S. 582ff. =>Autobiographie eines Yogi

Die Yogini, die ohne Nahrung lebt
 

Bald schlingerten wir in zwei ausgefahrenen Furchen weiter, während die Frauen uns vom Eingang der Hütten mit weit aufgerissenen Augen entgegenblickten, die Männer neben und hinter uns einherstapften und die Kinder voranhüpften, um die Prozession zu vervollständigen. Unser Auto war wahrscheinlich das erste, das über diese Wege fuhr, auf denen bestimmt die "Ochsenkarren-Gewerkschaft" allmächtig ist. Man stelle sich vor welch ein Aufsehen unsere Gruppe erregte, die von einem Amerikaner in einem ratternden Auto angeführt wurde, bis ins Innere der dörflichen Festung vordrang und deren ehrwürdige Abgeschiedenheit störte.
Endlich hielten wir in einer engen Gasse - nur noch dreißig Meter von Giri Balas Haus entfernt. Nach dem langen
Kampf mit den schlechten Wegverhältnissen und dem mühseligen Endspurt genossen wir nun die Frucht des Sieges. Langsam fuhren wir auf das große, zweistöckige Backsteingebäude zu, das die aus luftgetrockneten Ziegeln erbauten benachbarten Hütten überragte. Wie wir an dem Bambusgerüst, das in tropischen Gegenden viel verwendet wird, erkennen konnten, wurde das Haus gerade renoviert.
In fieberhaft-freudiger Erwartung hielten wir vor dem offenen Tor und erwarteten die Frau, die durch Gottes Segen
ohne jede irdische Nahrung lebte. Noch immer umgaben uns die staunenden Dorfleute - junge und alte, nackte und bekleidete. Die Frauen waren etwas zurückhaltender, aber dennoch neugierig, während die Männer und Knaben sich ungeniert an unsere Fersen hefteten, um sich dieses einmalige Schauspiel nicht entgehen zu lassen. Bald darauf erschien eine kleine Gestalt am Eingang - Giri Bala! Sie war in ein Tuch aus matter, goldfarbener Seide gehüllt. In der bescheidenen Art der Inderinnen kam sie zögernd vorwärts und lugte aus den Falten ihres Swadeshi-Tuches zu uns herüber. Im Schatten des über den Kopf geworfenen Tuches leuchteten ihre Augen wie glühende Kohlen. Wir waren bewegt, als wir ihr gütiges Antlitz erblickten, das von großer Selbst-Verwirklichung und Weltentrücktheit zeugte.


Giri Bala, die Heilige, die ohne Nahrung lebt
Durch eine bestimmte Yoga-Technik lädt sie ihren Körper mit der kosmischen Energie des Äthers, der Luft und der Sonne auf. "Ich bin noch nie krank gewesen", erzählte die Heilige. "Ich schlafe sehr wenig, da Schlafen und Wachen für mich dasselbe bedeuten."

Schüchtern näherte sie sich uns und erklärte sich schweigend damit einverstanden, daß wir mehrere Photos und Filmaufnahmen von ihr machten.6
6 Herr Wright hat während der letzten Feier der Wintersonnenwende in Serampur auch Filmaufnahmen von Sri Yukteswar gemacht

Geduldig und scheu ließ sie alle phototechnischen Vorbereitungen - das Ausprobieren der richtigen Stellung und Beleuchtung - über sich ergehen. Schließlich hatten wir viele Bilder von der einzigen Frau der Welt, die seit über 50 Jahren ohne Nahrung und Getränke lebt, für die Nachwelt festgehalten. (Therese Neumann hat seit 1923 gefastet.) Giri Bala wirkte im höchsten Grade mütterlich; sie war völlig in ein lose herabfallendes Tuch eingehüllt, so daß man nur ihr Gesicht mit den niedergeschlagenen Augen, ihre Hände und winzigen Füße sehen konnte. Ein Antlitz von seltenem Frieden und unschuldiger Würde - ein breiter kindlicher Mund mit bebenden Lippen, eine zierliche Nase, schmale, leuchtende Augen und ein versonnenes Lächeln."

Einen ähnlichen Eindruck von Giri Bala hatte auch  ich. Ihre Geistigkeit umgab sie wie ein leuchtender Schleier. Sie grüßte mich mit dem traditionellen Pranam, wie es sich einem Mönch gegenüber ziemt. Ihre natürliche Anmut und das stille Lächeln, mit dem sie uns willkommen hieß, war uns mehr wert als alle schönen Worte. Vergessen war unsere beschwerliche, staubige Reise.
Die kleine Heilige setzte sich mit gekreuzten Beinen auf der Veranda nieder. Obgleich man ihr das Alter anmerkte, wirkte sie nicht gebrechlich. Sie hatte eine reine, braune Haut und einen frischen Teint.
"Mutter", sagte ich auf Bengali, "über 25 Jahre habe ich auf diese Pilgerfahrt gewartet. Sthiti Lal Nundy Babu hat mir von Eurem heiligen Leben erzählt."
Sie nickte. "Ja, mein guter Nachbar aus Nawabganj."
"Während dieser Jahre bin ich über die Meere gezogen, habe aber mein Vorhaben, Euch eines Tages zu besuchen, nie vergessen. Das erhabene Drama, das Ihr hier im Verborgenen spielt, soll der Welt, die seit langem ihre innere, göttliche Nahrung vergessen hat, nicht vorenthalten bleiben."
Die Heilige blickte einen Augenblick lang auf und lächelte mit heiterem Interesse.
"Baba (der verehrte Vater) weiß es am besten", antwortete sie demütig.
Ich war erleichtert, daß sie sich nicht verletzt fühlte. Man weiß nie, wie Yogis und Yoginis darüber denken, wenn man etwas über sie veröffentlichen will. Gewöhnlich scheuen sie sich davor und bleiben lieber unerkannt, um sich in aller Stille der Erforschung ihrer Seele zu widmen. Eine innere Stimme sagt ihnen, wann die Zeit gekommen ist, an die Öffentlichkeit zu treten und den geistigen Suchern zu helfen.
"Mutter", fuhr ich fort, "vergebt mir, wenn ich Euch deshalb viele Fragen stelle. Antwortet bitte nur, wenn Ihr wollt. Ich werde auch Verständnis für Euer Schweigen haben."
Da breitete sie in anmutiger Geste ihre Hände aus. "Ich will gern antworten, wenn eine unbedeutende Person wie ich zufriedenstellende Antworten geben kann."
"Ihr seid durchaus nicht unbedeutend", widersprach ich eifrig. "Ihr seid eine große Seele."
"Ich bin die bescheidene Dienerin aller." Und verschmitzt fügte sie hinzu: "Meine Lieblingsbeschäftigung besteht darin, für andere zu kochen und ihnen das Essen zu servieren."
Eine seltsame Beschäftigung für eine fastende Heilige, dachte ich.
"Sagt mir bitte, Mutter, ob es stimmt, daß Ihr ganz ohne Nahrung lebt? Ich möchte es gern aus Eurem eigenen Munde hören."
"Ja, das stimmt." Sie schwieg einige Augenblicke, und ihre nächste Bemerkung zeigte, daß sie in Gedanken nachgerechnet hatte. "Seit ich zwölf Jahre und vier Monate alt war, bis zu meinem jetzigen 68. Lebensjahr - d.h. über 56 Jahre - habe ich weder gegessen noch getrunken."
"Kommt Ihr nie in Versuchung zu essen?"
"Wenn ich Hunger hätte, müßte ich auch essen." Mit welch einfacher und doch königlicher Würde sie diese aphoristische Wahrheit aussprach, die einer Welt, die sich um drei tägliche Mahlzeiten dreht, nur allzugut bekannt ist!
"Aber irgend etwas nehmt Ihr doch zu Euch!" wandte ich ein.
"Natürlich", sagte sie lächelnd, denn sie hatte mich sofort verstanden.
"Ihr zieht Eure Nahrung aus den feineren Energien der Luft und des Sounenlichts7 und aus der kosmischen Kraft, die

7 "Alles, was wir essen, ist Strahlung; unsere Nahrung stellt eine bestimmte Energiemenge dar“ verkündete Dr. George Crile aus Cleveland am 17. Mai 1933 vor einer Versammlung von Medizinern in Memphis. Nachstehend Auszüge aus einem Bericht über seine Rede:
"Diese überaus wichtige Strahlung, welche die für den elektrischen Stromkreislauf des Körpers - d.h. für das Nervensystem - notwendigen elektrischen Ströme erzeugt, wird der Nahrung durch die Sonnenstrahlen zugeführt. Atome, so behauptet Dr. Crile, sind Sonnensysteme. Sie sind Energieträger, in denen die Sonnenstrahlung gleich unzähligen gespannten Federn aufgespeichert ist. Diese zahllosen Träger der Atomenergie werden von uns als Nahrung aufgenommen. Wenn sie dem menschlichen Körper einverleibt werden, entladen sich diese straffen Behälter - die Atome - und gehen in das körperliche Protoplasma ein, wo die Strahlung neue chemische Energie' d.h. neue dektrische Ströme erzeugt. 'Unser Körper setzt sich aus diesen Atomen zusammen" sagte Dr. Crile. 'Sie bilden unsere Muskeln, unser Gehirn und unsere Sinnesorgane (Augen, Ohren usw.)."' Eines Tages wird die Wissenschaft Methoden entdecken, die es dem Menschen ermöglichen, direkt von Sonnenenergie zu leben. "Chlorophyll ist der einzige bekannte Stoff in der Natur, der aus irgendeinem Grunde die Macht besitzt, als 'Sonnenlichtspeicher' zu fungieren"' schrieb William L. Laurence in der New York Times. "Es fängt die Energie des Sonnenlichtes ein und speichert sie in der Pflanze auf. Ohne diesen Vorgang könnte überhaupt kein Leben existieren. Wir erhalten die lebensnotwendige Energie von der Sonnenenergie, die in der pflanzlichen Nahrung aufgespeichert ist, oder aus dem Fleisch der pflanzenfressenden Tiere. Die Energie, die wir aus der Kohle und dem Öl gewinnen, ist Sonnenenergie, die das Chlorophyll vor Millionen Jahren in den Pflanzen eingefangen hat. Wir leben also durch Vermittlung des Chlorophylls von der Sonne."

durch das verlängerte Mark in Euren Körper einströmt.“
"Der Vater weiß es." Wiederum stimmte sie mir in ihrer sanften, unaufdringlichen Art zu.
"Mutter, erzählt mir bitte etwas aus Eurem Leben. Wir in Indien und sogar unsere Brüder und Schwestern jenseits des Meeres sind sehr daran interessiert."
Da legte Giri Bala ihre übliche Zurückhaltung ab und begann ungezwungen zu plaudern.
"So sei es", sagte sie mit leiser, aber fester Stimme. "Ich wurde hier in dieser waldigen Gegend geboren. Über meine Kindheit gibt es nichts Bemerkenswertes zu berichten, mit Ausnahme der Tatsache, daß ich einen unbändigen Appetit hatte.
Im Alter von neun Jahren wurde ich verlobt.
'Kind', warnte mich meine Mutter des öfteren, 'bemühe dich, deine Eßgier im Zaum zu halten. Später wirst du in der Familie deines Mannes unter Fremden leben müssen; was soll man dort von dir denken, wenn du deine Tage mit nichts anderem als mit Essen zubringst?'
Das Unheil, das sie vorausgesehen hatte, traf ein. Ich war erst zwölf Jahre alt, als ich zu der Familie meines Mannes nach Nawabganj zog. Meine Schwiegermutter schalt mich morgens, mittags und abends wegen meiner Eßgier. Ihr Schelten war jedoch ein verborgener Segen, denn es rief meine schlummernden geistigen Neigungen wach. Eines Morgens machte sie sich in erbarmungsloser Weise über mich lustig.
'Ich werde dir bald beweisen, daß ich überhaupt keine Nahrung mehr anrühre, solange ich lebe', sagte ich, bis ins Mark getroffen.
Doch meine Schwiegermutter lachte spöttisch. 'So!' rief sie aus, 'wie willst du wohl leben, ohne zu essen, wenn du nicht einmal ohne zu fressen leben kannst?'
Darauf konnte ich ihr keine Antwort geben. Doch ein eiserner Entschluß wurde plötzlich in mir wach. Ich zog mich an einen einsamen Ort zurück, um zu meinem Himmlischen Vater zu beten.
'Herr', flehte ich ohne Unterlaß, 'sende mir bitte einen Guru, der mich lehren kann, von Deinem Licht anstatt von Nahrung zu leben.
Dann fiel ich plötzlich in Ekstase. Als ich wieder zu mir kam, machte ich mich in seliger Stimmung auf den Weg zum Nawabganj-Chat am Ganges. Unterwegs begegnete ich dem Priester der Familie meines Mannes.
'Ehrwürdiger Herr', redete ich ihn voller Vertrauen an, 'sagt mir bitte, wie ich ohne Nahrung leben kann.'
Er starrte mich an, ohne etwas zu erwidern. Schließlich sagte er tröstend: 'Komm heute abend zum Tempel, Kind. Ich will eine besondere vedische Zeremonie für dich leiten.'
Diese ausweichende Antwort entsprach jedoch nicht meinen Erwartungen. Und so ging ich weiter, bis ich den Ghat erreicht hatte. Die Morgensonne schimmerte bereits auf den Wellen, als ich in den Ganges stieg, um mich wie vor einer heiligen Einweihung zu reinigen. Während ich in meinem nassen Gewand das Flußufer verließ, materialisierte sich mein Meister im hellen TagesLicht vor mir.
'Liebe Kleine', sagte er voller Mitgefühl, 'ich bin der Guru, der dir von Gott gesandt wurde, um deine flehentliche Bitte zu erfüllen. Dein ungewöhnliches Gebet hat Ihn tief bewegt. Von heute an sollst du nur noch von astralem Licht leben, denn die Atome deines Körpers werden vom nie versiegenden kosmischen Strom gespeist werden.'''
Giri Bala verfiel in Schweigen. Ich nahm Herrn Wrights Notizblock und Bleistift zur Hand und übersetzte ihm einige ihrer Aussagen.
Da nahm die Heilige mit kaum hörbarer Stimme den Faden ihrer Erzählung wieder auf. "Der Chat war menschenleer; dennoch breitete mein Guru eine Aura schützenden Lichts um uns aus, damit kein vereinzelter Badender uns später stören konnte. Dann weihte er mich in eine Kria-Technik ein, die den Körper unabhängig von grobstofflicher Nahrung macht. Diese Technik schließt ein bestimmtes Mantra 8 und eine Atemübung ein, die jedoch so schwierig ist, daß die meisten Menschen

8 Ein Lied mit machtvollen Schwingungen. Die wörtliche Übersetzung des Sanskritwortes Mantra lautet: "Gedankeninstrument". Nach Webster's New International Dictionary (Websters neues internationales Wörterbuch) versteht man unter Mantra "vollkommene, unhörbare Laute, die eine Ausdrucksform der Schöpfung sind. Wenn ein Mantra als Silben vokalisiert wird, stellt es eine universelle Terminologie dar." Die grenzenlose Macht der Töne hat ihren Ursprung im OM (dem "Wort" oder der schöpferischen Schwingung des Kosmischen Motors).

sie nicht ausführen können. Kein Elixier und keine Magie ist im Spiel; nichts anderes als der Kria."
In der Art amerikanischer Zeitungsreporter, denen ich unwillkürlich einiges abgeguckt hatte, stellte ich mehrere Fragen an Giri Bala, die meiner Meinung nach von Interesse für die Welt sein würden. Sie gab mir nach und nach folgende Antworten:
"Ich habe nie Kinder gehabt; ich bin seit vielen Jahren Witwe. Ich schlafe sehr wenig, weil Schlafen und Wachen dasselbe für mich bedeuten. Nachts meditiere ich, und am Tag mache ich meine Hausarbeit. Ich fühle in geringem Maße den Klimawechsel der verschiedenen Jahreszeiten. Krank bin ich niemals gewesen. Ich fühle nur wenig Schmerz, wenn ich mich
versehentlich verletze. Ich habe keine körperlichen Ausscheidungen. Ich kann meinen Herzschlag und Atem regulieren. In meinen Visionen sehe ich oft meinen Guru und andere große Seelen."
"Mutter", fragte ich, "warum lehrt Ihr andere Menschen nicht die Methode, ohne Nahrung zu leben?"
Doch meine Hoffnung für die hungernden Millionen wurde sogleich zunichte gemacht.
"Nein", sagte sie, indem sie den Kopf schüttelte. "Mein Guru hat mir strengstens untersagt, das Geheimnis preiszugeben. Er beabsichtigt keinesfalls, in das Schöpfungsdrama Gottes einzugreifen. Die Bauern würden es mir nicht danken, wenn ich viele Leute lehrte, ohne Nahrung zu leben; das würde bedeuten, daß die köstlichen Früchte am Boden liegen bleiben und verderben. Anscheinend sind Elend, Hungersnot und Krankheit die Geißeln unseres Karmas, die uns letzten Endes dazu verhelfen, den wahren Sinn des Lebens zu verstehen."
"Mutter", fragte ich nachdrücklich, "aus welchem Grund seid Ihr ausersehen worden, ohne Nahrung zu leben?"
"Um zu beweisen, daß der Mensch GEIST ist", sagte sie, während göttliche Weisheit aus ihrem Antlitz leuchtete. "Um zu beweisen, daß der geistig Fortgeschrittene allmählich lernen kann, nicht mehr von Nahrung, sondern vom Ewigen Licht zu leben. "9

9 Die Fähigkeit, ohne Nahrung zu leben, wie Giri Bala sie besaß, wird in Patanjalis Yoga-Sutras III 31 erwähnt. Die Yogini wendet eine bestimmte Atemübung an, die auf das Vishuddha-Chakra, das fünfte Zentrum feiner Energien, in der Wirbelsäule einwirkt. Das Vishuddha-Chakra, das der Kehle gegenüberliegt, regiert das fünfte Element, Akash oder Äther, der die inner-atomaren Zwischenräume der körperlichen Zellen durchdringt. Konzentration auf dieses Chakra (Rad) gibt dem Gottsucher die Fähigkeit, von der im Äther enthaltenen Energie zu leben.
Therese Neumann, die ebenfalls ohne grobstoffliche Nahrung lebt, übt allerdings keine wissenschaftlichen Yoga-Techniken. Die Erklärung für diese Unterschiede ist in dem verwickelten individuellen Karma des einzelnen zu suchen. Viele Leben, die Gott geweiht waren, liegen bereits hinter einer Therese Neumann und Giri Bala; doch die Art und Weise, wie sie dies zum Ausdruck bringen, ist verschieden. Von den christlichen Heiligen, die ohne Nahrung lebten und die zugleich Stigmatisierte waren) seien hier folgende erwähnt: die hl. Lidwina von Schiedam, die sel. Elisabeth von Rent, die hl. Katharina von Siena, Dominica Lazarri, die sel. Angela von Foligno und die im 19. Jahrhundert lebende Louise Lateau. Der hl. Nikolaus von der Flüe (Bruder Klaus, ein Einsiedler, der im 15. Jahrhundert lebte und mit seinen intensiven Einheitsbestrebungen die Schweizerische Eidgenossenschaft rettete) hat 20 Jahre ohne Nahrung gelebt.

Dann versank die Heilige in tiefe Meditation; ihr Blick tauchte nach innen, und ihre sanften, stillen Augen wurden ausdruckslos. Ein kleiner Seufzer kündigte die ekstatische, atemlose Trance  an; dann war sie für einige Zeit in das Reich, in dem es keine Fragen mehr gibt - den Himmel innerer Freude -, entflohen.
Leise senkte sich die tropische Nacht auf das Land, und das Licht der kleinen Kerosinlampen flackerte über den Köpfen der vielen Dorfbewohner, die schweigend im Dunkel kauerten. Tanzende Glühwürmchen und die fernen Öllaternen vor den Hütten woben helle, geisterhafte Muster in die samtweiche Nacht. Die schmerzliche Stunde des Abschieds war gekommen, denn wir hatten eine lange und beschwerliche Rückreise vor uns.
"Giri Bala", sagte ich, als die Heilige die Augen öffnete, "gebt mir bitte ein Andenken mit - einen Streifen von einem Eurer Saris.“
Bald darauf kehrte sie mit einem Stück benarischer Seide in der Hand zurück und warf sich plötzlich vor mir nieder.
"Mutter", sagte ich ehrfurchtsvoll, "laßt mich lieber Eure heiligen Füße berühren."