aus dem =>Buch Hühnersuppe für die Seele / Jack Canfield + Mark Victor Hansen

Wenn Licht in der Seele ist, ist Schönheit im Menschen. Wenn Schönheit im Menschen ist, ist Harmonie im Haus. Wenn Harmonie im Haus ist, ist Ordnung in der Nation. Wenn Ordnung in der Nation ist, ist Frieden in der Welt
Chinesisches Sprichwort

Laß nie jemanden zu dir kommen ohne ihn besser und glücklicher wieder gehen zu lassen.
Mutter Teresa

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Wahre Liebe

Moses Mendelssohn, der Großvater des wohlbekannten deutschen Komponisten, war alles andere als gutaussehend. Neben seinem eher kleinen Wuchs hatte er einen grotesken Buckel.
Eines Tages besuchte er einen Händler in Hamburg, der eine schöne Tochter namens Frumtje hatte. Moses verliebte sich hoffnungslos in sie. Aber Frumtje war von seiner mißgebildeten Erscheinung abgestoßen.
Als es für ihn Zeit wurde zu gehen, sammelte Moses seinen Mut und stieg die Treppen zu ihrem Zimmer hinauf, um eine letzte Gelegenheit wahrzunehmen, mit ihr zu sprechen. Sie war ein Bild von himmlischer Schönheit, aber verursachte ihm tiefe Traurigkeit durch ihren Widerwillen, ihn anzusehen. Nach einigen Versuchen einer Unterhaltung fragte Moses scheu: »Glauben Sie, Ehen werden im Himmel geschlossen?«
«Ja«, antwortete sie, immer noch auf den Boden blickend. »Und was glauben Sie?«
»Ja, ich glaube es auch«, erwiderte er. »Sehen Sie, bei der Geburt jedes Jungen verkündet der Herr im Himmel, welches Mädchen er heiraten wird. Als ich geboren war, wurde mir meine zukünftige Braut gezeigt. (S.21) Dann fügte der Herr hinzu: >Aber deine Frau wird buckelig sein.<
»Auf der Stelle rief ich aus: >Oh, Herr, eine buckelige Frau wäre eine Tragödie. Bitte, Herr, gib mir den Buckel und laß sie schön sein.«
Dann blickte Frumtje in seine Augen und wurde von irgendeiner tiefen Erinnerung aufgewühlt. Sie streckte ihre Hand aus und gab sie Mendelssohn und wurde später seine ergebene Frau.

Barry und Joyce Vissell

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Nun, ich beschloß, einen »Umarmungstag« einzulegen, und ich fing an, die Kunden, die an meinen Tisch kamen, in den
Arm zu nehmen. Es war großartig zu sehen, wie die Leute einfach fröhlicher wurden.

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Einer unserer Freunde ging bei Sonnenuntergang an einem einsamen mexikanischen Strand entlang. Als er so entlangschlenderte, sah er in der Ferne einen anderen Mann. Als er näher kam, bemerkte er, daß der Einheimische sich fortwährend hinunterbeugte, etwas aufhob und ins Wasser warf. Wieder und wieder schleuderte er etwas hinaus in den Ozean.
Als unser Freund sich noch mehr näherte, sah er, daß der Mann Seesterne aufhob, die an den Strand gespült worden waren, und - einen nach dem anderen - warf er sie ins Wasser zurück.
Unser Freund war verblüfft. Er näherte sich dem Mann und sagte: »Guten Abend, mein Freund. Ich habe mich gefragt, was Sie da tun.« (S.29)
»Ich werfe diese Seesterne zurück ins Meer. Sehen Sie, es ist gerade Ebbe, und alle diese Seesterne sind ans Ufer gespült worden. Wenn ich sie nicht ins Meer zurückwerfe, werden sie an Sauerstoffmangel sterben.«
»Ich verstehe«, erwiderte mein Freund, »aber es muß an diesem Strand Tausende von Seesternen geben. Sie können unmöglich alle erwischen. Es gibt einfach zu viele. Und sind Sie sich nicht klar, daß dies wahrscheinlich an Hunderten von Stränden überall an dieser Küste passiert? Sehen Sie nicht, daß Sie unmöglich etwas ändern können?«

Der Einheimische lächelte, beugte sich hinunter und hob noch einen weiterer Seestern auf, als er ihn ins Meer zurückwarf, erwiderte er: »Hab für den was geändert!«

Jack Canfield und Mark V Hansen

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Ein Bruder wie er

Einer meiner Freunde namens Paul bekam von seinem Bruder ein Auto als Weihnachtsgeschenk. Als Paul am Weihnachtstag aus seinem Büro kam, ging ein Straßenjunge um das glänzende, neue Auto herum und bewunderte es. »Ist das Ihr Auto, Mister?« fragte er.
Paul nickte. »Mein Bruder hat es mir zu Weihnachten geschenkt.« Der Junge war sehr erstaunt. »Sie meinen, Ihr Bruder hat es Ihnen gegeben, und es hat Sie nichts gekostet? Junge, ich wünschte...« Er zögerte.
Natürlich wußte Paul, was er sich wünschen würde. Er würde sich wünschen, er hätte so einen Bruder. Aber was der Bursche sagte, erschütterte ihn bis ins Mark.
»Ich wünschte«, fuhr der Junge fort, »daß ich so ein Bruder sein könnte wie er.«
Paul blickte den Jungen erstaunt an, dann fügte er impulsiv hinzu: »Möchtest du gern mal in meinem Auto mitfahren?«
»0 ja, das würde ich sehr gern.«
Nach einer kurzen Fahrt wandte der Junge sich mit glühenden Augen um und sagte: »Mister, macht es Ihnen etwas aus, vor mein Haus zu fahren?«
Paul lächelte ein wenig. Er dachte, er wüßte, was der Bursche wollte. Er wollte seinen Nachbarn zeigen, daß er in einem großen Auto nach Hause fahren konnte. Aber Paul irrte sich noch einmal. »Halten Sie an, wo diese beiden Stufen sind?« bat der Junge.
Er lief die Stufen hoch. Dann, nach einer Weile, hörte Paul ihn zurückkommen, aber er kam nicht schnell. Er trug seinen kleinen, verkrüppelten Bruder. Er setzte ihn auf der untersten Stufe ab, dann drückte er sich gegen ihn und zeigte auf das Auto.(S.31)
»Da ist es, Kumpel, genau wie ich's dir oben gesagt habe. Sein Bruder hat es ihm zu Weihnachten geschenkt, und es hat keinen
Cent gekostet. Und eines Tages gebe ich dir genauso eines. Dann kannst du all die schönen Sachen in den Weihnachtsschaufenstern selber sehen, von denen ich dir erzählt habe.«
Paul stieg aus und hob den Jungen auf den Vordersitz seines Autos. Der ältere Bruder mit den leuchtenden Augen kletterte neben ihn, und die drei begannen eine unvergeßliche Ferienfahrt.
An diesem Weihnachtstag lernte Paul, was Jesus meinte, als er sagte: »Geben ist seliger.. . «

Dan Clark

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Walt Jones

Niemand verkörperte die Tatsache, daß Erfolg eine Reise und kein Ziel ist, besser als die blühenden und wachsenden »werdenden Menschen«, die dem Alter nicht gestatten, ein Abschreckungsmittel für Leistung zu sein. Florence Brooks wurde Mitglied des Friedenskorps, als sie 64 Jahre alt war. Gladys Clappison lebte im Alter von 82 im Wohnheim der Universität von Iowa, während sie an ihrer Doktorarbeit in Geschichte arbeitete. Dann war da Ed Stitt, der im Alter von 87 an seinem Abschlußprogramm für das Gemeinde-College in New Jersey arbeitete. Ed sagte, es bewahrte ihn vor »Veteranenkrankheiten« und hielt sein Gehirn lebendig.
Niemand hat wahrscheinlich meine Vorstellungskraft über die Jahre so beschäftigt wie Walt Jones aus Tacoma, Washington. Walt überlebte seine dritte Frau, mit der er 52 Jahre verheiratet war. Als sie starb, sagte jemand zu Walt, daß er traurig sein müsse, eine solche langjährige Gefährtin zu verlieren. Seine Antwort war: »Nun, natürlich war es das, aber dann ist es auch vielleicht das Beste.«
»Warum das?«
»Ich will nicht negativ sein oder etwas sagen, was ihren wunderbaren Charakter diffamieren könnte, aber sie hat in den letzten zehn Jahren ein wenig nachgelassen.«
Als er gebeten wurde, das zu erklären, fuhr er fort: »Sie wollte nie irgend etwas tun, sie wurde eine Art Muffel. Vor zehn Jahren, als ich 94 war, sagte ich zu meiner Frau, wir hätten nie etwas anderes gesehen als den schönen Nordwesten an der Pazifikküste. (S.160)
Sie fragte, was in mir vorginge, und ich sagte ihr, ich überlegte, ein Wohnmobil zu kaufen, und vielleicht könnten wir alle 48 angrenzenden Staaten bereisen. >Was hältst du davon?<
Sie sagte: >Ich glaube, du hast den Verstand verloren, Walt.<
>Warum sagst du das?< fragte ich.
>Wir würden da draußen überfallen werden. Wir würden sterben, und es würde keine Leichenhalle geben.< Dann fragte sie mich: >Wer soll fahren, Walter?< und ich sagte: >Ich, mein Engel.< - >Du bringst uns um!< sagte sie.
Ich würde gern Fußspuren im Sand der Zeit hinterlassen, bevor ich mich abmelde, aber man kann keine Fußspuren im Sand der Zeit hinterlassen, wenn man auf seinem Arsch sitzt... es sei denn, man hat die Absicht, Arschabdrücke im Sand der Zeit zu hinterlassen.«
»Also, jetzt, da sie gegangen ist, Walt was willst du tun?«
»Was ich tun will? Ich habe das alte Mädchen begraben, und ich habe mir ein Wohnmobil gekauft. Dies ist das Jahr 1976, und ich werde alle 48 Staaten bereisen, um unser zweihundertjähriges Jubiläum zu feiern.«
Walt bereiste in jenem Jahr 43 Staaten und verkaufte Kuriositäten und Souvenirs. Als er gefragt wurde, ob er jemals Anhalter mitgenommen hatte, sagte er: »Ausgeschlossen. Zu viele von denen würden einem wegen fünfzig Cent über den Kopf knüppeln oder einen auf Peitschenhiebe verklagen, wenn man einen Unfall hat.«
Walt hatte sein Wohnmobil erst einige Monate, und seine Frau war erst seit sechs Monaten begraben, als er gesehen wurde, wie er mit einer ziemlich attraktiven 62jährigen Frau an seiner Seite durch die Straßen fuhr.
»Walt?« wurde er gefragt.
»Ja-ah«, antwortete er.
»Wer war die Frau, die neben dir saß? Wer ist deine neue Freundin, Walt?«
Worauf er erwiderte: »Ja, ist sie.«
»Ja, sie ist was?«
»Meine Freundin.«
»Freundin? Walt, du warst dreimal verheiratet, du bist 104 Jahre alt. Diese Frau muß vier Jahrzehnte jünger sein als du.«
»Nun«, antwortete er, »ich habe schnell entdeckt, daß man in einem Wohnmobil nicht allein leben kann.«
»Das verstehe ich, Walt. Du vermißt wahrscheinlich jemanden zum Reden, nachdem du in all diesen Jahren eine Gefährtin hattest.«
Ohne Zögern erwiderte Walt: »Weißt du, ich vermisse das auch.«
»Auch? Willst du andeuten, du hättest ein romantisches Interesse?«
»Könnte ich haben.«
»Was?« sagte er.
»Es kommt im Leben des Menschen eine Zeit, in der er mit diesem Zeug Schluß macht.«
»Sex?« erwiderte er.
»Ja«
»Warum?« fragte er.
»Nun, weil diese Art der körperlichen Anstrengung für die Gesundheit eines Menschen gefährlich sein könnte.«
Walt dachte über die Frage nach und sagte: »Nun, wenn sie stirbt stirbt sie eben.«
Im Jahre 1978 stieg eine zweistellige Inflationsrate in unserem Land, und Walt war Hauptinvestor in einem Eigentumswohungsprojekt. Als er gefragt wurde, warum er sein Geld von einem sicheren Bankkonto genommen und in ein Wohnungsbauprojekt gesteckt hätte, sagte er: »Hast du's nicht gehört? Dies sind Inflationszeiten. Man muß sein Geld in Immobilien anlegen, so wird es sich vermehren und in späteren Jahren da sein, wenn man es wirklich braucht.« Das ist positives Denken, was?
Im Jahre 1980 verkaufte er einiges von seinem Besitz in der Gegend um Pierce County, Washington. Viele Leute glaubten, Walt wolle den Löffel abgeben. Er versammelte seine Freunde um sich und machte deutlich, daß er nicht den Löffel abgeben werde, sondern er hatte seinen Besitz verkauft, um Bargeld zu haben - »Ich habe eine kleine Barauszahlung und einen Vertrag über dreißig Jahre. Ich bekomme vier Riesen im Monat, bis ich 138 bin.«
Er feierte seinen 110. Geburtstag in der Johnny-Carson-Show. Er kam heraus und sah prächtig aus, mit seinem weißen Bart und seinem schwarzen Hut, ein bißchen wie der verstorbene Colonel Sanders, und Johnny sagte: »Schön, daß Sie hier sind, Walt.«
»Es ist schön, mit 110 überhaupt irgendwo zu sein, Johnny.« »110?«
»110.«
»1-1-0?«
»Was ist los, Carson, werden Sie taub? Das sagte ich. Das bin ich. Was ist so besonderes dran?«
»Das Besondere ist, daß Sie in drei Tagen doppelt so alt sein werden wie ich.«
Das erregt Aufmerksamkeit, nicht wahr? Einhundertundzehn Jahre alt - ein blühender, wachsender, werdender Mensch. Walt griff die Eröffnung auf und spielte schnell auf Johnny an.
»Wie alt wären Sie, wenn Sie nicht wüßten, wann Sie geboren sind, und es gibt keine verdammten Kalender, um Sie einmal im Jahr zu deprimieren? Haben Sie schon von Leuten gehört, die wegen eines Datums deprimiert waren? Oh, mein Gott, ich gehe auf meinen dreißigsten Geburtstag zu. Ich bin so deprimiert, ich habe die besten Jahre hinter mir. Oh, nein, ich gehe auf meinen vierzigsten Geburtstag zu. Alle meine Kollegen trugen schwarz und schickten einen Leichenwagen, um mich abzuholen. Oh, nein, ich bin fünfzig Jahre alt. Sie schickten mir verwelkte Rosen mit Spinnweben, Johnny; wer sagt, man sollte umfallen und sterben, wenn man 65 ist? Ich habe Freunde, die mit 75 wohlhabender waren als vorher. Und als Folge einer kleinen Investition in Eigentumswohnungen, die ich vor ein paar Jahren getätigt habe, verdiene ich, seit ich 105 bin, mehr Dollars als vorher. Kann ich Ihnen meine Definition von Depression - geben, Johnny?«
»Nur zu.«
»Sich einen Geburtstag entgehen lassen.«
Möge die Geschichte des Walt Jones uns alle inspirieren, an jedem Tag unseres Leben zu blühen und zu wachsen.

Bob  Moawad

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Service mit einem Lächeln

Ein Mann schrieb einen Brief an ein kleines Hotel in einer Stadt im Mittleren Westen, in dem er in seinem Urlaub abzusteigen plante. Er schrieb:

»Ich würde sehr gern meinen Hund mitbringen. Er ist gut gepflegt und sehr gut erzogen. Wären Sie bereit, mir zu erlauben ihn nachts in meinem Zimmer zu halten?«

Eine Antwort kam sofort von dem Besitzer des Hotels, der schrieb:

»Ich leite dieses Hotel seit vielen Jahren. In all dieser Zeit hat mir nie ein Hund Handtücher, Bettwäsche, Silber oder Bilder von den Wänden gestohlen.
Ich mußte nie einen Hund zwingen, das Zimmer wegen Trunkenheit oder unordentlichen Verhaltens zu räumen. Und noch nie ist ein Hund verschwunden, ohne seine Hotelrechnung zu bezahlen.
Ja, Ihr Hund ist in meinem Hotel in der Tat sehr willkommen. Und, wenn sich Ihr Hund für Sie verbürgen kann, sind Sie ebenfalls willkommen, hier zu wohnen.«

Karl Albrecht und Ron Zenke


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Hindernisse sind jene furchtbaren Dinge, die du siehst, sobald du den Blick von deinem Ziel abwendest.
Henry Ford

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Abraham Lincoln gab nicht auf

1816    Seine Familie wurde aus ihrem Haus vertrieben. Er mußte arbeiten, um sie zu unterstützen.
1818    Seine Mutter starb.
1831    Versagte im Geschäftsleben.
1832    Kandidierte für die Volksvertretung - verlor.
1832    Verlor auch seine Arbeit - wollte Jura studieren, wurde aber nicht aufgenommen.
1833    Lieh Geld von einem Freund, um ein Geschäft aufzumachen, und war am Ende des Jahres bankrott. Er verbrachte die nächsten 17 Jahre seines Lebens damit, die Schulden zurückzuzahlen.
1834    Kandidierte erneut für die Volksvertretung - gewann.
1835    Verlobte sich, die Liebste starb, und er grämte sich zu Tode.
1836    Hatte einen totalen Nervenzusammenbruch und war für sechs Monate bettlägerig.
1838    Versuchte, Sprecher der Volksvertretung zu werden abgelehnt
1840    Versuchte, Wahlmann zu werden - abgelehnt
1843    Kandidierte für den Kongreß - verlor.
1846    Kandidierte erneut für den Kongreß - gewann dieses Mal - ging nach Washington und leistete gute Arbeit.
1848    Kandidierte zur Wiederwahl in den Kongreß - verlor.
1849    Erstrebte die Aufgabe des Landverwalters in seinem Heimatstaat - abgewiesen.
1854    Kandidierte für den Senat der Vereinigten Staaten - verlor
1856    Erstrebte die Nominierung zum Vizepräsidenten in der Nationalversammlung seiner Partei - erhielt weniger als hundert Stimmen.
1858    Kandidierte erneut für den US-Senat - verlor erneut
1860    Zum Präsidenten der Vereinigten Staaten gewählt

Der Pfad war ausgetreten und rutschig. Mein Fuß rutschte unter mir weg und trat den anderen aus dem Weg, aber ich erholte mich und sagte zu mir selbst »Es ist ein Ausrutscher und kein Fall.«

Abraham Lincoln
nach dem Verlust einer Senatswahl


Zwei Mönche

Zwei pilgernde Mönche kamen an die Furt eines Flusses. Dort sahen sie ein Mädchen, gekleidet in ihren schönsten Staat, das offenbar nicht wußte, was sie tun sollte, denn der Fluß war tief, und sie wollte ihre Kleider nicht verderben. Ohne weiteres nahm einer der Mönche sie auf den Rücken, trug sie hinüber und setzte sie auf der anderen Seite auf trockenem Boden ab.
Dann setzten die Mönche ihren Weg fort. Aber nach einer Stunde begann der andere Mönch zu klagen: »Sicherlich ist es nicht richtig, eine Frau zu berühren; es ist gegen die Gebote, engen Kontakt mit Frauen zu haben. Wie konntest du gegen die Gesetze der Mönche verstoßen?«
Der Mönch, der das Mädchen getragen hatte, ging dahin, aber schließlich bemerkte er: »Ich setzte sie vor einer Stunde am Fluß ab, warum trägst du sie noch immer?«

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Sachi

Bald nachdem ihr Bruder geboren war, begann die kleine Sachi ihre Eltern zu bitten, sie mit dem Neugeborenen allein zu lassen. Sie befürchteten, daß sie, wie die meisten vierjährigen, eifersüchtig sein könne und ihn schlagen oder schütteln wolle, also sagten sie nein. Aber sie zeigte keine Anzeichen von Eifersucht. Sie behandelte das Baby mit Freundlichkeit und ihr Flehen, mit ihm allein gelassen zu werden, wurde dringlicher. Sie beschlossen, es zu erlauben.
Begeistert ging sie in das Zimmer des Babys und schloß die Tür, aber sie öffnete sich einen Spaltbreit - genug für ihre neugierigen Eltern, um hineinzuspähen und zuzuhören. Sie sahen, wie die kleine Sachi auf ihren neugeborenen Bruder zuging, ihr Gesicht an seines legte und ruhig sagte: »Baby, sag mir, wie sich Gott anfühlt. Ich fange an zu vergessen.«

Dan Millman

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Das Geschenk des Delphins

Ich befand mich in ungefähr zwölf Meter tiefem Wasser, allein. Ich wußte, ich hätte nicht allein gehen sollen, aber ich war sehr fähig und riskierte es. Es gab kaum Strömungen, und das Wasser war so warm, klar und verlockend. Als ich einen Krampf bekam, wurde mir sofort klar, wie dumm ich gewesen war. Ich war nicht allzu beunruhigt, aber ich mußte mich vor Bauchkrämpfen krümmen. (S.213) Ich versuchte, meinen Gewichtsgürtel zu entfernen, aber ich war so verkrampft, daß ich nicht an den Verschluß kam. Ich sank tiefer und begann, ängstlicher zu werden, unfähig, mich zu bewegen. Ich konnte meine Uhr sehen und wußte, es war nur noch für eine kurze Zeit Sauerstoff in der Flasche, bevor ich keine Luft mehr bekommen würde. Ich versuchte, meinen Unterleib zu massieren. Ich trug keinen Taucheranzug, aber ich konnte mich nicht ausstrecken, und konnte die verkrampften Muskeln mit meinen Händen nicht erreichen.
Ich dachte: »Ich kann so nicht gehen! Ich habe noch zu tun!« Ich konnte einfach nicht auf diese Weise sterben, anonym, ohne daß jemand erführe, was mit mir passiert wäre. In Gedanken rief ich aus: »Hilf mir jemand, etwas!«
Ich war nicht vorbereitet auf das, was passierte. Plötzlich fühlte ich unter der Achsel einen Stoß von hinten. Ich dachte:
»Oh, nein, Haie!« Ich fühlte wirklichen Schrecken und Verzweiflung. Aber mein Arm wurde gewaltsam angehoben. In meinem Blickfeld erschien ein Auge - das herrlichste Auge , das ich mir jemals vorstellen konnte. Ich schwöre, daß es lächelte. Es war das Auge eines großen Delphins. Indem ich dieses Auge sah, wußte ich, daß ich gerettet war.
Er bewegte sich weiter vorwärts, stieß und hakte seine Rückenflosse unter meine Achsel, meinen Arm auf seinem Rücken. Ich entspannte mich, umarmte ihn, von Erleichterung überflutet. Ich fühlte, daß das Tier mir Sicherheit vermittelte, daß es mich heilte und an die Oberfläche trug. Meine Bauchkrämpfe verschwanden, als wir auftauchten, und ich entspannte mich in der Sicherheit, aber ich fühlte sehr stark, daß es mich auch geheilt hatte.
Auf der Wasseroberfläche zog es mich den ganzen Weg ans Ufer. Es brachte mich in so seichtes Wasser, daß ich befürchtete, es würde stranden, und ich schob es zurück ins tiefere Wasser, wo es wartete und mich beobachtete, ich nehme an, um zu sehen, ob es mir gutging.
Es fühlte sich wie ein neues Leben an. Als ich den Gewichtsgürtel und die Sauerstoffflasche abnahm, zog ich alles aus und ging nackt zurück in den Ozean, zu dem Delphin. Ich fühlte mich so leicht und frei und lebendig und wollte einfach nur in der Sonne und im Wasser spielen, in all dieser Freiheit. Der Delphin nahm mich mit hinaus und spielte mit mir im Wasser herum. Ich bemerkte, daß dort viele Delphine waren, weiter draußen.
Nach einer Weile brachte er mich zurück ans Ufer. Ich war dann sehr müde, fast kurz vor einem Zusammenbruch, und er versicherte sich, daß ich sicher im seichten Wasser war. Dann wandte er sich zur Seite, mit einem Auge in meine blickend. Wir blieben so für eine scheinbar sehr lange Zeit, zeitlos, nehme ich an, fast in Trance, wobei mir Gedanken aus der Vergangenheit durch den Kopf gingen. Dann gab er nur einen Ton von sich und schwamm hinaus zu den anderen. Und sie entfernten sich.

Elizabeth Gawain