Es lebte auf der Welt vor langer Zeit ein ganz gewöhnliches
Ehepaar. Die Frau hieß Elena, der Name des Mannes war Ivan.
Wenn der Mann nach der Arbeit nach Hause kam, setzte er sich in seinen
Sessel dem Fernseher gegenüber und las Zeitung. Seine Ehefrau Elena
bereitete wie gewöhnlich das Abendessen zu. Beim Servieren des Essens
brummte sie ständig herum, er sei im Haushalt ein Nichtsnutz und außerdem
wäre sein Verdienst viel zu gering... Das ewige Brummen der Ehefrau
ärgerte Ivan. Er antwortete seiner Frau nicht mit Grobheit. Doch jedes
Mal kam in ihm der Gedanke hoch: ,Schau dich doch selbst einmal an, du
ungepflegte Schachtel, Willst du mir heute noch erzählen, was ich
zu tun habe? Direkt nach der Heirat warst du ganz anders - schön und
zärtlich.'
Eines Tages, als seine unzufriedene Ehefrau von ihm verlangte, er möge
doch den Müll heraustragen, riss er seinen Blick vom Fernseher los
und ging lustlos in den Hof. Auf dem Rückweg hielt er vor der Eingangstür
an und wandte sich mit seinen Gedanken an Gott: ,O mein Gott, mein Gott!
Wie ungeschickt sich doch mein Leben eingerichtet hat. Muss ich denn wirklich
mein ganzes Leben lang mit dieser ständig nörgelnden, hässlichen
Frau verbringen? Das ist doch kein Leben, sondern eine ewige Qual.'
Und plötzlich hörte Ivan die leise Stimme Gottes:
,Ich könnte dir ja in deiner Not helfen, mein Sohn, und dir eine
schöne Göttin als Ehefrau schenken. Doch denke mal an deine Nachbarn.
Wenn sie eine so große Veränderung in deinem Leben sehen, werden
sie sehr verblüfft sein. Ich schlage vor; wir machen es anders: Ich
werde deine Frau Schritt für Schritt verändern, ihr den göttlichen
Geist und die Schönheit schrittweise verleihen. Du darfst aber auf
keinen Fall vergessen, wenn du mit einer Göttin zusammenleben willst,
musst du deine Lebensweise auf ein der Göttin würdiges Niveau
anheben.'
,Ich danke dir, mein Gott! Jeder Mann würde sein Leben für
eine Göttin komplett verändern. Sag mir nur eins: Wann fängst
du an, meine Frau zu verändern?'
,Ein wenig verändere ich sie gleich jetzt. Und du wirst sehen,
wie sie sich mit jeder weiteren Minute zum Besseren verändert.'
Ivan ging zurück nach Hause, setzte sich in seinen Sessel, nahm
die Zeitung in die Hände und schaltete den Fernseher wieder ein. Er
wollte aber gar nicht mehr lesen und mochte auch keinen Film mehr anschauen.
Ihn plagte die Frage, ob und wie weit sich seine Frau schon verändert
hätte.
Er stand auf, ging in die Küche, lehnte sich mit der Schulter
an den Türrahmen und begann, seine Frau ganz genau zu betrachten.
Sie stand mit dem Rücken zu ihm und spülte das Geschirr vom Abendessen
ab.
Als Elena seinen Blick spürte, drehte sie sich zur Tür um.
Ihre Blicke trafen sich. Ivan schaute seine Frau an und dachte: ,Nein,
ich sehe an ihr noch keine Veränderungen.'
Die ungewöhnliche Aufmerksamkeit ihres Mannes entging Elena nicht.
Obwohl sie den Grund seiner Neugier nicht verstand, legte sie ihre Haare
zurecht, ihre Wangen wurden rot und sie fragte ihn:
,Warum schaust du mich so aufmerksam an, Ivan?'
Ihr Ehemann wurde ebenfalls rot, und ihm fiel keine bessere Antwort
ein als:
,Ich dachte nur gerade, ob ich dir eventuell beim Abspülen helfen
könnte? Ich weiß auch nicht, warum...'
,Abspülen? Mir helfen?', fragte die überraschte Ehefrau leise
nach. Sie legte ihre verschmutzte Schürze ab und fügte hinzu:
,Das habe ich doch schon erledigt.'
,Das gibt es doch nicht', dachte Ivan, ,sie verändert sich ja
direkt vor meinen Augen, sie ist schon etwas schöner geworden.'
Dann half er ihr beim Abtrocknen des Geschirrs.
Am nächsten Tag beeilte sich Ivan, nach der Arbeit nach Hause
zu kommen. Er konnte es nicht erwarten, zu sehen, wie seine brummige Ehefrau
schrittweise in eine Göttin umgewandelt wurde. ,Und wenn sie schon
viele Eigenschaften von einer Göttin übernommen hat? Dann darf
ich auf meinem alten Niveau nicht verweilen. Ich besorge für alle
Fälle ein paar Blumen, sonst blamiere ich mich ja völlig.'
Die Haustür öffnete sich und ein völlig verblüffter
Ivan erstarrte vor dem Anblick seiner Frau. Elena stand vor ihm in ihrem
schönen Sonntagskleid, dass er ihr vor einem Jahr gekauft hatte. Mit
einer tollen Frisur und einem Band im Haar. Ohne seinen Blick von ihr abzuwenden,
streckte er ungeschickt, etwas unsicher; seine Hand aus und gab ihr die
Blumen.
Sie nahm die Blumen entgegen, seufzte leicht, schloss ganz kurz ihre
Augen und errötete.
,Ach, wie schön sind doch die Wimpern von Göttinnen! Wie
sanft sind ihre Charaktere. Es ist so ungewöhnlich, ihre innere und
äußere Schönheit zu erleben!'
Nun musste Ivan erst durchatmen, als er den Tisch mit zwei brennenden
Kerzen sah, gedeckt mit dem schönsten Geschirr des Hauses, verziert
mit zwei Weingläsern und einem göttlich duftenden Essen.
Als er sich an den Tisch setzte, sprang sie plötzlich auf und
sagte: ,O verzeih mir bitte, ich habe vergessen, den Fernseher einzuschalten.
Und hier sind noch ein paar Zeitungen für dich, die ich frisch gekauft
habe.'
,Ich brauche keinen Fernseher und ich habe auch keine Lust, die Zeitungen
zu lesen', antwortete Ivan. ,Es wird doch jeden Tag sowieso nur das Gleiche
berichtet. Erzähle mir lieber, wie du den morgigen Samstag am liebsten
verbringen möchtest.'
Endgültig verwirrt fragte Elena nach: ,Und du?'
,Na ja, ich habe uns für den Samstagabend zwei Eintrittskarten
ins Theater besorgt. Und am Tage, natürlich nur, wenn du nichts dagegen
hast, machen wir einen kleinen Stadtbummel durch die Läden. Wenn wir
schon ins Theater gehen, dann bietet es sich doch an, zuerst ein geeignetes
Theaterkleid für dich auszusuchen.'
Beinahe wäre Ivan der Ausdruck herausgerutscht: ,Ein Kleid, das
einer Göttin würdig ist.' Er wurde verlegen, schaute Elena an
und seufzte wieder. Direkt vor ihm am Tisch saß eine Göttin.
Ihr Gesicht strahlte Glück aus, ihre Augen leuchteten. In ihrem Lächeln
ließ sich der Hauch einer Frage erahnen.
,O Gott, wie schön sind doch diese Göttinnen! Und wenn sie
von Tag zu Tag immer schöner und vollkommener wird, werde ich es schaffen,
mit ihr Schritt zu halten?', dachte Ivan. Plötzlich durchbohrte ihn
der Gedanke: ,Ich muss es schaffen! Solange sie noch bei mir ist, werde
ich sie bitten, sogar anflehen, ein Kind von mir zu bekommen. Ich stelle
mir dieses Kind schon vor, ein Kind von mir und der schönsten Göttin
von allen.'
,Worüber denkst du nach, Ivan, bedrückt dich etwas?', fragte
ihn Elena.
Und er saß aufgeregt vor ihr, wusste nicht, wie er seine Gedanken
ausdrücken sollte Es ist ja schließlich kein Spaß, eine
Göttin um ein gemeinsames Kind zu bitten! Diese Art von Geschenk hatte
ihm Gott nicht versprochen. Er stand auf, zupfte mit seiner Hand an der
Tischdecke herum, suchte gedanklich immer noch nach der richtigen Formulierung,
wurde dabei rot und drückte schließlich heraus: ,Na ja, ich
weiß nicht... Ob ich es ...... Aber ich... Ich wollte sagen... Schon
längst... O ja, ich will ein Kind von dir, du schöne Göttin.'
Da drückte sich Elena mit ihrem Körper ganz fest an ihren
Ivan. Ihr Blick war voller Liebe, eine glückliche Träne verließ
ihre Augen und rollte langsam über ihre glühende Wange. Sie legte
ihren Arm um seine Schulter und er spürte ihren heißen Atem
auf seinem Gesicht.
,Ach, war das eine Nacht! Und was für ein Morgen folgte danach!
Und der darauffolgende Tag! O wie schön ist doch das Leben mit einer
Göttin!', dachte Ivan, während er seinen zweiten Enkel für
einen Spaziergang ankleidete.