ÜBER DAS LEBEN UND
STERBEN DES WALDES
Der natürliche und der künstliche Wald
Viktor Schauberger 1930:
In einem gesunden und von
keiner Forstwissenschaft berührten Wald finden wir ein eigenartiges
Mischungsverhältnis. Neben aus-geprägten Edelholzsorten finden
wir einen merkwürdig scheinenden und ausgesprochen chaotischen Zustand,
der in einem regellosen Durcheinander zum Ausdruck kommt. Jeder mit den
eigentlichen Waldverhältnissen unvertraute Mensch kommt daher in Versuchung,
alles das wegzuräumen, was scheinbar dem Guten den Platz an der Sonne
wegnimmt.Es gehört viel Aufmerksamkeit und eine sehr lange Betrachtungsweise
dazu, um in dieser scheinbar chaotischen Unordnung die weise Hand der allwissenden
Natur zu sehen. Jahrzehntelang lebte einst im gesunden, naturgegebenen,
vom Menschen und seiner Wissenschaft unbeeinflußten Walde die junge
Pflanze, der gesunde Nachwuchs, unter dem Schutze der Mutter-bäume
in gleichmäßigen Temperatur-, Feuchtigkeits- und Beleuchtungsverhältnissen.
Erst mit dem Absterben
der Mutterbäume gelangte der mittlerweile schon meist mannbar gewordene
Jungbestand zum direkten Licht- und Wärmegenusse, also erst zu einer
Zeit, wo die Jugendperiode, welche auf extreme Witterungseinflüsse
mit extrem breiten Jahresringen reagiert, schon zurückliegt und das
Mehr von Licht und Wärme nicht nur der gleichmäßigen Weiterentwicklung,
sondem als notwendiger Zuschuß nun auch bei der Fortpflanzung zugute
kommt. Hierbei sei ausdrücklich bemerkt, daß der Stamm selbst
vor dem direkten Einfluß der Sonne nach wie vor geschützt bleibt
und nur die Krone des Baumes besonnt wird.
Der Forstmann, dem die
Erscheinung des sogenannten Lichtzuwachses natürlich nicht entgehen
konnte, sah hier die Möglichkeit einer wissenschaftlichen Betätigung
und die sich ihm bietende Gelegenheit, die Natur zu korrigieren.
Er stellte neue, wenn
auch mit der natürlichen Ordnung in Widerspruch stehende, seiner Meinung
nach aber bessere und richtigere Gesetze auf und nützte für seinen
neuen Waldbau das hier in Frage kommende Moment schon zu einer Zeh aus,
wo die Jungpflanze auf zuviel Licht und Wärme mit Verbreiterung, d.h.
übertriebenem Wachstum der Jahresringe reagiert.
Diese neu eingeschlagenen
Wege ermöglichten nun auch den Kahlschlagbetrieb und eine vermeintliche
rationellere Betriebsführung durch Konzentration der Betriebsflächen.
Schon mit Einführung dieses Betriebes zeigte sich ein Verschwinden
gewisser Unterholzarten. Dies wurde aber als kein Nachteil, sondern eher
als ein Vorteil empfunden, weil dadurch unnötiges Aussaugen des Bodens
durch nicht verwertbare Unterhölzer vermieden erschien. Unausbleiblich
war bei dieser neuen Betriebsform allerdings auch eine frühzeitige
Freistellung aller unter dem Schutze des Altholzes auf natürlichem
Verjüngungswege sich angesammelten frostempfindlichen Schattholzarten.
Die durch plötzliche
Freistellung oft zentimeterbreiten Jahresringe ansetzenden Tannen erzeugen
an dieser Stelle aber schwammiges, in seiner Konsistenz minderwertiges
Holz, welches sich nach der Schlägerung, ja oft schon im stehenden
Bestande ringartig löst.
Nach der Austrocknung
ziehen sich diese schwammigen Stellen natürlich anders zusammen als
Holz gesunden Aufbaues und kommt solches Holz von Haus aus als Nutzholz
nicht mehr in Frage. Es ist bekannt, daß mit dem Einsetzen der nach
forstwissenschaftlichen Grundsätzen geführten Waldbehandlung
das bei uns vorkommende qualitativ wertvollste Holz, das sogenannte „Resonanzholz",
mit einem Schlage verschwand. Dieses langsam wachsende Holz weist zum Unterschied
von dem nach modernen Grundsätzen rasch wachsenden Holz Jahresringe
auf die mit freiem Auge fast nicht zu erkennen sind. Außerdem zeigt
dieses Holz im organischen Aufbau eine geradezu wundervolle Gleichmäßigkeit.
Die wunderbare Klangfarbe
der aus diesem Holz (aus welchem auch Stradivari seine berühmten Geigen
baute) erzeugten Instrumente verweist nicht nur auf die gesündeste,
weil natürlichste Entwicklungsart; dieses Holz hat auch eine fast
unbegrenzte Dauerhaftigkeit.
Vergleicht man nun die
Struktur des nach der heutigen waldbaulichen Praxis erzogenen Holzes mit
diesem leider in der engeren Heimat schon sagenhaft gewordenen Qualitätsholzes,
so kommt der nahezu unwiederbringliche Verlust, welchen wir durch Verkennung
der oben angeführten Tatsache erlitten haben, erst voll zu Bewußtsein.
Es dürfte wohl schon
in allernächster Zeit die Frage akut werden lassen, ob es sich denn
auch wirklich lohnt, eines verhältnismäßig geringen Lichtzuwachses
willen, die sich bereits nach einer kaum hundertjährigen Tätigkeit
unserer modernen Forstwirtschaft zeigenden katastrophalen Qualitätsverluste
in Kauf zu nehmen, ja damit sogar die Existenz unseres gesamten Hochwaldes
zu riskieren. Ein näheres Studium und vor allem in der nächsten
Zeit schon die dringend werdende Rückkehr zur Natur werden zeigen,
daß der Wald nicht, wie man es bisher vermeinte, ein Ausbeutungsobjekt,
sondern speziell im Gebirge eine ausgesprochene Vorbedingung jeder Kultur
ist und daß das immer größer werdende soziale Elend die
Folge der heutigen Waldzerstörung ist. Was auf den ersten Blick also
als ein großer Vorteil, ja geradezu als eine wissenschaftliche Errungenschaft
erschien, stellte sich in der Praxis als ein vielleicht gar nicht wieder
gutzumachender Nachteil, ja als ein kultureller Niedergang heraus. Eingehender
Beobachtung kann es nicht entgehen, daß das Aussterben der einen
Holzart eine Lücke im Medium der Ernährung (Boden) schafft und
so die Vernichtung der einen Holzart das Verschwinden der anderen zur Folge
hat. Es handelt sich hier um die Unterbrechung der Wasser- und damit Nährstoffzufuhr,
die später des genaueren erörtert werden wird.
Die bisher in der Praxis
angewandten waldbaulichen Grundsätze der heutigen Forstwirtschaft
(Kahlschlagwirtschaft) mit künstlicher Verjüngung führen
also zu einem qualitativen, und damit allgemeinen Rückgang. Die verschiedenen
Mikroben werden nun emsig gesammelt, bekommen lateinische Namen, und viele
Menschen finden damit lohnende Beschäftigung, die zahllosen Krankheiten
zu registrieren, welche die nur einzige Gesundheit des Organismus Baum
von Jahr zu Jahr immer zahlreicher umgeben. Alles übersieht, daß
der gesuchte Erreger dieses Neulebens die sinnlose Arbeit des Forstmannes
ist.
Durch die Freilegung früher
bewaldeter Flächen, bzw. durch das Aussterben bestimmter Holzarten
wurde eine Entspannung des Bodens durch Verhinderung der Bildung der entsprechenden
Temperaturgegensätze, die je nach Höhenlage in verschiedenem
Grade für eine ungestörte Nährstoffzufuhr notwendig ist,
herbeigeführt. Infolge der direkten Sonnenbestrahlung erwärmen
sich die Kahlflächen derart, daß der Kondensationsprozeß
und damit die Ablagerung der Edelsalze wieder in solchen Tiefen erfolgt,
in die die Wurzeln der Pflanzen nicht mehr vordringen können.
Die Entfernung des Wurzelbereiches
vom Nährstofflager wird immer größer, die Zufuhr der Nährsalze
immer spärlicher, kurz -der Rückgang der Vegetation ist eingetreten,
die Verkarstung beginnt.