Gedanken zur Arbeit:

Das Internet. Wie sehr bereichert es unser Leben!

Zum Beispiel findet man im WWW interessante Seiten wie diese:

  OTIUM - Verein zur Förderung des Müßiggangs e.V.
  =>http://www.otium-bremen.de/
  --> Gedichte, Texte & Zitate zur Arbeitsmoral

Eine kleine Auswahl daraus:
 

Karl Marx (1818-1883):

"Das Reich der Freiheit beginnt in der Tat erst da, wo das Arbeiten, das durch Not und äußere Zweckmäßigkeit bestimmt ist, aufhört; es liegt also der Natur der Sache nach jenseits der Sphäre der eigentlichen materiellen Produktion."

"Es ist eins der größten Mißverständnisse, von freier, gesellschaftlicher menschlicher Arbeit, von Arbeit ohne Privateigentum zu sprechen. Die 'Arbeit' ist ihrem Wesen nach die unfreie, unmenschliche, ungesellschaftliche, vom Privateigentum bedingte und das Privateigentum schaffende Tätigkeit. Die Aufhebung des Privateigentums wird also erst zu einer Wirklichkeit, wenn sie als Aufhebung der Arbeit gefaßt wird."
 

Friedrich Nietzsche (1844-1900):

"Alle Menschen zerfallen, wie zu allen Zeiten so auch jetzt noch, in Sklaven und Freie; denn wer von seinem Tag nicht zwei Drittel für sich hat, ist ein Sklave, er sei übrigens was er wolle: Staatsmann, Kaufmann, Beamter, Gelehrter."
 

Max Frisch (1911-1991):

"Es ist das Dasein der meisten: ein Dasein von Sklaven, die sich freuen, daß schon wieder ein Monat ihres Lebens vorüber ist. Man
könnte sie grausamerweise fragen, wozu sie denn leben? Sie tun es aus purer Angst vor dem Sterben, nichts weiter.

Sommer mit zitternder Bläue, Wind in den Gräsern, Wälder in rauschendem Regen: all das verkaufen sie, um leben zu können.
Was bleibt ihnen anderes übrig? Was jeder kann: seine Freiheit verpfänden. Jedes Geschöpf, wenn es schon einmal geboren ist,
möchte leben. Und eben darum sitzen sie an diesen Tischen, bücken sich über eine Schreibmaschine oder einen Rechenschieber,
während draußen ihr eigenes Leben vergeht. Das ist die große Galeere. Sie sehen, daß alle es müssen, fast alle; sie tragen es
fast ohne Anflug von Verzweiflung. Ein anderes Dasein ist ihnen nicht möglich; so muß es wohl das wahre sein. Sie können sich
ein anderes schon nicht mehr denken -(Um nicht wahnsinnig zu werden.)"
 

Albert Camus (1913-1960):

"Aufstehen, Straßenbahn, vier Stunden Büro oder Fabrik, Essen, Straßenbahn, vier Stunden Arbeit, Essen, Schlafen, Montag, Dienstag, Mittwoch, Donnerstag, Freitag, Samstag, immer derselbe Rhythmus - das ist sehr lange ein bequemer Weg. Eines Tages steht aber das 'Warum' da, und mit diesem Überdruss, in den sich das Erstaunen mischt, fängt alles an."
 

Friedrich Engels (1820-1895):

"Vor der Einführung der Maschinen geschah die Verspinnung und Verwebung der Rohstoffe im Hause des Arbeiters... [Der Weber
war] meist imstande etwas zurückzulegen und sich ein kleines Grundstück zu pachten, das er in seinen Mußestunden - und deren hatte er so viele als er wollte, da er weben konnte, wann und wielange er Lust verspürte - bearbeitete. Freilich war er ein schlechter Bauer und betrieb seine Ackerwirtschaft nachlässig und ohne viel reellen Ertrag; aber er war doch wenigstens kein Proletarier, er hatte, wie die Engländer sagen, einen Pfahl in den Boden seines Vaterlandes eingeschlagen, er war ansässig und stand um eine Stufe höher in der Gesellschaft als der jetzige englische Arbeiter. Auf diese Weise vegetierten die Arbeiter in einer ganz behaglichen
Existenz und führten ein rechtschaffenes und geruhiges Leben in aller Gottseligkeit und Ehrbarkeit, ihre materielle Stellung war bei weitem besser als die ihrer Nachfolger; sie brauchten sich nicht zu überarbeiten, sie machten nicht mehr, als sie Lust hatten, und verdienten doch, was sie brauchten, sie hatten Muße für gesunde Arbeit in ihrem Garten oder Felde, eine Arbeit, die ihnen selbst schon Erholung war, und konnten außerdem noch an den Erholungen und Spielen ihrer Nachbarn teilnehmen; und alle diese Spiele, Kegel, Ballspiel usw., trugen zur Erhaltung der Gesundheit und zur Kräftigung ihres Körpers bei. Sie waren meist starke,  wohlgebaute Leute, in deren Körperbildung wenig oder gar kein Unterschied von ihren bäurischen Nachbarn zu entdecken war. Ihre Kinder wuchsen in der freien Landluft auf, und wenn sie ihren Eltern bei der Arbeit helfen konnten, so kam dies doch nur dann und wann vor, und von einer acht- oder zwölfstündigen täglichen Arbeitszeit war keine Rede. (...)

Nichts ist fürchterlicher, als alle Tage von morgens bis abends etwas tun zu müssen, was einem widerstrebt. Und je menschlicher der Arbeiter fühlt, desto mehr muß ihm seine Arbeit verhaßt sein, weil er den Zwang, die Zwecklosigkeit für sich selbst fühlt, die in ihr liegen. Weshalb arbeitet er dann? Aus Lust am Schaffen? Aus Naturtrieb? Keineswegs. Er arbeitet um des Geldes, um einer Sache willen, die mit der Arbeit selbst gar nichts zu tun hat...

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Ungehaltene Rede des Südseehäuptlings Tuiavii aus dem Dorfe Tiavea auf der Samoa-Insel Upolu um 1915, übersetzt
von Erich Scheurmann in DER PAPALAGI (etwa: der weiße Mann):

Und darum lebt ein glühender Haß in den Menschen der Berufe. Sie alle haben in ihrem Herzen ein Etwas wie ein Tier, das
eine Fessel festhält, das sich aufbäumt und das doch nicht los kann. Und alle messen ihre Berufe aneinander voll Neid und Mißgunst, man spricht von höheren und niederen Berufen, obgleich doch alle Berufe nur ein Halbtun sind. Denn der Mensch ist nicht nur Hand oder nur Fuß oder nur Kopf; er ist alles vereint, Hand, Fuß und Kopf wollen gemeinsam sein. Wenn alle Glieder und Sinne zusammentun, nur dann kann sich ein Menschenherz gesund freuen, nie aber wenn nur ein Teil des Menschen Leben hat und alle anderen tot sein sollen. Dies bringt den Menschen in Wirrnis, Verzweiflung oder Krankheit. (...)

Aber der Papalagi hat uns nie die Wahrheit und die Einsicht gebracht, warum wir arbeiten sollen, mehr als Gott es von uns verlangt, um satt zu werden, ein Dach über dem Haupte zu haben und eine Freude am Feste auf dem Dorfplatze. Wenig mag diese Arbeit erscheinen und arm unser Dasein an Berufen. Aber was ein rechter Mann und Bruder der vielen Inseln ist, der macht seine Arbeit mit Freude, nie mit Pein. Lieber macht er sie gar nicht. Und dies ist es, was uns von den Weißen scheidet. Der Papalagi seufzt, wenn er von seiner Arbeit spricht, als erdrücke ihn seine Bürde; singend ziehen die Jünglinge Samoas ins Tarofeld, singend reinigen die Jungfrauen die Lendentücher am strömenden Bache. Der große Geist will sicher nicht, daß wir grau werden sollen in Berufen und schleichen wie die Kröten und kleinen Kriechtiere in der Lagune. Er will, daß wir stolz und aufrecht bleiben in allem Tun und immer ein Mensch mit fröhlichen Augen und fließenden Gliedern.

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Es gab im alten Rom um die Zeitenwende wirksame, streng geregelte Arbeitnehmervergünstigungen, die allerdings über die Innungen gegeben und angeordnet wurden, das heißt von Arbeitgeberseite aus. [...]

Mit wenigen Ausnahmen hatte der römische Arbeiter, selbst der Sklave, sechs heutiger 60-Minuten-Stunden im Winter und sieben
im Sommer zu arbeiten. Man begann möglichst früh mit der Arbeit, um möglichst früh „Feierabend“ zu haben, speziell um die öffentlichen Bäder aufzusuchen, in die der Freie ebenso wie der Unfreie ungehinderten Zugang hatten. Die römische Badekultur erreichte um die Zeitenwende nicht nur ihren Höhepunkt, sondern auch ihre optimale populäre Breitenwirkung.

In der Tat verfügte der Römer, gleichgültig welchen Standes, über sehr viel Freizeit, in der Regel nämlich 17 oder 18 Stunden pro Tag. [Fast 200 Tage im Jahr waren arbeitsfrei] und dienten dem Vergnügen. [...]

Trotz dieser „Freizeitmöglichkeiten“ gedieh die römische Wirtschaft gerade in dieser Epoche kurz vor und nach dem Jahre
0. Das „Bruttosozialprodukt“ lag respektabel hoch. Immer wieder überraschend und willkürlich wurden Feiertage eingeschoben, an denen man Volksbelustigungen veranstaltete, die vom Kaiser oder den Senatoren gesponsert wurden.
Gladiatorenkämpfe, Theateraufführungen, Dichterlesungen lockten das römische Publikum. Allerdings nahm dies bald derartige Auswüchse an, daß im 2. Jahrhundert unserer Zeitrechnung „kein römisches Jahr verging, in dem nicht auf einen Arbeitstag ein oder zwei Feiertage kamen".
 

Herzliche Grüße,
Thomas Schneider
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  Man sollte gar nicht glauben, wie gut man auch ohne
  die Erfindungen des Jahres 2500 auskommen kann.
                         Kurt Tucholsky (1890-1935)