An einem schönen sonnigen Nachmittag im Jahr 2001 saß ich in vertrauter Runde in meinem selbst ernannten Lieblingskaffee und freute mich auf einen tollen Sommer.

Mit der Frage eines Bekannten, ob ich nicht Lust hätte als Model zum Bodypainting Festival nach Kärnten mitzukommen, änderte sich mein Leben im nachhinein gesehen mehr, als ich zu diesem Zeitpunkt hätte ahnen können. Als Bodypainting- Model aufzutreten rückt dein bisher ruhiges Leben auf einmal in den Brennpunkt Hunderter von Kameras und neugieriger Blicke, die Intimsphäre schrumpft binnen Sekunden auf eine marginale Nichtexistenz zusammen.

Der Hauch der großen weiten Welt weht dir um die Nase und eine Welle an bisher unbekannten Gefühlsregungen schwappt über dich und spuckt dich völlig durcheinander wieder aus.

Gefühle der völligen Desorientierung und Schamhaftigkeit machen sehr schnell denen der wogenden Euphorie und hemmungslosen Freude Platz. Nach 2 Tagen in dieser Stimmung ist es einem, als ob die ganze Welt auf dich wartet, damit du dich ihr in deiner ganzen Schönheit präsentieren kannst. Und das tat ich in vollen Zügen, um für 2 Tage mein normales Leben mit dem eines ,,bemalten schönen Models" einzutauschen. Ja, Schönheit ist das Stichwort und der Schlüssel zu dir selbst. Somit sind wir auch schon beim Kern meiner kurzen philosophischen Betrachtung angelangt. Denn bis zu diesem Erlebnis war Selbstbewusstsein ein Zustand, der eher rudimentär in mir schlummerte. Das Wörtchen Selbstliebe kannte ich nur dem Namen nach und genau in dieser Art und Weise kleidete ich mich und füllte mein Leben mit Missachtung der eigenen Persönlichkeit und meines Körpers aus.

Nun habe ich mein 4. Bodypainting Festival hinter mir, unzählige Akt-Shootings und kleinere Performance-Auftritte. Das Gefühl, als begehrenswertes und schönes Geschöpf ,,hofiert" zu werden, ist sicher etwas, von dem jeder von uns manchmal träumt. Aber was hat sich nun genau getan in den letzten 3 Jahren, wird sich manch einer nun fragen?

Über die letzten 3 Jahre habe ich ein unglaublich starkes Körperbewusstsein entwickelt. In meinem Kleiderschrank hat eine völlige Umstrukturierung stattgefunden. Von den Kleidungsstücken, in denen ich mich früher so gern versteckte, habe ich mich komplett getrennt. Ich liebe es, mich figurbetont und sehr sexy zu kleiden. Und was das schönste ist, mich selbst zu spüren und meinem Körper wahrzunehmen, ist für mich mittlerweile zu einem existentiellen Grundbedürfnis geworden. Mein Leben ist bewusster geworden, gar keine Frage, auch im Bezug auf Essen und Bewegung. Eine gesunde Portion Exhibitionismus ist natürlich Grundvoraussetzung, um sich auf solch ein Erlebnis wirklich einlassen zu können. Das Model stehen ist ein Tor zu einer anderen Welt, welches genützt werden kann oder nicht.

 

Verena