körper kamen; sie sind nicht vom Himmel auf mich herabgekommen.
Das Licht ist die Gotteskraft, die in meinem Körper erzeugt und von
ihm als Reflektor hinausgesandt wird. Solche Strahlen gehen aus dem Körper
eines jeden, der, gottgleich, in seinem göttlichen Erbteil steht -
der Christus Gottes, der ALLEINIGE.
Dies ist und soll das allgemein gültige Motto für die ganze
Menschheit werden. Kann es noch Zwiespalt geben zwischen Brüdern,
wenn sie zu diesem allumfassenden Einen geworden sind?
Nun macht diesen weißen Strahl lebendig, den Gottesstrahl, durch
den ihr Gotteskräfte ausschickt; erfüllt ihn mit der in Gotteskraft
umgewandelten Energie, die zehntausend- oder zehnmillionenmal größer
ist als diejenige, welche euch zugesandt wurde und die ihr zurücksendet,
je nach euerm Willen; laßt sie zurückkehren auf demselben Pfade,
den die Schwingungen auf ihrem Wege zu euch genommen haben. Wenn der Betreffende
diesen Strahl aufnimmt und ihn als von Gott kommend empfängt, dann
ist aller Schaden, den er euch zufügen wollte, ausgelöscht, verziehen,
vergessen, und weder euch noch dem Aussender des schlimmen Gedankens geschieht
ein Leid. Beide steht ihr Auge in Auge eins mit Gott. An Stelle von Disharmonie
ist völlige Harmonie getreten, ihr seid aufs neue EINS.
Nimmt der Aussender eines bösen Gedankens den weißen Strahl
nicht auf, den ihr in all seiner Macht ausgeschickt habt, so wird sein
Körper zerstört. Dieser reine, weiße Strahl löscht
jede schädliche oder uneinigkeitverursachende Schwingung aus, wenn
ihm erlaubt wird, sein vollkommenes Werk zu tun. Wo ihm widerstanden wird,
gibt es für den, der einen entschiedenen Widerstand leistet, nichts
anderes als absolute Vernichtung. Sein Widerstand fordert GEGEN sich das
ganze schöpferische Prinzip heraus, im Quadrat zur Widerstandskraft,
die er entgegensetzt. Im Quadrat bedeutet also, den Widerstand vervierfachen.
Ihr seht somit, daß das Gute wie das Böse, das ihr aussendet,
in vierfachem Maße zu euch zurückkehrt.
So steht ihr da, als Herr, als Gesetz und gebt Gutes oder Göttliches
für Böses, doch seid auch in dieser Einstellung wahrhaft demütig.
RICHTET NICHT. Teilt jeden Funken von Liebe, der in euch ist, diesem reinen,
weißen Strahl mit und gebt gut acht, daß es reine Gottesliebe
ist, die ihr hervorbringt und aussendet. Wenn ihr dies tut, stehen Legionen
zu eurer Verfügung. Doch seid bescheiden und demütig, folgt willig
dem Lichte nach. Ihr folgt dem reinen Gotteslichte, das Leben, Liebe, Reinheit
und Schönheit ist, ewig und tief.
Es sind in euerm Körper sieben Zentren, die als Reflektoren benutzt
werden können. Ihr könnt veranlassen, daß diese Zentralpunkte
in einem weit stärkeren Maße erglühen als irgendein künstliches
Licht, und wenn ihr dieses Licht aussenden wollt, scheint es heller und
reicht weiter, als irgendein elektrischer Strahl projiziert werden kann.
Wenn ihr alle diese Zentren zu gleicher Zeit zum Glühen bringt,
seid ihr ringsum von einer Rüstung umgeben, die undurchdringlich ist.
Ihr könnt diesen reinen, weißen Gottesstrahl so voll von
Energie aussenden, daß euer Körper tatsächlich heller leuchtet
als die Mittagssonne. Ihr steht da als Herr der Schöpfung, Herr der
Heerscharen. Ihr steht in Wahrheit triumphierend, aber friedlich, liebevoll.
Gott hat seinen Thron in euerm Körper aufgerichtet, und dieser Körper
ist schön, geistig und göttlich.«
Währenddem diese Schwingungen auf uns eindrangen, war das Licht,
das aus dem Körper Jesu und seiner Freunde ausging, außerordentlich
schwer zu ertragen; es schien jedoch jener vibrierende Glanz durch, welcher
flüssigem Golde gleicht. Unsere Augen vermochten alles nur verschwommen
zu sehen, während unsere anderen Sinne alles ganz deutlich wahrnahmen.
Wieder kamen Schwingungseindrücke:
»Auf diese Weise kann man seinen Körper für jedes menschliche
Auge unsichtbar machen, indem man die Gedanken völlig und mit Entschiedenheit
auf den reinen, weißen Gottesstrahl richtet und ihn ausgehen läßt
aus den sieben Zentren zugleich wie aus sieben Reflektoren.
Auch kann man sich selbst auf einen dieser Strahlen begeben
und denen, die einem ein Leid antun möchten, ein beliebiges Bild zeigen.
Ihr könnt diesem Strahl mit der Schnelligkeit des Lichtes folgen und
euch augenblicklich dorthin verfügen, wo ihr zu sein wünscht.
Euer Körper ist allen denen unsichtbar, die nicht über das Menschliche
hinaus- und durch das Menschliche hindurchzuschauen vermögen. Sie
spüren wohl, daß da etwas ist, was sie nicht verstehen, und
so werden sie für jedes Bild empfänglich, das ihr ihnen zu zeigen
wünscht. Was sie nicht verstehen, ist geheimnisvoll oder übernatürlich,
und das, was sich durch Aberglauben oder durch Mißtrauen entwickelt,
wird leicht irregeführt. Darum sendet Liebe denen, die euch Leid zufügen
möchten, dann wird die von ihnen ausgelöste Energie auf sie zurückfallen.
Das Bild der Bosheit, das sie aussandten, spiegelt den niederen
Menschen in ihnen wider, der bekämpft, was er als seinen Feind betrachtet,
in Wirklichkeit aber bekämpfen sie das Bild ihres eigenen niederen
Selbstes. Diese Bilder verwandeln für sie die liebsten Freunde
in Feinde und stellen Bruder gegen Bruder.
Sollte diese Räuberbande auf ihrem angedrohten Überfall
und Raubzug beharren, so wird sie sich selber aufreiben. Jetzt haben die
Räuber noch die Möglichkeit, die Gegend zu verlassen und die
Einwohner nicht weiter zu belästigen. Tun sie das aber nicht, so werden
sie sich gegeneinander kehren und sich selber umbringen. Der Mensch kann
nicht seinen Bruder zu vernichten suchen, ohne sich dasselbe Schicksal
zu bereiten. Wir senden ihnen den reinen, weißen Gottesstrahl zu,
aber wenn sie dieser Liebe in Haß, Bosheit oder Rache widerstreben,
dann verwandeln sie diesen Strahl eigenwillig in eine Flamme, die sie verzehren
wird. Wir brauchen uns nicht zu fürchten. Wir bieten nur unsere Liebe
an und besitzen die Macht nicht, sie zur Annahme zu zwingen. Wenn die Räuber
in Liebe kommen, wird kein weiterer Konflikt bestehen. Unsere Sache ist
bereits gewonnen.«
Als er dies gesagt hatte, rief uns jemand zu, ein Bote nähere
sich dem Dorfe. Wir gingen ihm entgegen; er berichtete, die Räuber
hätten ihre Überfälle aufgegeben und sich in der Entfernung
von zwanzig Meilen im Umkreis vom Tau-Kreuz-Tempel friedlich gelagert,
sie hätten seit dem letzten Hilferuf niemandem etwas getan, weder
den Einwohnern noch deren Besitz, doch behielten sie die Gefangenen als
Geiseln gegen weiteren Widerstand. Er teilte ferner mit, daß andauernd
das Gerücht umginge, das Dorf werde am folgenden oder nächstfolgenden
Tage angegriffen werden, wenn am nächsten Tage der Schatz nicht ausgeliefert
würde.
Der Bote überbrachte Grüße von den Gefangenen. Jeder
einzelne hatte sein Leben zum Schutz des Dorfes angeboten. Man sagte dem
Boten, ein solches Opfer werde nicht nötig werden. Er möge zurückkehren
und den Gefangenen den Dank und die tiefste Anerkennung der Dorfbewohner
für das Anerbieten überbringen.
4. KAPITEL
Mit erneutem Eifer nahmen wir am folgenden Tage unsere Arbeit wieder
auf, nachdem wir alle Furcht aus unseren Gedanken verbannt hatten. Am Morgen
des zweiten Tages beschäftigten wir uns mit einigen der in die Felswand
gehauenen Figuren.
Plötzlich wurde unsere Aufmerksamkeit auf den Wachtposten hingelenkt,
der auf der anderen Seite des Gebirgseinschnittes an erhöhter Stelle
seinen Standort hatte, da, wo sich ihm der weiteste Ausblick bot. Wir sahen
durch unsere Feldstecher, daß er ein Signal ins Dorf hinunter gab.
Bald darauf konnten wir sehen, wie die Einwohner in großer Eile hin-
und herrannten, offensichtlich Schutz suchend in den großen, tiefergelegenen
Schluchten der Berge. Alle Dorfbewohner schienen sehr aufgeregt.
Als wir hinhörten, vernahmen wir das tiefe Dröhnen der anrückenden
Horde. Einer von uns kletterte weiter hinauf, um von einer höhergelegenen
Stelle aus die Lage zu überblicken. Er rief uns zu, er könne
die Staubwolke der anrückenden Reiter sehen, die jetzt am Eingang
des Tales angekommen seien. Wir flüchteten unsere Geräte in eine
nahe Höhle, gingen unserem Gefährten nach und suchten Unterschlupf
in den umliegenden Felsen, von wo aus wir die Bewegungen der Bande beobachten
konnten. Beim Eintritt in die Schlucht machte diese halt; fünfzig
Reiter ritten als Vorhut voraus, dann kamen die andern nach, das Tal herauf,
mit Sporen und Peitschenhieben ihre Pferde zu wildem Galopp antreibend.
Das Aufschlagen und Dröhnen der Hufe auf dem Felsboden, zusammen mit
dem Hohngeschrei, verursachte einen unbeschreiblichen Lärm. Wäre
das Ganze nicht so tragisch gewesen, so hätte diese vorwärtsstürmende,
gewaltige Reitermasse einen großartigen Anblick dargeboten.
Unsere Stellung war sehr vorteilhaft, denn die Felswände standen
beinahe senkrecht, und wir konnten gerade hinuntersehen auf die Räuberbande,
die nun mit der anscheinend unwiderstehlichen Macht einer Sturzwelle aufwärtsstürmte.
Die Vorhut der Eindringlinge war schon an unsern Verstecken vorbeigeritten,
und die Hauptmasse kam schnell heran. Wir richteten unsere Feldstecher
auf das kleine Dorf und bemerkten, daß nun dort eine gewaltige Panik
herrschte.
Einer unserer Gesellschaft, der auf einem Felsvorsprung beschäftigt
war, hörte mit seiner Arbeit auf, um die vordringenden Reiter zu beobachten.
Wir sahen, wie er sich umwandte und durch das Tor schaute, das in den Mittelraum
des Tempels führte.
Dann richteten sich unsere Gläser alle auf die Gestalt Jesu, der
jetzt durch das Tor und ganz weit auf den Felsvorsprung hinaustrat und
einen Augenblick in wundervoller Ruhe dastand.
Dieser Vorsprung war ungefähr achthundert Fuß über
der Stelle, wo wir versteckt waren, und beinahe drei Meilen entfernt. Sogleich
wurden wir gewahr, daß er sprach, und im nächsten Augenblick
kamen die Worte klar und deutlich zu uns. Unser Gefährte auf dem Felsvorsprung
setzte sich nieder und machte, wie ich, stenographische Notizen. Wir verglichen
sie später, und es zeigte sich, daß wir die Worte trotz des
Lärms der sich nähernden Horden genau gehört hatten. Man
sagte uns, daß Jesus nicht mit erhobener Stimme, sondern in seiner
gewohnten sanftklingenden Art gesprochen habe.
Als Jesus zu sprechen anhub, kam über das ganze Dorf und über
seine Bewohner eine vollkommene Ruhe. Dies sind die Worte, von Jesus selbst
ins Englische übersetzt. Es wird allezeit mein heißes Gebet
bleiben, daß ich sie niemals vergesse, und wenn ich zehntausend Jahre
lang leben sollte.
DAS LICHT
»Wie ich so allein dastehe in Deinem großen Schweigen, Gott
mein Vater, leuchtet in meinem Innern ein reines Licht auf und erfüllt
jedes Atom meines Wesens mit seinem großen Glanze. Leben, Liebe,
Macht, Reinheit, Schönheit, Vollkommenheit herrschen in mir. Wenn
ich hineinsehe in das tiefste Innere dieses Lichtes, erblicke ich ein anderes
Licht - klar, sanft, in weißgoldenem Strahlenglanz leuchtend - aufnehmend
und das zärtliche Feuer des größeren Lichtes mütterlich
hegend und aussendend.
Nun weiß ich um meine Göttlichkeit; ich bin eins mit Gottes
Weltall. Leise spreche ich zu Gott, meinem Vater, und nichts vermag mich
zu stören.
STILLE IM SCHWEIGEN
Doch in diesem vollkommenen Schweigen ist Gottes größtes
Wirken. In mir ist Stille, und vollkommenes Schweigen ist um mich. Jetzt
breitet sich das Leuchten dieses Lichtes auf Gottes weitem Weltall aus,
und ich weiß, daß überall Gottes bewußtes Leben
ist. Wieder spreche ich furchtlos: >Ich bin Gott. Ich bin stille und unerschrocken.<
Hoch erhebe ich den Christus in mir und lobpreise Gott. In den Klängen
meiner Musik ertönt leise die Inspiration. Lauter und lauter singt
in mir die Große Mutter von neuem Leben. Lauter und klarer hebt die
Inspiration mit jedem Tag mein bewußtes Denken höher, bis es
im Einklang mit dem Rhythmus Gottes ist. Wiederum erhebe ich den Christus
in mir und horche auf, daß ich die frohen Klänge höre.
Mein Grundton ist Harmonie, und mein Lied besingt Gott, und Gott besiegelt
meinen Gesang als Wahrheit.
SIEHE, ICH BIN VON NEUEM GEBOREN, EIN CHRISTUS IST HIER
Ich bin frei in dem großen Lichte Deines Geistes, Gott, mein Vater.
Auf meiner Stirne ist Dein Siegel. Ich bin bereit.
Hoch halte ich Dein Licht, Gott, mein Vater. Noch einmal sage ich:
>Ich bin bereit<«
Als Jesus zu sprechen aufhörte, ging aus dem Sonnenzentrum seines
Körpers ein blendender Strahl reinen, weißen Lichtes hervor.
Dieser Lichtstrahl dehnte sich aus bis hinunter in das tiefe Felsental
und ein wenig hinein, da, wo die Schlucht sich plötzlich nach links
wandte, gerade vor die Stelle hin, wo der Vortrupp der Reiter heranrückte.
Da, wo der Lichtstrahl aufhörte, schien sich auf einmal ein großer
Wall zu erheben, wie eine Felsenmauer; und aus diesem Hindernis hervor
kamen Strahlen, die flammenden Pfeilen glichen.
Die vorwärtsstürmenden Pferde hielten so rasch in ihrem tollen
Lauf an, daß eine ganze Anzahl der Reiter ihren Halt verlor. Einen
Augenblick lang konnte man die Köpfe und die Vorderfüße
der strauchelnden Pferde in der Luft erblicken, ehe sie sich umwandten
und völlig außer Rand und Band dem Felsenpfad entlang zurückrasten.
Bei der vordersten Reihe des Gewalthaufens angekommen, versuchten die Reiter,
soweit sie nicht zu Boden geworfen worden waren, die Pferde in ihre Gewalt
zu bringen, aber es gelang ihnen nicht. Zusammen mit den reiterlosen Pferden
wurden sie mitten in die vorderen Reihen der im Aufstieg begriffenen Räuberbande
hineingeworfen. Dabei wurde die Bewegung der Masse gehemmt und gestört,
während die Nachrückenden ahnungslos der Gefahr entgegenstürmten
und sich in einem unbeschreiblichen Wirrwarr mit den vorderen vermengten.
Dann sah man im Felsental unten nur noch eine dampfende Masse von Menschen
und Pferden.
Einen Augenblick herrschte Todesstille; dann aber vernahm man das wilde
Geschrei entsetzter Menschen und Pferde. Da, wo die scheugewordenen Tiere
der Vorhut in die vorrückenden Massen der Nachkommenden eindrangen,
spielten sich schauerliche Szenen ab. Reiterlose Pferde, frei von hemmenden
Zügeln, flogen kopfüber in und über die ankommenden Horden
und brachten eine Menge von Reitern zu Fall, so daß auch deren Tiere
die allgemeine Verwirrung noch verstärkten. Die Pferde bäumten
sich, schlugen aus und begannen Schreie auszustoßen, wie es das sonst
stumme Tier nur in Augenblicken höchster, heftiger Not tut. So pflanzte
sich der unbeschreibliche Wirrwarr in der Talschlucht unter uns über
die ganze Masse fort.
Plötzlich sahen wir, wie Männer ihre kurzen Schwerter zogen
und wild nach jeder Richtung hin drauflos hieben. Andere machten ihre Gewehre
los und schossen gegen Männer und Tiere, um sich einen Weg für
ihre Flucht zu bahnen. Bald entwickelte sich das Ganze zu einer Schlacht,
die damit endigte, daß diejenigen, die glücklich genug gewesen
waren, dem Gemetzel zu entrinnen, in wilder Jagd davonstürzten.
Das Tal lag übersät mit großen Haufen von toten und
verwundeten Männern und Tieren; wir eilten hinunter, um zu sehen,
ob man den Verwundeten beistehen könne. Alle Dorfbewohner und unsere
Freunde schlossen sich uns an. Boten wurden nach allen Richtungen um Hilfe
ausgeschickt. Wir bemühten uns fieberhaft die ganze Nacht hindurch
bis tief in den nächsten Morgen hinein.
Sobald wir einen Verwundeten aus den schrecklichen Todeshaufen hervorzuziehen
vermochten, übernahmen ihn Jesus und unsere Freunde. Als dem letzten
von ihnen die nötige Fürsorge zuteil geworden war, kehrten wir
zur Loge zurück, um etwas zu frühstücken. Wie waren wir
erstaunt, bei unserem Eintreten den Schwarzen Banditen im Gespräch
mit Emil anzutreffen! Erst jetzt wurden wir gewahr, daß Emil hier
war. Er bemerkte unsere verwunderten Blicke und sagte: »Wir wollen
das für später aufheben.«
Nachdem das Mahl beendigt war, gingen wir mit dem Führer ins Freie,
und er erzählte uns, er und Emil seien zu gleicher Zeit auf den Mann
gestoßen, der schwerverwundet und zum Gehen unfähig dagelegen
sei; sein gefallenes Pferd habe ihn am Aufstehen gehindert. Sie hatten
ihn befreit und ihn vorläufig an einen sicheren Ort gebracht, wo sie
ihn so bequem wie möglich betteten. Dann hatten sie unsere Gastgeberin
gerufen und ihn ihrer Obhut anvertraut. Nachdem seine Wunden verbunden
waren, habe er sie gefragt, ob sie nicht ihren Gott bitten möchte,
ihm zu zeigen, wie er es anstellen müsse, damit er werde, wie sie
sei. Er habe von ihr auch verlangt, daß sie ihn beten lehre.
Sie fragte ihn, ob er wieder ganz gesund und heil werden möchte,
und er antwortete: »Ja, gerade so, wie Sie sind.« Da sagte
sie: »Da du gebeten hast, heil und gesund zu werden, ist dein Gebet
erhört. Du bist jetzt vollkommen geheilt.«
Der Mann verfiel in einen tiefen Schlummer. Um Mitternacht, als unser
Führer seine Runde machte, sah er, daß sich die Wunden vollständig
geschlossen hatten, ja daß nicht einmal eine Narbe sichtbar war.
Der Mann erhob sich, zog sich an und bat um die Erlaubnis, beim Rettungswerk
mithelfen zu dürfen.
Wir sahen auch bei vielen Verletzten, von denen wir erwartet hatten,
daß sie nach ganz kurzer Zeit in das große Dunkel gleiten würden,
wie sie sich vollkommen erholten. Mehrere unter ihnen krümmten sich
vor Schrecken, wenn unsere Freunde sich ihnen näherten; man war genötigt,
sie von den andern abzusondern.
Als die Rettungsarbeit beendigt war, ging der »Schwarze Bandit«,
wie wir ihn nannten, zwischen seinen verwundeten Gefährten hin und
her und tat sein Bestes, sie von ihrer Furcht zu befreien. Viele von ihnen
sahen aus wie Tiere, die man in einer Falle gefangen hat und die befürchten,
daß sie ein martervoller Tod erwarte; denn dies hätte dem Gesetz
ihres Landes entsprochen. So wurden gefangene Räuber behandelt. Ihre
Überzeugung war so unumstößlich, daß sie auf keine
ihnen erwiesene Freundlichkeit reagierten. Sie meinten, man pflege sie
nur bis zur Genesung, damit man sie hernach um so ausgiebiger quälen
könne.
Schließlich waren die Wunden bei allen geheilt. Manche siechten
zwar während langen Monaten; sie glaubten jedenfalls, sie könnten
damit den Tag der Folter hinausschieben.
Der Schwarze bildete dann aus allen Verwundeten, die sich ihm anschließen
wollten, eine Schutztruppe gegen weitere Überfälle; er veranlaßte
auch viele Dorfbewohner, sich zu beteiligen. Wie wir später hörten,
machten die Räuber aber nie mehr einen Versuch, die Gegend zu überfallen.
Später haben zwei Expeditionen das Territorium auf ihrem Weg zur
Wüste Gobi passiert. Unser Mann und seine Gefährten haben damals
unsere Expeditionsteilnehmer über vierhundert Meilen weit sicher durch
ihren eigenen Distrikt und durch die umliegenden Gegenden geleitet. Weder
er noch seine Gefährten haben auch nur die geringste Belohnung für
den Dienst angenommen. Man hat uns oft versichert, daß er im ganzen
Umkreis zu einer großen Macht des Guten geworden sei, und daß
er sich ganz und ohne Belohnung seinem Volke zur Verfügung stelle.
5. KAPITEL
Um die Mittagszeit des zweiten Tages war jeder Verwundete versorgt,
und wir gingen zum letztenmal nachsehen, ob auch ganz gewiß kein
Lebender mehr verletzt auf dem Trümmerfelde liege. Dann kehrten wir
ruhebedürftig zur Loge zurück. Auf dem Wege sprach jemand aus
unserer Gesellschaft den Gedanken aus, der uns alle seit Stunden schon
beschäftigt hatte: Warum diese grausige Zerstörung? Weshalb der
Verlust So vieler Leben?
Wir waren bis ins Mark unserer Knochen erschöpft und vom Schrecken
wie zerschlagen. Das Schwerste beim Rettungswerk war uns zugefallen, besonders
in den frühen Morgenstunden, denn die Dorfbewohner hatten eine so
tödliche Angst vor diesen Räubern, daß wir sie nur mit
großer Mühe überreden konnten, uns wenigstens zu helfen,
die Menschen unter den Pferden hervorzuziehen.
Die Dorfbewohner sahen den Grund nicht ein, warum man das Leben derer
rettete, die doch im Begriffe gewesen waren, das ihrige zu zerstören.
Viele von diesen Leuten haben überhaupt eine tiefeingewurzelte Abneigung
vor jedweder Berührung eines toten Geschöpfes. Wären unsere
Freunde nicht gewesen, so hätten die Einwohner des Dorfes den Schauplatz
des Kampfes sogleich verlassen und wären nie mehr dahin zurückgekehrt.
Nach all dem Vorgefallenen waren wir also sehr ermüdet und traurig.
Es war die schrecklichste Erfahrung unseres ganzen Lebens. Wir erreichten
die Loge und setzten uns ganz erschöpft an die Tafel. Kurz darauf
erschienen die Speisen. Wir waren ganz allein; unser Führer hatte
zwei unserer Freunde begleitet, die mit Lin Chu, dem Schwarzen, in das
Tal hinuntergestiegen waren. Nach der Mahlzeit zog sich jeder zum Ausruhen
in sein Zimmer zurück, und keiner von uns erwachte vor dem folgenden
Spätnachmittag.
Beim Ankleiden wurde uns vorgeschlagen, direkt in unser Sanktuarium
zu gehen, wie wir den oberen Tempelraum zu nennen pflegten. Wir verließen
die Loge und schickten uns an, zum Tempel hinaufzuwandern, wie wir es gewohnt
waren. Wir hatten die Leiter, die zum Eingang des Tunnels führte,
erreicht, als der Vorderste, schon mit einem Fuß auf der untersten
Sprosse, innehielt und sagte:
»Was kommt uns an? Vor noch nicht zwei Tagen waren wir im siebenten
Himmel vor Wonne, weil wir uns frei von einem Ort zum andern bewegen konnten
und weil wir in den drei Monaten Dinge zu tun gelernt hatten, die nach
unseren Begriffen sonst Jahre benötigten. Unser Essen erscheint vor
uns auf der Tafel ohne die leiseste Anstrengung unsererseits. Jetzt sind
wir plötzlich in unsere alten Gewohnheiten zurückgefallen. Ich
möchte bloß wissen, weshalb wir so rasch zurückfielen.
Ich kann es mir nur so erklären, daß sich jeder von uns von
den Vorgängen, deren Zeugen wir waren, beeinflussen ließ. Dies
ist es, was uns jetzt hindert. Und was mich anbelangt, habe ich davon genug;
dieser Zustand gehört keinesfalls zu mir. Er gehört nur insoweit
zu mir, als ich ihn bejahe, ihn festhalte, ihn anbete und nicht von ihm
lasse. Ich trete heraus aus diesem Zustand in einen höheren und besseren;
ich befreie mich. Ich bin damit absolut fertig.« Während wir
dastanden und ihn anstarrten, bemerkten wir, daß er fort war, verschwunden.
Wir waren einen Augenblick überwältigt, als wir sahen, was
dieser Mann vor uns zu tun fähig war. Aber keiner von uns andern vermochte
dasselbe zu tun, obschon wir ganz gut wußten, daß wir einen
Zustand festhielten, der uns gar nichts anging. Infolgedessen waren wir
gezwungen, die Leiter emporzuklettern, durch den Tunnel hindurchzugehen
und alle die oberen Räume zu durchqueren, um an unser Ziel zu gelangen.
Als wir eintraten, fanden wir unseren Gefährten dort schon vor.
Während wir noch diesen Vorfall zusammen besprachen, erschien
Jesus mit unseren Freunden und mit ihnen unser Führer. Sie kamen durch
die Tür herein, die sich gegen den Felsvorsprung öffnet. Wir
setzten uns alle, und Jesus fing an zu reden:
»Viele erklären, daß sie Söhne Gottes seien und
daß sie alles hätten, was der Vater hat. Sie haben auch tatsächlich,
was der Vater hat, doch ist ihre Behauptung nicht zur Tatsache geworden,
solange sie nicht den Mut haben, den vor ihnen liegenden Schritt zu wagen
und sich gottgleich zu sehen - eins mit Gott, mit allem, was Gott ist;
dann erst können sie es erlangen. Wenn man in seinem menschlichen,
beschränkten Denken den Christus hervortreten sieht, dann strahlt
die feinere Individualität Licht aus. Er, der den Christus projiziert,
sieht mit feineren, klareren und erweiterten Sinnen. Er sieht seinen feineren
Körper höher schwingen als seinen gewöhnlichen Körper;
den er zur gleichen Zeit sehen kann.
Er glaubt, es seien zwei Körper. Er meint auch, daß der
Körper, der außerhalb und etwas entfernt von seinem Körper
erscheint, der Christus eines andern sei. Diese scheinbaren zwei sind nur
für ihn so, weil er es nicht glaubt, daß er der Christus ist.
Er muß erklären, daß er selber dieser Christus ist, und
diese Tatsache voll anerkennen; in demselben Augenblick verschmelzen die
beiden, und er hat in der Tat den Christus hervorgebracht. Dann steht er
da in seinem Triumphe. Nun laßt ihn noch einen Schritt weiter tun
und erklären, daß der Christus Gottes hervortritt, und im selben
Augenblick wird er der Christus Gottes sein. Jetzt ist der Sohn Gottes
eins mit Gott, dem Vater, und er geht sogleich zum Vater ein. Dann muß
er noch einen Schritt tun. Es ist der größte Schritt und verlangt
die stärkste Entschlossenheit, weil jede kleinste Furcht des menschlichen
Denkens und menschlicher Beschränkung ausgelöscht sein muß.
Er muß vortreten und geradewegs zu Gott gehen, zur Quelle, zum Vater,
und mit Entschiedenheit und positiver Erkenntnis erklären, daß
er göttlich ist, ohne Furcht vor dem, was gewesen ist, oder vor Aberglauben
oder menschlichen Glaubenssätzen. Er muß wissen, daß er
völlig in Gott aufgegangen, mit Gott verschmolzen ist und daß
er zu dieser Liebe, Weisheit, Erkenntnis geworden ist. Daß er Substanz
ist. Sein ist jedes Attribut des Vaters, der Quelle, des Prinzips. Dies
muß er in aller Demut annehmen; ein solcher offenbart Gott.
Durch einen solchen strömt jedes einzelne Attribut Gottes in die ganze
Welt aus. Für ihn ist nichts unmöglich. Nur durch einen solchen
kann Gott zum Ausdruck gelangen. Wenn ihr euch mit Gott verschmelzt, ist
auch euch nichts unmöglich. Nicht nur habt ihr alles, was der Vater
hat, ihr seid auch alles, was der Vater ist. Ihr seid die Dreieinigkeit.
Ihr seid der Christusmensch, der Christus Gottes, GOTT - alle drei
in EINEM. Der Heilige Geist ist in euch. Der >Ich-Bin-Geist< in seiner
schöpferischen Tätigkeit wohnt in euch. Wenn ihr solches annehmen
könnt, dann werdet ihr so gut wie alle andern dem Christusnamen LOBSINGEN,
nicht dem Namen Jesu, dem persönlichen, sondern dem Christus. Die
Engel mögen auf die Knie fallen, ihr aber bringt hervor das königliche
Diadem und krönt Christus, den Herrn über alles, was da ist.
Ihr krönt nicht den persönlichen Jesus, sondern den Christus,
und der Christus ist würdig des herrlichsten aller Diademe. Kein Juwel
ist zu kostbar und zu göttlich für die Krone des siegreichen
Christus. Ihr seht also, wer da will, kann kommen. Kommt und werdet zum
triumphierenden Christus.
Wer kommen will, der möge kommen. Wenn ihr >Gott< sagt, dann
seht euch selber als Gott. Seht Gott hervortreten, wenn ihr hervortretet.
Gott kann kein Frömmler, kein Prahler, kein Egoist sein. Ebensowenig
kann der Christus, der Gottmensch, das Bild und das Gleichnis Gottes, etwas
Derartiges sein. Ihr könnt geradeso Gott sein, wie der Gottmensch
es ist. Das >ICH BIN< ist im Vater, und der Vater ist in mir; dies sind
wahre Worte.
>ICH BIN< und mein Vater sind EINS, das ist gesagt in aller Demut
und in allmächtiger Größe. Gott und die ganze Menschheit
vereint sind allmächtig, sind die Allmacht Gottes.
Das, was in euern sogenannten unreinen Gedanken geboren wurde, wird
erhoben zur Herrlichkeit; denn der Gedanke an Unreinheit ist ausgelöscht.
Das, was das Bild des Irdischen an sich getragen hat, muß und wird
das göttliche Bild tragen, sobald ihr es zu diesem Idealbild erhebt.
Ich sage euch, daß gerade jetzt der große Augenblick für
euch gekommen ist, da ihr hervortreten könnt heraus aus dieser äußeren
Unruhe in den tiefen Frieden, in die Segnungen Gottes und euch mit dem
Licht Gottes bekleiden könnt. In aller Demut setzt die Krone des Christus
auf euer Haupt; ihr müßt dies selbst tun; kein anderer kann
es für euch tun.
Erhebet euch und werdet ein Teil des großen, weißen Thrones,
des Ursprungs. Vereinigt euch mit denen, die in gleicher Weise das große
Ziel erreicht haben. Seid nicht nur vereint mit Gott, seid Gott in Wirklichkeit.
Dann könnt ihr der ganzen Welt die göttlichen Eigenschaften offenbaren.
Wie kann die Gottesenergie anders zum Ausdruck kommen als durch den Menschen?
Kein anderer Organismus auf der ganzen Welt kann in der gleichen Höhe
schwingen, kein Organismus ist also so fein organisiert, daß er diese
erhabene Energie, die den Menschen dazu befähigt, Gott vor der ganzen
Welt Ausdruck zu geben, wahrnehmen, erzeugen und umwandeln könnte.
Wie sollte dies anders möglich sein als durch den fein organisierten
und vervollkommneten Körper, der euer ist, sobald ihr ihn völlig
beherrscht?
Diese Herrschaft bedeutet volle, vollständige Meisterschaft -
Messiastum - Jüngerschaft. Nur der aber ist völlig Herr und in
vollkommener Harmonie mit diesem seinem Körper, der in absoluter Herrschaft
und Meisterschaft in allen Eigenschaften der heiligen Dreieinigkeit hervortritt.
Der >ICH-BIN<-Mensch, der Christus, der Christus Gottes, wer diese
alle drei mit dem Höchsten, Gott, vereinigt, der ist GOTT geworden.
Du bist du, der Mensch von heute (die ganze Menschheit), der seinen
Ausblick erweitert, der die Wahrheit über sich selber erkennt, der
erfaßt, daß es ein höheres und besseres Leben für
den Menschen gibt als bloß den Kreislauf der weltlichen Erfahrungen.
Das wird dir klar, wenn du den rechten, richtigen Weg verfolgst in Harmonie
und wahrem Einklang mit den höchsten Idealen, die du dir vergegenwärtigen
kannst, die du vor dir siehst oder dir in Liebe, Verehrung und Anbetung
vorstellst.
Der erste Schritt ist der, der dich, den Menschen, zum Christus macht,
zum eingeborenen Sohn Gottes. Der nächste Schritt macht dich zum Christus
Gottes, der den Christusmenschen als Christus Gottes erblickt. Du mußt
diese beiden zu Einem machen, um zum Urquell zu gelangen, zu Gott, dem
Vater. Du hast jetzt den >ICH-BIN-Menschen< zum Christusmenschen gemacht;
dann hast du den Christusmenschen zum Gottes-Christus umgewandelt, zu Gott
dem Herrn. Und als nächsten Schritt hast du den Gottes-Christus in
den ewiglebendigen Gott verwandelt. So ist aus den scheinbar Zweien EINER
geworden, Gott. Du bist das Bildnis und Gleichnis der erhabenen Energie,
des Vaters und Gottes von uns allen. Es gibt nichts, was für euch
unmöglich wäre, wenn ihr nicht vom Pfade der richtigen Anwendung
dieser Energie abweicht. Ihr müßt in all diesem absolut furchtlos
und treu sein, wie auch immer die Welt von euch denken mag. Wenn ihr hervortretet
und eure Herrschaft und eure Vereinigung mit Gott bekennt, so seid ihr
eins mit dem Vater, dem ausströmenden, allgegenwärtigen, erhabenen
Prinzip aller Dinge.
Wenn die Bibel von diesem Licht spricht, gibt sie damit nicht eine
großartige allegorische Beschreibung von der geistigen Entwicklung
und Vervollkommnung des Menschen, wenn man sie richtig liest und versteht?
Wenn im Bilde dargestellt wird, wie ein Lichtstrahl vom Himmel auf
mich herniederfällt, so ist es der Lichtstrahl, der aus meinem Körper
hinausprojiziert wird. Es ist wohl richtig, daß das Licht vom Himmel
kommt, denn der Himmel ist überall um uns herum und ist Lichtschwingung.
Doch muß der Sammelpunkt oder Ausgangspunkt dieses himmlischen Lichtes
sich im Innern meines Körpers befinden. Darum muß dieses himmlische
Licht aus mir herausleuchten. Das >ICH-BIN< in mir muß dieser
Lichtessenz einzutreten gestatten; dann muß ich diese Lichtenergie
erzeugen und umwandeln, so daß sie ausgesandt werden kann in jedem
Grad von Dichtigkeit, die Gott, das >ICH-BIN<, wünscht. Ist dies
getan, dann kann nichts der Macht dieses reinen Lichtes widerstehen. So
sind die Strahlen oder Lichtbündel beschaffen, die aus meinem Körper
herausleuchten auf dem Bilde, das der bekannte Meister, mich in Gethsemane
darstellend, gemalt hat. Die Lichtstrahlen gingen von meinem Körper
aus und sind nicht vom Himmel auf mich heruntergekommen.
Und genau so könnt auch ihr diese Gotteskraft umwandeln und sie
mit solch unwiderstehlicher Macht aussenden. Es ist Gotteskraft, die um
euer ganzes Wesen herum wahrgenommen wird; wenn ihr gestattet ist, einzudringen,
kann sie aktiv gemacht und umgewandelt werden in euerm Körper, und
dann wird sie wieder durch den Reflektor ausgesandt.
Alle diese Dinge können getan werden von einem jeden, der sich
erhebt als Gott, in seinem göttlichen Erbe, als Christus Gottes, als
der All-Eine. Dies ist das göttliche und endgültige Motto für
alle Menschen.
Je näher die Menschheit diesem großen, heilenden Strahle
kommt, um so mehr wird Streit und Disharmonie verschwinden.
Lebe frei in dieser Lichtschwingung, die das Licht der ganzen Welt
ist und zu der alle beständig näher hingezogen werden, und du
wirst dich immer mehr der wahren Heimat des Menschen nähern. Du siehst
ein, daß das >ICH-BIN< das Licht der ganzen Welt ist. Siehe Gott,
alles ist für dich bereit. Erhebe diesen Gewaltigen Gottes, der in
dir ist, dieses >Ich-Bin<; erhebe diesen deinen Körper empor zu
Gott, und du wirst zum gekrönten Herrn des Alls, und mit dir ein jeder
andere.
Doch mußt du selber diese Krone dir auf dein Haupt setzen; niemand
anders kann es für dich tun.«