Inhalt:
"Zuerst muss man sich bewusst werden, was
bedeutend und sinnvoll ist. Du hast eben dein Leben durchgesehen. Obwohl
du es gleichsam von außen getan hast, hast du nichts Bedeutendes
darin bemerken können. Du hast nur die gewohnten Werte beachtet. Sag,
in welchen Situationen hast du dich nur annähernd glücklich gefühlt?"
"Es gab zwei Situationen, aber etwas hat mich doch daran gehindert,
sie als glücklich zu empfinden."
"Was waren das für Situationen?"
"Noch am Anfang der Perestrojka gelang es mir, ein Schiff für
eine längere Zeit zu mieten. Es war das beste Passagierschiff in der
westsibirischen Flussreederei. Es trug den Namen "Michail Kalinin". Die
Dokumente waren schon fertig. Ich fuhr zur Anlegestelle, an der dieses
schöne Schiff lag und betrat zum ersten Mal das Deck des Schiffes."
"Hat sich deine Freude verstärkt, als du das Schiff betreten hast?"
"Siehst du, Anastasia, in unserem Leben gibt es viele verschiedene
Probleme. Als ich das Schiff betrat, kam mir der Kapitän entgegen,
und wir gingen in seine Kajüte. Dort tranken wir ein Glas Sekt und
unterhielten uns. Er sagte, dass die Wasserrohre dringend gereinigt werden
müssen. Und dann gab es noch andere Dinge..." "Und du, Wladimir, hast
dich völlig den Problemen, die so ein Schiff mit sich bringt, gewidmet?"
"Ja, es gab so viele."
"Die künstlich geschaffene Materie und bestimmte Mechanismen zeichnen
sich dadurch aus, dass sie mehr Probleme als Freude bringen. Und die Hilfe,
die sie für die Menschen darstellen, ist illusorisch."
"Da bin ich nicht einer Meinung mit dir. Mag sein, dass sie Probleme
verursachen, repariert und gewartet werden müssen. Dafür kann
man damit aber vieles erreichen."
"Zum Beispiel?"
"Sogar Liebe."
"Künstlich hergestellte Gegenstände haben keine Auswirkung
auf die wahre Liebe. Auch wenn alle Dinge, die es in der Welt gibt, dir
gehört hätten, wäre es dir nicht gelungen, von einer Frau
richtig geliebt zu werden."
"Du kennst ja unsere Frauen gar nicht und urteilst trotzdem. Stell
dir vor, es ist mir gelungen!"
"Was ist dir gelungen?"
"Die Liebe ist mir gelungen - ohne Schwierigkeiten. Ich habe eine Frau
geliebt. Viele Jahre lang. Aber sie wollte nicht so gerne mit mir ausgehen
oder mit mir irgendwo alleine bleiben. Als ich das Schiff bekam, lud ich
sie ein, und sie sagte zu. Es war toll! Kannst du dir das vorstellen? Wir
sitzen zu zweit in der Bar des Schiffes. Sekt, herrlicher Wein, Kerzenlicht,
Musik - und keiner ist dabei. Nur wir zwei in der leeren Bar meines Schiffes.
Und sie sitzt vor mir. Ich habe niemand an Bord genommen, um mit ihr allein
zu bleiben. Das Schiff fuhr auf dem Fluss, in der Bar klang Musik. Ich
forderte sie zum Tanz auf. Sie hatte eine schöne Figur und schöne
Brüste. Ich zog sie an mich - mein Herz schlug freudig und ich küsste
ihre Lippen! Sie wies mich nicht ab, sie umarmte mich auch. Verstehst du?
Sie war neben mir, ich konnte sie berühren und küssen. Und das
geschah dank des Schiffes - und du sagst, das bringt nur Probleme!"
"Was ist weiter mit dir geschehen?"
"Das ist unwichtig."
"Erinnere dich bitte trotzdem!"
"Ich sage dir, es ist unwichtig. Es hat keine Bedeutung."
"Darf ich erzählen, was dort auf dem Schiff mit dieser jungen
Frau und mit dir geschehen ist?"
"Bitteschön!"
"Du hast viel Alkohol getrunken. Du hast es absichtlich getan. Dann
hast du ihr die Schlüssel von deiner Kajüte, deinen Luxusräumen,
gegeben und bist selbst nach unten gestiegen und hast fast 24 Stunden in
einer kleinen Matrosenkajüte geschlafen. Und weißt du auch warum?"
"Warum?"
"Es gab einen Moment in dem du einen seltsamen Gesichtsausdruck und
ein eigenartiges Lächeln bei der von dir geliebten jungen Frau gesehen
hast, als wäre sie ganz woanders. Intuitiv hast du verstanden, dass
deine Geliebte davon träumte, wie glücklich sie wäre, am
Tisch in der Bar deines Schiffes nicht mit dir, sondern mit ihm, dem anderen,
zu sitzen, den sie liebt. Und dass nicht du, sondern er der Besitzer des
Schiffes wäre. Ihr beide wart der Macht der toten Materie unterworfen,
habt eure lebendigen Gefühle und Bestrebungen an sie gebunden und
damit eure Gefühle getötet."
"Hör auf Anastasia! Diese Erinnerungen sind unangenehm für
mich. Das Schiff hat doch trotzdem eine wichtige Rolle gespielt. Du und
ich sind uns dank ihm begegnet."
"Die Ereignisse der Gegenwart werden durch die Gefühle und seelischen
Regungen in der Vergangenheit vorbereitet. Nur diese beeinflussen die Zukunft.
Und nur ihr Schwung und ihre Flügelweite spiegeln sich im Himmel wider.
In der Fülle der Ereignisse des irdischen Daseins prägen sich
nur diese Regungen und Bestrebungen ein."
"Wie soll ich das verstehen?"
"Unserer Begegnung können viele Bestrebungen deiner und meiner
Seele, vielleicht unserer entfernten und nahen Vorfahren, vorausgegangen
sein, vielleicht auch nur eine Regung des Kirschbäumchens aus deinem
Garten. Aber keinesfalls die deines Schiffes!"
"Was hat das Kirschbäumchen aus meinem Garten damit zu tun?"
"Du hast dein Leben mehrmals durchgesehen, aber diesem Bäumchen
und deinen dank ihm entstandenen Gefühlen keinerlei Bedeutung beigemessen.
Aber gerade sie waren das Hauptereignis deines Lebens in den letzten Jahren.
Auf dein Schiff hat das Weltall nicht reagiert. Was kann schon für
das Weltall dieses primitive ratternde Fahrzeug bedeuten, das weder denken
noch sich selbst wieder instand setzen kann?! Und das Kirschbäumchen,
ein kleines sibirisches Bäumchen, an das du dich nicht einmal erinnerst,
brachte die Weiten des Weltalls in Bewegung und veränderte den Verlauf
der Ereignisse, die nicht nur mit dir und mir zusammenhängen.
Denn es ist lebendig und wie alles Lebende untrennbar mit dem Weltall verbunden."
Das Kirschbäumchen
"Wladimir, erinnere dich an alles, was mit diesem Bäumchen zusammenhängt,
angefangen vom ersten Moment deiner Berührung mit ihm."
"Ich will es versuchen, wenn es so wichtig ist."
"Es ist wichtig."
"Ich fuhr mit dem Auto, ich weiß nicht mehr, wohin. Ich hielt
in der Nähe des Zentralmarktes und bat den Fahrer, Obst zu kaufen.
Ich blieb im Auto sitzen und sah zu, wie die Menschen mit verschiedenen
Setzlingen in der Hand vom Markt kamen."
"Du hast sie gesehen und dich gewundert. Und worüber?"
"Über ihre Gesichter. Sie waren so freudig und zufrieden. Draußen
regnete es, es war kalt, und sie schleppten Setzlinge, deren Wurzeln mit
Lappen umwickelt waren. Die Leute trugen schwer, aber sie waren dennoch
zufrieden. Und ich saß in einem warmen Auto und war traurig. Als
der Fahrer zurückkehrte, ging ich auf den Markt. Ich ging lange von
einem Verkäufer zum andern und kaufte dann drei kleine
Kirschbaumsetzlinge. Als ich sie in den Kofferraum legte, sagte der Fahrer,
dass einer davon nicht wachsen würde, seine Wurzeln wären zu
kurz abgeschnitten. Am besten wäre es, ihn gleich wegzuwerfen. Doch
ich behielt ihn, denn er war besonders gerade. Dann pflanzte ich die Setzlinge
persönlich im Garten meines Landhauses. Für das Bäumchen
mit den zu kurz abgeschnittenen Wurzeln nahm ich mehr Schwarzerde, Torf
und Dünger."
"Mit deinen Versuchen, ihn zu reifen, hast du mit Dünger noch
zwei kleine Wurzeln des Bäumchens kaputt gemacht."
"Und es hat trotzdem durchgehalten! Als die Knospen sich zu bilden
begannen, lebten seine Zweige wieder auf. Sie bekamen kleine Blätter.
Dann bin ich auf eine
Geschäftsreise gefahren." ..
"Aber vorher bist du täglich zwei Monate lang zu deinem Landhaus
gefahren und als Erstes zum Kirschbäumchen gegangen. Manchmal hast
du seine Zweige gestreichelt, dich über die Blätter gefreut und
es gegossen. Du hast einen Stock in den Boden geschlagen und den Stamm
daran gebunden, damit der Wind ihn nicht zerbrechen konnte. Sag, Wladimir,
was meinst du, reagieren die Pflanzen auf das Verhältnis der Menschen
zu ihnen? Spüren sie das gute und das schlechte Verhältnis?"
"Ich habe irgendwo gehört und gelesen, dass die Zimmerpflanzen
und Blumen darauf reagieren. Sie können sogar verwelken, wenn der
Mensch, der sie pflegt, fortgefahren ist. Ich weiß auch von wissenschaftlichen
Experimenten: An Pflanzen wurden Sensoren angeschlossen, und die Zeiger
der Geräte bewegten sich in die eine oder andere Richtung, sobald
sich ihnen jemand mit aggressiven beziehungsweise guten Gefühlen näherte."
"So weißt du also, Wladimir, dass die Pflanzen auf die menschlichen
Gefühle reagieren. Wie es vom Großen Schöpfer gedacht ist,
bemühen sie sich, alles für die Lebenserhaltung der Menschen
zu tun: Einige bringen Früchte, die anderen rufen mit ihren schönen
Blumen positive Gefühle hervor, die dritten sichern optimale Luft
zum Atmen.
Es gibt aber noch eine weitere wichtige Bestimmung der Pflanzen: Diejenigen,
mit denen ein Mensch umgeht, bilden einen Raum der wahren Liebe um ihn,
ohne den das Leben auf der Erde unmöglich wäre. Und die kleine
sibirische Kirsche, die du gepflanzt und gepflegt hast, war bestrebt, das
zu tun, was alle Pflanzen, ihrer Bestimmung folgend, tun. Die Pflanzen
können nämlich ein bedeutendes Umfeld der Liebe für einen
Menschen bilden; wenn er eine große Anzahl verschiedener Pflanzen
liebevoll behandelt. Du hast aber nur eine Pflanze gepflegt. Darum war
sie bemüht, das ganz allein zu tun, was sonst nur viele verschiedene
Pflanzen tun können. Ihr Bestreben war durch dein besonderes Verhältnis
zu ihr verursacht. Du hast geahnt: In deiner Umgebung war nur dieses eine
Bäumchen, das von dir nichts wollte, nie log und nur geben wollte.
Darum bist du oft zu dem Kirschbäumchen hingegangen, hast lange vor
ihm gestanden und es angesehen. Und die Kirsche gab sich Mühe deinetwegen.
Noch vor dem ersten Sonnenstrahl suchten ihre Blätter dessen Abglanz
im Morgenhimmel einzufangen. Und wenn die Sonne unterging, benutzte die
Kirsche auch das Licht der Sterne. Und es ging ihr gut. Ihre Wurzeln konnten
verbrennende Düngemittel meiden und die Nahrung aus dem Boden aufnehmen.
Der Saft der Erde floss schneller durch die Adern des Bäumchens, schneller
als das sonst der Fall ist. Einmal hast du Blüten an der Kirsche entdeckt.
Du hast dich darüber sehr gefreut. Deine Stimmung hat sich gebessert,
und dann... Weißt du noch, Wladimir, was du gemacht hast, als
du ihre Blüten gesehen hast?"
"Ich habe mich in der Tat wirklich darüber gefreut. Meine Stimmung
wurde besser, und ich habe ihre Zweige gestreichelt."
"Ja,du hast ihre Zweige zärtlich gestreichelt und gesagt: ,Sieh
mal, meine Schöne, du bist ja aufgeblüht!' Ja, Wladimir, die
Bäume bringen Früchte, aber sie bilden auch ein Umfeld der Liebe.
Die Kirsche wollte inständig, dass auch du so eine Liebeshülle
um dich hast. Woher konnte sie noch die Kraft nehmen, um dir all das zurückzugeben,
was sie von dir bekommen hatte?! Sie hatte ja schon alles gegeben, was
sie konnte, und jetzt erhielt sie noch diese besondere Zärtlichkeit
von dir... So wollte sie noch mehr für dich tun! Obwohl sie ganz alleine
war. Aber du bist auf deine lange Geschäftsreise gefahren. Nach der
Rückkehr bist du gleich zu der Kirsche in deinem Garten gegangen.
Dabei hast du Kirschen gegessen, die du vorher auf dem Markt gekauft hattest.
Als du vor dem Bäumchen standst, sahst du, dass daran ebenfalls drei
rote Früchte hingen. Du standst vor dem Baum und spucktest die Kerne
der auf dem Markt gekauften Kirschen aus. Dann hast du eine Frucht von
deiner Kirsche probiert. Sie war etwas saurer als die Marktkirschen, und
du hast die zwei übrigen nicht gepflückt."
"Ich hatte mich schon an den anderen Früchten satt gegessen. Und
diese Frucht war wirklich sauer."
"Oh, hättest du gewusst, wieviel Nützliches für dich,
wieviel Energie und Liebe diese Frucht enthielt! Aus dem Innern der Erde
und aus den Weiten des Weltalls hat die Kirsche alles Notwendige für
dich gesammelt und damit diese drei Früchte versehen. Sie ließ
sogar einen anderen Zweig sterben, damit diese drei Früchte reif werden
konnten! Du hast ja nur eine probiert, die beiden übrigen hast du
nicht einmal berührt."
"Ich habe es ja nicht gewusst! Jedenfalls war es für mich angenehm,
dass der Baum Früchte trug."
"Ja, es war für dich angenehm. Und dann... Weißt du noch,
was du damals getan hast?"
"Ich habe noch einmal die Zweige der Kirsche gestreichelt."
"Du hast sie nicht nur gestreichelt. Du hast dich gebückt und
ein Blatt des auf deiner Handfläche liegenden Zweiges geküsst."
"Ja, ich habe es geküsst. Ich war ja gut aufgelegt."
"Und mit der Kirsche ist etwas Unwahrscheinliches geschehen. Was konnte
sie noch für dich tun, da du die von ihr gebrachten Früchte nicht
einmal angenommen hast? Was...? Sie zitterte von dem Kuss des Menschen
- und in die hellen Weiten des Weltalls flogen die sonst nur dem Menschen
eigenen Gefühle und Gedanken der kleinen sibirischen Kirsche, die
den Menschen all das zurückgeben wollte, was sie von nur einem Menschen
erhalten hatte. Sie wünschte leidenschaftlich, ihnen ihren Kuss der
Liebe zu schenken, sie mit ihren hellen Gefühlen der Liebe zu erwärmen.
Entgegen allen Gesetzen flog der Gedanke im Weltall herum und fand keine
Verwirklichung. Das Bewusstsein des Unvermögens, diesen Wunsch zu
verwirklichen, bedeutet im Prinzip den Tod. Die lichten Mächte brachten
aber der Kirsche immer wieder ihren Gedanken zurück, damit sie ihn
in sich töten und selbst am Leben bleiben könne. Doch sie nahm
ihn nicht zurück. Ihr flammender Wunsch blieb unverändert, ungewöhnlich
rein und leidenschaftlich. Die lichten Mächte waren irritiert, denn
der Große Schöpfer ändert ja seine Harmoniegesetze nicht.
Die Kirsche kam aber nicht ums Leben. Sie kam nicht um, weil ihre Gedanken,
ihre Bestrebungen und Gefühle ungewöhnlich rein waren, und weil
nach den Gesetzen des Weltalls eine reine Liebe nicht zu vernichten ist.
Nun schwebten also die Gedanken über dir auf der Suche nach Verwirklichung.
Die Kirsche war bestrebt, ganz allein ein Umfeld der Liebe für dich
zu bilden. Ich kam auf euer Schiff, um zu versuchen, bei der Verwirklichung
dieses Wunsches mitzuhelfen, ohne zu wissen, auf wen er sich bezog."
"Dein Verhältnis zu mir entstand also aus dem Wunsch der Kirsche,
zu helfen?"
"Mein Verhältnis zu dir, Wladimir, ist allein mein Verhältnis.
Schwer zu sagen, wer wem hilft, die Kirsche mir oder ich der Kirsche. Alles
im Weltall hängt eng zusammen. Man kann die Wirklichkeit nur durch
sich selbst wahrnehmen. Darf ich jetzt aber den Wunsch der Kirsche verwirklichen?
Darf ich dich anstelle der Kirsche küssen?"
"Natürlich, wenn es sein soll! Ich esse auch alle ihre Früchte,
wenn ich zurückkehre."
Anastasia schloss die Augen. Sie drückte die Hände an die
Brust und flüsterte leise: "Kirsche, spürst du es? Ich weiß,
dass du es spüren kannst. Jetzt tue ich das, was du dir gewünscht
hast. Das wird dein Kuss sein!"
Dann legte Anastasia ihre Hände auf meine Schultern, und ohne
die Augen zu öffnen näherte sie sich, berührte mit ihren
Lippen meine Wange und hielt inne. Ein seltsamer Kuss, nur eine Lippenberührung.
Er unterschied sich von allen Küssen, die ich früher erlebt hatte.
Er rief in mir eine nie gekannte, höchst angenehme Empfindung hervor.
Es liegt wahrscheinlich nicht an der Art, wie sich die Lippen, die Zunge
und der Körper bewegen. Es liegt wohl daran, was im Innern des Menschen
bei einem Kuss vorgeht.
.........
Ich glaube, daß Anastasia Wladimir Megre ausgesucht hat, weil er dieselben Zweifel hat und Einwände bringt, die einem völlig durchschnittlichen, unesoterischem Menschen durch den Kopf gehen:
"Alles, was du sagst, muss man auch glauben. Was mich angeht, so kann
ich nicht ohne weiteres an die Dimension der lichten Mächte, in der
die Gedanken leben, glauben. Ihre Existenz ist nicht zu beweisen, weil
man sie nicht berühren kann."
"Eure Wissenschaftler kamen doch zu der Schlussfolgerung, dass ein
Gedanke materiell ist, nicht wahr?"
"Das stimmt. Aber trotzdem ist es schwer, das zu akzeptieren, weil
es unmöglich ist, ihn zu berühren."
"Wenn du aber das... auch schreiben wirst, wirst du es berühren
und es als materialisierten Gedanken in der Hand halten können."
"Jetzt fängst du schon wieder mit dem Buch an! Ich habe dir doch
schon gesagt, ich glaube nicht daran. Ebenso wenig daran, dass du mit Hilfe
irgendwelcher nur dir bekannten Buchstabenkombinationen Gefühle bei
den Lesern hervorrufen kannst, und dann auch noch positive Gefühle,
die ihnen zu irgendwelchen Erkenntnissen verhelfen."
"Ich habe dir aber doch gesagt, wie ich das tun werde."
"Ja, das hast du gesagt. Ich glaube es aber nicht. Und wenn ich zu
schreiben versuche, dann werde ich nicht alles auf einmal erzählen,
sonst werde ich verspottet werden. Weißt du, Anastasia, ich möchte
dir ganz offen etwas sagen."
"Sag es bitte offen."
"Nimm es mir aber nicht übel. Ja?"
"Ich werde es dir nicht übel nehmen."
"Alles, was du erzählt hast, muss ich noch überprüfen.
Ich muss unsere Wissenschaftler zu Rate ziehen und erfahren, was man in
verschiedenen Glaubenslehren und den gegenwärtigen Lehren davon hält.
Jetzt werden bei uns viele verschiedene Kurse und Vorträge dazu gehalten."
"Überprüfe es ruhig. Natürlich musst du das überprüfen."
"Und noch etwas. Du bist ein sehr guter Mensch mit einer interessanten,
ungewöhnlichen Philosophie. Aber wenn man deine Handlungen mit denen
der anderen vergleicht, die sich um die Seele und die Ökologie kümmern,
dann sieht es so aus, als wärest du ihnen unterlegen."
"Warum sieht es so aus?"
"Überleg doch mal. Alle Erleuchteten, wie du sie nennst, wurden
zu Eremiten. Buddha lebte sieben Jahre zurückgezogen im Wald und schuf
eine Lehre, die viele Anhänger in der Welt hat. Jesus Christus zog
sich nur für vierzig Tage zurück, aber seither bewundert man
seine Lehre."
"Jesus Christus hat sich mehrmals zurückgezogen. Er hat auch unterwegs
viel nachgedacht."
"Meinetwegen, mehr als vierzig Tage, lass es ein Jahr sein. Die Alten,
die nach ihrem Tod heilig gesprochen wurden, waren ursprünglich ganz
gewöhnliche Menschen. Dann gingen sie in den Wald und lebten dort
als Eremiten. An diesen Orten wurden dann Klöster gebaut, sie bekamen
Anhänger. Ist es nicht so?"
"Ja, so ist es."
"Und du lebst schon seit 26 Jahren im Wald und hast bisher keine Anhänger.
Auch keine Lehre hast du geschaffen. Stattdessen bittest du mich, ein Buch
zu schreiben, klammerst dich daran wie eine Ertrinkende an einen Strohhalm,
träumst davon, irgendwelche Zeichen und Buchstabenkombinationen darin
einzusetzen. Wenn du nichts erreichen kannst wie die anderen - wäre
es da nicht besser, aufzugeben? Es gibt andere, begabte Menschen. Vielleicht
werden sie sich auch ohne dich etwas ausdenken. Lass uns doch einfacher,
realistischer leben! Ich helfe dir, dich an die Bedingungen unseres Lebens
anzupassen. Nimmst du mir meine Worte auch nicht übel?"
"Nein, ich nehme sie dir nicht übel."
"Dann sage ich dir jetzt die ganze Wahrheit, damit du dich selbst besser
verstehen kannst."
"Bitte, sprich!"
"Ohne Zweifel hast du ungewöhnliche Fähigkeiten, du kannst
auch beliebige Informationen ohne Mühe erhalten. Und nun sag, wann
hast du deinen Strahl bekommen?"
"Wie allen wurde er mir in die Wiege gelegt. Als ich sechs Jahre alt
war, lehrte mich Urgroßvater zu erkennen, dass ich ihn besaß
und wie ich ihn anwenden konnte."
"Du konntest also schon mit sechs Jahren sehen, was in unserem Leben
passiert? Du konntest alles analysieren und die Menschen aus der Ferne
heilen?"
"Ja, das konnte ich."
„Jetzt sage mir, womit hast du dich denn dann in den darauf folgenden
zwanzig Jahren beschäftigt?"
"Ich habe es dir schon erzählt und gezeigt. Ich habe mich um die
Menschen gekümmert, die ihr Kleingärtner nennt. Ich bemühte
mich zumindest, ihnen zu helfen."
"Die ganzen zwanzig Jahre, Tag für Tag?"
"Ja, manchmal auch in der Nacht, wenn ich nicht zu müde war."
"Du hast dich also wie eine sture Fanatikerin die ganze Zeit beharrlich
mit den Kleingärtnern beschäftigt? Hat dich denn jemand dazu
gezwungen?"
"Niemand hätte mich dazu zwingen können. Ich wollte es selbst
als Urgroßvater mir dies vorgeschlagen hatte und ich einsah, dass
es gut und sehr wichtig ist."
"Ich denke, dein Urgroßvater hat es dir vorgeschlagen, weil du
ohne Eltern lebtest. Du tatest ihm Leid. Deshalb gab er dir eine leichte
und einfache Beschäftigung. Jetzt hat er gesehen, dass du eine höhere
Stufe erklommen hast und erlaubte dir, dich um etwas anderes zu kümmern
und auf die Kleingärtner zu verzichten."
"Mit den Kleingärtnern ist etwas anderes verbunden. Ich werde
diesen Menschen, die ihr Kleingärtnern nennt, immer weiter helfen.
Ich mag sie sehr und werde immer für sie da sein.“
"Eben das nennt man Fanatismus. Etwas fehlt dir doch, um normal zu
sein. Ich will, dass du das verstehst. Die Kleingärtner sind längst
nicht die Hauptsache unseres Lebens. Sie beeinflussen die gesellschaftlichen
Vorgänge überhaupt nicht. Lauben und Gemüsegärten sind
doch nur kleine Freizeitbeschäftigungen. Die Menschen erholen sich
dort nach ihrem Arbeitstag oder wenn sie Rentner sind. Und das ist alles!
Verstehst du? Das und nichts anderes! Und wenn du dich mit deinen kolossalen
Kenntnissen und mit deinen phänomenalen Fähigkeiten mit den Kleingärtnern
beschäftigst, dann hast du irgendwelche psychische Probleme. Ich denke,
du solltest einen Psychotherapeuten konsultieren. Wenn es gelingt, deinen
Zustand zu bessern, dann kannst du vielleicht der Gesellschaft tatsächlich
etwas Gutes tun."
„Ich habe wirklich den großen Wunsch, der Gesellschaft zu helfen."
„Also komm mit, ich bringe dich zu einem Psychotherapeuten in eine
gute teure Klinik. Du sagst ja selbst, dass eine planetare Katastrophe
geschehen kann. Also solltest du besser den Umweltschutzorganisationen
und der Wissenschaft helfen."
"Wenn ich hier bin, kann ich mehr Nutzen bringen."
"Na gut, dann kommst du eben später zurück und wirst dich
mit wichtigeren Dingen beschäftigen."
„Mit was für wichtigeren Dingen?"
„Das kannst du selbst entscheiden. Ich denke, du könntest dich
mit der Verhinderung der ökologischen und planetaren Katastrophe beschäftigen.
Übrigens, wann soll sie deiner Meinung nach geschehen?"
"Lokale Katastrophen geschehen bereits in verschiedenen Teilen der
Erde. Die Menschheit hat schon längst alles zu ihrer Selbstvernichtung
getan." (Anm.: Das Buch ist von 1997)
"Und wann wird eine globale Katastrophe stattfinden, wann wird die
Apokalypse sein?"
„Das könnte ungefähr im Jahre 2002 geschehen. Aber sie kann
verhindert oder verschoben werden, wie es im Jahre 1992 schon einmal der
Fall war."
"In der Tat? Hätte sie 1992 schon geschehen können?"
"Ja, aber sie haben sie verschoben."
"Wer - ,sie'? Wer hat etwas verhindert und verschoben?"
„Die planetare Katastrophe 1992 ist dank der Kleingärtner nicht
geschehen."
"Was... ?"
"In der ganzen Welt sind viele Menschen, die der Katastrophe der Erde
Widerstand leisten. Doch die Katastrophe 1992 hat hauptsächlich dank
der Kleingärtner Russlands nicht stattgefunden."
"Und du.. also du... du hast schon mit sechs Jahren ihre Bedeutung
verstanden, alles vorausgesehen und unermüdlich gehandelt und ihnen
geholfen?"
"Ja, Wladimir, ich habe die Bedeutung der Kleingärtner erkannt."
„Aber warum ausgerechnet dank der Kleingärtner Russlands? Warum?
Welcher Zusammenhang besteht da?"
"Siehst du, Wladimir, die Erde ist zwar groß, doch empfindlich,
sehr empfindlich. Du bist auch groß im Vergleich zu einer Mücke,
aber wenn sich eine Mücke auf dich setzt, spürst du sofort ihre
Berührung. Und die Erde spürt, wenn sie mit Beton oder Asphalt
bedeckt wird, wenn ihre Wälder gefällt und verbrannt werden,
wenn in ihrem Inneren gegraben wird und Pulver hineingeschüttet wird,
sogenannter Dünger. Das tut ihr weh. Trotzdem liebt sie die Menschen
wie eine Mutter ihre Kinder. Die Erde bemüht sich, die menschliche
Bosheit in ihr Inneres aufzunehmen, und nur in den Momenten, wenn sie nicht
mehr imstande ist, sie zurückzuhalten, wird die Bosheit durch Vulkanausbrüche
und Erdbeben hinausgeworfen. Der Erde muss geholfen werden. Eine
zärtliche, behutsame Behandlung der Erde verleiht ihr Kraft. Die
Erde ist zwar groß, aber sehr empfindlich. Sie spürt schon,
wenn nur eine einzige menschliche Hand sie zärtlich berührt.
Oh, wie tief sie diese Berührung empfindet, und wie sehr sie sich
darüber freut. In Russland galt die Erde einige Zeit als Allgemeingut,
das heißt, sie gehörte keinem Einzelnen, sondern allen. Die
Menschen empfanden die Erde nicht als ihr Eigentum. Dann trat eine Wende
in Russland ein. Man gab den Menschen ein kleines Stück Land für
ihre Gartenlauben. Doch diese Grundstücke waren mit Absicht so klein
gehalten, dass es unmöglich war, irgendwelche technischen Hilfsmittel
zu gebrauchen. Trotzdem gab es viele Russen, die sich förmlich nach
einem Stückchen Land verzehrten und es mit Freuden annahmen. Darunter
waren sowohl arme als auch wohlhabende Leute. Und als sie ihr kleines Stück
Land erhielten, spürten sie intuitiv:
Nichts kann die Verbindung des Menschen mit der Erde abbrechen. Und
Millionen menschlicher Hände berührten liebevoll die Erde. Ja,
mit ihren Händen und nicht mit irgendwelchen Maschinen berührten
die Menschen zärtlich die Erde auf ihren kleinen Grundstücken.
Und sie spürte das. Sie spürte die Berührung jeder einzelnen
Hand, wurde dadurch stärker und konnte einige Zeit durchhalten."
„Was folgt daraus? Soll man also jedem Kleingärtner ein Denkmal
für die Rettung des Planeten setzen?"
"Ja, Wladimir, sie sind die Retter."
"Aber es ist doch unmöglich, so viele Denkmäler aufzustellen!
Am besten wäre es ein allgemeines Fest für sie mit einem oder
zwei Ruhetagen einzuführen. ,Der Tag des Kleingärtners' oder
,Der Tag der Erde' sollte im Kalender stehen."
"Oh, ein Feiertag!", klatschte Anastasia in die Hände. "Toll!
Ein Feiertag! Es soll ein lustiger, fröhlicher Feiertag sein."
"Dann veranlasse doch mit deinem Strahl die Regierung und die
Abgeordneten des Staatsparlaments dazu, ein entsprechendes Gesetz herauszugeben."
„Ich kann sie nicht erreichen, denn sie sind mit ihrer alltäglichen
Hektik befasst. Sie müssen viele Entscheidungen treffen, und es bleibt
ihnen gar keine Zeit zum Denken. Es hat auch keinen Sinn, ihr Bewusstsein
zu erhöhen. Es wird für sie noch schwerer sein, wenn sie die
Realität erkennen. Außerdem wird man es nicht zulassen, dass
sie richtige Entscheidungen treffen."
"Wer kann schon die Regierung und den Präsidenten daran
hindern?"
"Ihr, die Massen, die Mehrheit. Ihr werdet die richtigen Beschlüsse
unpopulär nennen."
"Das stimmt. Wir haben eine Demokratie. Die wichtigsten Beschlüsse
werden von der Mehrheit angenommen. Und die Mehrheit hat immer recht."
"Den höchsten Grad der Bewusstheit haben zuerst immer nur
einzelne erreicht, Wladimir, und die Mehrheit hat die Wahrheit erst sehr
viel später erkannt."
"Wenn dem so ist, wozu braucht man dann die Demokratie und das
Referendum?"
„Man braucht sie als eine Art Dämpfer, damit es nicht zu
heftigen Zusammenstößen kommt. Wenn solche Dämpfer nicht
funktionieren, bricht eine Revolution aus. Und die
Revolutionszeit ist für die meisten immer sehr schlimm."
„Der 'Tag des Kleingärtners' ist aber doch keine Revolution -
was sollte denn Schlechtes daran sein?"
„Dieser Feiertag ist eine gute Sache. Er ist nötig, bestimmt sehr
nötig. Er sollte möglichst schnell eingeführt werden. Ich
werde darüber nachdenken."
"Ich helfe dir dabei. Ich weiß besser, welche Hebel man
in unserem Leben wirksam in Bewegung setzt. Ich werde in der Zeitung, nein,
besser in deinem Buch über die Kleingärtner schreiben und die
Menschen dazu aufrufen, Telegramme an die Regierung und an das Parlament
zu richten, mit folgendem Text: ,Wir bitten Sie, den Tag des Kleingärtners
und den Feiertag der Erde einzuführen.' Aber an welchem Datum?"
„Am 23. Juli."
"Warum am 23. Juli?"
„Ein passender Tag. Allein schon deshalb, weil es dein Geburtstag ist.
Und die Idee stammt ja schließlich von dir."
„Das ist gut. Also sollen die Menschen in den Telegrammen schreiben:
'Machen Sie bitte den 23. Juli zum gesetzlichen Feiertag der Kleingärtner
und der Erde'. Und während die Regierungsmitglieder und die Parlamentsabgeordneten
diese lesen und überlegen, warum die Menschen ihnen solche Telegramme
schicken, wirst du deinen Strahl auf sie lenken!"
"Darauf kannst du dich verlassen, mit aller Kraft werde ich ihn lenken.
Der Feiertag soll licht und schön sein. Alle Menschen werden sich
darüber freuen und die Erde wird aufatmen!"
"Warum sollen sich eigentlich alle freuen? Dieses Fest gilt doch nur
für die Kleingärtner."
"Man muss es so gestalten, dass sich alle darüber freuen. Zuerst
wird dieses Fest in Russland gefeiert und später wird es zum schönsten
Feiertag auf der ganzen Erde, zum Feiertag der Seele werden."
„Und wie wird dieser Tag zum ersten Mal in Russland gefeiert werden?
Es weiß ja niemand, wie man das tun soll."
„An diesem Tag wird jedem sein eigenes Herz der beste Ratgeber sein.
Übrigens kann ich es gleich modellieren."
Dann redete Anastasia, jeden Laut deutlich aussprechend. Sie redete
schnell und begeistert! Ungewöhnlich feierlich waren der Rhythmus
ihrer Rede, der Satzaufbau und die Aussprache: "Möge Russland an diesem
Tag sehr früh mit den ersten Sonnenstrahlen erwachen. Alle Menschen,
zusammen mit ihren Familien, Freunden oder auch allein werden barfüßig
auf der Erde stehen. Diejenigen, die Kleingärten haben, wo sie Obst
und Gemüse mit ihren eigenen Händen züchten, sollen den
ersten Sonnenschein in der Umgebung ihrer Pflanzen erleben. Sie sollen
jede Pflanzenart mit ihren Händen berühren und bei Sonnenaufgang
eine Beere von jeder Sorte pflücken und sie essen. Am Vormittag braucht
weiter nichts gegessen zu werden. Bis zum Mittagessen kann der Garten in
Ordnung gebracht werden. Dabei denke jeder über sein Leben nach: Was
macht ihm Freude? Was ist seine Bestimmung? Man möge sich liebevoll
an seine Nächsten und Freunde erinnern und daran, warum die Pflanzen
wachsen, und jeder möge seine Bestimmung erkennen. Jeder soll am Vormittag
mindestens eine Stunde ganz für sich allein bleiben. Es ist völlig
gleich, wo und wie, aber unbedingt ganz für sich allein, um in dieser
Zeit in sich, in sein tiefes Inneres zu blicken. Die ganze Familie, alle,
die zusammen wohnen und auch diejenigen, die an diesem Tag aus der Ferne
dazugekommen sind, sollen sich am Mittagstisch versammeln. Das Essen soll
ganz frisch aus den Naturgaben zubereitet werden, die die Erde bis zur
Mittagszeit geboren hat. Jeder stelle auf den Tisch das, wonach seine Seele
und sein Herz verlangen. Alle Familienangehörigen sollen einander
zärtlich ansehen. Und der Älteste wird zusammen mit dem Jüngsten
die Mahlzeit segnen. Am Tisch wird ein ruhiges Gespräch über
etwas Gutes von jedem, der am Tisch sitzt, geführt."
Ungewöhnlich lebendig wirkten die von Anastasia geschilderten
Bilder. Ich empfand mich selbst gleichsam am Tisch neben vielen Menschen
sitzend. Hingerissen von ihrer Erzählung von dem künftigen Fest
glaubte ich daran, vielmehr es schien mir, als fände es schon statt,
und ich fügte hinzu: "Bevor wir essen, möchte ich den ersten
Toast aussprechen: ,Die Gläser hoch! Trinken wir auf die Erde und
die Liebe!"'
Ich glaubte ein Weinglas in der Hand zuhalten. Plötzlich sagte
sie: "Wladimir, auf dem Tisch sollen keine schädlichen alkoholischen
Getränke sein.
Das Glas in meiner Hand verschwand sofort und das Bild dieser Feier
löste sich auf.
"Anastasia, hör auf, du verdirbst ja die ganze Feier!"
"Nun gut, wenn du willst, soll ein Wein aus Beeren auf dem Tisch stehen,
der in kleinen Schlucken getrunken wird."
"Schon gut. Lassen wir den Wein da. Es ist doch unmöglich, alle
Gewohnheiten sofort aufzugeben. Und was werden wir nach dem Mittagessen
machen?"
"Die Menschen werden in die Stadt zurückkehren. Die in ihren Gärten
gesammelte Ernte bringen sie nach Hause und schenken sie jenen, die keine
Gärten haben. Alle freuen sich! Oh, wie viel positive Gefühle
es an diesem Tag geben wird! Sie werden stark genug sein, um die Krankheiten
von vielen Menschen zu heilen:
sowohl die Krankheiten, die den Tod ankündigten als auch diejenigen,
die man jahrelang nicht loswerden konnte. Die unheilbar Kranken und die
Menschen mit leichten Erkrankungen sollen an diesem Tag dem Strom der vom
Land zurückkehrenden Menschen entgegenkommen. Die Strahlen der Liebe
und des Guten und die mitgebrachten Früchte werden ihre Krankheiten
heilen und besiegen. Sieh nur! Sieh! Der Bahnhof! Ein Menschenstrom mit
bunten Körben! Sieh, in ihren Augen leuchten Ruhe und Güte!"
Anastasia strahlte und begeisterte sich immer mehr für die Idee
der Feier. Ihre Augen glänzten freudig und es schien, als ginge eine
blaue Strahlung von ihnen aus. Ihr Gesichtsausdruck änderte sich ständig,jedesmal
mit einer neuen Nuance der Freude, als sähe sie vor ihrem inneren
Auge eine stürmische Flut immer wechselnder Bilder von der großen
Feier. Plötzlich schwieg sie, dann stieß sie sich, das Knie
eines Beines gebeugt und einen Arm erhoben, mit dem anderen Bein von der
Erde ab und flog wie ein Pfeil, erhob sich über die Erde und er reichte
fast die ersten Zweige der Zedern. Als sie wieder herabsank, mit einer
Hand winkte und dann in die Hände klatschte, überflutete eine
bläuliche Strahlung die ganze Lichtung. Jeder winzige Grashalm, jedes
Käferchen und jede majestätische Zeder wiederholte gleichsam
Anastasias Worte. Eine unsichtbare riesige Kraft verstärkte ihre Wirkung.
Sie wurden nicht laut gesprochen, doch man hatte den Eindruck, dass sie
jedes Äderchen des Weltalls erreichten. Ich fügte auch ab und
zu ein paar Worte hinzu, denn ich konnte mich nicht zurückhalten,
so beeindruckend war ihre Rede.
"Viele Gäste kommen an diesem Tag nach Russland! Alle Atlanter,
die die Erde geboren hat, kehren als verlorene Söhne zurück!
Mögen die Menschen in ganz Russland an diesem Tag früh erwachen
und mögen die Saiten der Weltallharfe voll glücklicher Melodien
sein! Alle Barden sollen auf den Straßen und in den Höfen Gitarre
spielen! Wer sehr alt ist, soll an diesem Tag wieder jung werden, wie einst
vor vielen Jahren! Und , Anastasia, werde ich auch wieder jung sein?
Ja, du und ich, wir werden auch jung sein, so wie früher. Und
die Alten werden den Kindern Briefe schreiben. Ebenso schreiben alle Kinder
an ihre Eltern. Und Kinder, die die ersten Schritte in ihrem Leben machen,
sollen in eine glückliche, mit Freude erfüllte Welt eintreten.
Nichts soll das Glück der Kinder an diesem Tag trüben. Mögen
die Erwachsenen mit ihnen wie ebenbürtig verkehren! Götter aller
Völker kommen an diesem Tag auf die Erde. Sie verkörpern sich
in einfachen menschlichen Gestalten. Und der alleinige Gott des Weltalls
wird an diesem Tage glücklich sein. Mögest du glücklich
sein an diesem Tag! Durch die Liebe, die von der Erde ausgehend entfacht
wird!"
Anastasia schwärmte von den Bildern der Feier. Sie drehte sich
wie im Tanz auf der Lichtung, mit immer größerer Begeisterung.
"Hör auf! Hör auf!", rief ich Anastasia zu, weil ich plötzlich
sah, dass sie alles ernst nahm. Sie sprach nicht einfach nur Worte. Mit
jedem Wort, mit jedem manchmal merkwürdig formulierten Satz modellierte
sie Bilder des Feiertages! Und mit der ihr eigenen Beharrlichkeit würde
sie ihn weiter modellieren und davon träumen bis ihr Träume
in Erfüllung gingen und zur Realität würden. Sie würde
wie fanatisch träumen! Sie würde sich wegen ihrer Kleingärtner
darum bemühen, wie sie es seit 20 Jahren getan hatte. Und ich riet
um sie davon abzuhalten: "Hast du denn nicht verstanden? Das war doch nur
ein Scherz mit dem Feiertag! Ich habe doch nur gescherzt!"
Anastasia hielt inne. Ich sah ihr Gesicht an, und mir wurde ganz elend
zumute, so verstört wirkte es, wie bei einem Kind. Sie sah mich voller
Schmerz und Bedauern an und sprach dann beinahe flüsternd: "Ich habe
es ernst genommen, Wladimir, und ich habe schon alles modelliert. In die
Ereigniskette habe ich die Telegramme der Bevölkerung eingeflochten.
Ohne sie wird der Plan keinen Erfolg haben. Ich habe deine Idee ernstgenommen,
daran geglaubt, und alles in Gang gebracht. Ich spürte, dass du aufrichtig
warst, als du vom Feiertag gesprochen hast und auch von den Telegrammen.
Nimm deine Worte nicht zurück! Hilf mir mit den Telegrammen, damit
ich dir dabei, wie du gesagt hast, mit meinem Strahl helfen kann!"
"Schon gut! Ich werde es versuchen. Hauptsache, du beruhigst dich wieder!
Aber vielleicht wird ja niemand diese Telegramme aufgeben wollen."
"Es finden sich die Menschen, die das verstehen. Und auch die Regierung
und euer Staatsparlament wird empfänglich dafür sein. Es wird
die Feier geben! Ganz sicher! Sieh doch!"
Und wieder folgten Bilder des Feiertages.
Und nun ist es endlich soweit, dass ich darüber geschrieben habe.
Jeder kann jetzt so handeln, wie sein Herz und seine Seele es ihm eingeben.
..........
"Ich rede aber von echten Menschen, wie es zum Beispiel diese beiden
Mädchen da sind. Sehen Sie", und ich zeigte in die Richtung von zwei
jungen Mädchen, die fünf bis sechs Meter von der Bank entfernt
standen. Der Alte sah sie sich aufmerksam an und sagte: "Ich denke, dass
eine von beiden kein echter Mensch ist, und zwar jene, die raucht."
"Wie meinen Sie das, ,kein echter Mensch'? Wenn ich jetzt zu ihr hingehe
und ihr eine reinhaue, hören Sie doch richtiges Geschrei und richtige
Schimpfworte."
"Weißt du, Wladimir, du siehst jetzt nur eine Gestalt vor dir,
die durch die technokratische Weltauffassung geformt ist. Sieh sie dir
aufmerksam an. Das Mädchen trägt unbequeme Schuhe mit hohen Absätzen.
Außerdem sind sie ihr zu klein und drücken. Sie trägt diese
Schuhe, weil ihr jemand diktiert, welche Schuhe jetzt getragen werden.
Sie hat einen kurzen Rock aus künstlichem Leder an. Dieser Stoff ist
nicht gesund für den Körper, aber sie trägt ihn, einem Diktat
folgend, und erschafft damit die gewünschte Gestalt. Schau sie dir
an, sie ist stark geschminkt und wirkt überheblich, äußerlich
unabhängig. Aber das ist nur das Äußere. Doch ihr Äußeres
entspricht nicht ihrer wirklichen Natur. Die ihr durch fremde Gedanken
und Formen aufgezwungene Gestalt verdrängte ihre eigentliche Persönlichkeit.
Diese ,illusorische' Gestalt ohne Seele überdeckt die lebendige Seele.
Ihre Seele ist im Bann dieser Gestalt gefangen."
"Man kann allerlei über die Seele, den Bann und das Diktat reden.
Es ist schwer, festzustellen, ob es stimmt."
"Ich bin schon alt und kann nicht nach deiner Denkgeschwindigkeit stimmen.
Ich kann es dir auch nicht so gut beweisen, wie Anastasia das könnte."
Der Alte seufzte und fügte hinzu: "Darf ich es dir zeigen?"
"Was wollen Sie mir zeigen?"
"Ich versuche, und sei es auch nur für eine kurze Weile, die illusorische,
tote Gestalt zu verdrängen und die Seele des Mädchens zu befreien.
Schau gut zu."
"Gut, versuchen Sie es."
Das rauchende Mädchen erzählte in überheblichem Ton
ihrer Freundin etwas Unangenehmes. Der Alte beobachtete sie gespannt. Wenn
das Mädchen ihren. Blick von der Freundin abwandte und auf einen der
Passanten richtete, folgten die Augen des Alten ihrem Blick. Dann stand
er auf bedeutete mir, ihm zu folgen und ging zu den Mädchen. Ich ging
hinterher. Der Alte blieb zwei Schritte vor den Mädchen stehen und
starrte das rauchende Mädchen an. Sie wandte den Kopf zu dem Alten,
blies ihm den Zigarettenqualm ins Gesicht und sagte verärgert:
"Was willst du, Opa? Almosen, oder was?"
Der Alte machte eine Pause, um sich anscheinend von dem Qualm zu erholen,
und sagte dann ruhig und zartfühlend: "Nimm die Zigarette in die rechte
Hand, Töchterchen. Du musst dir Mühe geben und sie mit der rechten
Hand halten."
Das Mädchen nahm folgsam die Zigarette in die rechte Hand. Aber
das war nicht das eigentlich wichtige daran. Ihr Gesicht wurde völlig
anders. Da gab es keinen überheblichen Ausdruck mehr. Überhaupt
war alles an ihr jetzt anders: Das Gesicht und die Haltung. In einem ganz
anderen Ton sagte sie jetzt: "Ich werde mir Mühe geben, Opa."
"Es wäre gut für dich, dein Kind zu gebären, Töchterchen."
"Das wird mir schwer fallen, so allein."
"Er kommt zu dir. Geh und denke an deine Hände, und an dein Kind,
und er wird kommen. Geh, Töchterchen. Du musst dich beeilen!"
"Ich gehe ja schon."
Das Mädchen machte ein paar Schritte, dann blieb sie stehen und
rief ihrer Freundin, die ganz verwirrt zu sein schien, ganz ruhig und gar
nicht mehr verärgert zu: "Komm, Tanetschka, komm mit", und die beiden
gingen weg.
"Sieh mal einer an! Sie können ja auf diese Weise jede Frau zähmen!“
sagte ich, als wir wieder auf der Bank saßen. " Phantastisch! Das
ist ja die reinste Superhypnose. Mystik!"
"Das ist keine Hypnose und auch keine Mystik! Das ist nur ein aufmerksamer
Umgang mit dem Menschen, eben mit dem Menschen und nicht mit seiner Maske,
also mit einer ausgeklügelten Gestalt, die den richtigen Menschen
gar nicht erkennen lässt. Der Mensch reagiert sofort darauf, er wird
stark, wenn er so angesprochen wird, wenn seine illusorische Gestalt nicht
beachtet wird."
"Aber wie konnten Sie denn den unsichtbaren Menschen hinter der sichtbaren
Gestalt erkennen?"
"Das ist sehr einfach, ich versichere es dir. Zuerst beobachtete ich
etwas. Das Mädchen hielt die Zigarette in der linken Hand. In ihrer
Handtasche suchte sie auch mit der linken Hand nach etwas. Also ist sie
eine Linkshänderin. Wenn ein Kind etwas mit der linken Hand macht,
bemühen sich die Eltern meistens, ihm zu erklären, dass es alles
mit der rechten Hand machen soll. Bei ihren Eltern ist es ihr gut ergangen.
Ich schloss das aus dem Blick, den sie einem vorbeigehenden Ehepaar zuwarf,
das ein kleines Mädchen an der Hand führte. So sagte ich ihr
die Worte, die ihre Eltern ihr wahrscheinlich oft in der Kindheit gesagt
haben. Ich versuchte in demselben Ton und mit derselben Betonung zu sprechen,
wie ihre Eltern sprachen, als sie noch klein und aufgeschlossen und noch
nicht mit einer fremden Gestalt getarnt war. Sie, also das ehemalige Mädchen,
der richtige Mensch in ihr, reagierte sofort."
"Und warum haben Sie mit ihr über das Gebären gesprochen?"
"Sie ist ja schwanger, seit über einem Monat. Die fremde Gestalt
braucht dieses Kind nicht. Doch der richtige Mensch in ihr will es unbedingt.
Nun führen die beiden einen Kampf miteinander. Jetzt wird der wirkliche
Mensch in dem Mädchen siegen!"
.........
"Moment, Moment, gleich
werde ich dich prüfen. Sag, sind dir etwa die Geheimnisse der ägyptischen
Pyramiden bekannt?"
„Sie sind mir bekannt. Es ist mir auch bekannt, dass die Wissenschaftler
bei der Erforschung dieser Pyramiden immer vom Materiellen ausgingen. Sie
interessierten sich vor allem für die Verfahren, mit denen die Pyramiden
gebaut wurden, für die Größenverhältnisse der Mauern
und für die Gegenstände, die sich innerhalb der Pyramiden befanden.
Doch die Menschen selbst, die zur Zeit des Pyramidenbaus lebten, hielten
die Gelehrten für abergläubisch und sie sahen die Pyramiden nur
als einen Aufbewahrungsort für die kostbaren Gegenstände und
die Körper der Pharaonen zur Verewigung ihres Ruhmes an. Dadurch entfernten
sie sich weit vom Wesentlichen, dem Geistigen."
"Ich verstehe dich nicht, Anastasia, wovon entfernten sie sich?"
Anastasia schwieg eine Weile, als sähe sie in die Unendlichkeit
hinein, und dann begann sie ihre wundersame Erzählung: "Weißt
du, Wladimir, in uralten Zeiten lebten Menschen auf der Erde mit besonderen
Fähigkeiten, die es ihnen ermöglichten, viel klüger zu sein
als die gegenwärtigen Menschen. Die ursprünglichen Menschen hatten
die Möglichkeit, ohne weiteres das gesamte Wissen des Weltalls zu
benutzen, das von dem Allmächtigen, von Gott, erschaffen wurde. Dieses
wurde und wird von Ihm und den Menschen mit ihren Gedanken ständig
ergänzt, und es ist so grandios, dass man auf jede Frage eine Antwort
bekommen kann. Es drängt sich nicht auf. Die Antwort auf die Frage,
nach der der Mensch sucht, bildet sich augenblicklich im Unterbewusstsein
des Menschen."
„Welchen Vorteil hatten jene Menschen davon?"
"Jene Menschen brauchten keine Raumschiffe, um zu anderen Planeten
zu fliegen, denn wenn sie wollten, konnten sie auch von der Erde aus sehen,
was dort geschah.
Jene Menschen brauchten auch keinen Fernseher, kein Telefon, dessen
Kabelverbindungen die ganze Erde durchziehen, und keine Bücher, denn
sie konnten alle Informationen, die ihr aus Büchern bekommt, sofort
durch andere Methoden erhalten.
Jene Menschen brauchten keine Industrie, die Heilmittel produziert,
sie konnten, wenn es nötig war, die besten Arzneien mit nur einer
Handbewegung herstellen, denn diese gibt es in der Natur.
Jene Menschen auch brauchten keine Verkehrsmittel, wie es sie heute
gibt. Sie brauchten keine Maschinen und Anlagen, die Nahrungsmittel produzieren,
denn alles war ohnehin da.
Sie verstanden, dass die Veränderung der Klimaverhältnisse
in einem Teil der Erde ein Signal für sie war, in einen anderen Tal
überzusiedeln, damit sich die Erde erholen konnte.
Sie verstanden den Kosmos und ihren Planeten. Sie waren Denker und
wussten um ihre Bestimmung. Sie verbesserten den Planeten Erde. Im Weltall
gab es nicht ihresgleichen. Dem Intellekt nach war ihnen nur der Große
Verstand - Gott - überlegen.
Vor ungefähr 10.000 Jahren gab es unter der Bevölkerung,
die das damalige Europa und Asien, den nördlichen Teil Afrikas und
den Kaukasus besiedelte, einzelne Menschen, deren Verbindung mit der Intelligenz
des Universums teilweise oder völlig verlorengegangen war. Seither
begann die Menschheit, sich auf die planetare Katastrophe zuzubewegen,
gleich welcher Art, ob ökologisch, bakteriologisch oder atomar, so
wie sie die Wissenschaftler prognostizieren, oder als Apokalypse, wie die
alten Religionen sie nennen und sinnbildlich schildern."
"Einen Moment, Anastasia, ich verstehe den Zusammenhang der Erscheinung
dieser ,Behinderten' mit der planetaren Katastrophe nicht."
"Du hast ganz richtig das aktuelle Wort 'Behinderte' für
sie gebraucht. Ja, diese Menschen waren behindert, sie waren keine Vollwertigen
Menschen. Was braucht nun aber ein Mensch, der zum Beispiel nicht sehen
kann?"
"Jemanden, der ihn führt."
"Und ein Mensch, der nicht hören kann?"
"Ein Hörgerät."
"Und ein Mensch ohne Arme oder Beine?"
"Prothesen."
Diesen Behinderten fehlte aber etwas viel Entscheidenderes - die Verbindung
mit der Intelligenz des Universums. Deswegen verloren sie auch alle Kenntnisse,
mit deren Hilfe die Erde hätte vervollkommnet und verwaltet werden
können. Stell dir die Besatzungsmannschaft eines supermodernen Raumschiffes
vor, die neunzig Prozent ihres Verstandes eingebüßt haben. Ohne
etwas zu begreifen, beginnen sie die Wandverkleidung des Raumschiffes abzureißen
und ein Feuer in der Kabine zu machen, Geräte der Steueranlage wegzunehmen
und sich Schmuck und Spielzeug daraus zu basteln. Mit einer solch verrückten
Besatzung könnte man jene behinderten Menschen vergleichen. Gerade
sie, diese minderwertigen Behinderten, wie du sie nennst, erfanden zuerst
eine Axt und eine Lanze aus Stein, dann entwickelten sich ihre Gedanken
weiter in diese Richtung, bis sie bei den Kernwaffen angelangt waren. Bis
heute ist ihre Denktätigkeit mit unvorstellbarer Beharrlichkeit darauf
ausgerichtet, die vollkommene Schöpfung zu zerstören und sie
durch ihre primitiven Schöpfungen zu ersetzen.
Generationen dieser Menschen erfanden immer neue künstliche Mechanismen,
die den supermodernen Naturmechanismus der Erde immer mehr zerstören.
Sie schufen auch verschiedene künstliche soziale Ordnungen. Dann begannen
sie, gegeneinander zu kämpfen. Die von ihnen gebauten Maschinen konnten
nicht alleine existieren und sich nicht reproduzieren, so wie die natürlichen
Organismen das tun. Daher musste eine große Anzahl von Menschen diese
Maschinen bedienen. Ein Teil der Menschen verwandelte sich dadurch praktisch
zu Bio-Robotern.
Es ist sehr leicht diese Bio-Roboter zu regieren, denn:
Sie besitzen nicht mehr die individuelle Fähigkeit, dit Wahrheit
zu erkennen.
Man kann ihnen zum Beispiel mit Hilfe der künstlichen Kommunikationsmittel
das Programm ,Wir bauen den Kommunismus auf' suggerieren und dafür
Symbole, Zeichen und Flaggen von bestimmten Farben für sie ausdenken.
Mit denselben Mitteln kann man einem an deren Teil der Menschen das Programm
,Der Kommunismus ist schlecht' suggerieren und sie mit entsprechen den
Symbolen und Farben versehen. Und dann werden die beiden Gruppen mit den
unterschiedlichen Programmen einander hassen und physisch vernichten wollen.
Alles begann vor 10.000 Jahren, als die Anzahl der Menschen, die die
Verbindung mit der Intelligenz de Universums verloren hatten, immer mehr
zunahm. Man kann sie praktisch als Wahnsinnige bezeichnen, denn kein Lebewesen
auf der Erde verdirbt seinen Planeten so, wie sie es tun.
In jenen fernen Zeiten jedoch blieben einige Menschen übrig, die
sich ihren freien Zugang zur universalen Weisheit erhalten konnten. Sie
hofften darauf, dass wenn es schwierig wird, die verschmutzte Luft einzuatmen,
wenn es gefährlich wird, das verunreinigte Wasser zu trinken, wenn
die künstlichen Systeme der Lebensversorgung - sowohl die technischen
als auch die sozialen - sich als zu groß und unsteuerbar erweisen
und es immer mehr Störfälle geben wird, dass dann die am
Rande des Abgrunds stehenden Menschen endlich über das Wesen des Daseins,
den Sinn ihres Lebens und über ihre Bestimmung nachdenken werden.
Dann werden viele von ihnen die ursprünglich Wahrheit erkennen
wollen, aber das wird erst durch das Wiedererlangen ihrer ursprünglichen
Fähigkeiten möglich sein. Vor 10.000 Jahren besaßen manche
Menschen noch diese Fähigkeiten. Hauptsächlich waren das die
Menschen, die an der Spitze einer Gemeinschaft standen, die Führer
der Volksstämme. Sie ließen spezielle Einrichtungen aus schweren
Steinplatten bauen. Im Inneren dieser Platten ergab sich gleichsam eine
Kammer in der Größe eines Raumes von eineinhalb mal zwei Metern
und ungefähr zwei Metern Höhe, manchmal größer, manchmal
kleiner. Die Steinplatten wurden in einem kleinen Winkel aufgestellt. Manchmal
wurden solche Kammern aus einem Monolith gehauen, manchmal wurden sie unter
der Erde erbaut, und darüber wurde ein Hügel aufgeschüttet.
Eine Mauer dieser Kammer hatte eine keilförmige Öffnung mit einem
Durchmesser von etwa dreißig Zentimetern. Diese hatte einen genau
eingepassten steinernen Verschluss.
In diese Kammern, die Begräbnisstätten darstellten, gingen
die Menschen, die sich die Fähigkeit bewahrt hatten, die Weisheit
des Weltalls zu nutzen.
Ihre lebenden Zeitgenossen und auch die nach Jahrtausenden geborenen
Menschen konnten zu diesen Kammern kommen, um eine Antwort auf eine beliebige
Frage zu erhalten. Dazu musste man sich neben die Kammer setzen und nachdenken.
Manchmal kam die Antwort sofort, manchmal erst später, doch sie kam
immer, denn diese Einrichtungen dienten als Informationsempfänger.
Über sie war es leichter, sich mit der Intelligenz des Universums
in Verbindung zu setzen.
Diese steinernen Gebilde waren Vorgänger der ägyptischen
Pyramiden, wobei die Pyramiden viel schwächere Empfänger sind,
trotz ihrer riesigen Größe. Das Wesen und die Bestimmung sind
jedoch dieselben. Die in den Pyramiden beerdigten Pharaonen waren ebenfalls
weise Denker, die sich diese ursprünglichen Fähigkeiten teilweise
bewahrt hatten.
Um mit Hilfe einer ägyptischen Pyramide Antwort auf eine Frage
zu bekommen, kam man nicht allein oder zu zweit zu der Pyramide, sondern
viele Menschen mussten sich entlang der vier Seiten aufstellen und ihre
Blicke und Gedanken auf die Pyramidenspitze richten, gleichsam hinaufgleitend
über die schräge Fläche der Pyramide. An der Spitze wurden
die Blicke und Gedanken der Menschen auf einen Punkt fokussiert und bildeten
auf diese Weise einen Kanal für die Verbindung mit der Intelligenz
des Universums.
Heute kann man das auch noch machen. Im Brennpunkt der gedanklichen
Blicke bildet sich Energie, die einer radioaktiven Strahlung gleicht. Wenn
man an der Spitze der Pyramide, im Brennpunkt, ein Messgerät anbringt,
zeigt es das Vorhandensein dieser Energie. Ungewöhnliche Empfindungen
entstehen auch bei den Menschen, die unten stehen.
Oh, hätten die heutigen Menschen nicht diesen sündhaften
Stolz und nicht diese allgemein falsche Vorstellung, dass die Zivilisationen
der Vergangenheit dümmer gewesen seien, so hätten sie die wahre
Bestimmung der Pyramiden schon längst erraten können! Die gegenwärtigen
Forscher schenkten dem Bauverfahren viel Aufmerksamkeit, aber den Sinn
konnten sie nicht erkennen. Aber alles ist ganz einfach: Denn beim Bauen
wurde neben der physischen Kraft und verschiedenen Vorrichtungen immer
auch gedankliche Energie benutzt, die die Anziehungskraft der Erde verminderte.
Viele Gruppen von Menschen, die diese Fähigkeit besaßen, halfen
beim Bau der Pyramiden. Auch heute noch leben Menschen, die mit ihrer Gedankenkraft
kleine Gegenstände in Bewegung setzen können. Doch noch viel
kleinere steinerne Errichtungen, Vorgänger der Pyramiden, ermöglichten
einen viel effektiveren Kontakt mit der Intelligenz des Universums."
"Warum, Anastasia? Wegen ihrer Bauweise oder ihrer Form?“
"Weil lebendige Menschen in sie hineingegangen sind, um zu sterben.
Ihr Tod war äußerst ungewöhnlich. Sie sind in die ewige
Meditation gegangen."
"Wieso lebendig? Wozu?"
"Um den Menschen zu ermöglichen, ihre ursprüngliche Kraft
wieder zu erlangen. Ein alter Mensch, in der Regel einer der weisen Führer
eines Volkes, bat die Verwandten in Vorahnung seines nahen Todes, ihn in
diese steinerne Kammer einzumauern und wenn er dessen würdig war,
wurde er eingemauert.
Man öffnete die schwere Deckplatte, der Mensch stieg in die Kammer
hinein und diese wurde verschlossen. Der Mensch war völlig isoliert
von der materiellen Außenwelt. Er sah und hörte nichts. Diese
absolute Isolation, die Unmöglichkeit einer Rückkehr und das
völlige Abschalten aller Sinnesorgane, vor allem des Sehens und des
Hörens, ermöglichten es ihm, einen vollständigen Kontakt
mit der Intelligenz des Universums herzustellen und über viele Erscheinungen
und Taten der irdischen Menschen nachfolgenden Generationen
die gewonnenen Erkenntnisse zu übermitteln. Heute nennt man diesen
Zustand Meditation. Aber das ist nur ein Kinderspiel im Vergleich zu der
Meditation, die in die Ewigkeit führt.
Später kamen Menschen zu einer solchen Kammer, öffneten den
steinernen Verschluss und verkehrten durch die Öffnung mit den in
der Kammer wohnenden Gedanken. Denn der Geist der Weisheit war immer da."
"Aber Anastasia, wie kannst du den heute lebenden Menschen das Vorhandensein
dieser Errichtungen, in denen Menschen in die ewige Meditation eingingen,
beweisen?"
"Ich kann es! Darum erzähle ich dir ja davon."
"Wie denn?"
"Sehr einfach. Denn diese steinernen Kammern existieren heute noch.
Ihr nennt sie Dolmen. Man kann SIE sehen und berühren und alles, was
ich erzähle, nachprüfen."
„Was...??? Wo? Kannst du einen Ort nennen?"
„Ja, zum Beispiel in Russland, im Kaukasus, nicht weit von den Städten,
die jetzt Gelendschik, Tuapse Noworossijsk und Sotschi heißen."
"Ich werde das prüfen. Ich werde hinfahren. Das kann doch wohl
nicht wahr sein! Ich muss das prüfen!"
|
"Natürlich, tu das. Von Dolmen wissen auch die Einheimischen, doch
sie messen ihnen keine Bedeutung bei. Aber viele Dolmen sind schon ausgeraubt,
denn die Menschen kennen ihre wahre Bedeutung nicht. Sie wissen nicht,
dass sie mit ihrer Hilfe Kontakt mit der Weisheit des Universums herstellen
könnten. Diejenigen, die in die ewige Meditation gegangen sind, können
sich nicht mehr verkörpern. Sie haben sich ihrer Nachkommen wegen
der Ewigkeit geopfert, doch ihre Kenntnisse und Möglichkeiten wurden
von den Folgegenerationen leider nicht in Anspruch genommen. Das ist höchst
bedauerlich und traurig für sie.
Als Beweis dafür, dass lebendige Menschen in die Dolmen zum Sterben
gingen, dient die Lage der in den Dolmen gefundenen Skelette. Manche starben
liegend, manche in einer Ecke sitzend, manche angelehnt an eine Steinplatte.“