Weilheimer Tagblatt

Wenn Frauen nach der Scheidung leer ausgehen

Betroffene prangert Missstand an und plant Selbsthilfegruppe

Weilheim (gre) Obwohl ihr laut Trennungsurkunde 6500 Mark Unterhalt im Monat zustehen und für die gemeinsame Tochter 1000 Mark, bekommt die in Weilheim lebende Renate H. keinen Pfennig von ihrem Ex-Mann, einem Unternehmer. Eine Klage wegen Unterhaltspflichtverletzung wurde von der Staatsanwaltschaft niedergeschlagen. Sie verdiene ja selbst, so die Begründung. Laut Ute Holzmann,  Gleichstellungsbeauftragte beim Landratsamt Weilheim, ist das Schicksal von Renate H. kein Einzelfall. Zusammen mit Kolleginnen aus ganz Bayern prangerte sie diesen Zustand nun bei den Justizministerien in München und Berlin an.

Renate H. (44), Mutter dreier Kinder, war während ihrer Ehe gut situiert: Die Familie lebte in einer 170 Quadratmeter großen Wohnung für 4000 Mark im Monat zur Miete. "Und wenn wir mal spontan ins Disneyland nach Paris wollten, buchten wir einfach", erinnert sie sich an ihre Ehe zurück, die 1991 begann und 1998 endete.
Bei der Trennung hatte sich der Ex-Mann notariell verpflichtet, Renate H. ,,ab Rechtskraft der Scheidung einen nachehelichen Ehegattenunterhalt auf Lebenszeit in Höhe von 6500 Mark bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres der gemeinsamen Tochter, längstens jedoch bis zur Wiederverheiratung zu bezahlen". Der Tochter zudem weitere 1000 Mark.
Gesehen hat Renate H. davon lediglich Bruchteile, inzwischen sind die Zahlungen versiegt. Um überhaupt über die Runden zu kommen, muss sie arbeiten. Mehrfach zog sie mit den Kindern schon um, in immer günstigere Wohnungen. ,,Zehn Mark die Stunde im Verkauf, das sind die Gehälter, die Weilheimer Firmen Frauen zahlen, die dringend auf den Job angewiesen sind", sagt sie. Sie hat inzwischen eine Stelle in einem Büro gefunden." 2000 Mark bringt ihr dies im Monat ein. Und ein schlechtes Gewissen. ,,Ein achtjähriges Mädchen braucht seine Mutter doch."  Dass sie selbst arbeitet, um nicht zum Sozialhilfefall zu ,werden, wurde ihr jedoch zum Verhängnis: Als sie ihren Mann auf Unterhaltszahlung verklagen wollte, gab dieser an, im Jahr nur noch 7000 Mark zu verdienen. Da sie selbst verdiene, so der Staatsanwalt, sei ,,ein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung   nicht   gegeben". Sprach's und stellte die Ermittlungen ein.
,,Das ist einfach nicht in Ordnung" ,empört sich Renate H.: ,,Der Staatsanwalt müsste nachfragen". Etwa, warum der Ex-Mann von heute auf morgen so wenig verdiene und ob er nicht die Firmen überschrieben habe.
Dass geschiedene Frauen leer ausgehen, obwohl sie vollstreckbare Titel gegen ihre Ex-Partner haben, kommt Ute Holzmann immer wieder unter. Gerade bei Selbstständigen, deren Einkommen nicht so nachvollziehbar sei wie bei Angestellten. Für Holzmann muss der Staat einen Riegel vorschieben. Auch schon deswegen, weil das Jugendamt den Unterhalt für die Tochter zahlen müsse. Freilich: Selbst von diesem Unterhaltsvorschuss kassiert der Ex-Mann die Hälfte des Kindergeldes, ohne jemals der Kleinen etwas zu kaufen.
 

Renate H. will eine Selbsthilfegruppe gründen. Kontakt über Ute Holzmann, Telefon  08861/211-177 oder e-mail:  unterhaltsgeschaedigte @web.de