Von: direkt@horstweyrich.de
Gesendet: Samstag, 13. Mai 2006 19:31
An: vertrieb@droemer-knaur.de
Betreff: Anfrage aus dem Kontaktformular - Lieferbarkeit von Büchern

Diese Anfrage wurde aus dem Online-Kontakt-Formular geschickt:

Herrn Horst Weyrich
Jürgen Briegel: Offenbarungen eines Unsterblichen Taschenbuch 86159 
Bringen Sie da mal eine Neuauflage? Es ist vergriffen und es wird bereits zum vierfachen bis achtfachen ursprünglichen Bezugspreis angeboten. Demnach
besteht Bedarf. Ich würde das Buch nämlich gerne weiterempfehlen. Das gibt aber keinen Sinn, wenn es nur noch in Einzelexemplaren zu Wucherpreisen
verkauft wird. MfG Horst Weyrich
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From - Mon May 15 18:37:17 2006
From: "Fest, Klaus-Peter" <Klaus-Peter.Fest@droemer-knaur.de>
To: "'direkt@horstweyrich.de'" <direkt@horstweyrich.de>
Subject: AW: Anfrage aus dem Kontaktformular - Lieferbarkeit von Büchern

Sehr geehrter Herr Weyrich,

der Titel ist seit 2002 vergriffen und keine Neuausgabe vorgesehen. Die Rechte sind auch zurückgefallen. Die Tatsache, daß ein vergriffener Titel antiquarisch teuer gehandelt wird, bedeutet im übrigen nicht, daß genügend Interesse vorhanden ist, um eine Neuausgabe finanzieren zu können.

Mit freundlichen Grüßen aus der
Verlagsgruppe Droemer Knaur

Klaus-Peter Fest
________________________________________

VERLAGSGRUPPE
Droemer Knaur

Klaus-Peter Fest
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www.droemer-knaur.de
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Esoterik
Herausgegeben von Gerhard Riemann

Jürgen Briegel wurde am 24.3.1958 in Frankfurt geboren. Er studierte Pädagogik, promovierte in Erziehungswissenschaften und erwarb eine therapeutische Zusatzausbildung. Zu seinen besonderen Interessengebieten gehören Zen, Taoismus und Meditation. Dr. Jürgen Briegel arbeitet als Psychotherapeut in freier Praxis.
Jürgen Briegel
 

OFFENBARUNGEN EINES UNSTERBLICHEN

Ein 192-Jähriger berichtet von der Erweckung der inneren Stimme


Ist die physische Unsterblichkeit möglich? Können wir Krankheit, Altern und Tod überwinden, um für immer jung und gesund zu bleiben? Oder ist diese Vision vom ewigen Leben ein unerfüllbarer Traum, der sich in der Hoffnung auf die körperlose Unsterblichkeit der Seele erschöpft?
Das Leben ist ein Wunder. Es zu enträtseln, übertrifft bei weitem die Möglichkeiten des menschlichen Verstandes. Doch um leben zu können, müssen wir das Leben nicht begreifen, so wie wir nicht das Atmen begreifen müssen, um es zu tun. Leben ist unendliche Bewegung. Diese Gleichsetzung von Leben und unendlicher Bewegung birgt bereits den Ansatz zur Unsterblichkeit. Das Leben kann nur in der Bewegung erlebt und gelebt werden. Dabei ist das Leben nicht nur eine Funktion des Körpers, sondern ebenso eine des Geistes. Der Körper ist an die Gesetze seiner Materialität gebunden und verändert sich in diesem Rahmen vom stofflichen Leben zum stofflichen Tod. Der Geist ist nur insofern an die Materialität gebunden, als er Teil von ihr ist. Leben und damit Geist sind zugleich immateriell (nichtstofflich). Auf dieser Ebene ist Leben reine Energie. Diese Energie ist unendlich. Sie kann durch die menschlichen Fähigkeiten des Denkens, des Fühlens, der Vorstellungskraft und des Willens prinzipiell ständig erneuert (bewegt) werden. Hierbei wird Energie durch Energie erzeugt, d.h. Energie erzeugt Denken, Denken erzeugt Energie, Energie ist Denken. Immaterielle Energie wirkt sich dabei auf materielle Energie aus. An dieser Stelle deutet sich die unbegrenzte Macht des Geistes an, wenn Menschen - wenn auch im allgemeinen unbewußt und ohne Möglichkeit der Steuerung - in massivster Weise die Materialität ihres Körpers beeinflussen können. Hier liegt der Schlüssel zur physischen Unsterblichkeit.
Inwieweit muß sich der Mensch geistig entwickeln, bis er ein Stadium erreicht hat, das ihm ermöglicht -kraft seines Geistes -, so bewußt und steuernd auf seinen Körper einzuwirken, daß Krankheit, Altern und Tod endgültig besiegt werden können?
Der enorme Einfluß, den Gedanken und Gefühle auf körperliche Vorgänge haben, wird in der Wissen-schaft kaum noch ernsthaft bestritten. Die Intensität der Gedanken und Gefühle - die als Einheit funktionieren und nur durch Worte voneinander getrennt werden - können im extremen Fall zum Tode, zu tödlich verlaufenden Krankheiten oder aber zu ihrer spontanen Heilung führen. Es gibt zahlreiche sorgfältige Recherchen und wissenschaftlich dokumentierte Fälle, die dies eindeutig belegen. Dem Leser werden hier einige kurz vorgestellt, um ihm eine Ahnung zu vermitteln, welche Fähigkeiten in uns mehr oder weniger verborgen ruhen.
So ist die Macht des Geistes über den Körper keine Frage zukünftiger Entwicklungen. Das Potential ist bereits vorhanden. Es geht nur darum, die Fähigkeiten unseres Geistes zu erkennen, sie zu nutzen und gezielt einzusetzen. Oder ist dies nur ein weiterer Traum, der unerfüllbar bleiben wird?
Im November 1991 begegnete mir ein Mann, der behauptete, 192 Jahre alt und unsterblich zu sein. Ich lernte ihn auf einer Zugreise kennen. Er war der einzige Reisende in dem Abteil - ein etwa vierzigjähriger Mann, der fast ununterbrochen aus dem Fenster sah. Während ich las, sprach er mich auf den Inhalt des Buches an und stellte sich als Reimund Cremer vor. Es entwickelte sich ein interessantes Gespräch, in dessen Verlauf er mich fragte, ob ich an die Unsterblichkeit glauben wurde. Ich gestand ihm, darauf keine Antwort geben zu können, aber hoffe, daß mit dem Tod noch nicht alles zu Ende sei.
Er schüttelte den Kopf und gab mir zu verstehen, daß er bei seiner Frage nicht an die Unsterblichkeit der Seele gedacht habe, sondern vielmehr an die physische Unsterblichkeit. Ob ich daran glauben würde? Ich verneinte. Er nickte. Dann teilte er mir ruhig und überlegt mit, daß er unsterblich und 192 Jahre alt sei. Mein erster Gedanke war, es mit einem Geisteskranken zu tun zu haben. Als Psychotherapeut und jemand, der seit Jahren in der Psychiatrie gearbeitet hat, habe ich es mit den unterschiedlichsten Menschen zu tun, mag man sie nun als krank, gestört oder einfach nur als nicht der Norm entsprechend bezeichnen. Aber Reimund Cremer war nicht geistesgestört. Um eine wahnhafte Störung und in diesem Fall einen Größenwahn diagnostizieren zu können, müssen eine Reihe von formalen Kriterien erfüllt sein.
Keines davon traf auf diesen Mann zu. Dabei wirkte er auf mich auch nicht wie ein harmloser Spinner, der seinen eigenen Phantasien und Wünschen allmählich zum Opfer gefallen war oder der sich einfach nur wichtig machen wollte. Seine Gedanken über die physische Unsterblichkeit waren mir fremd. Gleichzeitig besaßen sie eine visionäre Faszinationskraft und waren mir in einigen Punkten durchaus vertraut, wenn auch in anderen Zusammenhängen. So entdeckte ich in seinen »Offenbarungen« viele Parallelen zu großen Denkern der Geschichte, zu Philosophien und Ideen der Vergangenheit wie der Gegenwart. Nur waren sie auf eine Weise miteinander verknüpft und angeordnet, die mir so nie in den Sinn gekommen wäre.
In den zwei Jahren unserer Begegnungen wurde ich mit einer Haltung konfrontiert, die mein bisheriges Denken stark verunsicherte. In der amerikanischen Rechtsprechung gibt es den Begriff des berechtigten Zweifels. Entsteht in einem Prozeß für die Geschworenen der Eindruck, daß der Angeklagte unschuldig sein könnte, dann ist er freizusprechen. Reimund Cremer gelang es, in mir einen solchen berechtigten Zweifel auszulösen. Der »Angeklagte« war der Mensch, und der »Anklagepunkt« war seine Sterblichkeit. Es ist nicht möglich, den Menschen im allgemeinen davon freizusprechen - denn niemand kann bestreiten, daß Menschen altern und schließlich sterben. Die Möglichkeit, physisch unsterblich zu werden, halte ich - nach Abwägung psychischer, philosophischer und biologischer Tatsachen - jedoch nicht mehr für ausgeschlossen. Ein berechtigter Zweifel bedeutet nicht, von der völligen Unschuld eines Angeklagten überzeugt zu sein. Es besteht lediglich die Möglichkeit der Unschuld, die allerdings über ein einfaches Ahnen der Unschuld hinausgeht. Der berechtigte Zweifel muß sich daher begründen lassen.
Der Zweifel an der prinzipiellen Sterblichkeit des Menschen beinhaltet jedoch nicht zwangsläufig den Glauben an die prinzipielle Unsterblichkeit des Menschen. Der Zweifel bedeutet lediglich, daß eine Denk-gewohnheit ins Schwanken geraten ist. Und so bleibt die Frage, ob es realisierbar ist, von der theoretischen Möglichkeit, physisch unsterblich werden zu können, zur praktischen Umsetzung zu kommen.
Daß Reimund Cremer mit der Idee von der physischen Unsterblichkeit eine jahrtausendealte Tradition fortsetzt, verrät ein kurzer Blick in die Geschichte. Die älteste schriftlich dokumentierte Suche nach der Unsterblichkeit datiert von etwa 2000 vor Christus. Im Gilgamesch-Epos wird von König Gilgamesch dem Herrscher von Uruk - berichtet, der sich auf die Suche nach der Unsterblichkeit machte. Nach vielen Abenteuern mußte König Gilgamesch begreifen, daß das ewige Leben wohl doch nur den Göttern vorbehalten war. Er begnügte sich schließlich mit der Unsterblichkeit seines Namens, der durch die von ihm errichteten gewaltigen Mauern der Stadt Uruk den Menschen für immer im Gedächtnis bleiben sollte. Neben dieser mehr geographischen Erkundung des Königs Gilgamesch suchten im alten China die Anhänger des Taoismus die Unsterblichkeit in ihrem Inneren zu finden. Diese innere Suche blickt auf eine jahrtausendealte Tradition zurück. Mit körperbezogenen Übungen werden Energien im Körper erzeugt, die auf den gesamten Organismus regulierend und anregend wirken. Das Taoyin ist eine dieser Methoden. Hier soll über eine Kombination von Atem- und Gymnastikübungen das Qi (die Lebensenergie des Menschen) zur Zirkulation gebracht werden. Das Qi soll Krankheiten des Körpers und der Seele heilen, die Lebensspanne eines Menschen entscheidend verlängern und helfen, die Unsterblichkeit zu erlangen. Die von Peter Kelder beschriebenen Übungen in dem Buch »Die fünf Tibeter« können dieser körperbezogenen Form zugerechnet werden. Ein anderer Schwerpunkt liegt hingegen auf Meditationspraktiken oder mentalen Übungen. Im Taoismus selbst gibt es verschiedene Meditationsübungen, welche die Erlangung der physischen Unsterblichkeit vorbereiten sollen. Voraussetzung hierfür ist jedoch, daß der taoistische Schüler ein Erleuchteter wird, der sich von allem »Irdischen« befreit und sein Ich und damit seine menschlichen Begierden über-wunden hat. Hierbei darf jedoch nicht unerwähnt bleiben, daß im Taoismus ein Unsterblicher (Hsien) nicht unbedingt ein physisch Unsterblicher sein muß. Vielmehr - wenn auch nicht ausschließlich -bezieht sich der Begriff auf die transzendentale Unsterblichkeit. Ein »wahrer« Unsterblicher ist demnach der, der die Erleuchtung erlangt und im »Zu-stand« der Ichlosigkeit sein wahres (innerstes) Wesen gefunden hat. Als Nebeneffekt stellt sich dabei oft eine außerordentliche Langlebigkeit ein.
In der heutigen Zeit wird eher ein biologischer und damit naturwissenschaftlicher Ansatz bei der Suche nach der Unsterblichkeit praktiziert. So ist es die Wissenschaft, die es sich zum Ziel gesetzt hat, das Rätsel des Alterns und des Todes zu lösen. Wissenschaftler auf der ganzen Welt versuchen, den Code des Alterungsprozesses zu entschlüsseln, um auf diese Weise die ersten Anhaltspunkte zu gewinnen, wie das Altern und damit der Tod besiegt werden könnten.
Der Zellbiologe Leonard Hayflick hält dies jedoch für unmöglich. Er geht davon aus, daß der Mensch die Lebensspanne von 120 Jahren nicht überschreiten kann. So steht für ihn fest, daß in den Zellen eine Art biologische Uhr tickt, die bestimmt, wann die Lebenszeit abgelaufen ist. Haben sich die Zellen genügend oft geteilt, stirbt der Mensch.
Andere Wissenschaftler sind davon überzeugt, daß der Vorgang des Alterns in der Schwächung der Organe, des Immunsystemsoder des Hormonsystems begründet liegt. Gabriel Simonoff ist der Ansicht, daß Altern eine Krankheit ist, die wiederum andere Krankheiten erzeugt. Er ist Verfechter der »freien Radikale«. Diese Theorie besagt, daß Zellen deshalb altem, weil sie atmen. So entstehen bei der Energiegewinnung des Körpers vorübergehend »freie Radikale«. Dies sind aggressive Sauerstoffverbindungen, die das Erbgut angreifen.
Eine weitere Möglichkeit, dem Rätsel Altern und Tod auf die Spur zu kommen, sind Untersuchungen über das Hutchinson-Gilford-Syndrom oder der Progeria infantilis, wie diese äußerst seltene Krankheit auch noch genannt wird. Bei der Progeria infantilis setzt der Alterungsprozeß schon in den ersten Lebensjahren eines Menschen ein. Ted Brown vom North Shore University Hospital im Staat New York hat die Theorie entwickelt, daß die übermäßige Produktion einer biochemischen Substanz, der Hyaluronsäure, Ursache für den vorzeitigen Alterungsprozeß sein könnte.
Der Altersforscher Roy Walford aus Los Angeles nähert sich dem Problem des Alterns aus einer ganz anderen Richtung. Er ist davon überzeugt, daß die Lebensspanne eines Menschen auf jeden Fall zu erweitern ist, und vertritt die These, daß dies mit einer kalorienreduzierten Diät möglich ist. Erfolge gibt es jedoch allenfalls bei Versuchen mit Ratten. Diese Untersuchungen haben immerhin gezeigt, daß mittels einer kalorienreduzierten Diät die Ratten - im Gegensatz zu den ungehemmt fressenden Ratten -bis zu 60 Prozent länger leben, weniger oft krank werden, ein stärkeres Immunsystem und ein besseres Erinnerungsvermögen haben.
Ob durch die bisherige wissenschaftliche Forschung die Klärung von Altern und Tod bevorsteht, darf mehr als bezweifelt werden. Zu viele Fragen sind noch offen. Und so wird die naturwissenschaftliche Suche nach der Unsterblichkeit weitergehen.
Gibt es bereits Menschen, die unsterblich sind? Der Philosoph Karl R. Popper geht davon aus, daß die Wahrheitsfrage, ob etwas existiert oder nicht, nicht davon abhängt, daß sich ein Ereignis, eine Situation, eine Erfahrung immer wieder bestätigt, also Beweise für etwas gesammelt werden. Statt dessen ist entscheidend, ob sie durch eine gegenteilige Behauptung widerlegt werden kann. Er erklärt dieses Prinzip der Falsifikation am Beispiel von weißen Schwänen. Wenn Menschen immer nur weiße Schwäne sehen, werden sie irgendwann zu dem Schluß kommen, daß es nur weiße Schwäne gibt. Doch ist damit wirklich ausgeschlossen, daß es nicht irgendwo auf dieser Welt einen schwarzen Schwan oder mehrere geben könnte? Solange wir diese andersfarbigen Schwäne nicht sehen, existieren sie für uns nicht, obwohl sie theoretisch existieren könnten. Somit wäre es ein Fehlschluß, zu behaupten, daß sie unter keinen Umständen existieren.
Beweise dafür, daß es Menschen gibt, die bereits unsterblich sind, lassen sich schwerlich finden. Es gibt Berichte über angeblich Unsterbliche wie den mysteriösen Grafen St. Germain, der im 18.Jahrhundert den Nymbus der Unsterblichkeit um sich verbreitete. Verwickelt in politische Intrigen, sich in höchsten Kreisen bewegend und häufiger Gast bei Bällen und Festlichkeiten, soll er im Laufe von Jahrzehnten immer wieder gesehen worden sein, ohne dabei jemals älter als vierzig Jahre auszusehen. So wird erwähnt, daß der Graf auf einem Ball der Madame Pompadour im Schloß Versailles die alte Gräfin de Gergy traf. Der Gräfin war aufgefallen, daß der Graf einem Mann glich, den sie in ihrer Jugend gekannt hatte. Der Graf konnte sich im Gespräch mit der Gräfin noch gut an diese Zeit erinnern und berichtete Details, die nur sie beide kannten. Der Graf sah genauso jung aus wie vor Fünfzig Jahren.
Auch gibt es Berichte über den legendären Yogi Swami Saresvarananda, der seit über 650 Jahren in den Höhlen des Himalaja leben soll und gelegentlich gesichtet wird.
Sind das Beweise, die jeden davon überzeugen, daß es bei der Sterblichkeit Ausnahmen gibt? Oder sind sie nur Ausdruck von Wunschvorstellungen, die in uns die Hoffnung am Leben erhalten, daß der Tod schließlich doch zu besiegen ist? Diese Fragen sind nicht zu beantworten. Denn wie wir über das Altern und das Sterben denken, ist eher eine Frage unserer persönlichen Anschauungen und auch eine unseres Mutes, aus dem vielleicht nur scheinbar Unmöglichen das Mögliche zu machen.
Wie fügt sich nun in diese Suche nach Unsterblichkeit und den Berichten von angeblich Unsterblichen Reimund Cremer ein? Was ist von einem Mann zu halten, der von sich behauptet, 192 Jahre alt und unsterblich zu sein? Ich habe bis heute keine befriedigende Antwort darauf gefunden. Die Erfahrung eines jeden Menschen sagt, daß der Tod und der Prozeß des Alterns nicht aufzuhalten sind. Wie oft habe ich mir gewünscht, die Vorstellungen Reimund Cremers über die Erlangung der Unsterblichkeit einfach als ein wahnhaftes Geschehen oder als Spinnerei abtun zu können. Denn nichts ist leichter, als alte Meinungen und Ansichten beizubehalten. Das alte Bild von Altern und Tod ringt in mir jedoch mit dem neuen Bild von immerwährender Gesundheit und Leben.

Den Vorgang des Alterns und das Faktum des Todes beschreibt Reimund Cremer als die Folge einer zunehmenden Schwächung der materiellen (körperlichen) Lebensenergie. Seiner Auffassung zufolge ist Leben mit Energie gleichzusetzen. So besteht der Mensch aus zwei unterschiedlichen - aber doch miteinander verbundenen - Energien: aus der Geist-energie und der Körperenergie. Während die Körperenergie eines jeden Menschen begrenzt ist und sich im Laufe der Zeit immer weiter verbraucht, ist die Geistenergie des Menschen prinzipiell unbegrenzt. Deshalb kann nur über die Geistenergie der Prozeß des Alterns und damit auch der Tod überwunden werden. Diese geistige Energie muß gezielt dafür eingesetzt werden, um das zu erzeugen, was Reimund Cremer die Unsterblichkeitsenergie nennt. Zuvor muß der Mensch jedoch die »innere Stimme seiner Seele« in sich erwecken und mit dieser eine bewußte Bindung eingehen. So gliedert sich für Reimund Cremer der Weg zur Unsterblichkeit in vier Schritte:

1. Die Erweckung der »inneren Stimme der Seele« in uns.
2. Die Verknüpfung des Ich mit der inneren Stimme.
3. Die Erzeugung der Unsterblichkeitsenergie.
4. Die »Befriedung des Geistes«.

Die »innere Stimme der Seele« - von der Cremer spricht - bezeichnet er als ein zweites Wesen in uns, das neben dem Ich im Körper existiert. Das heißt, daß in unserem Körper nicht nur ein Ich existiert, sondern zwei. Diese innere Stimme hat ein eigenes Bewußtsein, eine eigene Art zu denken und zu fühlen. Sie hat einen eigenen von unserem Ich unabhängigen Willen, und wir können mit dieser inneren Stimme in einen bewußten - sprachlichen oder nichtsprachlichen - Dialog treten.
Auf den ersten Blick mag der Gedanke, daß da noch etwas in uns existiert, das vollkommen anders ist als wir, erschreckend erscheinen. Sind wir doch gewohnt, uns als eine geschlossene Einheit und als alleiniger Bewohner in unserem Körper zu betrachten, in dem niemand außer uns etwas zu suchen hat. Hierbei ist die »innere Stimme der Seele« nicht mit dem zu verwechseln, was wir das »Unbewußte«, das »Intuitive« oder das »wahre Selbst« als Ausdruck mystischen Erlebens nennen. Die innere Stimme kann sich allerdings dem Ich indirekt mitteilen, ohne daß das Ich die wahre Natur der inneren Stimme erahnt. In psychologischen Theorien wird das Unbewußte immer als ein Teil des - im Prinzip unteilbaren - Ich angesehen. Es wird im allgemeinen als eine symbol-reiche Personifizierung jener Aspekte unserer Persönlichkeit betrachtet, die uns bewußt nicht zugänglich sind. Trotzdem wird dem Unbewußten oft ein vom Ich nicht zu kontrollierendes Eigenleben zugestanden. In der Auffassung von Sigmund Freud entzieht sich das Unbewußte dem bewußten Ich und
kann auf dieses durch Zwangshandlungen, wie sich ständig die Hände zu waschen, einwirken. Der Psychoanalytiker C. G. Jung verstand das Unbewußte darüber hinaus als ein in uns wirkendes Selbst, das dem Ich die Kraft zur Bewältigung gefürchteter Situationen gibt oder zur Entfaltung des Ich beitragen kann. In der klinischen Hypnotherapie nach Milton Erickson wird dem Unbewußten oft eine schöpferische und gelegentlich auch eine vom Ich unabhängige Intelligenz zugeschrieben.
In der psychologischen Krebstherapie der Simontons wird Krebskranken sogar empfohlen, mit ihrem Unbewußten bewußt über Entspannungsübungen in Kontakt zu treten. Sie werden aufgefordert, sich mittels spezieller Vorstellungsübungen (Visualisierungen> einen »inneren Ratgeber« vorzustellen, der ihnen bei der Bewältigung ihrer Krankheit helfen soll. Dieser Ratgeber soll die inneren Kraftquellen, über die jeder Mensch verfügt, aktivieren und für die Heilung nutzbar machen.
Ein vom Psychologen Robert Assagiolli in den USA entwickeltes Verfahren der Psychosynthese empfiehlt, daß die erkrankte Person sich diesen »inneren Ratgeber« als weisen alten Mann vorstellt, als Heiler, Arzt oder guten Freund oder auch als symbolträchtiges Tier. Das Überraschende ist, daß ein »innerer Ratgeber« auf die gestellten (Leben) Fragen des Patienten zielgerichtet antwortet und dabei über eine Weisheit verfügt, die der Patient in seinem Alltagsleben nicht besitzt.
Auch beim Neurolinguistischen Programmieren (NLP) - einer in den USA entwickelten Therapieform - kann man mit seinem sogenannten Unbewußten bewußt in Kontakt treten und mit ihm kommunizieren. Das ermöglicht, mit dem Unbewußten ein bestehendes Problem zu lösen - wie etwa quälende Eifersucht - oder neue und bessere Verhaltensweisen zu entwickeln, wie die Fähigkeit, vor vielen Menschen eine Rede halten zu können.
Nicht nur in diesen klinischen Bereichen ist das Wirken des Unbewußten zu beobachten. Es zeigt sich auch im Alltag in vielen unterschiedlichen Facetten -oft drückt es sich über Intuitionen aus.
In den modernen westlichen Gesellschaften, die sehr viel Wert auf Logik und Rationalität legen, erfreut sich die Intuition allerdings nicht großer Beliebtheit, zumindest nicht öffentlich. Über Intuitionen schweigt man. Aber man hat sie, denn ihre Bedeutung für unser Denken und Fühlen ist unbestritten. Der Begriff »Intuition« kommt aus dem Lateinischen und bedeutet soviel wie Eingebung oder unmittelbare Anschauung. Intuition wird dabei oft mit dem Unbewußten in Beziehung gesetzt.
Doch was sind Intuitionen? Vielleicht hat der Leser schon einmal eine leise innere Stimme vernommen, die tröstet, lobt, zu etwas ermuntert oder vor einer falschen Entscheidung warnt. Philip Goldberg beschreibt in seinem Buch »Die Kraft der Intuition« sechs Formen der Intuition und erläutert sie an zahl-reichen Beispielen. So kann sich Intuition als Lösung einer komplizierten Problemstellung oft blitzartig einstellen, ohne daß der Betreffende darüber nach-
gedacht hat. Die kreative Intuition hingegen öffnet unvermittelt den Blick für eine Vielzahl von unterschiedlichen Möglichkeiten. Bei der wertenden Intuition wissen wir plötzlich genau, wie wir uns entscheiden müssen.
Und bei der praktischen Intuition führen wir sogar unerklärliche Handlungen aus. Für diese Handlungen, die sich im nachhinein als äußerst sinnvoll erweisen können, haben wir zunächst keine vernünftige Erklärung. Als Beispiel für eine praktische Intuition führt Goldberg den englischen Premierminister Churchill an. Es spielt im London des Jahres 1941, als die Stadt fast ununterbrochen von den Deutschen bombardiert wird. Als Churchill von seinem Adjutanten die Tür seines Wagens aufgehalten bekommt, geht der Premierminister unvermittelt um das Auto herum und steigt auf der anderen Seite ein. Kurz darauf schlägt in der Nähe des Wagens eine Bombe ein, deren Luftdruck das Auto beinah umstürzen läßt. Churchill bemerkte dazu später, daß etwas in ihm ihn aufgefordert habe, sich lieber auf die andere Seite zu setzen.
Eine prognostische Intuition warnt nach Goldberg konkret vor Gefahren, wie heute nicht mit dem Auto zur Arbeit zu fahren oder auf jeden Fall eine bestimmte Tätigkeit aufzuschieben. Natürlich gibt es auch nicht zutreffende Intuitionen, die Goldberg allerdings nicht als Intuitionen versteht. Sie basieren mehr auf unseren Wunschvorstellungen, Ängsten oder Hoffnungen als auf dem Wirken des Unbewußten. Dabei müssen Intuitionen nicht immer sprachlicher Natur sein. Sie können ,sich auch über innere Bilder oder Körperempfindungen bemerkbar machen, wenn uns z. B. ein mulmiges Gefühl im Bauch vor einer Fehlentscheidung warnt. Die spirituelle Erleuchtung bezeichnet Goldberg ebenfalls als eine Form der Intuition. Sie stellt für ihn den Gipfel dar und ist in der Regel das Ergebnis eines langen meditativen Prozesses. Die spirituelle Erleuchtung ist die Transformation des alten egoistischen und an den Kreislauf des Leidens gebundenen Ich zum »wahren Selbst«. Dabei ist der Begriff des Unbewußten im westlichen Verständnis mit dem Verständnis des Unbewußten innerhalb der ostasiatischen Philosophien nicht vergleichbar. Er bezeichnet die intuitiv-spirituelle Fähigkeit der unmittelbaren Erkenntnis, des »Einsseins mit dem Kosmos«. Bei dieser Intuition wird die Wirklichkeit ohne die Zuhilfenahme unseres Verstandes oder unserer Gefühle unmittelbar erkannt und erfahren. Unerklärliches spielt sich im Inneren eines Menschen ab. Rationalität und Logik versagen angesichts der vielfältigen und vielschichtigen Ausdrucksweisen unserer Intuitionen und unseres Unbewußten. Das Unbewußte, die Intuition ist das Mysteriöse, das Geheimnisvolle in uns. Obwohl auch Goldberg die Intuition als ein Teil des Ich beschreibt, räumt er ein, daß eine typische intuitive Erfahrung oft von dem Gefühl begleitet wird, Empfangender statt Initiator der Intuition zu sein. Und er führt weiter aus, daß kreative Menschen sich oft als »Mittler« oder »Kanäle« für irgendeine unbekannte Quelle betrachten.
Doch scheint es, daß dieser Aspekt eher an den Rand unseres Ich-Bewußtseins gedrängt wird. Vielleicht aus der Befürchtung heraus, sonst mehr über das zu erfahren, was sich in unsrem Inneren abspielt?
Nicht so für Reimund Cremer. Für ihn ist das, was wir das Unbewußte, das Intuitive nennen, nichts anderes als die indirekte Ausdrucksweise des zweiten Wesens in uns, welches er als »innere Stimme der Seele« bezeichnet.
Er beschreibt die innere Stimme der Seele als zurückhaltend und selbstgenügsam. Sie gibt sich damit zufrieden, verborgen in uns zu ruhen und das Ich über indirekte Äußerungen lebenslang zu unterstützen.
Dabei ist die innere Stimme nichts Fremdes. Das Ich und die innere Stimme - oder das hohe und das tiefe Selbst, wie Reimund Cremer sie auch noch nennt sind eher zwei Geschwistern vergleichbar, von denen das eine in den höheren Bewußtseinsebenen existiert und das andere in den tieferen. Sie gehören zusammen, auch wenn sie bewußtseinsmäßig voneinander vollständig getrennt sind.
Reimund Cremer ist mir gegenüber nie müde geworden, die »innere Stimme der Seele« als ein sanftmütiges und über alle Maßen gütiges Wesen zu beschreiben. Sie ist für ihn der »gute Geist« oder der »gute Freund«, der uns niemals verletzt, niemals hintergeht und niemals belügt. Die innere Stimme ist freundlich und weise, leise und zärtlich.
Um das tiefe Selbst in uns zu erwecken, muß es in der »Stille unseres Innen« aufgesucht werden, und es muß sich eine enge Beziehung zwischen den beiden Selbst entwickeln. Erst wenn dies geschehen ist, steht das gesamte Potential des menschlichen Geistes zur Verfügung, um den Weg in die Unsterblichkeit beschreiten zu können. Solange sich ein Mensch nur mit den indirekten Äußerungen des tiefen Selbst zufriedengibt, wird er sein geistiges Leben stark bereichern können. Aber die physische Unsterblichkeit wird ihm versperrt bleiben, so daß er sich nicht aus der »Umklammerung des Alterns und des Todes« -wie Reimund Cremer es ausdrückt - befreien kann. Ist die »innere Stimme der Seele« in uns erweckt, kann mit ihr bewußt ein Dialog geführt werden. Hohes und tiefes Selbst können wie zwei Menschen kommunizieren, was nicht unbedingt auf der sprachlichen Ebene erfolgen muß. Das tiefe Selbst kann sich neben Körperempfindungen und inneren Bildern auch über geistige Impulse - welche die kompliziertesten Botschaften und Zusammenhänge innerhalb von Sekundenbruchteilen übermitteln - mitteilen.
Bei der sprachlichen Kommunikation besteht insbesondere zu Beginn der Kontaktaufnahme mit dem tiefen Selbst die Gefahr, den inneren Dialog mit Selbstgesprächen zu verwechseln. Denn die innere Stimme spricht in unserem Kopf über und mit unserer eigenen Stimme. Reimund Cremer berichtete mir, daß er sehr lange gebraucht habe, um seine innere Stimme von seinen Selbstgesprächen problemlos unterscheiden zu können.
Ist der Kontakt zum tiefen Selbst erst einmal hergestellt, verknüpfen sich beim nächsten Schritt zur Unsterblichkeit beide Selbst. Dies bedeutet jedoch nicht, daß das hohe Selbst sich mit dem tiefen Selbst so vereinigen muß, daß aus den beiden wesensmäßig getrennten Einheiten - dem Ich und der inneren Stimme - ein einziges Wesen werden soll. Bei der Verknüpfung beider Selbst darf keines seine Identität aufgeben oder verlieren. Die Unterschiedlichkeit muß unter allen Umständen gewahrt bleiben. Nur wenn beide Selbst ihre Selbständigkeit wahren, kann sich aus der gegenseitigen Ergänzung die notwendige Wirkung zur Erzeugung der Unsterblichkeitsenergie ergeben. Es muß eine Bindung und eine Annäherung an die »innere Stimme der Seele« stattfinden. Unter Bindung versteht Reimund Cremer, daß sich zwischen hohem und tiefem Selbst ein Vertrauens-verhältnis entwickelt. Dieses Vertrauensverhältnis soll schließlich in ein starkes Wir-Gefühl übergehen. Annäherung bedeutet, daß das hohe Selbst lernen muß, seine Gedanken und Gefühle weitgehend - auf die Erzeugung der Unsterblichkeitsenergie bezogen jedoch vollständig - von den destruktiven Anteilen, wie z.B. Zorn, Ungeduld, Angst, zu befreien. Nur unter dieser Voraussetzung kann die Unsterblichkeitsenergie wirkungsvoll durch den Körper fließen und sich an den Körper binden.
Bei jener ersten Begegnung im November 1991 hatte ich Reimund Cremer meine Adresse gegeben. Er versprach, sich bei mir zu melden. Schon wenige Tage später erhielt ich einen Anruf von ihm. Eine Woche danach saß er m meinem Wohnzimmer, und wir diskutierten über die Existenz der »inneren Stimme der Seele« und die physische Unsterblichkeit. Ich war entschlossen, ihm die Unsinnigkeit seiner Behauptungen vor Augen zu führen, und ignorierte zunächst den Teil seiner Behauptungen, die von seiner eigenen Unsterblichkeit handelten. Unabhängig davon faszinierte mich seine außergewöhnliche Ruhe und Gelassenheit. Die große Liebe und Güte, die er ausstrahlte, beeindruckte mich bei jedem unserer Treffen aufs neue.
Er suchte mich in der Woche ein- bis zweimal auf. Nie erfuhr ich, wo er wohnte oder woher er gerade kam. Er rief mich zu Beginn einer Woche an und wir verabredeten uns für die nächsten Tage. Ein einziges Mal war ich ihm nachgegangen. Ich verfolgte ihn mehrere Straßen weit. Dann stieg er in einen auf ihn wartenden Mercedes und fuhr davon. Bei unserem nächsten Treffen fragte er mich schmunzelnd, ob ich denn bei meinem nächtlichen Ausflug etwas von Bedeutung gesehen hätte.
Wir kannten uns bereits etwas länger als ein halbes Jahr, als mich Reimund Cremer aufforderte, mit meiner »inneren Stimme der Seele« in Kontakt zu treten. Er lachte über mein überraschtes und erschrockenes Gesicht und meinte, daß er mich schließlich nicht zum Selbstmord animiert hätte. Er erklärte mir, daß er davon überzeugt sei, daß ich zu jenen Menschen gehören würde, die ihr tiefes Selbst erwecken könnten und die, ohne es zu wissen, schon aus der »Tiefe ihres Innen« lebten. Dies sei ihm bereits im Zug aufgefallen.
Die Zumutung, mich auf derartig Abstruses und Unsinniges einzulassen, ließ mich entschieden ablehnen. Es vergingen mehrere Wochen, ohne daß mich Reimund Cremer noch einmal auf seinen Vorschlag ansprach. Ich selbst ergriff schließlich die Initiative und sah darin eine Möglichkeit, ihm zu »beweisen«, wie unsinnig die Annahme eines zweiten Ich war, das auf einer sogenannten tieferen Ebene »unterhalb« des ersten Ich existieren sollte. Reimund Cremer nahm mir jedoch das Versprechen ab, mich so vorurteilslos wie möglich um die Erweckung meiner inneren Stimme zu bemühen. Wir verabredeten einen Zeitraum von zehn Monaten.
Unter der Anleitung Cremers begann ich in den folgenden Monaten, mehr und mehr in mein Inneres einzutauchen und jene innere Stimme zu suchen, von der Cremer überzeugt war, daß sie existierte.
Die nächsten Monate vergingen ereignislos. Reimund Cremer schien darüber in keiner Weise beunruhigt zu sein. Eines Morgens wachte ich mit einem tiefen Gefühl der Ruhe und Zufriedenheit auf. Ich war ausgeruht wie schon lange nicht mehr. Der Tag verlief in der gewohnten anstrengenden Routine. Aber ich fühlte mich gegen Abend noch immer so ausgeruht und entspannt wie am frühen Morgen. Ich setzte mich auf mein Sofa und begann - so wie ich es seit Monaten tat -, in mein Inneres zu lauschen. Dann geschah etwas, was ich weder geglaubt noch für möglich gehalten hatte. Ich spürte zunächst, wie sich etwas in mir regte. Es war wie eine Bewegung. Sie war nicht materiell, aber so, als würde sich ein bisher verstopfter geistiger Kanal in mir »öffnen«. Eine Weile geschah dann überhaupt nichts. Als nächstes hörte ich eine Stimme in meinem Inneren. Es war meine eigene Stimme. Aber nicht ich war es, der sie benutzte. Sie war leise und zärtlich, wie von Reimund Cremer beschrieben.
Etwas Derartiges hatte ich in mir und von mir bisher noch nie wahrgenommen. Ich war erschrocken, verängstigt und fasziniert zugleich. Ich konnte es kaum erwarten, daß Reimund Cremer mich anrief. Als ich ihm schließlich am Telefon von meinem Erlebnis erzählte, wurde er zunächst ganz still und bat mich dann, ihm alles genau zu erzählen.
Als wir uns am nächsten Tag gegenübersaßen, gingen wir das außerordentliche Ereignis Punkt für Punkt durch. Doch ich hatte bereits damit begonnen, meine neue Erfahrung als Einbildung abzutun. Ich benötigte noch vier weitere dieser Erlebnisse, bis ich mir sicher - subjektiv sicher - war, daß ich nicht mit mir selbst - wie in einem Selbstgespräch - gesprochen hatte, sondern mit etwas anderem und doch sehr Vertrautem in mir in Verbindung getreten war.
Mittlerweile gehören die inneren Dialoge mit meinem tiefen Selbst zu den angenehmsten und schönsten Erfahrungen. Ob allerdings die Kontaktaufnahme mit meiner inneren Stimme der erste Schritt auf dem Weg zur Unsterblichkeit ist, kann ich nicht beurteilen. Für Reimund Cremer jedoch ist die Erweckung der inneren Stimme und die daraus sich entwickelnde Verknüpfung beider Selbst nur der Beginn einer langen Reise in das Innere des Menschen. Für ihn ist es der Moment, wo das hohe Selbst beginnen kann, die Energie der Unsterblichkeit in sich zu erzeugen.
Er faßt dabei den Menschen als ein energetisches Wesen auf, das aus zwei Energiearten besteht. Die geformte materielle Körperenergie erhält den Körper für eine begrenzte Zeit am Leben. Während der allmähliche Verbrauch der Körperenergie zum Alterungsprozeß und schließlich zum Tod führt, kann sich die ungeformte immaterielle Geistenergie ständig erneuern. Beide Energiearten sind aus der Urenergie hervorgegangen, die ausschließlich aus ungeformter immaterieller Energie besteht. Diese »kosmische Urenergie« hat im Gegensatz zur materiellen und immateriellen Struktur des Menschen kein Bewußtsein. Sie ist lediglich »ein Strom unendlich sich bewegender Lebensenergie« - wie Reimund Cremer es formuliert. Obwohl durch die Materialität des Körpers dieser der Vergänglichkeit unterworfen ist, kann über die immaterielle - und damit unendliche - Geistenergie so auf den Körper eingewirkt werden, daß sich dieser nicht nur regeneriert, sondern ewig am Leben erhalten werden kann.
Immaterielle Geistenergie wird über unsere Gedanken und Gefühle ständig erzeugt und erneuert. Doch ist der Mensch in der Regel nicht dazu fähig, die Geistenergie im vollen Umfang zu nutzen und zu steuern. Erst in der Verknüpfung beider Selbst sind die Voraussetzungen dafür geschaffen.
So beginnt für Reimund Cremer - so einfach dies auch klingen mag - die Erzeugung der Unsterblichkeitsenergie zunächst durch den Gedanken an die Unsterblichkeit. Je stärker sich der Gedanke der Unsterblichkeit in unserem Kopf formiert, an Konstanz und Bedeutung gewinnt - indem er Teil unserer Lebenseinstellung und unseres Lebenssinns wird -, um so mehr wird sich seine Macht auf den Körper erstrecken.
In jedem unserer Gedanken, in jedem unserer Gefühle ist das »gesamte Universum«, die Summe unserer Lebenserfahrungen und Lebensprinzipien enthalten. Dabei besteht jeder Gedanke und jedes Gefühl immer aus konstruktiven und aus destruktiven Anteilen. Konstruktive Anteile und damit positive Energie sind Lebensfreude, Hoffnung, Stärke, Liebe. Destruktive Anteile als negative Energie hingegen beinhalten Niedergeschlagenheit, Zorn und Ärger. So muß der Gedanke der Unsterblichkeit zuallererst von den in ihm enthaltenen destruktiven Anteilen gereinigt werden.
So phantastisch die Erzeugung der Unsterblichkeitsenergie auf den ersten Blick auch erscheinen mag, so stößt das Prinzip - nämlich der enorme Einfluß der Gedanken auf Körperfunktionen - in der modernen Wissenschaft auf zunehmend größeres Interesse.
In der noch relativjungen Psychoneuroimmunologie (PNI) werden die Einflüsse psychischer Faktoren auf Körperprozesse systematisch untersucht. Ziel der PNI ist es, die künstliche Trennung zwischen Körper und Geist aufzuheben und die Zusammenhänge zwischen ihnen zu erforschen.
Der Begriff »Psycho« steht hierbei für das seelische
Erleben des Menschen. Der Begriff »Neuro« ist die Abkürzung für Neurowissenschaften, die sich mit dem Nervensystem des Menschen befassen. Der Begriff »Immunologie« bezieht sich auf das Abwehr-system des menschlichen Körpers.
David Felten, Professor für Neurobiologie an der School of Medicine der Universität Rochester, fand heraus, daß Nervenfasern das Nervensystem mit dem Immunsystem unseres Körpers verbinden. Eine revolutionäre Erkenntnis. Stand bisher doch fest, daß das Nervensystem, das Immunsystem und auch das Hormonsystem voneinander getrennt funktionierten. Die entdeckte Verbindung zwischen Immunsystem und Nervensystem machte deutlich, daß beide Systeme in einem engen Informationsaustausch stehen. Die Übertragung von Informationen geschieht dabei über chemische Botenstoffe, über Neurotransmitter und Neuropeptide. Mittlerweile sind der Wissenschaft etwa siebzig dieser Neuropeptide bekannt. Man geht davon aus, daß es möglicherweise Tausende davon gibt. Diese körpereigenen Chemikalien ermöglichen den Informationsaustausch zwischen dem Immunsystem und dem Nervensystem. Das Hormonsystem kommuniziert über die Ausschüttung von Hormonen ebenfalls mit dem Immunsystem, so daß alle Systeme miteinander verknüpft und stets auf dem aktuellen Stand der körpereigenen Prozesse sind. Neuropeptide, Peptide, Neurotransmitter, Hormone beeinflussen Körper und Geist. Das Gehirn kann dabei über Gedanken und Gefühle das Immunsystem regulieren. Wie dabei ein immaterieller Gedanke auf
die materiellen Körperfunktionen einwirken kann -indem das Gehirn unsere Gedanken in Neurotransmitter und Neuropeptide transformiert -, ist für die Wissenschaft bis heute nicht erklärbar. Mittels der Positronen-Emmissions-Tomographie (PET) können die Spuren, die ein Gedanke und ein Gefühl im Gehirn hinterläßt, bildlich dargestellt werden. Somit steht zweifelsfrei fest, daß sich mit jedem neuen Gedanken das chemische Muster unseres Gehirns und die Zusammensetzung und Lokalisation seiner Botenstoffe verändert Der Vorgang des Denkens wirkt sich hiermit auf den gesamten Organismus aus.
Die Fähigkeit des menschlichen Geistes, auf die Körperprozesse mittels Vorstellungen einzuwirken, zeigt sich bei Menschen, denen es durch Meditation oder einfache Entspannungstechniken gelingt, Blutdruck, Körpertemperatur und Schmerzempfinden willentlich zu beeinflussen. Bill Moyers beschreibt in seinem Buch »Die Kunst des Heilens« eine Frau, der es durch autosuggestive Techniken gelang, sich ohne Betäubungsmittel operieren zu lassen. Ebenso lernte ein Mädchen, auf den Geruch von Rosenöl und den Geschmack von Lebertran reflexartig wie auf ein starkes Schmerzmittel zu reagieren.
Wesentlich dramatischer zeigt sich der Einfluß unserer Gedanken und Gefühle auf unsere Körperfunktionen bei den wissenschaftlich nachgewiesenen Placebo<> und Nocebo-Effekten und den Spontanremisionen (Spontanheilungen).
Durch die Verabreichung von vollkommen harmlosen und unwirksamen Scheinmedikamenten - den Placebos - kann, oft allein durch den Glauben des Patienten an die Wirksamkeit des Scheinmedikamentes, ein dramatischer Rückgang der Beschwerden bei dem Patienten eintreten.
Einer der spektakulärsten Placebo-Effekte, der die Macht der Gedanken über den Körper beweist, wird von Dr. Bruno Klopfer berichtet. Dieser Arzt war 1950 an der Durchführung eines Tests mit Krebiozen beteiligt. Dieses Medikament wurde zunächst als das Heilmittel gegen den Krebs angepriesen. Ein Patient von Dr. Klopfer, der an einem weit fortgeschrittenen Lymphosarkom litt, welches schon die Lymphknoten erfaßt hatte, bat den Arzt um die Verabreichung dieses Medikamentes. Die Wirkung, die sich einstellte, war überraschend. Innerhalb kürzester Zeit verschwanden die Tumoren. Auch mußte dem Patienten nicht mehr alle zwei Tage Flüssigkeit aus der Brust entfernt werden, die sich dort regelmäßig angesammelt hatte. Der Patient genas und konnte wieder ein normales Leben führen. Er erlitt jedoch einen schweren Rückfall, als er aus der Presse erfuhr, daß Krebiozen angeblich wirkungslos sei. Dr. Klopfer versicherte seinem Patienten jedoch, daß er mittlerweile ein viel wirkungsvolleres Krebiozen zur Verfügung habe. Er injizierte ihm dieses neue Krebiozen, das nur aus sterilem Wasser bestand. Die Gesundung des Patienten verlief diesmal noch viel dramatischer. Die Geschwülste schrumpften in kürzester Zeit und die Flüssigkeit in der Brust verschwand. Mehr als zwei Monate blieb der Patient ohne Symptome. Nach einiger Zeit wurde das Medikament in der Presse erneut kritisiert und als ein völlig wertloses Mittel bei der Krebsbehandlung dargestellt. Innerhalb von wenigen Tagen war der Patient tot.
Bei den Nocebo-Effekten können negative Vorstellungen und Erwartungen zu dramatischen körperlichen Störungen und Krankheiten führen. Der bloße Glaube daran kann unter Umständen völlig ausreichen. Bei Verliebten ist das Risiko, an einem Infekt zu erkranken, minimal. Sie stoßen so viele »Glück-hormone« aus, daß ein Infekt keine Chance hat, den Körper zu schwächen. Ganz anders jene, die bereits bei leichtem Durchzug fest davon überzeugt sind, eine Erkältung zu bekommen. In der Regel werden sie auch erkranken. Eine Klientin schilderte mir einmal ihre Fähigkeit, wann immer sie wolle, Herpes zu bekommen. Sie brauche lediglich intensiv daran zu denken - wobei sich ein Ekelgefühl bei ihr einstellte - und wenige Minuten später würde sie die Bläschen an ihren Lippen spüren. Leider war es ihr nie möglich, sie genauso schnell wieder verschwinden zu lassen.
Fälle dramatischer Art sind die »Voodo-Tode«, wo allein der Glaube zu sterben ausreicht, um zu sterben. Hier wird durch einen Voodo-Priester der Betreffende zum Tode verurteilt. Der Glaube an die Macht des Priesters löst bei dem Betreffenden die Überzeugung aus, sterben zu müssen, was dann auch geschieht. Der Körper stellt seine Funktionen ein. Dieses Phänomen ist jedoch nicht nur auf sogenannte primitive Kulturen begrenzt. Es gibt Fälle, wo Patienten vor Operationen derartige Todesängste entwickelten, daß sie während des Eingriffs an ihrer Angst starben.
Nicht weniger sensationell sind die Berichte über Spontanheilungen. Sie geraten zunehmend in das Blickfeld wissenschaftlichen Interesses. Denn hier zeigt sich, daß Patienten, die an in der Regel tödlich verlaufenden Krankheiten litten, derart gewaltige Selbstheilungskräfte in sich mobilisieren konnten, daß sie die Wirksamkeit der Apparate- und Medikamentenmedizin weit übertrafen. So gelang es ihnen allen ärztlichen Prognosen zum Trotz -, die Beschwerden entweder entscheidend zu mildern oder sogar vollkommen gesund zu werden. Inoperable Gehirntumoren, Metastasen, Lungenkrebs, um nur einige Krankheiten zu nennen, bildeten sich bei den Patienten spontan zurück. Diese spektakulären Krankheitsverläufe vollzogen sich nicht nur im Anfangsstadium, sondern auch im fortgeschrittenen Stadium der Krankheit.
Oft ging diesen Spontanheilungen eine drastische Veränderung von Lebensgewohnheiten und Lebenseinstellungen bei den Patienten voraus. Paul C. Roud, ein amerikanischer Psychologe, zeichnet in seinem Buch »Diagnose: Unheilbar, Therapie: Weiterleben« die Lebensgeschichte von elf solcher Menschen nach, die eine ansonsten »unheilbare« Krankheit überlebten. Der gemeinsame »Nenner« bei diesen elf Menschen war, daß sie alle den Kampf gegen die Krankheit aufnahmen, sich nicht passiv in ihr Schicksal ergaben, ihr Leben radikal neu ordneten und letztlich auf sich selbst vertrauten. Roud beschreibt den Fall von Norman Cousins, der sich dadurch von der Bechterewschen Krankheit (einer chronischen Entzündung der Rückenwirbel, die zu einer fortschreitenden Versteifung der Wirbelsäule führt) heilte, indem er - entgegen ärztlichem Rat -seine eigene Therapie entwickelte. Diese bestand neben der Einnahme von hohen Dosen Vitamin C in Lachen. Er sah sich lustige Filme an und ließ sich aus humoristischen Büchern vorlesen. Obwohl die Chancen für eine Heilung 1:500 standen, war seine Gesundung praktisch vollkommen. Doch dieses Mittel der Selbstheilung funktionierte nur bei diesem einen Patienten. Ein anderer, der seine Frau verloren und intensiv ihren Tod betrauert hatte, versuchte, durch die »Lachtherapie« des Norman Cousins seine Trauer zu überwinden. Er scheiterte. Er entwickelte statt dessen ein Magengeschwür, schwere Schlafstörungen und Appetitlosigkeit. Dies zeigt deutlich, daß es auf dem Weg zur Heilung nicht darauf ankommt, den Lösungsweg eines anderen zu kopieren, sondern eigene Lösungen zu entwickeln, die zu dem individuellen Hintergrund einer Person passen.
Für Reimund Cremer sind die »unbewußt« ausgelösten Placebo- und Nocebo-Effekte, die Spontanheilungen und auch die bewußte Einflußnahme auf unterschiedliche Körperfunktionen ein klarer Beleg für die prinzipielle Fähigkeit des Menschen - kraft seines Geistes - Außergewöhnliches zu vollbringen. Aber weder die Patienten, die spontan wieder gesundeten, noch die, bei denen die Placebo- und Nocebo-Effekte auftraten, hatten in irgendeiner Weise eine Kontrolle über ihre bislang nicht in Erscheinung getretenen Fähigkeiten. Weder konnten sie sie bewußt erzeugen noch steuern oder verstärken. Sie waren ihnen ausgeliefert. Zwar hatte dies im Hinblick auf die Heilung von Krankheiten und die Linderung von Beschwerden keine negativen, sondern durchweg positive Konsequenzen. Aber die Macht der Gedanken über den Körper kann auch genausogut zu negativen Konsequenzen führen. Denn was sich für den Patienten Dr. Klopfers auf der einen Seite durch dessen positive Erwartungen als positiv erwies, führte durch dessen negative Erwartungen auf der anderen Seite auch zu einem negativen Resultat. Der Patient starb.
Unsere Gedanken und Gefühle derart umfassend zu lenken, daß sie nur so auf unseren Körper einwirken, wie wir es wollen und für richtig halten, ist für Reimund Cremer keine Phantasterei. Er ist davon überzeugt, daß das nötige geistige Potential in jedem Menschen ruht. Es muß nur geweckt werden. Dies geschieht aus seiner Sicht über die Erweckung der inneren Stimme und über die Verknüpfung beider Selbst. Hier liegt der Schlüssel zur Nutzbarmachung und Steuerung der gewaltigen Energien, die in unserem Körper und in unseren Gedanken liegen.
Dabei ist auch das Prinzip der Erzeugung, Weiterleitung und gezielten Plazierung von Energie in der Menschheitsgeschichte kein unbekanntes Phänomen. Es wird in China seit über 3000 Jahren mit überwältigendem Erfolg praktiziert. Im Qi-Gong, einer chinesischen Heilmethode, die den Menschen als ein energetisches System betrachtet, wird dies ausführlich beschrieben. Ziel ist es hier, über die Aktivierung, Verteilung und Plazierung der Lebensenergie (Qi) Krankheiten zu heilen, die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit zu steigern, den Alterungsprozeß zu verlangsamen und sich spirituell weiterzuentwickeln. Qi-Gong wird noch heute in chinesischen Krankenhäusern neben der europäisch-traditionellen Medizin mit großem Erfolg betrieben.
Im Qi-Gong wird durch regelmäßiges jahrelanges Üben die »Kontrolle« über den inneren Fluß der Lebensenergie erlangt. Um dies zu erreichen, soll über die geistige bzw. mentale Kraft des Menschen die Lebensenergie bewegt werden. Hierbei lenkt der Geist das Qi, welches über Meridiane durch den gesamten Körper fließt. 
Ähnlich ist es mit der »Unsterblichkeitslehre« des Reimund Cremer. Doch gibt es wichtige Unterschiede. Einer liegt in der Existenz und der Erweckung der »inneren Stimme der Seele« und in der daraus folgenden Verknüpfung beider Selbst. Zum anderen ist die Lebensenergie nicht mit der Unsterblichkeitsenergie gleichzusetzen. Die Lebensenergie im Qi-Gong existiert bereits. Sie ist ein Bestandteil des Körpers und des Geistes. Hingegen muß die Unsterblichkeitsenergie durch die Gedanken erschaffen werden und erhält erst dadurch ihre Qualität.
Doch erst im vierten Schritt zur Unsterblichkeit -obgleich er bereits Bestandteil der Verknüpfungsphase zwischen den Selbst ist -vollendet sich der Weg zum ewigen Leben. Die »Befriedung des Geistes«
bezeichnet die Vorbereitung des hohen Selbst auf ein Leben in der Unsterblichkeit. Erst wenn das tiefe Selbst die Überzeugung hat, daß das hohe Selbst die Unsterblichkeit in allen ihren psychischen Auswirkungen ertragen kann, wird es zusammen mit dem hohen Selbst diesen Weg einschlagen. Denn wer ewig leben will, muß mit der Ewigkeit leben können, sagt Reimund Cremer. Dies setzt voraus, daß der Geist des Menschen ein »offener Geist« wird. Um dies zu erreichen, wird die »innere Stimme der Seele« das Ich im Laufe der Zeit mit allen seinen Lebenslügen, seinen Illusionen, seinen verdrängten Wünschen und Ängsten konfrontieren. Diese psychischen »Blockierungen und Ablagerungen der äußeren Seele « - im Gegensatz zur inneren Seele des tiefen Selbst - sind dem Ich in der Regel nicht mehr leicht erinnerbar, so daß sie in »Vergessenheit« geraten. Sie ruhen in den »verschütteten Kammern der äußeren Seele«, die nicht mit dem westlichen Verständnis des Unbewußten gleichgesetzt werden dürfen. Sie sind dem Menschen nur nicht so leicht erinnerbar, obwohl sie das Leben eines Menschen mehr oder weniger stark beeinflussen können. Ein trauriger Mensch muß sich z. B. nicht immer seiner Traurigkeit bewußt sein, um traurig zu sein.
Die Konfrontation mit den »Blockierungen und Ablagerungen der äußeren Seele« und deren »Überwindung« reinigt das Bewußtsein des hohen Selbst von seinen selbstgeschaffenen Abhängigkeiten und psychischen Begrenzungen. Manche davon lösen sich ohne große Bemühungen, andere wiederum kosten Anstrengung und innere Überwindung. Nur so kann die Verfestigung der Blockierungen und Ablagerungen aufgehoben werden. Denn im Hinblick auf die Ewigkeit des physischen Lebens würde ihre Nicht-beachtung langfristig zu einer Potenzierung der Destruktivität und damit zur Unterbrechung oder Störung des gereinigten Stroms der Unsterblichkeitsenergie führen. Doch gibt es hierbei eine Einschränkung, die den Unterschied zu den Zielen ostasiatischer Philosophien deutlich macht. Bei der Erzeugung der Unsterblichkeitsenergie muß der Gedanke daran frei von destruktiven Anteilen sein, doch geht es letztendlich nicht darum, den Geist von allem »Irdischen« zu befreien. Gedanken und Gefühle wie Zorn, Angst, Neid, Traurigkeit oder Einsamkeit dürfen nicht vollständig überwunden werden. Die Fähigkeit, sie zu empfinden, muß unter allen Umständen erhalten bleiben. Denn nur sie halten den menschlichen Geist ständig in Bewegung und in der Bereitschaft zur Veränderung. Dies ist nicht leicht zu verstehen.
Für Reimund Cremer ist die Bewegung das Synonym für die Unsterblichkeit und steht damit für den unendlichen Fluß der kosmischen Urenergie, eine Bewegung ohne Bewußtsein.
Das menschliche Bewußtsein hingegen besitzt die Tendenz zur Stagnation. Zwar macht es bis zu seinem Tod die unterschiedlichsten (Leben)Erfahrungen, doch in den seltensten Fällen verläßt es - und dann nur ansatzweise - die durch Kultur und Erziehung vorgezeichneten Bahnen. Will der Geist jedoch in ständiger Bewegung sein, muß er sich auf andere Bewußtseinsebenen begeben. Die »Befriedung des Geistes« beinhaltet die absolute Öffnung des Geistes. Wer in der Ewigkeit leben will, muß sich ständig für die Vielfältigkeiten der äußeren (der Umwelt) und der inneren (geistigen) Welt öffnen und offenhalten. Dabei muß er ohne Sicherheiten und langfristige geistige Orientierungen auskommen. Nur so kann der Mensch den wechselnden Geschehnissen der äußeren und inneren Welten gerecht werden. Er darf das »Irdische« nie ganz verlieren, das sowohl aus konstruktiven wie destruktiven Anteilen (Zorn, Haß, Wut, Neid) besteht. Nur aus den destruktiven Anteilen seiner Gedanken und Gefühle kann er die Kraft ziehen, um sich seelisch ständig weiterzuentwickeln. Ein Mensch, der das »Irdische« transzendiert und damit überwunden hat, ist für Cremer ein Wesen, das zwar die Erleuchtung gewonnen, aber die Bewegung verloren hat und sich damit von der Erlangung der physischen Unsterblichkeit entfernt.
Die »Befriedung des Geistes« bezieht sich auf die Herstellung einer Balance zwischen beiden Selbst Um diese auszubilden, muß das Ich erkennen, daß der Weg zum ewigen Leben außerhalb der Kontrolle seines Willens liegt und nur in der Ergänzung der Fähigkeiten beider Selbst möglich ist. Das hohe Selbst erzeugt bewußt die Unsterblichkeitsenergie kraft seines Willens und seiner Imaginationsfähigkeit. Das tiefe Selbst hingegen reguliert diese Energie mittels seiner intuitiven Fähigkeiten und bindet sie in natürlicher Weise an den Körper.
Als Reimund Cremer mich aufforderte, meine »innere Stimme« zu erwecken, trafen wir eine Vereinbarung. Gelänge es mir nicht, mein tiefes Selbst zu erwecken, würde er zugeben, daß er sich alles nur ausgedacht hatte. Im Rückblick war es dumm von mir gewesen, diese Bedingung zu stellen. Denn ich hätte gewußt, daß er mir nicht die Wahrheit sagen wurde Aber darum ging es mir damals nicht. Ich wollte aus seinem Mund hören, daß alles reine Phantasie war. Dies hätte mir gereicht, um mich nicht mehr mit dem Gedanken an die Unsterblichkeit auseinandersetzen zu müssen.
Es gelang mir, mein tiefes Selbst zu erwecken. Und Reimund Cremer bat mich, seine Gedanken über die Unsterblichkeit niederzuschreiben. Wir beschlossen, unsere Gespräche über die Unsterblichkeit noch einmal zu führen und sie dabei auf Band aufzuzeichnen. Reimund Cremer hat sich mit der vorliegenden Version einverstanden erklärt.
Allerdings knüpfte ich meine Zusage an die Bedingung, daß die Skepsis erhalten bleibt, die ich zu Beginn unserer ersten Gespräche gehabt hatte und die sich in bezug auf die praktische Erlangung der Unsterblichkeit auch nicht geändert hat. Ich wollte davor warnen, über die Faszination der Unsterblichkeit den eigenen Menschenverstand zu verleugnen. Reimund Cremer gab mir schmunzelnd zu verstehen, daß er nichts anderes von mir erwartet hätte.
So ist der Leser in die Verantwortung genommen, zu prüfen und abzuwägen, worauf er sich einlassen will:
Ob ihm die Offenbarungen neue Horizonte des Denkens eröffnen oder ob er sie mit einem Schulterzucken abtut. Ich wünsche dem Leser, sich nicht von einer Vision, aber auch nicht von seinem Verstand blenden zu lassen.
Für Reimund Cremer ist der Zweifel der Motor der Veränderungen. Sei es nun der Zweifel an der Sterblichkeit des Menschen oder an seiner Unsterblichkeit. Doch allein das Denken an das Mögliche des scheinbar Unmöglichen schafft - so meint er - die Voraussetzungen, daß es zum Wirklichen werden könne.
Zum Abschied nahm er mich in die Arme, drückte mich und sagte augenzwinkernd: »Wer weiß, vielleicht sehen wir uns eines Tages wieder!«
 

II

DIE OFFENBARUNGEN DES REIMUND CREMER


»Nicht die zukünftigen Generationen können die Welt retten. Denn sie sind dazu verdammt, die Fehler der vergangenen und gegenwärtigen Generationen zu wiederholen und dort fortzufahren, wo andere aufgehört haben. Sie würden nichts besser machen, sondern nur auf andere Art schlechter. Die Zukunft des Menschen liegt bei der gegenwärtigen Generation, wenn es ihr gelingt, sich geistig weiterzuentwickeln und ein neues Stadium der Evolution zu erreichen. Das ewige Wechselspiel von Leben und Tod hat sich in der Geschichte der Menschheit als unbrauchbar erwiesen. Die Unsterblichkeit des Körpers ist ein Versuch der Natur, einen veränderten Kreislauf des Lebens zu schaffen: des ewigen Werdens im ständigen Sein!«

(Reimund Cremer)
 
 

Die Idee der Unsterblichkeit


»Sie behaupten, einhundertzweiundneunzig Jahre alt und unsterblich zu sein?«
»Es mag Ihrem gesunden Menschenverstand und Ihrer Lebenserfahrung widersprechen, daß es möglich ist, physisch unsterblich zu sein. Aber für mich ist das, was Sie eine Behauptung nennen, eine Tatsache!«

»Eine Tatsache, für die es schwer sein wird, Beweise zu finden. Es mag uns Menschen nicht gefallen, aber es läßt sich nicht leugnen, daß alle Menschen früher oder später sterben. Ob sie es nun wollen oder nicht! Gegenteilige Behauptungen halte ich eher für unglaubwürdig!«
»Ich kann Ihre Skepsis verstehen. Aber nur, weil Sie etwas für unglaubwürdig halten, bedeutet es noch lange nicht, daß es auch unglaubwürdig ist. Alle Ideen und Veränderungen waren im Laufe der Menschheitsgeschichte zunächst eine Phantasie, eine Imagination des bisher nicht Vorstellbaren. Die Idee der Unsterblichkeit, der physischen Unsterblichkeit, ist sehr alt. Und sie paßt in die heutige Zeit, weil die Möglichkeiten zur Umsetzung noch nie so groß waren wie gegen Ende dieses Jahrtausends. Damit meine ich nicht die technischen, sondern die geistigen Möglichkeiten des Menschen. Der Mensch verfügt prinzipiell über die Fähigkeit, den Tod in sich zu überwinden und ewig leben zu können. Diese Fähigkeit muß ihm bewußtgemacht werden, damit er den Weg der Unsterblichkeit gehen kann.
Sie müssen mir nicht glauben, daß ich unsterblich bin. Sie dürfen es auch nicht! Alles andere würde ich meinerseits für unglaubwürdig halten. Denn es entspricht eben nicht dem natürlichen Menschenverstand. Es entspräche vielmehr einer beim Menschen bis zum Äußersten getriebenen Todesangst, die ihn nach jedem Strohhalm würde greifen lassen!«

»Keine Sorge, ich werde Ihnen auch nicht glauben. Einen Beweis, daß Sie hundertzweiundneunzig Jahre alt sind, obwohl ich Sie auf nicht älter als vierzig Jahre schätzen würde, können Sie nicht liefern - oder?«
»Nein! Ich kann es Ihnen nicht beweisen, nicht in einem wissenschaftlichen, sogenannten objektiven Sinne. Der Reiz unserer Gespräche wird darin liegen, daß Sie nie wissen, ob ich die Wahrheit spreche oder nicht. Es steht Ihnen somit frei, ob Sie das Folgende als eine amüsante, möglicherweise recht interessante Geschichte abtun und als einen ausgemachten Schwindel betrachten wollen. Es würde Ihnen viel Nachdenken ersparen. Wenn Sie es jedoch für möglich halten, daß der Mensch in der Lage sein kann, kraft seines Geistes derart auf seine Körperfunktionen einzuwirken, daß er nicht mehr altert und nicht stirbt - dann wird Ihr Leben nie mehr so sein können, wie es vor diesen Gesprächen war.
Einen Vorteil oder einen Nachteil - es kommt ganz darauf an, wie Sie es sehen wollen - haben Sie bereits vor den Lesern. Immerhin halten Sie mich nicht mehr für verrückt, dank Ihrer Kenntnisse auf dem Gebiet angeblicher Verrücktheit. Ihre Leser müssen diesen Eindruck erst einmal gewinnen. Sie haben Ihnen also einiges voraus. Sie stellen schon die Wahrheitsfrage oder die Frage nach der Möglichkeit, auch wenn Sie es für unglaubwürdig halten.
Ich kann niemandem beweisen, daß ich physisch unsterblich bin und seit hundertzweiundneunzig Jahren lebe. Das ist richtig. Dieses Geheimnis kann ich nicht lüften. Es liegt auch nicht in meiner Absicht. Lassen Sie uns über die Unsterblichkeit reden - so vorurteilslos wie es Ihnen möglich sein kann. Lassen Sie uns einen Weg beschreiten, bei dem es nicht darum geht, etwas zu behaupten, das mit aller Gewalt von Ihnen ad absurdum geführt werden muß, weil Sie den Gedanken an eine physische Unsterblichkeit nicht ertragen können oder weil Sie einfach nicht daran glauben. Hören Sie zu, zweifeln Sie meinetwegen! Ja, ich fordere Sie gerade auf zu zweifeln. Zweifeln ist etwas sehr Positives und Nützliches. Es ist die andere - produktive - Seite des Glaubens. Denn ein Glaube ohne Zweifel ist ein toter Glaube; er hätte seinen Zweck verfehlt. Nur der Zweifel hält uns in ständiger geistiger Bewegung. Er löst Veränderungen aus und bewirkt damit die Weiterentwicklung der Seele. Damit ist der Zweifel dem Prinzip des Lebendigen näher als das Beharren auf Dogmen und Ideologien. Also zweifeln Sie! Doch ich bitte Sie, meinen Lebenserfahrungen Raum zu geben. Sie sind keine Phantastereien, auch wenn sie auf der kreativen Macht der Phantasie beruhen.«
»Ich bin einverstanden. Aber ich kann Ihnen nicht versprechen, daß mir dies die ganze Zeit möglich sein wird. Ich werde mich bemühen, so sachlich wie möglich zu sein.«
»Das kann ich akzeptieren! Fangen wir an!«

»Wann und wo sind geboren ?«
»Ich bin am 17. Juli 1799 geboren und verzeihen Sie mir, wenn ich den Ort meiner Geburt nicht nenne. Ich habe kein Interesse daran, mehr von meiner Person preiszugeben, als unbedingt nötig ist!«

» Weshalb? Was befürchten Sie?«
»Lassen Sie es mich so ausdrücken: Es liegt mir nichts daran, im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses zu stehen. Ich möchte nicht Fragen über Fragen beantworten, die schließlich ein Niveau erreichen würden, auf dem ich Fragen über meine Lieblingsfarbe oder Deodorantmarke gestellt bekäme. Ich ziehe es vor, in der Anonymität zu leben. Unbeachtet von den Menschen. Deshalb werde ich alles vermeiden, was meiner Identifizierung dienlich sein könnte. Ich hoffe, Sie haben dafür Verständnis!«

»Ist das nicht paranoid?«
»Sie können es so sehen, wenn Sie wollen. Ich habe nichts dagegen. Doch ziehe ich es vor, Paranoia, wie Sie es nennen, als Vorsicht zu begreifen. In diesem Zeitalter der Medien, wo alles an das Licht der Öffentlichkeit gezerrt wird, was sowohl bedeutungsvoll wie auch bedeutungslos ist, hat das Private keinen Stellenwert mehr. Es gibt kaum noch Räume für Geheimnisse, für Ruhe, Zeit für Besinnlichkeit. Genau das ist es, was ich liebe. Ich hoffe, Sie verstehen, daß ich mir diese Annehmlichkeiten nicht nehmen lassen möchte. Ich glaube, daß dies erst die Lebensqualität eines Menschen und auch die Qualität eines Zeitalters ausmacht! «

» Trauern Sie den alten Zeiten nach, die Sie erlebt haben?«
»In gewissem Sinne ja. Damals gab es noch viele Geheimnisse. Die Menschen lebten recht gut damit. Sie um jeden Preis lüften zu wollen, erwies sich nicht als unbedingt notwendig. Diese Unart trat erst mit einer recht aufdringlichen Variante der menschlichen Spezies auf: mit der Geburt des Wissenschaftlers, der die Welt seziert, als wäre sie ein Leichnam. Erst die Wissenschaftler wollten Geheimnisse nicht mehr akzeptieren und den Dingen auf den sogenannten Grund oder vielleicht nur auf den Leim gehen. Das einzige, was sie erreichten, war, daß sie den Menschen seiner wertvollsten Fähigkeiten beraubten: seiner Phantasie und seiner Kreativität. Verstehen Sie mich bitte nicht falsch. Ich sehe mich nicht als einen Maschinenstürmer. Das technische Verständnis des Menschen ist enorm. Aber seine geistigen Fähigkeiten haben sich nicht im gleichen Zuge entwickelt. Sie liegen brach. Der Mensch begnügt sich statt dessen mit den unendlichen Variationen des bereits Gedachten. Für das Neue, das Überraschende  ist er nicht wirklich offen und auch nicht für das sogenannte Unglaubwürdige.
Aber um Ihre Frage zu beantworten: Jedes Zeitalter hat seinen Reiz, wenn er auch nicht immer positiv ist. Ich trauere dem 19. Jahrhundert und den Anfängen des 20. Jahrhunderts nicht nach. Doch ich vermisse bisweilen die Menschen, die in diesen Zeiten gelebt haben: ihre unbekümmerte Naivität dem Leben gegenüber, ihre Vitalität, ihre Träume, ihre Glaubensinhalte und Ideologien, so ausgefallen sie oft auch waren. Sie gaben ihnen zumindest einen inneren Halt und ihrem Handeln jene Verbindlichkeit, die ich bei den Menschen des ausgehenden 20. Jahrhunderts so schmerzlich vermisse. Aber wir sind nicht hier, um über die Vergangenheit zu sprechen!«

»Gut! Kehren wir zur Gegenwart zurück. Erklären Sie mir doch bitte, warum Sie das, was Sie den Weg der Unsterblichkeit nennen, einem breiten Publikum nahebringen wollen! Was für Motive haben Sie? Was bezwecken Sie?«
»Mein Motiv ist simpel. Es ist pure Neugier! Kein Sendungsbewußtsein, keine Selbstlosigkeit. Nur Neugier und zugegebenermaßen ein wenig Hoffnung, daß sich der menschliche Geist aus seiner Abgestumpftheit und Trägheit erhebt und weiterentwickelt. Und dies ohne die Künstlichkeit von Technik und Wissenschaft.
Die Zeit, in der wir leben, ist reif für geistige Veränderungen. Sie vibriert geradezu vor Lust, diese Veränderungen in Angriff zu nehmen. Aber noch zögert der Mensch. Er sehnt sich nach der Geborgenheit absoluter Gewißheiten zurück. Doch dieser Weg ist ihm versperrt. Wenn er jemals wieder begehbar sein sollte, dann nur über Terror und Tod, indem alles Individuelle und Andersartige gnadenlos vernichtet wird. Der Mensch steht an der Schwelle zu einem neuen Zeitalter. Jetzt, wo er alles verloren hat, den Glauben an die Religion, an die Wissenschaft, an die Politik und an die Familie, bleibt nur noch ein einziger Glaube, an den es sich zu glauben lohnt: der Glaube an sich selbst. Und dieser Glaube ist nötig, um das gewaltige geistige Potential, das im Menschen ruht, zu nutzen und damit Krankheit, Altern und Tod zu besiegen!«

»Und wie soll das Ihrer Meinung nach funktionieren?«
»Die wahre Welt des Menschen offenbart sich in seinem Innern. Nicht so sehr in seinen Beziehungen zur Welt und zu anderen Menschen, so wichtig und unverzichtbar diese auch sind. Vielmehr muß der Mensch lernen, seine inneren Welten zu entdecken und zu erforschen. Denn in diesem Bereich existieren Möglichkeiten, die jenseits des logisch Faßbaren liegen, die aber nicht weniger real sind als unsere Hände und Füße. Im Innern eines jeden Menschen ruhen verborgen Energien, die ihn dazu befähigen, Außergewöhnliches zu vollbringen!

» Die Unsterblichkeit?«
»Die Unsterblichkeit des Körpers, ja! Menschen sind nicht so schwach, wie sie oft erscheinen. Ihre größten Leistungen vollbringen sie in der Not. Wenn alles aussichtslos zu sein scheint, mobilisieren sie Kräfte, von denen niemand - am wenigsten die Betroffenen selbst - glaubte, daß sie sie haben. Sie zeigen sich in den Augenblicken größter Verzweiflung, der schlimmsten Demütigungen, der hoffnungslosesten Situationen und angesichts tödlich verlaufender Krankheiten. Diese innere Erzeugung von ungeahnten Energien befähigt sie, um ihr Leben zu kämpfen, ausweglose Situationen zu meistern, den Tod zu besiegen, wenn er durch Krankheit den Körper und die Seele zu zerstören droht. Die Erzeugung dieser Energien muß jedoch nicht auf diese eher seltenen Augen-blicke des Lebens beschränkt bleiben. Diese Energien ruhen unabhängig davon in uns und warten darauf, daß wir den Weg zu ihnen finden, um sie für unser Leben zu nutzen und Krankheit, Altern und Tod endgültig zu überwinden. Das einzig lohnenswerte Ziel im Leben eines Menschen ist das Leben selbst: das ewige Leben!«

» Und wie erlangt man nun die sogenannte Unsterblichkeit?«
»Indem es Ihnen gelingt, solche Energien in sich zu erzeugen, welche den Alterungsprozeß stoppen und die allgegenwärtige Präsenz des Todes aufheben können. Dies vollzieht sich in einem jahrelang währenden geistigen und körperlichen Transformationsprozeß. Doch bevor überhaupt an die Erzeugung der Unsterblichkeitsenergie gedacht werden kann, muß zuerst die >innere Stimme der Seele< oder das tiefe
Selbst - wie ich es auch nenne - in uns erweckt werden!«

»Ah ja! Wer oder was ist denn diese >innere Stimme der Seele< oder das tiefe Selbst?«
 
 

Das hohe und das tiefe Selbst


»Kennen Sie die Erzählung aus Platons >Symposion<, in der er berichtet, daß der Mensch ursprünglich aus einer Kugelform bestand, bevor er in zwei Hälften getrennt wurde, in eine männliche und in eine weibliche? «

»Nein!«
»Ähnlich ist es mit dem tiefen und dem hohen Selbst. Seit seiner Geburt besteht der Mensch aus zwei voneinander unabhängig existierenden Bewußtseinen, die in einem Körper leben. Das eine Bewußtsein ist das Ich oder das hohe Selbst. Es besteht aus dem, was wir die unverkennbare Persönlichkeit eines Menschen nennen: Seinen individuellen Verstand, seine nicht weniger individuellen Gefühle und die daraus sich ergebenden Eigenheiten, Gewohnheiten, Prägungen.
Das andere Bewußtsein in unserem Körper ist die >innere Stimme der Seele< oder das tiefe Selbst. Es ist mit dem Ich nicht identisch. Es ist auch kein Teil des Ich in dem Sinne, daß es sein sogenanntes Unbewußtes verkörpert. Es denkt weder rational noch
emotional. Es ist ein intuitives, ganzheitliches Bewußtsein. Es hat einen eigenen Willen, eigene Gedanken, eigene Ziele. Es kennt keine Eitelkeiten, keine destruktiven Gefühle, keine Überheblichkeiten und Begierden, keine Geltungssucht und damit keine egoistischen Bestrebungen. Die innere Stimme ruht harmonisch in sich. Sie ist selbstgenügsam und selbst-vergessen. Ostasiatische Philosophien würden dies vielleicht als das >wahre Selbst<, die >Buddha-Natur<, die >Selbstnatur< bezeichnen. Doch die >innere Stimme der Seele< ist viel mehr als das: Sie hat Bewußt-sein!«

»Ihrer Meinung nach sind wir also nicht allein in unseren Körpern?«
»Wir sind es nie gewesen. Beide Selbst sind an den gleichen Körper gebunden und durch ihn miteinander verbunden. Sie existieren auf zwei unterschiedlichen Bewußtseinsebenen innerhalb eines Körpers. Auf einer äußeren (höheren) und einer inneren (tieferen) Ebene. Sie sind wie Geschwister. Benötigt das hohe Selbst die Zeit zur Entwicklung seiner selbst, indem es lernt und dabei Erfahrungen über das Leben sammelt, existiert das tiefe Selbst außerhalb der Zeit, obwohl es Teil des in der Zeit verhafteten Körpers ist. Es beobachtet das hohe Selbst bei seiner körperlichen und geistigen Entwicklung. Es nimmt Anteil, ohne Teil davon zu sein. Es kennt jeden Gedanken und jedes Gefühl, das das Ich je erschuf, gegenwärtig hat und unter bestimmten gleichbleibenden Bedingungen auch in Zukunft haben wird. Nichts bleibt der inneren Stimme verborgen. Dabei verliert sie nie ihre Liebe zum hohen Selbst und hält - auch wenn sie in vielen Dingen anderer Ansicht als das Ich sein mag - treu zu ihm bis in den Tod!

» Und das Ich, das hohe Selbst, wie Sie es nennen, bemerkt dieses zweite Ich in uns nicht?«
»Menschen wachsen seit Jahrtausenden in dem Bewußtsein auf, daß sie eine unteilbare Einheit sind, daß sie aus einem Guß bestehen. Und da sie im Laufe ihres Lebens nichts anderes erfahren, bestätigen sie sich natürlich immerfort, daß es nicht anders sein kann. Damit Sie verstehen, warum das Ich im allgemeinen nichts von der Existenz eines zweiten Bewußtseins (in seinem Körper) spürt, müssen Sie begreifen, daß die >innere Stimme< der Seele nicht in den Kategorien des hohen Selbst denkt. Sie ist selbstgenügsam. Sie ruht in sich und hat kein Interesse daran, das Ich auf ihre Existenz aufmerksam zu machen. Die Welt außerhalb des Innern hat für das tiefe Selbst keine Bedeutung. Sie mag existieren. Sie mag den Körper und das Bewußtsein des Ich schädigen, aber diese Welt berührt es nicht. Dem Tod steht es gleichmütig und gleichgültig gegenüber. Aus diesem Grund hat die >innere Stimme der Seele< keine Veranlassung, sich zu entäußern, sich dem Ich und der äußeren Welt mitzuteilen oder sich in ihr mit dem Ich zu bewegen. Deshalb strebt sie auch nicht danach, die Funktionen des Körpers kontrollieren zu wollen. Doch das Schicksal und die seelische Entwicklung des Ich ist der >inneren Stimme< wiederum nicht vollkommen gleichgültig. Sie fühlt sich dem Ich >geschwisterlich< verbunden. Und als ein >Teil< dieses Ich bietet sie dem Ich auf indirekte Weise ihre Hilfe und Unterstützung an!«

»Wie ist das zu verstehen?«
»Die >innere Stimme der Seele< vermittelt dem hohen Selbst Einsichten, die jenseits von Rationalität und Emotionalität liegen. Sie äußert sich über Ahnungen und Intuitionen, die sie dem Ich zukommen läßt, ohne das dieses an der Einheit seiner Person zweifeln muß. Das tiefe Selbst will das hohe Selbst durch seine Existenz nicht erschrecken. Diese Intuitionen sind Erfahrungen des Unmittelbaren, wo sich das unendliche Ganze für einen Moment zu einem Punkt verdichtet und uns sehen läßt, was wir mit unserem Verstand und unserem Gefühl sonst niemals sehen würden. Menschen, die, ohne es zu wissen, eine tiefe Bindung zu ihrer inneren Stimme haben, vollbringen mit ihr und durch sie Meisterwerke des Denkens, des Fühlens und des Handelns. Solche Menschen ruhen so sehr in sich, daß sich die Fähigkeiten beider Selbst verbinden und ergänzen. Sie schaffen Kunstwerke von überragender Schönheit und Eleganz, die eine Ahnung von dem vermitteln, was überhalb und außerhalb des gewöhnlichen Menschseins liegt. Sie vollziehen Handlungen und zelebrieren Ideen, die nur in der vollendeten Harmonie von Geist und Körper vollbracht werden können. Doch nie ist es das hohe Selbst allein, das dies alles bewirkt. Immer ist auch das tiefe Selbst in uns daran beteiligt!«
»Sie wollen doch nicht ernstlich behaupten, daß intuitive Erkenntnisse und intuitive Handlungen - von denen ich durchaus glaube, daß sie eine wertvolle Bereicherung des Denkens darstellen - ein Zeichen für die Existenz eines sogenannten zweiten Ich in uns sind. Meiner Meinung nach beschränken Sie damit nur die Fähigkeit des Ich, welches durchaus dazu in der Lage ist, intuitiv zu sein. Dafür benötigt es kein unabhängiges bewußtseinsträchtiges tiefes Selbst!«
»Ich habe eine andere Erfahrung gemacht!«

»Schön. Damit steht also Erfahrung gegen Erfahrung. Nur Sie stehen mit Ihrer allein da, finden Sie nicht?«
»Jeder Mensch steht im Laufe seines Lebens einmal mit seinen Erfahrungen allein da. Sie werden mir in diesem Punkt sicherlich nicht widersprechen!«

»Der Gedanke, daß da noch etwas in uns sein könnte, was Sie als zweites Bewußtsein bezeichnen, macht mir angst. Und ich frage mich, inwieweit die Annahme und das Erleben eines solchen zweiten Bewußtseins nicht eher ein Zeichen für den Ausbruch oder das Anhalten einer psychischen Störung ist!«
»Es ist ein Manko der Geschichte, daß alles, was nicht in den Bereich des sogenannten Normalen und des sofort Erklärbaren fällt, krank oder auch böse sein muß. Ich bin der Meinung, daß es eher darum gehen sollte, auch Erfahrungen mit dem zu machen, was dem normalen Alltagsgeist widerspricht. Wir sollten dies nicht einfach ignorieren oder blindwütig bekämpfen!«
»Es gibt eine psychische Krankheit, die sich multiple Persönlichkeitsstörung nennt. Es ist eine Störung, deren Wurzeln in der Kindheit liegen und die durch gewaltige traumatische Ereignisse - wie z. B. sexuellen Mißbrauch oder Mißbrauch allgemein - ausgelöst werden soll. Von der kindlichen Person spalten sich Persönlichkeitsanteile ab, die ein eigenes Bewußtsein entwickeln und andere Charaktereigenschaften haben als die bis dahin einheitliche Person, um mit dem Trauma psychisch fertigzuwerden. Viele unterschiedliche Persönlichkeiten können dabei entstehen, die oft um die Vorherrschaft im Körper kämpfen. Oft wissen diese Persönlichkeiten nichts voneinander. Sie haben andere Namen, bewegen sich anders, haben sogar andere körperliche Beschwerden oder Krankheiten, ein anderes FEG, andere Handschriften, andere Stimmen als die jeweilige Vorperson oder Nachperson. Manchmal sind sie sich feindlich gesinnt. Sie teilen jedoch den gleichen Körper. Sehen Sie da eine Verbindung zu Ihrem tiefen Selbst?«
»Nein! Im Grunde haben Sie die Antwort schon selbst gegeben. Sie beschreiben diese multiplen Persönlichkeiten als solche, die den Körper >übernehmen< wollen und deren Entstehung traumatische Ursachen hat. Es bilden sich verschiedene hohe Selbst -mit jeweils eigenen egoistischen Bestrebungen, Wünschen, Hoffnungen und Ängsten -, bei denen letztlich keiner genau zu wissen scheint, wer das >wahre< hohe Selbst verkörpert. Und alle diese Selbst wollen beachtet werden und spielen sich mehr oder weniger in den Vordergrund.
Das tiefe Selbst hingegen rebelliert nie gegen die Entscheidungen des Ich. Es ist vielmehr ein stiller und aufmerksamer Freund, der dem hohen Selbst immer treu ist und diesem bei allem beisteht, was es bedrückt. Kein hohes Selbst wird dazu gezwungen, >seinen< Intuitionen zu folgen. Es hat immer die Entscheidungsfreiheit, sie abzulehnen. Mir ist dies selbst sehr oft passiert. Manchmal führte das Ignorieren der Intuitionen zu keinen nennenswerten Folgen. Aber oft bereute ich im Nachhinein, nicht auf sie gehört zu haben.
Was Sie mit der psychischen Störung schildern, bezieht sich nicht auf die Existenz des tiefen Selbst. Versuchen Sie, das hohe und das tiefe Selbst als zwei Seiten einer Medaille zu betrachten. Sie sind zwei und doch wiederum eins. Beide Selbst stehen nicht im Kampf um die Vorherrschaft innerhalb des Körpers. Selbst wenn das Ich gelernt hat, eine bewußte Verbindung mit der inneren Stimme herzustellen, und sich daraus eine tiefe Bindung zwischen beiden Selbst entwickelt, wird es niemals zu Übergriffen kommen, wie Sie sie gerade für die multiple Persönlichkeitsstörung geschildert haben. Das tiefe Selbst zieht sich augenblicklich in das Innere zurück, sobald das hohe Selbst dies signalisiert. Es tritt nur dann mit dem Ich in einen inneren Dialog, wenn dieses es ausdrücklich wünscht. Je intensiver jedoch die Bindung zur inneren Stimme wird, um so eher wird sie sich von selbst in Erinnerung rufen; so, wie ein Freund nicht ständig darauf wartet, daß er nur vom anderen angesprochen wird. Und haben sich beide Selbst erst einmal für den Weg der Unsterblichkeit entschieden, entsteht eine noch engere Bindung und ein intensiverer geistiger Austausch. Aber auch hier kann das hohe Selbst jederzeit den Kontakt zum tiefen Selbst zeitweise oder für immer aufheben.
Obwohl die multiple Persönlichkeitsstörung eine psychische Krankheit ist und bei den Betroffenen sehr viel Leid auslöst, zeigt sie auch die Vielfältigkeit und die Macht des menschlichen Geistes, die in ihr ruht. Sie deutet daraufhin, welche Kräfte in uns sind, wenn es schon in dieser Krankheit möglich ist, in einem Körper mehrere unterschiedliche Personen zu erzeugen, die verschiedene Gehirnströme haben und mit jedem Bewußtsein andere körperliche Krankheiten aufweisen können!«

»Im Rahmen von akustischen Halluzinationen als Ausdruck eines psychotischen - geisteskranken - Erlebens können wir Stimmen hören, die uns befehlen, bestimmte Dinge auszuführen. Sie können dann beispielsweise aus unserem Kopf oder aus Steckdosen kommen. Auch als Zwangsneurose können uns Stimmen befehlen oder auffordern, Gedanken auszuführen oder bestimmte Handlungen ständig zu wiederholen. Diese Stimmen können lästig sein und nicht abgeschaltet werden. Und dann gibt es ja noch diese mehr oder weniger harmlosen Stimmen in uns, wie die Stimme der Mutter, die uns ermahnt, etwas zu tun oder zu lassen, oder eine freundliche Stimme, die uns tröstet und Mut zuspricht Wie verhält es sich hier im Gegensatz zum tiefen Selbst?«
»Auch hier kann ich nur mit den gleichen Argumenten antworten. Das, was Sie gerade aufgezählt haben, trifft genausowenig wie die multiple Persönlichkeitsstörung auf das tiefe Selbst zu. Die >innere Stimme der Seele< fügt dem Ich kein Leid zu.
Und was die von Ihnen angesprochenen >harmlosen< Stimmen betrifft, so sind sie dort, wo sie Leid auslösen oder als lästig empfunden werden, ebenfalls nicht Ausdruck des tiefen Selbst. Wo sie als freundlich und gut beschrieben werden, können sie durchaus einer indirekten Äußerung des tiefen Selbst entsprechen. Es kann sich aber auch um besonders geschickt getarnte Selbstgespräche handeln!«

»Sie sprechen es an. Kann es denn nicht möglich sein, daß das tiefe Selbst eben nichts anderes ist als ein Selbstgespräch, geschaffen, um der Langeweile des Alltags zu entgehen, das sich mit der Zeit so perfektioniert hat, daß man schon selbst daran glaubt, mit etwas anderem in sich zu sprechen als mit sich selbst?«
»Ja! Das kann durchaus möglich sein. Der menschliche Geist ist sehr kreativ, wenn es darum geht, Langeweile zu vertreiben. Wenn es Ihnen gelingt, eine Verbindung zum tiefen Selbst herzustellen, dann ist es eine der schwierigsten Aufgaben des hohen Selbst, seine Selbstgespräche von den Gesprächen mit der >inneren Stimme< der Seele unterscheiden zu können. In einem Selbstgespräch spricht das hohe Selbst mit dem hohen Selbst. Es teilt sich nichts mit, was es nicht schon vorher wußte. Ein Selbstgespräch  vollzieht sich bewußt. Es wird vom Ich vollständig kontrolliert. Das Ich kontrolliert den Inhalt, bestimmt das Gesprächstempo und ob die Stimme traurig, selbstbewußt, laut oder leise klingen soll.
Die >innere Stimme der Seele< hingegen spricht mit einer gleichbleibenden Ruhe und Sanftheit, mit einer Klarheit und Überzeugung, mit einer Liebe, Bedächtigkeit und Zärtlichkeit zu uns, die durch den Willen des hohen Selbst nicht beeinflußt werden kann. Ist dies dennoch möglich, so ist es nichts anderes als ein Selbstgespräch gewesen.
Die innere Stimme äußert sich über und mit der Stimme des hohen Selbst. Es gehört viel Zeit und Geduld dazu, die Unterschiede wahrzunehmen und Anhaltspunkte zu entwickeln, wann das Ich mit sich selbst und wann es mit dem tiefen Selbst spricht. Es wird dem Ich dort erleichtert, wo die innere Stimme bewußt Zusammenhänge und Dinge mitteilt, die Sie entweder nicht gewußt, nicht wahrhaben wollten oder einfach nicht bedacht haben. Das tiefe Selbst widerspricht offen dem hohen Selbst, wenn es anderer Meinung ist!«

»Sie sprechen von dieser inneren Stimme, als könnten Sie mit ihr reden, so wie wir beide jetzt miteinander reden?«
»Ja! Ich kann auf diese Weise mit meiner inneren Stimme reden. Das ist faszinierend und für Sie sicher äußerst unglaubwürdig. Dieses Gefühl der Faszination habe ich bis heute nicht verloren. Als mein tiefes Selbst zum erstenmal zu mir und durch mich sprach,
war ich erschrocken, wie dies wohl jeder Mensch sein würde. Ich wollte mir einreden, daß dies doch nur wieder mein hohes Selbst war, das da mit mir sprach. Doch in diesem Fall konnte ich es mir nicht einreden. Es war eine andere Erfahrung als die, ein Selbstgespräch zu führen. Diese tiefe und klare Empfindung gab mir die Gewißheit, daß ich nicht zu mir selbst gesprochen hatte!«

» Was hat das tiefe Selbst gesagt?«
»Es wird für Sie banal klingen. Und im Grunde genommen war es das auch. Aber es ist ein Unterschied, ob ich Ihnen davon erzähle oder es am eigenen Leib erfahre. Ich hatte eine tiefschürfende, wichtige Äußerung erwartet und auch erhofft. Doch das einzige, was die innere Stimme äußerte, war, daß sie mich auf ihre liebevolle und gütige Art fragte, was ich denn von ihr wolle.
Ich war so überrascht, daß ich nicht antworten konnte . Erst beim dritten oder vierten Mal gelang es mir, eine halbwegs intelligente Erwiderung zu formulieren. Mit der Zeit lernte ich, mit meiner inneren Stimme zu sprechen. Es war anfangs sehr schwierig. Immer wieder verwechselte ich Selbstgespräche mit inneren Dialogen. Es dauerte Monate, bis es mir gelang, sie deutlich voneinander zu unterscheiden. Die Sprache war nicht die einzige Möglichkeit, mit meinem tiefen Selbst zu kommunizieren. Ich konnte mich auch über Bilder, die in meinem Kopf plötzlich auftauchten, mit ihr verständigen oder über ein angenehmes, feines Rieseln, das durch meinen Körper zog und mir ein Gefühl von Energie, Trost oder Bestätigung vermittelte.
Dabei ist das tiefe Selbst kein gewöhnlicher Gesprächspartner. Nie würde es mit mir nur um des Redens willen sprechen oder um mir die Langeweile zu vertreiben. Seine Fragen, seine Antworten, seine Reaktionen sind sehr kurz. Es übermittelt komplexe Botschaften in Sekundenbruchteilen. Wofür zwei Menschen, die miteinander reden, vielleicht Stunden oder mehr benötigen würden, vollzieht sich im inneren Dialog mit dem tiefen Selbst oft über einen einzigen Impuls. Dieser Impuls, der Ihnen eine intuitive und umfassende Einsicht offenbart, ist beredter und zutreffender als tausend Worte.
Das heißt nicht, daß die innere Stimme sich nicht ausführlich mit Ihnen zu unterhalten vermag. Gerade am Anfang der Beziehung zwischen beiden Selbst haben die inneren Dialoge schon eine gewisse Länge. Doch auch hier antwortet das tiefe Selbst häufig sehr knapp.
Aber seine Schweigsamkeit ist kein Zeichen für Gleichgültigkeit, welche die innere Stimme dem Ich gegenüber empfindet. Sie ist immer für Sie da, doch niemals zu den egoistischen Bedingungen des hohen Selbst.
Insbesondere zu Beginn der Verbindung beider Selbst geschah es oft, daß ich die Bedeutung dessen, was die innere Stimme mir mitteilte, nicht verstand. So wie die Seiten eines Instruments aufeinander abgestimmt sein müssen, damit sie harmonisch klingen, muß auch die Verständigung beider Selbst aufeinander abgestimmt werden. Dies ist ein Prozeß, der Jahre dauern kann. Nicht selten kam es in dieser Zeit zu Mißverständnissen. Sie haben mich oft fragen lassen, ob ich mir die Existenz einer inneren Stimme nicht doch nur einbilde, weil mir die Reaktionen der inneren Stimme häufig so abwegig und wenig sinnvoll erschienen!«

»Können Sie ein Beispiel nennen?«
»Gern! Ich war zu einem Ball geladen. Die Bindung zu meinem tiefen Selbst bestand noch nicht sehr lange. Sie währte gerade zwei Jahre. Auf diesem Ball sollte ich der Tochter einer Gräfin vorgestellt werden. Die Gräfin kannte ich, und als ich einer jungen Dame gewahr wurde, die sehr viel Ähnlichkeit mit der Gräfin hatte, war ich davon überzeugt, daß diese deren Tochter war.
Ich begann schon zu phantasieren, was für ein Mensch sie wohl sei, ob sie den Charme ihrer Mutter habe - und noch einiges mehr. Meine innere Stimme gab mir zu verstehen, abzuwarten. Ich war überrascht. Eine derartige Reaktion hatte ich nicht erwartet. Für mich stand eindeutig fest, daß es die Tochter der Gräfin war. Ich wollte wissen, warum meine innere Stimme anderer Ansicht war. Sie gab mir nur lapidar zu verstehen, daß die junge Dame nicht die Tochter der Gräfin sei.
In diesem Augenblick zweifelte ich, ob ich mir die Existenz der inneren Stimme nicht doch nur eingebildet hatte. Schließlich wurde ich zu der Gräfin geführt. Neben ihr stand eine junge Dame, die mir als ihre Tochter vorgestellt wurde. Sie war nicht die Frau, die ich zunächst für die Tochter gehalten hatte. Doch beide Frauen hatten eine verblüffende Ähnlichkeit. - Ich war sehr beschämt, daß ich an meinem tiefen Selbst gezweifelt und so wenig Vertrauen in es gesetzt hatte. Anstatt auf die Intuition meiner inneren Stimme zu hören, war ich meinem Verstand, meinem Gefühl, kurz meiner Voreiligkeit gefolgt!«

» Warum hat es Ihnen nicht vorher erklärt, daß Sie sich in Ihrer Einschätzung geirrt haben?«
»Das ist verzwickt! Die >innere Stimme der Seele< nutzt ab und zu solche Gelegenheiten, damit das Ich den Grad seiner Bindung an sie überprüft. Oft fühlt sich das hohe Selbst der Bindung zu sicher. Es kam in meinem Leben häufig vor, daß ich glaubte, bereits ein unerschütterliches Vertrauen zu meinem tiefen Selbst zu haben. Oft wurde ich eines Besseren belehrt, so schmerzhaft dies für mich auch war. Die geistigen Schritte, die ich auf dem Weg zur Unsterblichkeit vollzogen geglaubt hatte, mußten erneut von mir gegangen werden. Als ich die Unsterblichkeit noch nicht erlangt hatte, wollte ich natürlich wissen, was mir auf diesem Weg alles widerfahren würde. Meine innere Stimme teilte mir nur mit, daß ich Anforderungen zu erfüllen habe. Diese Antwort stellte mich natürlich nicht zufrieden. Ich wollte erfahren, was mir begegnen würde. Meine innere Stimme schwieg. Einmal gab sie mir eine Antwort, deren Sinn ich nicht verstand. Ich grübelte tagelang darüber nach, bis ich schließlich aufgab. In diesen Tagen des Nachdenkens wurde mir jedoch schmerzlich bewußt, daß ich, anstatt meinem tiefen Selbst zu vertrauen, die Kontrolle über die Entwicklung der Unsterblichkeit hatte gewinnen wollen.
Mehrere Monate später eröffnete sich mir der Sinn der Antwort, die mir meine innere Stimme gegeben hatte. Doch ich vermochte ihn nur zu verstehen, weil mein Geist offener geworden war. Mir wurde klar, daß ich die Antwort vor Monaten einfach nicht hatte verstehen können, weil sich das entsprechende Verständnis für die Antwort noch nicht entwickelt hatte. Ich schämte mich und nahm mir vor, mein tiefes Selbst nie wieder zu bedrängen. Und eine Zeitlang war mir dies sogar möglich!«

» Wie wird der Kontakt zum riefen Selbst hergestellt?«
»Das tiefe Selbst ist die Stille in uns, und das hohe Selbst muß bereit sein, sich in diese Stille hineinzubegeben. Nur so kann eine Verbindung zur inneren Stimme hergestellt werden. Das Ich muß lernen, das >Zentrum der Stille< in sich zu finden. Den meisten Menschen fällt es in der heutigen Zeit sehr schwer, die äußere Stille zu ertragen. Sie brauchen den Lärm und die Hektik des Alltags, um sich zu vergewissern, daß sie noch am Leben sind. Sie ziehen sich auf diese Weise vor sich selbst zurück und vermeiden den Kontakt mit ihren uneingestandenen oder vergessenen Gefühlen. Gefühle, die sie an ihre Ängste und Unvollkommenheiten gemahnen könnten, ihnen ihre Einsamkeit und Sterblichkeit vor Augen führen würden. Stellen Sie sich vor, wenn die Menschen von einem Augenblick zum anderen taub würden. Die äußere Stille, die dann unvermeidbar wäre, würde sie auf 1 ihre ureigensten Gedanken und Gefühle zurückwerfen. Sie waren von nun an mit sich allein. Nichts fürchten die Menschen mehr als dies. Sie könnten ihren Gefühlen nicht mehr entkommen. Sie müßten den Schmerz, der die äußere Stille in ihnen auslöst, ertragen lernen.
Und erst dann, wenn es ihnen gelungen ist, die äußere Stille zu genießen, können sie damit beginnen, das >Zentrum der Stille< in sich aufzusuchen. Das >Zentrum der Stille< ist ein >Ort< der unendlichen Weite. Es ist wie das Hinabtauchen in eine nicht zu erhellende Schwärze. Uns umgibt nichts anderes als eine von allen Gedanken und Gefühlen freie innere Landschaft. Je mehr wir in diese innere Landschaft hinein-tauchen, ihre Stille aufsuchen, sie aushalten und schließlich genießen, werden wir mit der Zeit das immerwährende Pulsieren des kosmischen Lebens in uns spüren. Das Leben, das nichts anderes ist als eine fortwährende Bewegung, eine ständige Veränderung ohne Anfang und Ende, im Kreislauf harmonischer Energien. Dies ist die Sprache des Kosmos, die Beredsamkeit des Schweigens, das unbewegt Bewegende in der Aufhebung aller Gegensätze, die letztlich nur eine Erfindung des menschlichen Geistes ist. Wenn Sie beginnen, dieses Leben in sich zu spüren, werden Sie erfahren, daß das Leben keine Form und kein Bewußtsein hat, sowie das Meer kein Bewußtsein hat Es fließt um des Fließens willen. Kein Gedanke, kein Gefühl, keine Erinnerung und keine Unterscheidung, sondern nur ein gewaltiger bewußtseinsloser und in sich ruhender Strom von reiner Lebensenergie. Dann werden Sie das Leben in jeder Ihrer Wahrnehmungen sehen und schließlich werden Sie ein Teil dieses Lebens und damit mit der Ewigkeit auf ewig verbunden sein.
In dieser Stille können wir der >inneren Stimme der Seele< begegnen. Hier ist der >Ort< ihrer Existenz. Hier ist sie zu Hause. Und wenn Sie dieses >Zentrum der Stille< gefunden haben, dann wird Ihr tiefes Selbst eine Kontaktaufnahme nicht verweigern. Es wird sie prüfen. Monatelang. Ihre Geduld, Ihren Eifer, Ihren Willen und die Reinheit Ihrer Absicht, die nicht durch den Gedanken, die innere Stimme zum Zweck der Unsterblichkeit zu benutzen, befleckt sein darf. Sie können die >innere Stimme der Seele< nicht täuschen. Sie wird sich Ihnen nur dann zu erkennen geben, wenn sie sicher ist, daß Sie zunächst nichts anderes wollen, als Ihre eigene innere Welt kennenzulernen. Alles andere wird sich mit der Zeit ergeben! «

»Das hohe Selbst will mit der Kontaktaufnahme schließlich die sogenannte Unsterblichkeit erlangen. Dieser Gedanke läßt sich doch nicht mehr aus unseren Köpfen löschen!«
»Das ist richtig! Der Wunsch, unsterblich werden zu wollen, ist für die Erweckung des tiefen Selbst auch nicht hinderlich. Doch zunächst müssen wir uns ganz auf die innere Stimme einlassen, sie kennenlernen und uns mit ihr verbinden. Die Unsterblichkeit ist das
letzte Ziel, das sich aus der Verbindung beider Selbst ergeben kann, sich aber nicht zwangsläufig ergeben muß!«
 
 

Die Geschichte der Unsterblichkeit


»Ich frage mich, wie Sie überhaupt auf die Idee gekommen sind, daß ein zweites Ich in Ihnen existiert und über seine Erweckung die Möglichkeit der körperlichen Unsterblichkeit besteht!«
»Ich bin auf diese >Idee< nicht selbst gekommen!«

»Bitte?«
»Daß ein tiefes Selbst in mir - wie in jedem Menschen existiert und das seine Erweckung die Möglichkeit der Unsterblichkeit bietet, wurde mir von einem Mann eröffnet, den ich >Vater< nannte. Er war es, der die >innere Stimme der Seele< und damit die Fähigkeit der Unsterblichkeit in uns entdeckte. Er war mein Begleiter, und er war es, der mich in die inneren Welten meines Geistes einführte!«

» Wollen Sie damit sagen, daß Sie nicht der einzige sogenannte Unsterbliche sind?«
»Genau das will ich sagen, ja!«

» Übertreiben Sie jetzt nicht? Es ist schon schwer genug, an die Existenz eines tiefen Selbst zu glauben, noch schwerer bzw. unmöglich, daß Sie unsterblich sein sollen. Und jetzt kommen Sie mit einer zweiten Person, die unsterblich und sogar noch älter sein muß als Sie es sind. Wie viele Unsterbliche wollen Sie mir denn noch präsentieren?«
»Es ist völlig unerheblich, ob es einen oder mehrere Unsterbliche gibt. Bei einem ist es unglaublich? Ist es bei mehreren unglaublicher? Wohl kaum!

» Und von diesem ominösen >Vater< lernten Sie die Unsterblichkeit?«
»Man kann die Unsterblichkeit nicht lernen, so wie man lernt, ein Auto zu reparieren, und man kann sie auch nicht lehren. Ihr einziger Lehrer ist die >innere Stimme der Seele<. >Vater< war derjenige, der mich dabei unterstützte, mein tiefes Selbst in mir zu erwecken und eine Bindung aufzubauen!«

»Wer ist Vater?«
»Vater ist tot! «

»Ein Unsterblicher tot?«
»Er starb im Jahre 1848 zur Zeit der deutschen Revolutionswirren. >Vater< wurde erschossen. Er war unsterblich, aber nicht unverwundbar. Der innere Tod kann überwunden werden. Vor dem äußeren Tod können wir uns niemals endgültig schützen. In diesem Sinne sind wirklich alle Menschen sterblich. Ein weiteres Motiv, Ihnen von der >inneren Stimme der Seele< und der Unsterblichkeit zu erzählen!

»Ein einleuchtender Grund unter der Voraussetzung Ihrer prinzipiellen äußeren Sterblichkeit. Berichten Sie mir bitte von >Vater<. Ich bin davon überzeugt, daß Sie eine unterhaltsame Geschichte zu erzählen haben!«
»Betrachten Sie es ruhig als eine unterhaltsame Geschichte, wenn es Ihnen angenehmer ist.
>Vater< wurde im Jahre des Herrn 1709 geboren. Er war ein angesehener Bürger und reicher Kaufmann in seiner Stadt. Im Alter von etwa zwanzig Jahren hatte sich eine Geschwulst an seinem rechten Arm gebildet. Die Ärzte, die keine Möglichkeit der Heilung sahen, versprachen sich allein durch die Amputation seines Arms einen >gewissen< Erfolg. >Vater< weigerte sich und die Ärzte waren überzeugt, daß ihm dies das Leben kosten würde. Doch >Vater< überlebte. Zwei Wochen nachdem er die Amputation abgelehnt hatte, verschwand die Geschwulst über Nacht. Die Ärzte und die Geistlichen priesen seine Gesundung als ein Wunder und dankten Gott. >Vater< dankte der
>inneren Stimme seiner Seele<, durch die ihm Gott Heilung geschenkt hatte!«

»Dies klingt nach einer Spontanheilung!«
»Und um Ihren nächsten Einwand vorwegzunehmen: Sie ist wissenschaftlich nicht abgesichert und noch nicht einmal dokumentiert!

» Gut! Aber Sie werden jetzt sicher berichten, was die Spontanheilung Ihres >Vaters< mit dem tiefen Selbst und der Unsterblichkeit zu tun hat!«
»Das werde ich! Für >Vater< war seine Heilung Ausdruck seiner >inneren Stimme der Seele<. Daß er sie zu finden vermochte, und daß sie sich von ihm finden ließ, war, wie so oft in dieser Welt, das Resultat eines Zufalls oder - wenn Sie nicht an den Zufall glauben -das der Vorsehung. Ich werde Ihnen die Geschichte seines Lebens erzählen, sowie er sie mir und anderen erzählt hat.
Bis zu seinem zwanzigsten Lebensjahr war >Vater< das, was man heute wie damals einen verbitterten und von Haß erfüllten Menschen nennen würde. Und des weiteren hätte man nach heutigen Maßstäben seine
>Kindheit< sicher als äußerst schrecklich bezeichnet. Als >Vater< sieben Jahre alt war, starb seine Mutter. Noch am gleichen Tag ließ ihn sein Vater auf ein weit entferntes, kleines Landgut der Familie bringen. Dort blieb er, bis sein Vater starb. Mit zwölf Jahren kehrte er schließlich in seine Heimatstadt zurück.
In der Zwischenzeit war er sich selbst überlassen worden. Der Verwalter, der das Gutversorgte, war fast taub. Den Bediensteten war bei Strafe verboten, mit >Vater< zu reden. Und dem Lehrer, der mehrmals in der Woche aus einer naheliegenden Stadt kam, um ihn zu unterrichten, war aufgetragen worden, kein persönliches Wort mit >Vater< zu reden. Obwohl dies auf Dauer nicht durchzuhalten war, wuchs >Vater< sehr isoliert auf. Er streifte oft stundenlang allein durch die Wälder und redete mit Bäumen und Tieren statt mit Menschen. Sie waren seine Freunde. Er erzählte ihnen von seinen Sorgen, seiner Traurigkeit, seinen Phantasien und vor allen Dingen von seinem Haß, den er gegen die Menschen in seinem Herzen trug. In seinen Gedanken antworteten ihm die Tiere und die Bäume. In den Momenten, wo er mit ihnen sprach, unterschied er in seiner kindlichen Vorstellung nicht zwischen Phantasie und Wirklichkeit. In diesem Momenten kamen für ihn die Antworten von den Bäumen und den Tieren. Sie waren für ihn wirklich. Heute wissen wir, daß diese Phantasien von Kindern, die ihren Stofftieren die Sorgen und Nöte erzählen, ein wichtiges Stadium in der Kindheit sind. Für >Vater< waren diese Phantasien in der Einsamkeit wohl von überlebensnotwendiger Bedeutung. Auf diese Weise gelang es ihm - ohne daß es ihm bewußt war -, sein Leben erträglich zu gestalten.
Wenn >Vater< von dieser Zeit erzählte, verstand er sie im nachhinein als den Beginn der Kontaktaufnahme zu seiner inneren Stimme. Natürlich waren die meisten Gespräche, die er mit sich führte, Selbstgespräche. Doch in ihnen äußerte sich bereits für winzige Augenblicke die Existenz der >inneren Stimme der Seele<. Auch wenn >Vater< sich an die Einzelheiten der damaligen Selbstgespräche nicht erinnern konnte, war ihm jedoch eines deutlich geblieben: Niemals hatte er sich in diesen Gesprächen in seinem Haß auf alle Menschen bestätigt und bestärkt gefunden. Bis zu seinem zwölften Lebensjahr war dieser Haß von seinen imaginären Gesprächspartnern beschwichtigt worden. Ihre Reaktionen auf seine Haßgefühle waren immer durch ein tiefes und liebevolles Gefühl von Ruhe und Frieden geprägt gewesen.
Als >Vater< mit zwölf Jahren schließlich wieder nach Hause zurückkehrte und in den folgenden Jahren die Geschäfte seines verstorbenen Vaters übernahm, >vergaß< er allmählich diese Erlebnisse. Sie hatten ihren Sinn erfüllt. Seinen Haß auf das Leben und auf die Menschen vergaß er jedoch nicht. Bis zu seinem zwanzigsten Lebensjahr führte er ein ausschweifendes Leben. Er hurte, fraß sich voll bis zum Erbrechen. Es war ihm eine >Wohltat<, Menschen zu demütigen und zu quälen. Die Geschwulst an seinem Arm veränderte abrupt sein Leben. Voller Verzweiflung und Todesangst zog er sich von der Außenwelt zurück. Der Tod bereitete ihm das gleiche Entsetzen wie eine Amputation des Armes. Er entließ seine Bediensteten und schloß sich in sein Haus ein. Er sprach mit keinem Menschen.
>Vater< wartete auf den Tod.
Er begann wieder mit sich selbst zu sprechen, so wie er es als Kind getan hatte. Im Dunkel seines Zimmers sprach er aus alter Gewohnheit in Dialogform zu einem imaginären Wesen, das ihm zuhörte und ihm Rat gab. Er stellte Fragen und gab die Antworten. Und in diesem Sprechen, diesen Selbstgesprächen voller Selbstmitleid und Todesangst, nahm er etwas in sich wahr, was ihm gleichzeitig fremd und vertraut vorkam. Er hörte eine Antwort, die ihn vollständig überraschte. Er hatte sich die Frage immer wieder gestellt und unzählige Male die gleiche Antwort gegeben, nämlich daß er sterben müsse, weil Gott ihn für seine Existenz und sein ausschweifendes Leben bestrafen wollte. Doch die Antwort lautete, daß er sterbe, weil er sein Leben nicht lieben würde. Die Art und Weise, wie dies gesagt wurde, kannte er nicht. Es war seine Stimme gewesen, die in seinem Inneren antwortete. Aber sie klang mit einem Male ruhig und liebevoll. Sie war voller Güte und Verständnis. Noch im gleichen Augenblick erinnerte er sich an die Kinderzeit auf dem Landgut seines Vaters zurück. Es waren nur vage Gesprächsfetzen, die ihm einfielen. Doch was ihm deutlich im Gedächtnis geblieben war, war diese ruhige und gütige Stimme in ihm, wenn er vor lauter Haß auf die Menschen fast die Beherrschung über sich verlor.
Er war erschrocken. Zunächst hielt er das Geschehene für unbedeutend, für ein Zeichen seiner überreizten Sinne. Er stellte sich weitere Fragen, und er wartete auf eine Antwort, ohne sie sich selbst zu geben zu wollen. Es geschah nichts.
Einige Tage später, als >Vater< an diesen Vorfall schon nicht mehr dachte, geschah es ein weiteres Mal. >Vater< litt an diesem Tag unter einer besonders intensiven Angst. Die Vorstellung, seinen Arm zu verlieren oder zu sterben oder bei der Amputation zu sterben, war für >Vater< kaum noch zu ertragen. Er fluchte, er betete, er schrie. Schließlich fragte er sich resigniert, was er tun könne, um diesen Schicksalen zu entgehen. Als er in sich die Antwort hörte, die ihm nie in den Sinn gekommen wäre, war er weit weniger erschrocken als beim ersten Mal. Doch die Antwort erschütterte ihn so, daß er weinend zusammenbrach und mehrere Stunden bewegungslos auf dem Boden liegengeblieben war. Sie lautete: >Besiege deinen Haß!<
Es mag Ihnen vielleicht übertrieben erscheinen, daß diese drei Worte einen solchen Eindruck auf >Vater< hinterließen. Mit diesen drei Worten war sein gesamtes bisheriges Leben beschrieben und zusammengefaßt. Und >Vater< erkannte dies augenblicklich. Es war eine Antwort auf seine Frage und seine Erklärung für seine Krankheit. Denn sein Haß war die Wurzel seiner Krankheit. In diesen drei Worten lag aber noch mehr. >Vater< erfuhr in diesem Moment eine umfassende intuitive Schau eines bisherigen Lebens:
Sie beschönigte nichts, sie milderte nichts ab. Diese Schau war erschreckend und befreiend zugleich. Sie wühlte ihn bis ins Innerste auf In diesem Moment der intuitiven Erkenntnis sah >Vater< die Fehler seines Lebens, die Stadien und Stationen seines immer größer werdenden Hasses. Und im nächsten Augenblick fühlte er, daß er weiterleben würde, wenn er diesen Haß in sich besiegen könnte. Er fühlte eine Kraft, die sich im ganzen Körper auszubreiten begann. Diese Kraft durchfloß ihn wie ein reißender Strom. So beschrieb es >Vater<. Irgendwann in der Nacht schlief er ein. Als er gegen Mittag des nächsten Tages erwachte, war die Geschwulst an seinem Arm verschwunden.
Die Ärzte und Geistlichen priesen Gott für seine Güte. Auch >Vater< tat dies. Doch für ihn hatte Gott durch die >innere Stimme der Seele< gewirkt. Diese >innere Stimme der Seele< unterschied er von nun an von der >äußeren Stimme der Seele<.
Seine Heilung machte ihn nachlässig gegenüber seiner Absicht, den Haß in sich zu besiegen. Es war ein schwieriger Weg für >Vater<. Er wußte, wie man haßt Aber er wußte nicht, wie man liebt. Er führte sich sehr ungeschickt auf, den Menschen in seiner Umgebung Gutes zu tun und damit letztlich auch sich selbst. Er bat seine innere Stimme um Hilfe. Sie reagierte nicht. Doch >Vater< verlor nicht den Mut. Immer wieder versuchte er, mit ihr in Verbindung zu treten. Er suchte die äußere Stille und die innere Stille in sich auf und irgendwann begann die innere Stimme, zu ihm zu sprechen. Er lernte, die Intuitionen seines tiefen Selbst wahrzunehmen und ihnen schließlich zu vertrauen!

» Wenn Sie sagen, daß das tiefe Selbst vom hohen Selbst erweckt werden muß, so entdecke ich in Ihrer Erzählung von >Vaters< Leben einen Widerspruch. Denn in >Vaters< Fall erweckte sich das tiefe Selbst doch von allein, indem es von sich aus den bewußten Kontakt zum Ich aufnahm?«
»Ich kann Ihnen nicht widersprechen. >Vater< war meines Wissens der erste, der die Existenz des tiefen Selbst in sich erfuhr. Zufall oder Vorsehung? Ganz wie Sie es wollen. In seinen Selbstgesprächen wirkte die innere Stimme in ihm. Sie beschwichtigte seinen Haß auf die Welt und auf die Menschen. Sie begleitete ihn. Sie tröstete ihn. Und sie zog sich zurück, als >Vater< mit zwölf Jahren in seine Heimatstadt zurückkehrte und er ihre Hilfe nicht mehr brauchte. Doch die innere Stimme war bis zu seinem zwölften Lebensjahr für ihn dagewesen. Sie hatte bewußt und dennoch getarnt mit ihm, dem kindlichen Ich >Vaters<, Kontakt aufgenommen. So bestand bereits eine Verbindung zwischen beiden Selbst - bewußt von seiten der inneren Stimme und unbewußt von seiten des kindlichen Ich. Dies führte zu einer Bindung, die sich unter normalen Umständen zwischen beiden Selbst niemals ereignet hätte. Sie prägte beide, die innere wie die äußere Stimme. Warum die >innere Stimme der Seele< in seiner Kindheit zu ihm gesprochen hatte? Ich weiß es nicht. Auch >Vater< gegenüber hat sie sich nie dazu geäußert. Vielleicht erkannte sie, daß >Vater< als Kind nicht geistig überlebt hätte, wenn sie ihm nicht ihre Unterstützung gewährt hätte. Doch es ist müßig, darüber zu spekulieren.
Als >Vater< an der Geschwulst litt, er um sein Leben bangte und sich dabei wieder an jenes fast vergessene Verhalten seiner Kindheit erinnerte und es wieder-belebte, äußerte sich seine innere Stimme ihm gegenüber bewußt. Warum sie es tat und ihn nicht einfach den körperlichen Tod sterben ließ, die Amputation des Arms hinnahm oder ihm unbemerkt über eine Intuition half, ist nicht zu klären. Durch diese Entscheidung der inneren Stimme, sich >Vater< in ihrer Existenz zu eröffnen, kann vielleicht das gegenwärtige und damit das zukünftige Angesicht des Menschen vollständig verändert werden! «

»Das würde bedeuten, daß es grundsätzlich möglich ist, daß das tiefe Selbst sich unabhängig vom Ich äußern kann, wenn es dies für richtig hält?«
»Während zwischen >Vater< und seiner inneren Stimme eine lebenslange Bindung seit der Kindheit bestand, auch wenn sie ihm nicht von Anfang an bewußt war, so trifft dies nicht für mich und auch nicht für die zu, die vor und nach mir ihr tiefes Selbst erwecken konnten!«

»Noch mehr Unsterbliche?«
»Nein! Sie brauchen sich nicht zu beunruhigen. Ich zaubere Ihnen nicht noch weitere Unsterbliche aus dem Hut. So bedauerlich es ist, aber außer mir ist es bisher niemandem gelungen, die Unsterblichkeit zu erlangen. Aber davon werde ich Ihnen gleich berichten.
Niemand außer >Vater< wußte um die Existenz der >inneren Stimme der Seele<. Um etwas erkennen zu können, müssen wir bereits wissen, daß es da ist oder da sein könnte. Denn sonst wissen wir nicht, wohin wir sehen sollen, um etwas zu sehen. Ein Blinder, der nie gesehen hat und nie mit Sehenden in Berührung gekommen ist, wird nie wissen, was Sehen überhaupt ist. Warum sollte er also die Idee des Sehens in seinem Kopf erzeugen? Für ihn ist die blinde Welt die einzig wahre Wdt. >Vater< konnte sehen, was andere nicht sahen, weil er es erlebt hatte. Und er brachte uns, die nichts von der Existenz des tiefen Selbst wußten, diese Existenz näher! «

»Wie kam >Vater< zu der Erkenntnis, daß er unsterblich werden könnte?«
»Dies geschah mehrere Jahre nach seiner Heilung auf einem Bankett. Die Bindung zu seiner inneren Stimme war längst intensiver geworden. Er vertraute ihr völlig.
Jene starke körperliche Empfindung, die er in der Nacht vor seiner Gesundung gefühlt hatte, faßte >Vater< als den entscheidenden Auslöser seiner Heilung auf. Seine innere Stimme bestätigte es ihm. >Vater< bezeichnete diese Empfindung, diese Energie als die >göttliche Kraft, die in eines Menschen Leben wohnt<. Wenn >Vater< unter Schmerzen litt, er krank wurde oder sich unwohl fühlte, versuchte er, diese >göttliche Kraft in sich< wieder zum Leben zu erwecken. Manchmal gelang es ihm, eine ähnlich starke Empfindung in sich wachzurufen. Doch sie erreichte nie die Intensität, die er in jener besagten Nacht empfunden hatte. Gelang es ihm, diese Energie in sich zu erzeugen, indem er sich ihre Kraft vorstellte, so verschaffte sie bei kleineren körperlichen Beschwerden und Unpäßlichkeiten manchmal Erleichterung. Von gelegentlichen Mißerfolgen ließ >Vater< sich nicht sonderlich beeindrucken. Er versuchte es immer wieder aufs neue.
Auf einem Empfang begegnete >Vater< zwei Frauen. Es waren Mutter und Tochter. Beide waren sehr schön. Er kannte sie nicht persönlich. Über viele Jahre hinweg hatte er die Mutter wegen ihrer Schönheit bewundert. Beide Frauen sahen sich sehr ähnlich. Sah man die Ältere an, so wußte man durch den Anblick der Tochter, wie sie als junge Frau ausgesehen hatte. Betrachtete man die Jüngere, so wußte man, wie sie einmal als Ältere aussehen würde. Die Frauen vergaß er, aber nicht das, was sie im Augenblick der Begegnung für ihn verkörperten: die Jugend, das Alter und den Tod. >Vater< begann sich zu fragen, warum der Mensch dazu verdammt sei, zu
altern und zu sterben. Weil Gott es so gewollt hatte? Diese Erklärung befriedigte ihn nicht. Hatte es Gott ,1 wirklich gewollt? War nicht der Mensch Gottes Schöpfung, geschaffen nach dessen Ebenbild? War- 1 um mußte der Mensch dann sterben? Konnte er nicht auch wie Gott ewig leben? War dies überhaupt möglich? Oder waren seine Gedanken Blasphemie? Sie ließen ihn nicht mehr zur Ruhe kommen. Der Gedanke der Unsterblichkeit faszinierte ihn.
>Vater< brachte die >göttliche Kraft<, die ihn von der Geschwulst geheilt und vor den Tod bewahrt hatte, mit der Unsterblichkeit in Verbindung. Hatte er nicht schon einmal mit Hilfe seiner inneren Stimme und mit der Hilfe Gottes ein Wunder vollbracht, indem er über Nacht von einer schweren Krankheit gesundete? War es vielleicht möglich, den Körper von der Krankheit des Todes zu heilen?
Und so stellte er seiner inneren Stimme die Frage, ob es möglich sei, die Unsterblichkeit zu erlangen. Die Antwort, die sie ihm gab, war ein kurzes Ja. Natürlich wollte >Vater< sofort wissen, wie der Tod zu besiegen sei. Seine innere Stimme reagierte nicht auf seine drängenden Fragen. Sie bedeutete ihm nur, zu warten und ihr zu vertrauen.
In den folgenden fünf Jahren durchlebte >Vater< einen geistigen und physischen Transformationsprozeß. >Vater< lernte mit und durch seine >innere Stimme der Seele< die Zusammenhänge zwischen Körper und Geist, zwischen der Macht unserer Gedanken und ihrer Fähigkeit, auf die Materie des Körpers einwirken zu können, kennen. Er erhielt Einblicke in die vielfältigen inneren Welten seines Ich, die weit über seine bisherige Vorstellungskraft hinausgingen. Sein Leben veränderte sich durch diese Erfahrung vollends. Sein Geist begann sich für die endlosen Weiten des Lebens zu öffnen. Je tiefer seine Bindung zu seiner inneren Stimme wurde, je mehr sich beide Selbst miteinander verknüpften, um so leichter fiel es ihm, die >göttliche Kraft< in sich zu nutzen, nicht nur um seinen Körper vor Krankheiten zu bewahren, sondern auch, um ihn nicht mehr altern zu lassen!«

» Wie sieht diese Verknüpfung zwischen den beiden Selbst aus?«
»Sie dürfen diese Verknüpfung - >Vater< nannte sie die >Bindung der Seelen< - nicht als eine Auflösung des hohen Selbst mißverstehen. Es geht nicht darum, daß das hohe Selbst mit dem tiefen Selbst verschmilzt und sie sich nicht mehr unterscheiden lassen. Aus den zwei Selbst soll nicht ein Selbst werden. Die Kraft des hohen Selbst liegt in seinen Gedanken und Gefühlen, die eins und nicht voneinander zu unterscheiden sind. Sie liegt in seinem Willen, seiner Phantasie, seinem Glauben und vor allen Dingen in seiner Zwiespältigkeit!«

»Letzteres verstehe ich nicht!«
»Haben Sie noch ein wenig Geduld. Ich werde es Ihnen später erklären. Die Kraft der inneren Stimme hingegen liegt in ihrer Intuition, ihrer inneren Zeitlosigkeit, ihrer vollkommenen Harmonie und Liebe. Die Unsterblichkeit des Körpers verwirklicht sich durch die gegenseitige Ergänzung beider Selbst. Ihre Einheit entsteht durch ihre Verknüpfung, nicht durch ihre Verschmelzung. Das Ich und die innere Stimme denken in gemeinsamer Ergänzung. Ihrer beider Fähigkeiten wirken in einem, obwohl sie vom Grund her verschieden sind. Die Selbst handeln als einer, obwohl sie doch zwei sind. Sie denken auf unterschiedlichen Ebenen. Aber sie handeln als ein unverbrüchliches Wir. Sie gehören zusammen wie siamesische Zwillinge, bewußt und in gegenseitigem vollem Vertrauen. Damit sich die Verknüpfung vollziehen kann, ist es die Aufgabe des hohen Selbst, sich dem tiefen Selbst anzunähern. Es muß ihm ähnlich werden, ohne ihm gleich zu sein. Die Welt der inneren Stimme ist das Innen, nicht das Außen. Es will an der äußeren Welt nicht teilhaben. Will das Ich an der Welt des Innen teilhaben, muß es bereit sein, diese >innere Stimme der Seele< zu verstehen, ohne sich darin zu verlieren.
Dies ist auch der Unterschied zu den ostasiatischen Philosophien, wie etwa dem Zen-Buddhismus. Hier wird von der Überwindung der Ich-Verhaftung gesprochen, der Transzendierung des Ich in den werdenden Zustand der Selbst-Natur, dem Leben in der Unterscheidungslosigkeit und der Ich-Losigkeit. Dies heißt nichts anderes als die Befreiung des Geistes aus dem Kreislauf der Täuschungen und des Leidens und damit die Auflösung des Wollens und des Begehrens, der Wünsche und Hoffnungen. Das störende Ich muß auf dem Weg zur spirituellen Erleuchtung, zur Einheit mit Gott, dem Kosmos, dem Nirwana oder wie auch immer Sie es ausdrücken wollen, ausgeräumt werden. Auch in westlichen Philosophien wird betont, daß sich der menschliche Geist zu etwas >Höherem< oder >Tieferem< aufschwingen soll, indem er sein >niederes< Selbst zu etwas >Wahrerem< oder >Reinerem< erhebt, etwa einer Idee, einem Glauben, einer Kultivierung oder Zivilisierung des Ich.
In >Vaters< und meinem Verständnis ist das hohe Selbst jedoch nicht etwas, das überwunden und aufgelöst werden müßte. Das >Irdische< muß unter allen Umständen erhalten bleiben. Gedanken und Gefühle wie Liebe, Haß, Mut, Angst, Freude, Verzweiflung, Begehren, Neid, Neugier speisen sich aus einer einzigen Energiequelle. Diese Energiequelle ist die Basis für die Erzeugung der Unsterblichkeitsenergie. Sie läßt sich auf unterschiedliche Arten nutzen und steigern. Um aber die Unsterblichkeitsenergie erzeugen zu können, müssen unsere Gedanken und Gefühle frei von den Anteilen der Destruktivität sein, die aus negativen Energien wie z. B. Neid, Angst, Haß besteht. Durch die Überwindung der Destruktivität erlangen wir eine Steigerung der Konstruktivität unserer Gedanken und Gefühle (wie Liebe, Freude). Andererseits läßt sich unsere Energie gerade durch das Zusammenprallen der Konstruktivität und der Destruktivität unserer Gedanken und Gefühle um ein Vielfaches steigern. Dies ist aber nur dann möglich, wenn das >Irdische<, - zu dem das Konstruktive wie das Destruktive gehört - in uns erhalten bleibt. Dies werde ich erklären, wenn ich Ihnen von der Erzeugung der Unsterblichkeitsenergie berichte. Haben Sie also bitte noch ein wenig Geduld.
Die Kraft des hohen Selbst liegt in der Fähigkeit, widersprüchliche Gedanken und Gefühle gleichzeitig empfinden zu können. Diese Ambivalenz ist die Triebfeder der Bewegung. Bewegung und damit Veränderung sind das Prinzip des ewigen Lebens.
Es mag sein, daß es innerhalb des Zen, des Taoismus und anderer ostasiatischer Erleuchtungswege notwendig ist, das Ich mit seinen rationalen und emotionalen Begrenzungen abzustreifen, um sich auf diese Weise auf eine Vereinigung mit dem Kosmos vorzubereiten. Da jede gedankliche und emotionale Unterscheidung aufgehoben werden soll, ist letztlich auch der Körper nicht mehr von Bedeutung, auch wenn man in außergewöhnlicher Einheit mit ihm lebt. Das Ziel ist, den Menschen von der ewigen Wiederkehr zu befreien. Der Eingang in das Nirwana befreit vom Kreislauf des Leidens und der Wiedergeburt. In allen mir bekannten östlichen Philosophien und auch den mystischen Philosophien des Westens geht es letztlich um die Unsterblichkeit der Seele, ihre Vereinigung mit Gott oder dem Kosmos.
Der Weg zur körperlichen Unsterblichkeit ist dem Weg zur Transzendierung des Ich - in einen wie auch immer zu verstehenden geistigen Zustand vor und nach dem körperlichen Tod - entgegengesetzt. Selbst dann, wenn die fernöstlichen geistigen >Tugenden< auch die geistigen >Tugenden< des physisch Unsterblichen sind. Eines darf niemals vergessen werden: Bei der Unsterblichkeit geht es nicht darum,
den Körper zu überwinden und ihn hinter sich zu lassen, sondern mit ihm eine Bindung einzugehen, deren Tiefe und Intensität ihresgleichen sucht. Das Ziel ist nicht allein die Vergeistigung, sondern ebenso die Verkörperung. Der Körper ist das Gefäß, in dem die Ewigkeit vollzogen und durchlebt werden soll, wie >Vater< es ausdrückte.
Bisher hat sich der Mensch im Laufe von Generationen mehr und mehr von seinem Körper entfernt. Sowohl die, die ihn mißachten, als auch die, die ihm viel von ihrer Zeit widmen. Denn die Gier nach der Schönheit des Körpers ist nur ein verkleideter Haß gegenüber seiner Vergänglichkeit.
Der Mensch lebt zwar in seinem Körper, mag er ihn nun mißachten oder nicht, aber er lebt nicht mit ihm. Der Körper ist ihm nur ein Stück Fleisch, das lediglich sein Ich transportiert und nur eine Aufgabe hat: zu funktionieren. Doch um die physische Unsterblichkeit zu erlangen, müssen Geist und Körper in Ein-klang zueinander stehen. Der Mensch muß wieder lernen, seinen Körper zu lieben, ihm Gutes zu tun, ihn zu pflegen, ihn zu verwöhnen und ihm damit die Aufmerksamkeit zu schenken, die ihm gebührt. Das hohe und das tiefe Selbst sind Bewußtsein. Der Körper ist lebende Materie. Er ist nicht weniger oder mehr als die beiden Selbst. Aus der Sicht des Bewußtseins ist er der schwache Bruder, der bewacht und umsorgt werden muß, da er kein Bewußtsein hat. Doch der Körper ist das Gefäß des Lebens, und wenn es das Gefäß des ewigen Lebens werden soll, dann gebührt ihm die nötige Achtung und Aufmerksamkeit.
Letztlich muß das hohe Selbst, das tiefe Selbst und der Körper zu einem dreigliedrigen >Wir< werden.
>Vater< sagte dazu: >Wenn die äußere Seele ihre innere Seele zu sehen vermag und die Seelen sich als ein Wir zu fühlen beginnen, sind sie eins in ihrer Zweiheit. Wenn die äußere und die innere Seele sich als ein Wir erkennen, werden sie dieses Wir in und mit ihrem gemeinsamen Körper leben. So wird die Einheit in der Vielheit die göttliche Kraft der Unsterblichkeit in uns erzeugen. Zur höheren Ehre Gottes!< Diese Verknüpfung entsteht, indem das hohe Selbst sich mit seinem tiefen Selbst als ein Wir erlebt. Aus diesem Grunde ist es nicht möglich, daß jemals ein Mensch die physische Unsterblichkeit erlangen könnte, dessen Ich sich nicht nach innen gewendet hat! «

»Heißt das, daß beispielsweise ein Diktator, ein machthungriger Politiker oder ein skrupelloser Geschäftsmann niemals unsterblich werden könnte?«
»In jedem Menschen ruht die Fähigkeit, die Unsterblichkeit zu erlangen. Aber kein tiefes Selbst offenbart sich einem Ich, welches zum Schaden anderer egoistisch, machthungrig, skrupellos ist. Menschen können Menschen täuschen. Das tiefe Selbst ist nicht zu täuschen, denn es hört und fühlt, was der Täuscher zu verbergen sucht. Ein Ich kann seine innere Stimme niemals belügen. Selbst dann nicht, wenn das Ich davon überzeugt ist, die Wahrheit zu sagen.
Nachdem >Vater< die Unsterblichkeit erlangte, vergingen über zwanzig Jahre, bis er begann, die Existenz der >inneren Stimme der Seele< und die Unsterblichkeit mit anderen Menschen zu teilen. Es waren insgesamt dreiundzwanzig Männer und Frauen, denen er im Laufe seines Lebens die Geheimnisse anvertraute und die Möglichkeit bot, die inneren Welten ihres Ich zu erforschen. Fünfzehn von ihnen gelang es, ihr tiefes Selbst zu erwecken und dauerhaft mit ihrem zweiten Ich in Kontakt zu bleiben. Die anderen scheiterten. Es gelang ihnen nicht, einen Kontakt zu ihrem tiefen Selbst herzustellen. Sie waren letztlich zu sehr mit egoistischen Gefühlen und Gedanken verhaftet, als daß ihr zweites Ich eine bewußte Verbindung zu ihnen hätte aufnehmen wollen. Diese acht Personen waren weder reich oder machtbesessen noch in irgendeiner Weise skrupelloser, als gewöhnliche Menschen es unter geordneten Verhältnissen sind. Wie müssen da erst Menschen scheitern, die ihr Leben egoistischen Zielen gewidmet haben, die sind, was sie tun und denen das Schicksal ihrer Mitmenschen gleichgültig ist. Das tiefe Selbst ist ein Selbst der Liebe, der Selbstliebe sowie der Nächstenliebe. Nur diese Liebe schafft in uns die nötige Harmonie, die nötige Ruhe, den nötigen Frieden und die nötige Stille, um die >göttliche Kraft< - die Unsterblichkeitsenergie - in uns wirksam werden zu lassen. Von den fünfzehn Männern und Frauen, denen es gelang, eine Verbindung zu ihrem tiefen Selbst herzustellen, wurden elf älter als achtzig und hundert Jahre. Der Älteste von ihnen wurde hundertneunundzwanzig Jahre alt. Ihr Alterungsprozeß konnte jedoch von. ihnen nicht dauerhaft aufgehalten werden. Er verzögerte sich nur. Irgendwann funktionierten  ihre Organe nicht mehr richtig und sie starben trotz ihres noch jugendlichen Aussehens. Natürlich war auch ihr Ziel die Unsterblichkeit gewesen. Aber ihre tiefen Selbst verweigerten den hohen Selbst die Unterstützung. Dies überraschte >Vater< sehr. Er war der Meinung gewesen, daß es jedem Menschen möglich sei, unsterblich zu werden, wenn er erst einmal die >innere Stimme der Seele< in sich erweckt hätte. Doch diesen fünfzehn Männern und Frauen wurde von ihren tiefen Selbst mitgeteilt, daß sie niemals die Fähigkeit in sich entwickeln würden, ihren Geist so zu erweitern und zu öffnen, wie es für die Erlangung der Unsterblichkeit notwendig wäre. Die anderen Personen, die ihren Alterungsprozeß kaum verzögern konnten, lebten mit ihrer inneren Stimme ein harmonisches Leben. >Vater< hörte von ihnen niemals ein Wort der Klage oder der Verbitterung, als sie die Aussichtslosigkeit erkannten, das ewige Leben zu erlangen. Sie alle hatten letztlich ihren Frieden mit der Erkenntnis gemacht, daß sie sterben würden, und waren froh, in ihrem tiefen Selbst einen lebenslangen Freund und Begleiter gefunden zu haben!«

» Wenn ich Sie richtig verstanden habe, bedeutet dies, daß das tiefe Selbst nicht unter allen Umständen daran interessiert ist zusammen mit dem hohen Selbst unsterblich zu werden! Und es würde auch bedeuten, daß die Erweckung und die Bindung zum tiefen Selbst keine Garantie für das Erlangen der Unsterblichkeit darstellt!«
»Darin gebe ich Ihnen recht! Es gibt keine Garantie für das Erlangen der Unsterblichkeit. In der intuitiven Zusammenschau unseres Lebens - von der Vergangenheit über die Gegenwart bis in die Zukunft hinein - beurteilt die >innere Stimme der Seele<, ob wir die nötigen Fähigkeiten in uns tragen und entwikkeln können, um den Weg der Unsterblichkeit bis zum letzten Schritt zu gehen. Die Entscheidung des tiefen Selbst, gegen den Wunsch des hohen Selbst zu handeln, ist aber keine Entscheidung gegen das hohe Sbst. Es ist eine Entscheidung für es. Denn was hätte ein hohes Selbst davon, sich jahrelang umsonst um die Unsterblichkeit zu bemühen. Dabei werden Energien vergeudet, die es lieber in die Erhaltung seiner körperlichen und geistigen Gesundheit und zumindest in die Verlangsamung seines Alterungsprozesses hätte investieren können. Der körperliche Tod ist für das tiefe Selbst ohne Bedeutung. Es stirbt mit dem hohen Selbst so selbstgenügsam, wie es mit dem Ich gelebt hat. Ohne Bedauern, ohne Angst, so unverständlich dies für ein Ich auch sein mag!«

»Wie war es bei Ihnen?«
»Wie jeder andere dieser fünfzehn Männer und Frauen hoffte ich auf die Unsterblichkeit. Ich war überrascht, entsetzt, wütend, daß die >innere Stimme meiner Seele< mir ihre Unterstützung versagte. Sie teilte mir mit, daß ich nicht fähig sein wurde, die nötige Energie und Ausdauer zu entwickeln, um den Weg der Unsterblichkeit beschreiten zu können. Natürlich widersprach ich. So wie alle anderen es ihrem tiefen Selbst gegenüber auch getan hatten. Ich versuchte, meine innere Stimme davon zu überzeugen, daß ich bereit sei, alle Opfer zu bringen. Ich bedrängte sie, mich nicht im Stich zu lassen und es zu versuchen. Mein tiefes Selbst blieb bei seiner Entscheidung. Als wir von >Vater< eruieren wollten, wie sich sein Weg zur Unsterblichkeit vollzogen hatte, wurde er sehr traurig. Er erklärte uns, daß es kein Rezept oder klare Regeln für den Weg in die Unsterblichkeit gäbe. Es gäbe nicht nur einen Weg, sondern unzählige Möglichkeiten, so viele wie Menschen auf der Welt seien. Jedes Ich müsse mit seiner inneren Stimme seinen ganz persönlichen Weg finden, der genau auf die Erfahrungen und Fähigkeiten dieses einen Menschen abgestimmt sei. Zwar sei es ihm möglich, uns einen grob geschlagenen Weg zu zeigen, doch ohne die Unterstützung der >inneren Stimme der Seele< sei er nicht begehbar. Nur mit ihrer Unterstützung ließe sich in unseren Körpern die >göttliche Kraft< erzeugen und bewegen. Und nur mit ihrer Hilfe könne jeder von uns die >dunklen< Seiten seines Ich erkennen, sie erforschen und überwinden, um für die Unsterblichkeit bereit zu sein.
So versuchten wir also weiter, unsere inneren Stimmen umzustimmen. Doch durch diesen Versuch, der unsere gesamte Aufmerksamkeit in Anspruch nahm, entfernten wir uns mit der Zeit nur von unserem tiefen Selbst. Für einige war dies ein Zeichen, den Drang nach dem ewigen Leben in sich zu begraben, um die Bindung zur ihrer inneren Stimme nicht zu gefährden. Sie begannen sich auf das zu konzentrieren, was für jeden einzelnen erreichbar und machbar war.
Einige andere und ich gaben jedoch nicht auf. Schließlich glaubte ich, in mir endlich ein Ja auf meine immer drängender werdenden Bitten zu hören. Ich war glücklich und wartete nun auf ein Zeichen meines tiefen Selbst. Doch es stellte sich kein Zeichen ein. Die Verbindung zu meiner inneren Stimme war abgebrochen. Ich war wütend und fühlte mich betrogen. Ich erzählte >Vater< davon, doch er glaubte nicht, daß meine innere Stimme mir die Zustimmung zur Unsterblichkeit gegeben hatte. Ich lachte ihn aus und fühlte gleichzeitig, daß >Vater< recht hatte. Angst überfiel mich. Ich wollte die Bindung zu meinem tiefen Selbst nicht verlieren. Die anderen beschworen mich, den Gedanken an die Unsterblichkeit aufzugeben. Ich wußte nicht mehr, was ich tun sollte. Die Leere in mir und die Erkenntnis, nicht mehr mit meinem tiefen Selbst reden zu können, war schrecklich. Auch als ich längst unsterblich war, kam es manchmal vor, daß ich die Anwesenheit meiner inneren Stimme nicht mehr fühlte. Immer, wenn ich meinen Egoismen zu sehr nachgebe und in der Hektik gefangen bin, zieht sie sich vor mir zurück. Es ist nicht nötig, ständig mit ihr in Verbindung zu stehen. Doch ihre Nähe zu spüren, ist ein Labsal für meine Seele. Fehlt sie, lebt man wie in einem Vakuum. Doch sobald mein Herz wieder ruhig und still ist, steigt sie aus dem Innern empor und ich begrüße sie wie einen lang vermißten Freund.
Als mir bewußt wurde, daß das ja zur Unsterblichkeit nur meinen eigenen Wünschen entsprungen war und ich die Nähe zu meinem tiefen Selbst verloren hatte, gab ich mein Drängen, ewig leben zu wollen, auf. Ich bat meine innere Stimme um Verzeihung. Ich begann, mich mit dem Gedanken zufriedenzugeben, ein langes Leben in Jugendlichkeit führen zu können.
Es vergingen fast zwei Jahre, als meine innere Stimme mir die Frage stellte, ob die Unsterblichkeit noch mein Ziel sei. Ich hatte schon lange nicht mehr daran gedacht. Nun war ich überrascht und begriff zunächst nicht, worum es ging. Schließlich wollte ich wissen, was denn nun anders sei als vor einigen Jahren, und sie antwortete mir: >Dein Wille!< Diese kurze Antwort ließ mich erschrecken. Blitzartig erkannte ich mein ganzes Leben, und mir wurde bewußt, daß ich die Unsterblichkeit zu sehr gewollt hatte, um mich ihrer als würdig zu erweisen!«

»Das klingt, als ob sich das tiefe Selbst in Ihrem Fall geirrt hätte?«
»Das tiefe Selbst ist nicht unfehlbar. Seine Intuitionen beziehen sich auf die Gegenwart, nur selten auf die Zukunft. Die >innere Stimme der Seele< lebt außerhalb der Zeit, existiert aber über den Körper auch innerhalb der Zeit. Sie erfährt Veränderungen, ohne sich selbst zu verändern. Das Ich hingegen lebt in der Zeit und ist Veränderungen unterworfen. Es kann sich so weit entwickeln, daß eine Intuition des tiefen Selbst irgendwann nicht mehr zutreffend ist. Ich erkannte meine Veränderung nicht, die mich plötzlich zur Unsterblichkeit befähigen sollte. Ich selbst fühlte mich unverändert. Als meine innere Stimme diesen kurzen Satz zu mir sagte, erkannte ich den Wandel in meinem Geist. Mein Wille zum ewigen Leben hatte sich verändert. Der grundlegende Wille dagegen war unverändert. Aber in ihm mischten sich der Gleichmut und der Friede meiner Seele.
Damals merkte ich, daß ich einen anderen Weg in die Unsterblichkeit gegangen war als >Vater<. Die >Befriedung meines Geistes< durchlief andere Stationen als die, die >Vater< durchlaufen hatte, auch wenn sie sich manchmal überschnitten.
Der Weg in die Unsterblichkeit ist ein individueller Weg. Der Versuch, >Vaters< Weg zu folgen, hätte mich vom Ziel der Unsterblichkeit nur entfernt. Der einzige Lehrer, der Ihnen wirklich helfen kann, ruht in Ihnen selbst!«
 
 

Die Erzeugung der Unsterblichkeitsenergie


»Ich glaube, daß jetzt der Zeitpunkt gekommen ist, um näher auf die > Unsterblichkeitsenergie< einzugehen. Was verstehen Sie konkret unter diesem Begriff?«
»Durch die Verknüpfung der beiden Selbst sind die notwendigen Voraussetzungen geschaffen, die Unsterblichkeitsenergie zu erzeugen. Wenn beide Selbst sich als ein Wir erleben können und in diesem Wir das hohe Selbst bereit ist, sich mit den dunklen und verborgenen Seiten seines Ich konfrontieren zu lassen, vollzieht sich allmählich die >Befriedung des Geistes<!«
»Diese Annäherung muß nicht vollständig vollzogen sein, um die Unsterblichkeitsenergie erzeugen zu können?«
»Nein! Die Annäherung muß nur ihren Anfang genommen haben. Die >Befriedung des Geistes< und die Erzeugung der Unsterblichkeitsenergie vollziehen, ergänzen und intensivieren sich gemeinsam. Ihr Zusammenwirken führt schließlich zur allmählichen Gesundung des Körpers, zur Verlangsamung des Alterungsprozesses, zur Unsterblichkeit des Körpers und auch zu seiner Verjüngung!«

»Ein stolzes Programm, das Sie da entwickeln!«
»Ihre Ironie verletzt mich nicht. In ihr sehe ich meine eigenen Zweifel wieder, als >Vater< mir von der Unsterblichkeit und der Existenz der >inneren Stimme der Seele< erzählte!«

»Das freut mich zu hören! Was verstehen Sie unter dem Begriff >Energie<?«
»Energie ist der Motor des Lebens. Leben ist Energie. Energie als Leben ist ein endloser Tanz von Bewegung, ein ständiges Werden im Sein. In ihrer Ursprungsform war und ist Leben immateriell, d.h. ungeformt. Leben ist außerhalb und in der Zeit, ohne Bewußtsein und ohne Unterscheidung. Es ist die Urenergie oder die kosmische Energie.
Einst gab es im kosmischen Leben einen Sprung, eine Bewegung, die sich nicht mit der ursprünglichen Bewegung harmonisieren ließ. So entstanden die Körper, die geformten Energien als anorganische
und als organische Materie. Mit der geformten Energie begann die Existenz der Zeit und damit das Vorher und das Nachher. Der Unterschied, der Gegensatz war geboren. Diese materielle Energie in ihrer organischen Form war wie die immaterielle (ungeformte) Energie zunächst ohne Bewußtsein. Doch entwickelte sich mit der Zeit das Bewußtsein heraus. Der Mensch ist in der Materialität seines Körpers Teil der geformten und in der Immaterialität seines Geistes Teil der ungeformten Urenergie. Das Bewußtsein ist das Bindeglied zwischen der Materialität des Körpers und der Immaterialität der Urenergie. S(» wohl Körper als auch Geist des Menschen erzeugen ununterbrochen Energien. Die materielle Körperenergie des Menschen ist auf die Endlichkeit des Körpers ausgerichtet. Die immaterielle Geistenergie des Menschen hingegen ist Teil der kosmischen Urenergie, die unendliche Bewegung ist. Über seine Geistenergie kann der Mensch die Unsterblichkeit erzeugen und damit die >göttliche Kraft< in sich zur Verwirklichung bringen.
Die Unsterblichkeitsenergie wird durch die Gedanken eines Menschen erschaffen, deren Wirksamkeit aber erst über die geformte Energie möglich werden kann. Der Vorgang des Denkens spielt sich nicht nur in unseren Köpfen ab. Er ist Ausdruck des gesamten Körpers. Geist entsteht nicht aus sich selbst, seine Immaterialität ist nicht vollkommen wie die der komischen Urenergie. Geist und damit Bewußtsein bedarf des Körpers, um zu sein.
Ein Gedanke, der entsteht, ist zunächst immateriell.
Menschen können beliebig viele Gedanken und über sie Energie erschaffen. Dies zeugt von einer großen Macht des Menschen, doch nimmt er sie im allgemeinen nicht wahr. Von der Geburt bis zum Erwachsen-sein fügen sich die Gedanken zu komplexen Gebilden zusammen, die schließlich zu dem werden, was wir ein Ich, eine Persönlichkeit nennen. Persönlichkeit ist nicht weniger immateriell als die Gedanken, die sie erschaffen haben. Doch die zur Persönlichkeit eines Menschen verdichteten Gedankengebilde wirken sich auf die Materialität des Körpers aus. Unsere Hoffnungen, unsere Träume, unsere Liebe, unser Haß, unsere guten wie unsere schlechten Erfahrungen des Lebens führen uns in Krankheit oder in Gesundheit, zum Tod oder zum Leben. Das Immaterielle erzeugt das Materielle, so wie das Materielle wiederum auf die Immaterialität der Gedanken zu rückwirkt Jeder Gedanke, der ein Gefühl zeugt, so wie ein Gefühl einen Gedanken zeugt, wird in jeden Teil unseres Körpers getragen und beeinflußt ihn!«

»Damit beschreiben Sie im Grunde nichts anderes als das, was die moderne Wissenschaft zunehmend als ihr Forschungsgebiet betrachtet Der Einfluß unserer Gedanken auf unsere Gefühle und umgekehrt sowie auf physiologische Prozesse ist nicht zuletzt seit der Entdeckung der Psychosomatik bekannt Auch die Forschungsrichtung der Psychoneuroimmunologie zeigt diese Zusammenhänge als ein integratives Zusammenwirken psychischer, sozialer und biologischer Faktoren deutlich. In einer Reihe von psychotherapeutischen Richtungen wird Patienten die Fähigkeit vermittelt' über eine bewußte Veränderung von Gedanken auf ihre Gefühle und damit letztlich auf ihren Körper einzuwirken!«
»Auch wenn die Wissenschaft diese Zusammenhänge erst entdeckt, sind sie trotzdem fast so alt wie die Menschheit selbst. Der heutige Mensch beginnt mehr und mehr zu ahnen, daß sein altes Denken in starren Kategorien von Gut und Böse, von Wahr und Unwahr nicht mehr funktioniert und kaum noch Sinn macht. Die vermeintlichen Gegensätze beginnen sich mehr und mehr zu überschneiden und verlieren ihre klaren Konturen.
Es wird dem Menschen nichts anderes übrigbleiben, als mit diesen Auflösungen zu leben, künstliche Trennungen wie die von Gedanken und Gefühlen, von Körper und Geist, von Tod und Leben aufzugeben und von seiner vielgeliebten und gepriesenen Objektivität des Denkens Abschied zu nehmen. Oder aber er kehrt zurück zu einer Tradition, in der jeder Widerspruch bekämpft und jede Abweichung verboten wurde. Dieser Weg ist dem Menschen nicht versperrt. Er kann ihn gehen. Jederzeit. Aber er würde ihn in den Zustand geistiger Barbarei zurückversetzen.
Leben ist eine ständige Bewegung, in der nichts still-steht, sondern alles fließt. Keine dieser Dimensionen gibt es wirklich. Stillstand und fluß sind nur Worte für das Unaussprechliche. Der Mensch kann lernen, mit dem Wechsel von Werden und Sein zu leben, ohne sich an sie binden zu müssen und ihre Endgültigkeit heraufzubeschwören. Das Vorher und das Nachher sind nur praktische Illusionen, so wie das Oben und Unten nur Phantasien unseres Gehirns sind. Dies zu erkennen, es in sein Herz zu lassen und es zu leben, gehört zum evolutionären Sprung, den der Mensch vollziehen muß, will er sich geistig weiterentwickeln! «

»Schön und gut! Wie kann ich denn die Unsterblichkeitsenergie in mir erzeugen, wenn ich dies wollte?«
»Das Prinzip ist simpel. Doch vergessen Sie bitte nicht, daß es ohne die Unterstützung des tiefen Selbst nicht wirken kann. Bevor ich es Ihnen jedoch mittelle, müssen Sie den Unterschied zwischen der Lebens-energie und der Unsterblichkeitsenergie begriffen haben.
Ein lebender Körper verfügt zunächst nur über eine zeitlich begrenzte Körperenergie. Zu Beginn eines jeden Lebens ist die Lebensenergie groß. In der Phase des körperlichen und geistigen Wachstums geht jedoch sehr viel Energie verloren. Im Laufe der Zeit wird die Lebensenergie schwächer und damit auch 3 der Körper. Der Geist wird müde. So mischt sich in das Element des Lebens das Element des Todes. Da Menschen in dem Bewußtsein aufwachsen, daß der Tod ein natürlicher Bestandteil des Lebens und unabwendbar ist, geben sie sich diesem Schicksal hin. Doch die materielle Körperenergie ist nicht dazu verurteilt, zu vergehen. Denn in der immateriellen Geistenergie ruht die Kraft des ewigen Lebens. Der Mensch weiß sie nur nicht zu nutzen. Die der Lebensspanne eines Menschen zugrundeliegende Lebenslinie besteht aus fünf Phasen: Der Phase der Geburt, der Phase körperlichen und geistigen Wachstums, der Phase der geistigen Stagnation, der Phase der körperlichen und mehr oder weniger geistigen Degeneration und der Phase des Sterbens, die zum Tod führt!«

» Vier Phasen sind mir durchaus geläufig. Aber wie beschreiben Sie die Phase der geistigen Stagnation?«
»Sie bedeutet, daß die geistige Entwicklung des Menschen nicht mehr voran schreitet!«

»Das ist eine ziemlich anmaßende Behauptung!«
»Sie mißverstehen mich! Ich bestreite nicht, daß sich der Mensch geistig weiterentwickelt. Doch diese Weiterentwicklung vollzieht sich in der Regel auf der Basis seiner bisherigen geistigen Entwicklungen und Erfahrungen. Dabei begegnet er jedoch nicht grundsätzlich Neuem, sondern nur Vertiefungen und Variationen dessen, was er im Laufe seines Lebens verstehen und begreifen gelernt hat. Zu Beginn der menschlichen Entwicklung erfährt ein Kind noch herausragende Veränderungen in seinem Denken und Fühlen. Es lernt, Dinge zu erkennen und wahrzunehmen, Zusammenhänge zu sehen und zu verstehen, von denen es vorher nicht die geringste Ahnung hatte. Neue Welten eröffnen sich einem Kind. Es ist wie das Erklimmen einer Leiter, wo sich Sprosse für Sprosse neue Welten auftun. Das Ende der Leiter ist aber auch gleichzeitig das Ende dieser Entwicklungen. Alles, was danach kommt, ist eine Variation des Bisherigen. Hier gilt es, die Leiter zu wechseln und sich somit auf eine andere geistige Ebene zu begeben. Dies ist die Ebene, wo wir unsere inneren Welten erkunden können, wo wir zu lernen vermögen, mit unserem Geist die Materie unseres Körpers bewußt und gezielt zu beeinflussen, um auf diese Weise den inneren Tod zu besiegen. Auf dieser geistigen Ebene ist es dem Menschen möglich, seine ersterbende körperliche Lebensenergie wieder zur vollen Lebendigkeit zu bringen und sie kraft seiner Gedanken zur Unsterblichkeitsenergie zu transformieren.
Das ist der evolutionäre Sprung, den die Menschheit zu vollziehen hat. Die Möglichkeiten dazu liegen bereit. Dem Menschen in diesem ausgehenden Jahrtausend sind die Bruchstücke dessen, was ich über die Fähigkeiten des menschlichen Geistes sage, bereits vertraut. Die Bruchstücke müssen nur noch zusammengefügt werden. Mit Mut und mit Phantasie.
Der Mensch muß begreifen, daß der Tod nur eine Variante des Lebens ist. Eine Spielart. Das Leben kennt keine Grenzen. Es gibt keine vorgeschriebene Lebensspanne, die zu überschreiten dem Menschen auf ewig verwehrt wäre, kein von Gott oder von der Biologie des Zufalls inszeniertes Selbstvernichtungsprogramm, das dem Menschen ein für allemal die Chance nehmen würde, den Tod in sich zu besiegen.
Wenn es dem Menschen gelingt, sich in den unendlichen Strom der Urenergie einzufügen und sich damit mit der Ewigkeit zu verbinden, wird der innere Tod seinen Schrecken verloren haben. Je mehr der Mensch der Immaterialität in sich Raum gibt, die Materialität des Körpers zu beeinflussen, um so leichter wird es ihm fallen, dem Verfall des Körpers zu trotzen. Damit durchbräche er die Lebenslinie von Werden und Vergehen und würde die Phasen der Stagnation, der Degeneration und des Sterbens durch die Phase der ewigen Erneuerung - Unsterblichkeitsenergie - ersetzen.
Die Erzeugung der Unsterblichkeitsenergie ist Ausdruck unserer Gedankenmacht. Der reine Gedanke ist reine Immaterialität. Er wird durch unseren Willen geschaffen. Der Wille ist konzentrierte Energie. Der Wille ist kein reiner Gedanke, auch wenn er durch diesen ausgelöst wird. Er ist ein Prinzip des Bewußtseins. Wille ist nur ein Wort für Konzentration, die ebenfalls eine Bezeichnung für die Bewegung des Lebens in uns ist und über Sprache nicht mehr mitgeteilt werden kann. Aus und über den Willen erzeugen wir, was letztlich Bewegung und damit Leben ist.
Ich sagte es bereits: Von der Geburt bis zum Erwachsensein fügen sich die einzelnen Gedanken zu komplexen Gedankengebilden, die wir Persönlichkeit nennen können. Dies geschieht über den Willen. Gedanken, die wie Gefühle sind und Gefühle, die wie Gedanken sind, wirken auf unseren Körper und finden dort ihre Verkörperung. Gedanken spiegeln sich in allem wider. In der Haltung unseres Körpers, in unseren Bewegungen, unseren Handlungen, unseren Gefühlen.
Ein Gedanke ist zunächst reine Imagination, reine Immaterialität. Über unsere Gefühle werden sie zu Boten, die durch unseren Körper reisen und die Nachrichten der Gedanken weiterleiten.
Ein Gedanke, der uns innerlich bewegt, uns Sinn gibt und unser Leben füllt, hat eine große Macht über den Körper. Er kann ihm nutzen oder schaden. Er kann ihm Gesundheit geben oder Krankheit, Leben oder Tod.
Ein Gedanke ist Energie, wie Gefühl Energie ist, Durch unseren Willen können wir sie erzeugen und beliebig durch unseren Körper leiten. Je bewegender ein Gedanke oder ein Gefühl ist, um so stärker wirkt er auf den Körper. Je öfter sich ein Gedanke oder ein Gefühl wiederholt, um so stärker seine Wirkung. Dies ist der Weg, um die Unsterblichkeit zu erlangen.
Menschen vermögen ihre Gedanken und ihre Gefühle jedoch nur mäßig zu beeinflussen. Oft sind sie ihnen hilflos ausgeliefert. Sie vermögen sie nicht zu kontrollieren. Haß, Neid, Wut, Enttäuschung setzen je nach Intensität gewaltige negative Energien im Menschen frei. Sie schädigen oder zerstören auf Dauer den Körper. Diese negativen Energien äußern sich in Krankheiten und Beschwerden und suchen sich die Stellen des Körpers aus, die am schwächsten sind. Positive Energien wie Liebe, Freude, Freundschaft, Zuneigung können hingegen Krankheiten heilen oder sie mindern. Negative und positive Energien, die Menschen bewußt und unbewußt erzeugen, sind im Grunde nicht voneinander zu unterscheiden: Sie sind geschaffene Energien. Sie unterscheiden sich nur in ihren Bedeutungen voneinander, die Menschen  ihnen über ihre Gedanken und Gefühle geben.
Über die Verknüpfung der Selbst und über die >Befriedung des Geistes< können wir die von uns geschaffenen Energien zu unseren Gunsten beeinflussen. Bis zu dem Zeitpunkt, wo >Vater< lernte, die Macht seiner Gedanken zu nutzen, war er ihnen hilflos ausgeliefert. Bis dahin ahnte er nicht einmal, daß ganz allein er es war, der über seine unbewußten Gedanken und Gefühle seine Krankheit erzeugte!«

»Sie sagen, daß >Vater< über seine Gedanken und Gefühle die Geschwulst an seinem Arm erzeugte. Gleichzeitig sagen Sie, daß er es unbewußt tat Bedeutet dies denn nicht, daß es eigentlich das tiefe Selbst war, das die Geschwulst bei Ihrem >Vater< erzeugte?«
»Sie unterliegen einem Mißverständnis. Das tiefe Selbst erschafft keine Krankheiten, unter denen das hohe Selbst zu leiden hat. Es fügt weder dem Körper noch dem Ich einen Schaden zu. Durch seine Liebe zum hohen Selbst versucht es ihm stets über seine Intuitionen mitzuteilen, wie es sich selbst heilen oder seine Beschwerden mindern kann.
Wenn das Ich auf seine Intuitionen nicht achtet oder sie nicht mehr wahrnehmen kann, weil es sich vor seinem Innern verschließt, dann drängt die innere Stimme ihre Hilfe dem Ich nicht auf.
Daß >Vater< erkrankte, war die Folge seiner ich-bezogenen und ich-verhafteten Gedanken, die negative Energien erzeugten und die im Laufe der Zeit die Materie seines Körpers veränderten und damit zur Bildung der Geschwulst führten!«

»Zwei Fragen möchte ich Ihnen stellen. Wenn Sie sagen, daß das hohe Selbst unbewußt krankmachende Energien erzeugt, was ist dann das tiefe Selbst, wenn es nicht das Unbewußte in uns ist? Und bedeutet Ihre reststellung, daß das hohe Selbst seine Krankheiten selbst verursacht, daß es somit schuld daran hat, wenn der Körper erkrankt?«
»Auch hier unterliegen Sie einem Irrtum. Das tiefe Selbst ist mit dem Unbewußten nicht identisch oder vergleichbar. Das tiefe Selbst ist das Innen, das verborgene zweite Bewußtsein und nicht der unbewußte Teil des Ich.
Menschen sind Wesen der Gewohnheit. Sie wiederholen ihre Gedanken und ihre Gefühle. Diese Wiederholungen geben ihnen ein Gefühl der Stabilität und vermitteln ihnen, was man im allgemeinen Persönlichkeit nennt. Nicht alles, was wir denken und fühlen, muß dabei immer bewußt vollzogen sem. Vieles davon vollzieht sich im Leben eines Menschen automatisch. Dies sind die Ergebnisse unserer Prägungen, der Erfahrungen aus der Kindheit und des Erwachsenenalters. Sie sind der Hintergrund, vor dem sich unsere bewußten und augenblicklichen Gedanken und Gefühle bewegen. Obwohl dieser Hintergrund in unserem gegenwärtigen Bewußtsein nicht ständig präsent ist, hat er einen >Ort der Erinnerung< in uns und ist damit immer gegenwärtig. Ein trauriger Mensch muß nicht immer daran denken, daß er ein trauriger Mensch ist. Er ist es einfach. Er ist es aus Gewohnheit, aufgrund dieser unbewußten Gedanken und Gefühle, die ihn immer wieder in seiner Traurigkeit bestätigen und die er oft auch körperlich fühlt. Solche destruktiven Gedanken und Gefühle sind vom hohen Selbst nur schwer zu kontrollieren, wenn sie erst einmal automatisch (nicht-bewußt) ablaufen. So weiß der Traurige meist nicht, daß er seine Traurigkeit und seine negativen Energien ständig selbst erzeugt. Er spürt nur ihre Wirkungen: Die Mattigkeit seiner Seele und die Schwere seines Körpers, die Beschwerden und Krankheiten, die ihn befallen, seine Traurigkeit verstärken und ihn körperlich und geistig für andere Krankheiten anfällig machen.
Es ist bedauerlich, daß der Mensch keinen eigenen Wahrnehmungssinn für die von ihm erzeugten Energien hat. Nur das ist für ihn wirklich, was er sehen, hören, riechen, schmecken, fühlen und konkret denken kann.
Unbewußt, das heißt für mich nicht bewußt, ist aber auch das, was das hohe Selbst an Erinnerungen, Erlebnissen, Wünschen und Ängsten im Laufe seines Lebens von diesem Selbst abgespaltet hat. Dies sind Teile innerhalb des hohen Selbst, die es nicht in seinem alltäglichen Denken und Fühlen integriert hat und die in einem gewissen Umfang ein >Eigenleben< führen können, indem sie einen Menschen dazu veranlassen, Dinge zu tun und zu sagen, die er eigentlich nicht tun oder sagen will. >Vater< nannte sie die >Dämonen der äußeren Seele<. Ich nenne sie die >Blockierungen und Abspaltungen der äußeren Seele<. Hier ordnen sich Ihre multiplen Persönlichkeiten ein, bedrohliche Stimmen oder Zensoren in den Köpfen von Menschen, welche Ihnen nicht erlauben, bestimmte Bedürfnisse und Wünsche zu zeigen, oder indem sie sich in den selbstzerstörerischen Akten eines Rauschgiftabhängigen offenbaren. Diese >Blockierungen und Abspaltungen der äußeren Seele< sind Teile des hohen Selbst. Sie sind seine nicht-bewußten Anteile. Das tiefe Selbst hat mit ihnen nichts gemein.
Nun zu Ihrer zweiten Frage. Auch wenn das hohe Selbst über seine Gedanken und Gefühle Krankheit zu erzeugen vermag, so gibt es genug Krankheiten auf dieser Welt, die nicht über die Erzeugung negativer Energien entstehen. Dies ist keine Frage von Schuld. Dies ist vielmehr eine Frage von &Schicksal und von Zufällen, soweit man sich mit diesen Erklärungen zufriedengeben kann.
Auch wenn Menschen nicht bewußt durch ihre Lebensführung negative Energien in sich erzeugen, die Krankheiten und Beschwerden schaffen, so heißt das nicht, daß sie schuldig sind. Selbst wenn sie wüßten, daß sie zu ihrer eigenen Krankheit nicht bewußt beigetragen haben, könnten sie es nicht allein durch ihr Wissen verhindern. Ich glaube nicht, daß es auf dieser Welt viele Menschen gibt, die ansatzweise dazu fähig sind, die Energien, die sie ständig erzeugen, zu steuern. Niemand ist schuldig angesichts dieses Unvermögens. Muß ich verschweigen, daß Menschen ihre Krankheiten und ihr Leid erzeugen können, nur weil sie sich dann schuldig fühlen könnten? Schuld ist nur ein Wort, geschaffen, um Macht über Menschen auszuüben, weil sie etwas nicht haben, nicht tun oder nicht unterlassen können. Der selbsternannte Unschuldige bestimmt, was Schuld ist, wenn er die Macht dazu hat. Der Schuldige nimmt Schuld an, weil er dem >Unschuldigen< glaubt oder glauben muß, daß jener unschuldig und er selbst schuldig ist. Nehmen Sie die Macht von diesem Wort, und was bleibt, ist eine dumme Phrase. Etwas nicht zu können oder nicht zu haben, heißt, etwas nicht zu können und etwas nicht zu haben. Mehr nicht. Und damit vermag ein Mensch zu leben, wenn er sich nicht dem von außen gesetzten Diktat beugen will, alles können und haben zu müssen, um ansonsten ein Versager, ein Schuldiger zu sein!«

»Warum schaltet sich das tiefe Selbst nicht ein, um das hohe Selbst bei der Erzeugung dieser negativen Energien und dieser von Ihnen gerade beschriebenen Abspaltungen vom Ich zu hindern? Es könnte dies doch unbemerkt vom Ich tun, ohne daß das hohe Selbst etwas davon erfahren müßte?«
»Das tiefe Selbst hat keinen Einfluß auf das Denken und Fühlen des hohen Selbst. Wenn ein Mensch an einer Krankheit leidet, ist es der inneren Stimme nicht möglich, unabhängig von der Bereitschaft des Ich, es gesunden zu lassen. Zwar weiß sie, was vonnöten ist, um das Ich zu heilen oder seine Beschwerden zu mildern. Aber um an diesem Wissen des tiefen Selbst Anteil nehmen zu können, muß es in der Lage sein, seinen Intuitionen zu lauschen und auf sie zu hören. Erst wenn dies geschieht, kann der Heilungsprozeß beginnen. Langsam oder schnell, wie bei spontanen Heilungen!«

»Beide Selbst ergänzen sich demnach. Keines kann demnach das andere beeinflussen oder zu etwas zwingen!«
»Das ist richtig! «

» Was bedeutet dies für den Prozeß der Unsterblichkeit?«
»Wie ich bereits sagte, kann ein Ich, ohne daß es in Verbindung mit der >inneren Stimme der Seele< ge treten ist, niemals die Unsterblichkeit erlangen Ihre unterschiedlichen Fähigkeiten müssen sich ergänzen.
Die Fähigkeit des hohen Selbst ist sein Wille, der Gedanken und Gefühle erzeugt, sie verstärkt und ihre Energien bewußt durch den Körper fließen läßt. Ich nenne dies die Fähigkeit der Imagination.
Die Fähigkeit des tiefen Selbst liegt im unmittelbaren Erkennen dessen, was das Ich zur Erlangung der Unsterblichkeit vollbringen muß, und in der intuitiven Hinführung des Körpers zur Unsterblichkeit. Ich nenne dies die Fähigkeit der Intuition!«

» Was bedeutet das, den Körper intuitiv zur Unsterblichkeit zu führen?«
»Es heißt, daß die vom Ich erzeugten Unsterblichkeitsenergien in harmonischer Weise auf den Körper einwirken. Die innere Stimme dosiert die Energie der Unsterblichkeit derart, daß dem Körper durch diese mächtigen Energieströme kein Schaden zugefügt wird. Das hohe Selbst ist nicht dazu in der Lage, abzuschätzen und zu wissen, wie die Unsterblichkeitsenergie auf seinen Körper einwirkt. Es kennt nicht die Zusammenhänge, die sich im Innern des Körpers vollziehen, um mit diesen neuen Energien eine Bindung einzugehen. Das tiefe Selbst kennt diese Zusammenhänge intuitiv. Es paßt die Intensität der Unsterblichkeitsenergien dem natürlichen Rhythmus des Körpers an. Es überfordert ihn nicht, treibt ihn nicht zur Eile, es stimmt ihn allmählich auf die Veränderung der Körperprozesse ein!«

» Wie kann. die Unsterblichkeitsenergie konkret erzeugt werden?«
»Zunächst müssen Sie Klarheit über das Ziel der Unsterblichkeit in sich schaffen. Wenn Sie ein Haus bauen wollen, werden Sie sich zunächst mit dem Aussehen des Hauses, den anfallenden Kosten, dem Arbeits- und Zeitaufwand beschäftigen. Sie werden über das passende Grundstück nachdenken. Das Haus und alles, was dazu gehört, gewinnt in Ihrem Kopf an Gestalt. Und dann werden Sie sich um die Verfeinerung dieses Hauses Gedanken machen. Welche Farbe die Fassade bekommen soll, wie die Inneneinrichtung beschaffen sein muß, die Anlage des Gartens aussehen soll. Ihre Gedanken werden um das Ereignis kreisen, daß sie erschaffen wollen.
Wenn Sie die Unsterblichkeit erlangen wollen, müssen  Sie zunächst an die Unsterblichkeit denken. Sie müssen den Gedanken so klar wie möglich erschaffen , so simpel dies Ihnen auch scheinen mag. Hören Sie diesen Gedanken, sehen Sie diesen Gedanken, und fühlen Sie diesen Gedanken. Ein Gedanke, der geglaubt, gelebt, gefühlt, ständig wiederholt und intensiviert wird, hat die Tendenz, Wirklichkeit zu werden. Er wird sich früher oder später auf die geformte Energie - auf die Körpermaterie - auswirken und sie allmählich verändern.
Allein durch den immateriellen Gedanken an die Unsterblichkeit erzeugen Sie die Energie, die in diesem Gedanken liegt. Aller Anfang von Veränderungen liegt in unseren Gedanken. Indem Sie damit 1 beginnen, den Begriff >Unsterblichkeit< zu denken und mit diesem Gedanken weitere Vorstellungen verbinden, die um die Unsterblichkeit kreisen, intensivieren und vergrößern Sie bereits die dafür aufgewendete Energie. Zunächst sind diese Gedanken jedoch nur immateriell. Sie müssen sich in Körperenergie transformieren lassen, wollen sie Einfluß auf die Körpermaterie nehmen. Aus der Immaterialität des Gedankens erschaffen wir durch die Wiederholung des Gedankens seine gefühlsmäßige Entsprechung und damit einen materiellen >Ort der Erinnerung< in uns. Von >dort< aus können wir uns ständig seiner erinnern, weil dieser Gedanke ein Teil unseres Wesens geworden ist. Wir können ihn verfeinern und verstärken, so daß der >Raum<, den der >Ort der Erinnerung< in uns hat, zunehmend größer wird. So wird der Glaube an die Unsterblichkeit, die Entschlossenheit, dieses Ziel zu erreichen, aber auch der Zweifel, das Ziel der Unsterblichkeit erreichen zu können, den Gedanken der Unsterblichkeit zunehmend an den Körper binden!«

»Sie haben es bereits zweimal angesprochen. Sie sprachen von der Bedeutung der Zwiespältigkeit und des Zweifels für die Erlangung der Unsterblichkeit. Was bitte ist darunter zu verstehen?«
»Der Zweifel ist der Motor der Unsterblichkeit und ein Synonym für die ewige Bewegung von Energie. Die Zwiespältigkeit ist der Ausdruck des Zweifels. Um die Unsterblichkeit zu erlangen, muß der Geist des Menschen in ständiger Bewegung sein, so wie der unendliche Fluß des kosmischen Lebens ständig in Bewegung ist. Der Geist darf nicht stagnieren. Bewegung bedeutet, daß der Mensch das unendliche Wechselspiel zwischen der Destruktivität und der Konstruktivität seiner Gedanken nie verlieren und aufgeben darf. Nur dann ist das Prinzip der ewigen Bewegung in uns verankert! «

» Können Sie das vielleicht an einem Beispiel deutlich machen?«
»Stellen Sie sich einen Menschen vor, der erfährt, daß er an einer unheilbaren, tödlich verlaufenden Krankheit leidet. Was er denkt und fühlt, wird Verzweiflung, Todesangst, Trauer sein. Dies sind die destruktiven Anteile seiner Gedanken und Gefühle, mit deren Hilfe er nicht bewußt negative Energien in sich erzeugt. Nehmen Sie an, daß er diesen Energien nicht hilflos ausgeliefert ist. Es gelingt ihm - bewußt oder nicht bewußt -, positive Energien in sich zu' erzeugen, die sich den negativen Energien entgegenstellen. Dadurch ist er von einem sich aufbäumenden Lebenswillen, von Hoffnung und dem Glauben an seine Gesundheit erfüllt. Dies sind die konstruktiven Anteile seiner Gedanken und Gefühle. Negative und positive Energien treffen aufeinander. Die Geburt des Zweifels findet statt, die alleinige Macht der Destruktivität in ihm wird erschüttert. Sie stößt auf den Widerpart der Konstruktivität. Und wie im Aufeinandertreffen von Materie und Antimaterie - verzeihen Sie diese vielleicht nicht ganz passende Analogie -setzt diese Berührung von negativer und positiver Energie neue, gewaltigere Energien in ihm frei. Sie ermöglicht diesem Menschen, Außergewöhnliches zu vollbringen: seine Heilung oder seinen schnellen Verfall, die Verstärkung der positiven oder der negativen Energien. Je nachdem, wie der Mensch beschaffen ist und inwieweit ihm sein tiefes Selbst zur Seite stehen kann, wird es geschehen. Das Destruktive in uns ist der ständige Ansporn für das Konstruktive. Ohne das Destruktive bleibt das Konstruktive schwach. Das Konstruktive kann sich nur durch das Destruktive entfalten. Deshalb sind Destruktivität und Konstruktivität, die negative wie die positive Energie in uns unverzichtbar. Ohne das Destruktive genügte sich das Konstruktive selbst. Die Seele des Menschen hätte keinen Grund mehr, aus sich herauszuwachsen, sich zu >erhöhen<, sich weiterzuentwickeln.
Ich gebe Ihnen ein anderes Beispiel. Aus dem Gefühl einer seelischen Verletzung kann >Empörung< gegen sie erwachsen. Im Erleben der Destruktivität in Form von Wut, Haß, Trauer liegt bereits die Kraft zu ihrer Transformation. Die Implosion der Verletzung führt zur Explosion ihrer Überwindung. Negative Energie wird in positive Energie verwandelt. Wo es gelingt, wird Bewegung in Bewegung gesetzt. Erst im unaufhörlichen Zusammentreffen zwischen den destruktiven und den konstruktiven Anteilen unseres Denkens und Fühlens ergibt sich die Möglichkeit der Bewegung: im ständigen und vergeblichen >Überwinden< des Destruktiven. Dies entspricht der unendlichen Bewegung im Strom des kosmischen Lebens. Was sich dort bewußtseinslos vollzieht, vollzieht sich im Menschen mit Hilfe seines Bewußtseins, in der ergänzenden Gegensätzlichkeit von negativen und positiven Energien. Nur auf diese Weise kann der Geist des Menschen ein offener Geist werden, der sich in die Bewegung begibt, um der Stagnation des Geistes zu begegnen. Der offene Geist ist der sich bewegende Geist. Davon werde ich Ihnen später noch berichten.
Die Destruktivität ist nur dort schädlich, wo sie nicht auf den Widerpart der Konstruktivität trifft. Im Leben eines Menschen halten sich die destruktiven und die konstruktiven Anteile des Denkens und Fühlens in etwa die Waage, und damit die Art ihrer erzeugten Energien. Dort, wo die Destruktivität in einem Menschen obsiegt, zerstört sie allmählich die Harmonie des Körpers und die der Seele.
Doch auch die Konstruktivität ist auf ihre Weise schädlich, wenn sie nicht auf die Destruktivität trifft. Die ostasiatischen Philosophien bringen den Geist dazu, daß er sich nicht mehr bewegt und sich von allem Irdischen reinigt. Sie entkleiden ihre Gedanken und Gefühle von der Destruktivität, und was bleibt, ist eine unterscheidungslose Empfindung, die reine unbewegte Energie ist. Aber diese Energie entwickelt sich nicht Sie führt in der normalen Lebens-spanne eines Menschen zu einem reinen und gelassenen Leben, wie wir es bei den Meistern des Zen, des Taoismus, des Yoga erleben können. Es gelingt ihnen darüber hinaus, sogar ihr körperliches Leben zu verlängern. Diejenigen, die bewußt die körperliche Unsterblichkeit anstrebten und doch nur Langlebigkeit erlangten, haben durch die >Bewegungslosigkeit< ihres Geistes nur einen vorübergehenden Aufschub vom Tod erreicht. Sie haben das Prinzip der Bewegung des Lebens nicht begriffen. So blieb und bleibt ihre Unsterblichkeit nur auf ein Leben nach dem Tode beschränkt. Für diejenigen, die den Weg der physischen Unsterblichkeit gehen, muß der Geist jedoch ständig in Bewegung sein, damit er im Leben ist und am Leben bleiben kann. Der Geist ist das Bindeglied zwischen dem sich ewig bewegenden Strom der kosmischen Urenergie und der geformten Energie des menschlichen Körpers.
Im ergänzenden Spiel der Destruktivität und der Konstruktivität gibt es eine Ausnahme. Bei der Erzeugung der Unsterblichkeitsenergie muß diese rein -d. h. von ihren destruktiven Anteilen gesäubert - sein. In diesem Moment der Energieerzeugung behindern Zweifel, Ungeduld, Angst den Fluß der Unsterblichkeitsenergie und schwächen somit seine Wirksamkeit. Dies zu vermeiden, ist eine Frage der Konzentration, in der sich die Annäherung des hohen an das tiefe Selbst vollzogen haben muß. In dem Moment, wo sich die Energien beider Selbst vereinen, müssen sie identisch sein. Die Energie des tiefen Selbst ist zu jeder Zeit frei von Destruktivität, da es immer in sich ruht. Gelingt es dem Ich, die Unsterblichkeitsenergie rein zu erzeugen, potenzieren sich die vereinigten Energien beider Selbst. Und im Laufe der Jahre wird die auf Vergänglichkeit geordnete Körpermaterie auf die ständige Erneuerung unserer Körpermaterie umgeschrieben: In den unendlichen Fluß der Körperenergie!«

»Wie habe ich mir diese Unsterblichkeitsenergie vorzustellen?«
»Stellen Sie sich vor, wie der reine Gedanke der Unsterblichkeit sich in Energie verwandelt. Ihre innere Stimme wird Ihnen dabei helfen. Und dann schicken Sie diese Energie durch Ihren Körper, wie einen Strahl, der sich überallhin ausbreitet, um sich mit ihm zu verbinden. Die innere Stimme wird das Übrige tun. Aus Übung, Training und Gewohnheit gebiert sich der Erfolg. Ihr tiefes Selbst wird Ihnen mit der Zeit alles mitteilen, was für die Erzeugung und den Fluß der Unsterblichkeitsenergie nötig ist. Mit der Zeit werden Sie die Energie, die Sie erzeugen, in Ihrem Körper spüren. Manchmal werden Sie ein leichtes Ziehen oder einen Druck in sich fühlen, wenn sich die Energie in Ihrem Körper ausbreitet Diese Empfindungen können von einem leichten oder starken Schauer begleitet sein, der sich über den ganzen Körper erstreckt. Sagen Sie sich, daß Sie für immer jung und gesund am Leben bleiben werden. Vertrauen Sie auf die Macht Ihrer Gedanken. Verspüren Sie hierbei ebenfalls einen angenehmen Schauer, befinden sich die beiden Seelen Ihres Körpers in Einklang miteinander.
Je tiefer die Bindung zu Ihrer >inneren Stimme der Seele< wird,je mehr der Geist des Ich sich zu öffnen beginnt, der Glaube an die Unsterblichkeit fester und fester wird und die Erzeugung der Unsterblichkeitsenergien Ihnen zunehmend leichter fällt, um so stärker wird die Energie der Unsterblichkeit sein.
Die >innere Stimme der Seele< wird Sie niemals üb erfordern. Sie wird Sie mit Geduld, aber ohne Gleich-gültigkeit begleiten. Sie wird Ihnen fordernde Impulse geben, ohne Sie dabei unter Druck zu setzen. Wem es gelingt, die Seelen zu vereinen, wird immer wissen, was und wie es zu tun sein wird. Bedenken Sie dabei, daß es nicht den einen Weg zur Unsterblichkeit gibt. Jedes einzelne Ich muß den ihm gemäßen Weg finden. Zusammen mit seinem tiefen Selbst. Das Gemeinsame der Wege, die zur Unsterblichkeit führen, ist in meinen Worten enthalten. Darüber hinaus gibt es nichts, was noch zu sagen möglich wäre. Alles andere ist das einfache Gehen des Weges in die Unsterblichkeit. Und bedenken Sie des weiteren: Es gibt keine Lehrer der Unsterblichkeit. Ihr Ich und die >innere Stimme der Seele< unterweisen Sie. >Vater< war es, der mir half, mein tiefes Selbst in mir zu finden. Seine Begleitung bewahrte mich vor allzu großer Eile, allzu großem Eifer und vor der Selbsttäuschung, meine Selbstgespräche für die innere Stimme zu halten. Aber ich allein fand den Weg zu meiner inneren Stimme. Als ich den Weg der Unsterblichkeit zu gehen bereit war, bot >Vaters< Beistand eine Vorbereitung auf das Kommende, ein Orientieren an seiner Erfahrung - nicht mehr. Auch ohne ihn hätte ich den Weg gefunden!«

»Wie lange dauerte es, bis Sie das Ziel unsterblich zu sein, erreicht hatten?«
»Es dauerte achtJahre! Vielleicht waren es aber auch nur sechs Jahre. Ich kann mich nicht mehr daran erinnern. Denn als sich die Funktionen meines Körpers endgültig auf die Unsterblichkeit einstellten, dachte ich schon lange nicht mehr an die Unsterblichkeit. Ich spürte sie eher beiläufig, als ich an einem schönen sonnigen Tag im Mai auf ein Tal blickte. Eine Empfindung stellte sich ein, die mich mit einer großen Ruhe und Gewißheit erfüllte. Jetzt bin ich also unsterblich, dachte ich und fühlte gleichzeitig, wie meine innere Stimme mich darin bestätigte. Es berührte mich nicht weiter. Es war schon lange nicht mehr wichtig für mich gewesen. Hätte mich in diesem Moment jemand von dem Berg gestoßen, auf dem ich stand, so hätte der Tod für mich nicht mehr Bedeutung gehabt als das Leben, sei es nun das endliche oder das unendliche Leben. Denn Leben und Tod haben keine Bedeutung. Sie unterscheiden sich nicht wirklich voneinander. Beides ist vollkommen bedeutungslos. Beides ist vollkommen leer. Und dies war es auch für mich!«

»Haben Sie in den sechs oder acht Jahren gemerkt, daß Sie sich dem Ziel der Unsterblichkeit näherten?«
»Als es mir noch wichtig war, habe ich Veränderungen an mir bemerkt, die mich sicher machten, daß ich mich auf dem richtigen Weg befand. Ich war immer ein schwächliches Kind gewesen, und auch als Erwachsener mußte ich darauf achten, mich warm zu halten und mich nicht zu erkälten. Die erste Veränderung war, daß ich nicht mehr krank wurde. Ganz sicher wußte ich es, als ich im Winter von meinem Pferd in einen Fluß stürzte. Ich erkältete mich nicht. Bei dem Sturz verletzte ich mir allerdings den Rücken. Tagelang konnte ich mich nur unter großen Schmerzen bewegen. Dann begann ich, Energie zu erzeugen und sie dorthin zu lenken, wo es mich schmerzte. Schon wenige Stunden später ließen die Schmerzen nach. Nach zwei Tagen spürte ich nichts mehr!«

»Sie haben die Unsterblichkeitsenergie dazu benutzt, um Ihren Körper zu heilen?«
»Ja und nein! Ich erzeugte diese Energie auf die gleiche Weise, wie ich die Unsterblichkeitsenergie erzeugte. Doch ihre Bestimmung war das Heilen, nicht die Unsterblichkeit. Ich lenkte sie durch meinen Willen genau an die Stellen meines Körpers, wo die Schmerzen waren!«
»Sie erzeugten demnach eine Parallelenergie?«
»So können Sie es natürlich ausdrücken. Es war eine heilende Energie. Sie wächst mit Ihrer Fähigkeit, überhaupt Energien durch den Willen zu erzeugen und sie durch den Körper zu senden. Ich nenne sie die Heilenergie. Ihre Wirksamkeit ist ein weiteres Zeichen dafür, daß Sie sich der Unsterblichkeit langsam annähern. Die Wirkung der Heilenergie spüren Sie in relativ kurzer Zeit. Krankheiten oder Beschwerden lösen sich auf oder vermindern sich entscheidend. Die Wirkung der Unsterblichkeitsenergie hingegen können Sie nicht wahrnehmen. Sie können nur darauf vertrauen, daß sie den inneren Tod aus Ihrem Körper herausschneidet.
Eine weitere wichtige Veränderung auf dem Weg zur Unsterblichkeit betraf meine geistige Verfassung. Ich wurde ruhiger, bedachtsamer und gelassener, mein Verstand flexibler, meine Gefühle inniger und reiner, meine Geduld und die Toleranz gegenüber den Menschen nahm zu. Ich spürte das, was man mit Worten nur ungenügend ausdrücken und grob mit dem Begriff Liebe umschreiben kann. Sie erfüllte mich, und mein ganzes Fühlen und Denken wurde von ihr geprägt.
Ich begann, mich voller Energie zu fühlen. Ich erlebte diese Kraft in meinen Bewegungen, in meinen Gedanken und Gefühlen. Es war ein vollkommen neues Lebensgefühl. Der Jugendliche spürt in der Regel die Energie, die in ihm steckt, nicht bewußt. Sie ist ihm natürlich gegeben. Er lebt durch sie. Aber man sieht sie ihm an. Der Ältere spürt, daß diese Energie ihm fehlt, obwohl er sich schwach daran erinnern kann. Man sieht es ihm an, daß er sie nicht mehr besitzt. Aber wenn er sie wiedergewinnt, wenn er sie zum erstenmal bewußt in seinem Körper spürt, ihre Lebendigkeit ihn fast rasend vor Glück macht, dann weiß er wieder, wie es ist, jung und voller Energie zu sein. Doch von nun an wird er sie bewußt genießen.
Nach mehreren Jahren wurde mir die Unsterblichkeit zunehmend gleichgültiger. Viel wichtiger wurde mir der Friede, der in mir war, und natürlich die Verbindung zu meinem tiefen Selbst. Nur noch das Leben im Augenblick zählt!«

» Wie alt waren Sie, als Sie die Unsterblichkeit erlangten?«
»Soweit ich mich erinnere, etwa fünfzig Jahre alt!«

»Ich hätte Sie auf nicht älter als vierzig Jahre geschätzt! Eher noch ein wenig jünger!«
»Das glaube ich Ihnen! Ein Nebeneffekt bei der Erzeugung der Unsterblichkeitsenergie ist, daß der Alterungsprozeß nicht nur gestoppt, sondern bis zu einem gewissen Grad auch umgekehrt wird. Ihr Körper wird überJahre mit der Unsterblichkeitsenergie durchzogen. So regeneriert er sich mit der Zeit. Die Gesichtszüge werden straffer. Falten verschwinden oder bleiben nur noch als leichte Andeutung bestehen. Die Bewegungen Ihres Körpers werden geschmeidiger. Ihr Haar wird fülliger. Ein gewisses jugendliches Aussehen kehrt zurück!«
»Kann man den Prozeß der Verjüngung beeinflussen, ihn beschleunigen oder intensivieren?«
»Ich habe es nie ausprobiert. Daß ich nun jünger aussehe, als ich es zum Zeitpunkt meiner Unsterblichkeit war, lag nicht in meiner Absicht. Es stellte sich ein. Wenn ich jünger aussehen wollte, glaube ich nicht, daß dies ein Problem wäre. Es würde seine Zeit in Anspruch nehmen. Aber warum sollte ich es tun? Warum sollte ich das Menschliche in Äußerlichkeiten verlegen, wo es sich doch im Innern befindet. Das Innen ist meine Welt und dieses Innen lebe ich in der äußeren Welt der Menschen. Die äußere Welt hat nur dann eine Bedeutung, wenn sie zu einem Ort der Begegnung zwischen Menschen wird, die sich näherkommen, um sich auszutauschen und voneinander zu lernen. Das Aussehen eines Menschen hat dabei nicht die geringste Bedeutung!«

» Wir leben in einer Zeit, wo die Jugend und das jugendliche Aussehen zum Ideal des Menschen geworden ist! «
»Ich bedauere das sehr. Eine derartige Welt ist flach und leer. Wenn dem Menschen das Geschenk der äußeren Schönheit mehr gilt als die durch Anstrengung gebildete innere Schönheit, dann ist dies für mich ein Zeichen, daß die Menschen von sich selbst und von den anderen nichts mehr erwarten. Wer die Masken des Äußeren begehrt, flieht vor dem Reichtum seiner Seele. Die äußere Form ist nur die Hülle für das Pulsieren des Lebens in uns. Der Reichtum, der in uns verborgen liegt, den jeder Mensch in sich birgt, ob schön oder häßlich, ob reich oder arm, ob klug oder dumm, ist das Geschenk des Lebens. Die Entwicklung unserer Seele, die Öffnung des Geistes für die unendlichen Möglichkeiten in uns, das ist die wahre Bestimmung des Menschen. Ein stetiges Voranschreiten zu immer höheren und tieferen Sichten!«
 
 

Die Befriedung des Geistes


»Bisher haben Sie von der Erzeugung der Unsterblichkeitsenergie gesprochen. Dabei haben Sie betont, daß neben diesem Vorgang auch der Prozeß der >Befriedung des Geistes< eine wesentliche Rolle spielt, um die Unsterblichkeit erlangen zu können. Was verstehen Sie darunter?«
»Die >Befriedung des Geistes< ist die Vorbereitung des Geistes auf ein Leben in Unsterblichkeit. Es ist seine Transformation von der Endlichkeit des Seins in die Unendlichkeit des Werdens. Denn wer ewig leben will, muß mit der Ewigkeit leben können! Ein Traum von der Unsterblichkeit ist nur wie ein Feuer ohne Hitze. Es ist die Einbildung dessen, was in Wahrheit ganz anders ist. Denn alles, was wir tun und sind, hat seine Vor- und Nachteile. Die Unsterblichkeit hat ihren Preis. Und wer immer sie will, muß bereit sein, diesen Preis zu zahlen! «

»Das klingt sehr geheimnisvoll. Als müßten wir uns erst ein Bein oder einen Arm abschneiden, bevor wir in den Genuß der Unsterblichkeit kommen könnten. Aber ich sehe an Ihnen, daß Sie noch alle Ihre Körperteile haben. Demnach muß es also etwas anderes sein.«
»Es sind eine Reihe von Anforderungen, denen sich das hohe Selbst stellen muß. Das tiefe Selbst wird das Ich nur dann mit diesen Anforderungen konfrontieren, wenn es intuitiv sicher ist, daß das Ich ihnen gewachsen sein wird. Erst dann wird die >innere Stimme der Seele< das hohe Selbst mit den >Blockierungen und Ablagerungen der äußeren Seele< konfrontieren. Es wird ihm seinen verborgenen Haß zeigen, seine Eitelkeiten und Schwächen, seine Ängste, seine Selbsttäuschungen, seine Lügen. Es wird keine Filter der Beschönigung, der Verdrängung und der Täuschung mehr geben. Die >verschütteten Kammern der äußeren Seele< werden vollständig freigelegt!«

»Wie zeigt sich das?«
»Bei allem, was Sie denken, fühlen und sagen, werden Sie in jedem Augenblick Ihres Lebens wissen, was hinter Ihren vordergründigen Gedanken, Gefühlen und Worten verborgen liegt. Kaum ein Augenblick wird vergehen, wo Sie nicht in den Spiegel Ihres ungeschminkten Ich blicken, von allen Selbstlügen entblößt. Sie werden Haß und Ekel gegen sich selbst verspüren, Scham und Trauer. Als ich in die >verschütteten Kammern meiner äußeren Seele< blickte, wünschte ich mir, zu vergessen, was ich sah. Denn nur sehr wenig entsprach dem, was ich glaubte, zu sein. Ich sah meinen Neid, meine Begierden, meine Geltungssucht und vieles andere. Es schmerzte mich, mich so sehen zu müssen. Doch ich konnte und wollte nicht vor mir fliehen. Denn mir war bewußt, daß die Freilegung der >verschütteten Kammern meiner äußeren Seele< ein unerläßlicher Schritt auf dem Weg zur Unsterblichkeit war.
Meine innere Stimme konfrontierte mich mit diesen verdeckten Seiten meines Ich. Sie tat es kompromißlos und dennoch liebevoll. Wenn sie spürte, daß ich die Belastung nicht mehr zu ertragen meinte, fragte sie mich auf zärtliche Weise, ob sie aufhören solle, mich mit mir selbst zu konfrontieren. Manchmal tat sie es einfach. Manchmal nahm ich ihr Angebot an.
Mit der Zeit gewöhnte ich mich daran, meine ganze Blöße zu sehen und mir über meine Gedanken und Gefühle jederzeit im klaren zu sein. Ich lernte, diese Seiten meines Ich zu akzeptieren und mich von der Vorstellung zu befreien, daß ein Mensch niemals zu sich im Widerspruch stehen dürfe. Der Widerspruch, die Zwiespältigkeit oder besser noch die Vielspältigkeit der Seele, der Zweifel sind die Grundelemente eines Lebens mit Bewußtsein. Diese Fähigkeiten ermöglichen dem Geist, sich zu bewegen und sich weiterzuentwickeln. Ich lernte, die >Spaltungen< meiner Seele in Destruktivität und Konstruktivität zu akzeptieren und zu lieben.
Die >innere Stimme der Seele< konfrontiert uns auch mit unseren verdrängten oder >vergessenen< Ängsten. Die größte Angst des Menschen ist der Tod. Sie ist die stärkste negative Energie, die ein Mensch in seinem Leben erzeugt. Sie kann uns lähmen, indem wir den Tod als ein unabwendbares Schicksal betrachten. Sie kann uns bewegen, indem wir das Sterben hinauszuzögern trachten, den Tod in Gefahren bewußt suchen oder ihn bei anderen bewußt hervor-rufen. Wer seine Angst vor dem Tod aus dem Bewußtsein drängt, wird die Unsterblichkeit nicht erlangen können. Wer den Tod überwinden will, muß sich ihm jeden Tag aufs neue stellen. Auch wenn der innere Tod überwunden ist, bleibt der äußere Tod ein ständiger Begleiter. Der äußere Tod kann niemals überwunden werden. Das Ausrutschen auf einer Treppe, ein Unfall auf der Straße, ein Überfall - er ist überall. Seine ständige Anwesenheit bedarf unseres Respekts, unserer Akzeptanz und unserer Demut. Wer die Unsterblichkeit erlangen will, muß den Tod für immer in sein Herz lassen. Doch darf ihn das Wissen um den äußeren Tod nicht mehr berühren als das Wechseln eines Kleidungsstücks.
Versuchen Sie sich vorzustellen, unsterblich zu sein und gleichzeitig Angst vor dem Tod zu haben. Wie wurden Sie sich an Ihr Leben klammern, allen möglichen Risiken auszuweichen versuchen. Sie wären schließlich blind vor Angst, daß der Tod Sie irgendwann ereilen könnte. Die Gewohnheiten und Eigenheiten eines Menschen werden mit fortschreitendem Alter intensiver. Oft werden diese Gewohnheiten und Eigenheiten nicht als Begrenzung des Geistes erkannt. Statt dessen werden sie oftmals als Stärken verkannt. Der Geizige wird geiziger und fühlt sich wohl dabei. Der Ängstliche wird ängstlicher und leidet  immer mehr. Der Eifersüchtige wird eifersüchtiger und kann sich seiner Eifersucht immer weniger erwehren. Ein unsterblicher GeIziger? Ein unsterblicher Ängstlicher? Ein unsterblicher Eifersüchtiger? Eine unmögliche Vorstellung. Wenn die >innere Stimme der Seele< nicht davon überzeugt ist, daß wir unsere Schwächen erkennen und sie immerfort überwinden, wird sie uns den Weg in die Unsterblichkeit verwehren.
Zur >Befriedung des Geistes< zählt auch, daß sich der Geist für die Vielfalt der inneren und äußeren Welten öffnet und offenhalten kann. Er muß sich bedingungslos dem unendlichen Strom der Bewegungen und den sich daraus ergebenden Veränderungen ausliefern und anvertrauen. Ständig muß sich der Geist von diesem Strom berühren und bewegen lassen.
Alles, was mir in meinem Leben wichtig und heilig war, löste sich mit der Zeit auf. Die klaren Konturen verblaßten. Mein Geist begann, sich für das Erwartete wie für das Unerwartete, für das Mögliche wie für das Unmögliche zu öffnen. Alles war in Bewegung. Begrenzung liegt nur in den Gewohnheiten des Denkens. Zug um Zug verlor ich die Befangenheit und Schlichtheit meiner Seele. Sie entfaltete sich in alle Richtungen. Die Möglichkeit des Heiligen offenbarte sich mir wie die des Mörders, die sexuelle Abstinenz wie die der vielfältigen Formen der Wollust. Alle Möglichkeiten, zu der je ein Mensch fähig war oder sein könnte, eröffneten sich mir in einem einzigen Augenblick. Nichts war mir mehr fremd und nichts war mir mehr vertraut Ich spürte und sah mich zu allem fähig. Es gab keine Begrenzungen mehr, und doch legte ich sie mir selber auf, getragen und gegründet vom Willen zur Harmonie und damit zur positiven Energie in mir. Sie würden dies Liebe nennen, die Lebe zu mir selbst und zu den anderen. Liebe in ihren unzähligen Facetten. Denn jeder Gedanke, den ich denke, jedes Gefühl, daß ich erschaffe, jede Tat, die ich vollbringe, berührt die Energie in mir, und sie schlägt aus zur einen oder zur anderen Seite. Ich spreche nicht von der absoluten Reinheit der äußeren Seele.
Mir selbst ist alles gut, solange ich mich im Einklang zu mir befinde und meinem Nächsten nicht schade. Mit Hilfe meiner >inneren Stimme der Seele< lernte ich, mich selbst zum Maßstab meines Denkens zu machen und mich dennoch nicht vor dem Denken der anderen zu verschließen.
Die Verwirrung, die mich angesichts der unendlichen Möglichkeiten des Lebens erfaßte und die jede Klarheit in mir verwischte, war nur von kurzer Dauer. Schon bald lebte ich in und mit dem Bewußtsein, daß nur die Öffnung des Geistes der Unendlichkeit des Lebens gerecht werden kann. Der Preis dafür ist der Verlust aller Klarheit. Denn im Leben bleibt nichts, wie es ist, sondern es geht auf ewig weiter.
Es gab noch einen Preis, den ich für die Unsterblichkeit des Körpers bezahlen mußte. Er lautet, für immer den >kleinen Tod der Seele< zu sterben und ihm niemals entrinnen zu können. In der physischen Unsterblichkeit liegt die Einsamkeit der äußeren Seele. Auch wenn ich den inneren Tod nicht mehr sterben kann, die Menschen, die mich umgaben, starben ihn. Menschen, die ich liebe, werden ihn sterben. Ihr Lachen und Weinen verstummt, ihre Gesichter, ihre Stimmen verblassen in meinen Erinnerungen. Menschen, die ein Jahrhundert prägten, ihre Lebensweisen, ihre Gedanken, ihr Lebensgefühl, hören auf zu existieren. EinJahrhundert endet Städte verändern ihr Gesicht, Landschaften ihr Aussehen. Mies verliert die gewohnte Vertrautheit. Und ich stehe auf einer Insel, die niemand mehr mit mir teilen kann. Meine Erinnerungen sind nur noch meine Erinnerungen. Der kleine Tod ist der Tod der Vertrautheit, der Tod der Teilbarkeit von Erinnerungen, der Tod der kleinen Sicherheiten und des noch kleineren Wissens von der Welt und den Menschen. Was auf ewig bei mir bleibt und mir die Kraft zum Leben gibt, ist meine >innere Stimme der Seele<. Ohne sie wäre ich einsam. Sie begleitet mich überall. Sie beschützt mich, teilt ihre Gedanken mit mir, freut sich mit mir und tröstet mich.
Wenn ein Mensch Teil der unendlichen Bewegung des Lebens werden will, bedeutet das für ihn, daß er sich von der Endlichkeit seiner Gedanken und Gefühle auf ewig trennen muß!«

»Ist damit die >Befriedung des Geistes< abgeschlossen?«
»Nein! Zur >Befriedung des Geistes< gehört ebenfalls, daß es dem hohen Selbst gelingt, die Unsterblichkeit zu wollen, ohne sie wollen zu müssen, an sie zu glauben, ohne an sie glauben zu müssen!«
»Das klingt nun doch nach ostasiatischer Philosophie! «
»Ist die Erkenntnis, daß unsere Sprache die Gegensätzlichkeit unseres Denkens über Worte erschafft, für Sie weniger akzeptabel, weil sie auch Teil des ostasiatischen Denkens ist? Ich hoffe es nicht. Die Ähnlichkeit, die Sie zu sehen glauben, ist nur eine oberflächliche Ähnlichkeit. Wenn wir eine Idee erschaffen, erschaffen wir auch gleichzeitig das Gegenteil davon. Gibt es Wahrheit, gibt es auch Unwahrheit. Gibt es das Gute, gibt es auch das Böse. Gibt es Liebe, gibt es auch Haß.
Das kosmische Leben, das ohne Bewußtsein ist, kennt diese Unterscheidungen nicht. Der unendliche fluß der Lebensenergien ist Anfang und Ende zugleich. Hier gibt es keine Trennung. Für den Menschen, der Bewußtsein hat, sind Unterscheidungen ein Teil seines Lebens. Es gibt keinen Grund, Gegensätze zu überwinden, da sie das reine Menschliche in uns verkörpern. Es gilt, sie zu nutzen, wo sie für uns hilfreich sind, sie beiseite zu schieben, wo sie uns schaden könnten, sie zu verbinden, wo sie uns über Grenzen erheben und sie zu zügeln, wo sie uns in Abhängigkeit von ihnen bringen. Verfestigen wir die Unterscheidungen, die wir täglich treffen, zu Dogmen, zu Ideologien, zu absoluten Wahrheiten, die ihr Gegenteil verdammen und bekämpfen, dann begrenzen wir unseren Geist. Die Folge ist Stagnation. Die Folge der Stagnation ist der Tod.
Wenn wir etwas wollen, dann denken wir oft, daß wir gleichzeitig das Nichtwollen nicht dürfen. Dies entspricht dem Muster unseres Denkens und Fühlens, daß nämlich Unterscheidungen Gegensätze beinhalten, die sich ausschließen. Das ist ein Irrtum. Zu jeder Unterscheidung gehören mindestens zwei Seiten, wenn nicht mehr. Sie sind durch ein unsichtbares Band miteinander verknüpft. Treten wir zwischen das Wollen und das Nichtwollen, zwischen Glaube und Nichtglaube, so offenbart sich uns eine neue geistige Welt in all ihrer Vielfältigkeit. In ihr ist die Bewegung, das ständige Suchen und Finden einer Balance, welche das Resultat des absichtslosen Wirkens unseres Willens ist. Die Konzentration unseres Willens ist nötig, um die Unsterblichkeitsenergie zu erzeugen. Dies ist der absichtsvolle Wille. Doch wenn sich in diesen reinem Willen zur Konzentration der Wille zur Unsterblichkeit derart mischt, daß er mich zum absoluten Muß der Unsterblichkeit verführt, dann wirke ich ihm entgegen. Ein Zuviel behindert das Ziel. Ein Zuwenig behindert es auch. Aus der Balance entsteht die Harmonie der >Gegensätze<, die Aufhebung der Trennung, ohne sie ganz aufzuheben!«

» Und wie soll diese Balance entstehen? Woher weiß ich, das etwas zuviel oder zuwenig ist?«
»Mißachten Sie bitte nicht die >innere Stimme der Seele<! Das Bilden der Balance liegt im Vertrauen zum tiefen Selbst und in der Geduld des hohen Selbst, daß die Unsterblichkeit durch sie ermöglicht wird. Auf diese Weise können wir die Transformation unseres Körpers von der Sterblichkeit zur Unsterblichkeit ganz der >inneren Stimme der Seele< überlassen!«

»Ich habe das noch nicht verstanden! Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mir noch einmal erklären würden, worin der Unterschied zwischen dem Läuterungsprozeß des Ich in den ostasiatischen Philosophien und der von Ihnen propagierten Läuterung des Ich besteht!«
»Die Verknüpfung der Selbst und die >Befriedung des Geistes< führen nicht zur Ichaufgabe. Sie dürfen es auch nicht. In den ostasiatischen Philosophien ist es das Ziel, alle Gegensätzlichkeit zu überwinden, sie auf die Ebene des Geistes zu transzendieren, um ein unterscheidungsloses, unmittelbar erkennendes >Ich< zu werden. Hierbei erzeugen sie bereits eine Gegensätzlichkeit, indem sie das >alte Ich< dem neuen >Ich< gegenüberstellen.
Das Gegenteil der Ichlosigkeit ist das Ich in seiner Behaftetheit an den Kreislauf des Leidens, wie es die Buddhisten nennen. Sie suchen das >Menschliche< in uns zu überwinden und etwas >Übermenschliches< zu werden, obwohl doch das Menschliche zu uns gehört wie der Kopf zu unserem Körper. Mein Ziel war es, zwischen den Gegensätzen den Weg des Sowohl-als-auch zu gehen, das Menschliche zu wahren und dabei die geistigen Möglichkeiten des Menschen zu erhöhen. Niemals sollten wir abhängig von unseren menschlichen Begierden sein. Denn die Abhängigkeit von ihnen ist der Tod der Seele. Hier offenbaren sich ohne Zweifel die Abgründe des Menschlichen.
Ihr prinzipieller Nutzen übersteigt bei weitem ihre prinzipielle Überwindung.
Lassen Sie mich zu dem zurückkehren, was ich über die Bedeutung des Vertrauens und der Geduld für den Prozeß der Unsterblichkeit erwähnt habe. Der Mensch kann die Balance nicht erlangen, wenn er sie kontrollieren will. Dafür sind die Prozesse, die die Unsterblichkeitsenergien in uns auslösen, zu umfangreich. Das Vertrauen bezieht sich nicht nur auf das Einsetzen der Unsterblichkeitsenergien. Es be zieht sich ebenfalls auf die Schritte, die wir bei der Verknüpfung der Selbst und bei der Konfrontation mit unseren >Blockierungen und Ablagerungen der äußeren Seele< gehen müssen. Als die Bindung zu meinem tiefen Selbst sich intensivierte, gab es Zeiten, wo ich keinen Kontakt zu meiner inneren Stimme hatte. Ich wollte diesen Kontakt erzwingen. Aber ich konnte und kann den Kontakt zu meinem tiefen Selbst nie kontrollieren. Je tiefer die Verknüpfung beider Selbst zueinander wird, um so weniger wird der Kontakt zueinander abreißen. Ich sagte es bereits: Nur, wenn das hohe Selbst zu sehr in der äußeren Welt verhaftet ist, sich von ihr verunsichern und gefangennehmen läßt, dann unterbricht die Verbindung für eine kurze Zeit. Die Leere, die dann in mir entstand, ist, als wäre ein guter Freund von mir gegangen. Und ich warte lange, bis sich der Kontakt plötzlich wieder einstellte. Früher dauerte es manchmal mehrere Tage. Dies ist schon lange nicht mehr vorgekommen. Wenn überhaupt, fehlt der Kontakt vielleicht einen Tag. Vertrauen Sie Ihrem tiefen Selbst. Es läßt sie nicht im Stich. Es kann zu Anfang Ihrer Beziehung sehr lange dauern, bis es sich wieder meldet. Denn es lebt zwar durch den Körper in der Zeit, aber gleichzeitig auch außerhalb von ihr.
Es mag schwer sein, den Gedanken aufzugeben, alles, was wir tun, um jeden Preis kontrollieren zu müssen. Es war nicht leicht, die Spuren des Alterns an mir wahrzunehmen und dennoch darauf zu vertrauen, daß ich eines Tages nicht mehr altern würde. Denn der Alterungsprozeß stoppt erst dann vollständig, wenn sich genügend Unsterblichkeitsenergie an unseren Körper gebunden hat. Dies ist ein Prozeß, der Jahre andauert. Das hohe Selbst vermag niemals den Zeitpunkt seiner Unsterblichkeit zu bestimmen. Es kann nur hoffen und warten und tun und auch alles drei wiederum unterlassen.
Alle Impulse, die zur >Befriedung des Geistes< und damit zur Weiterentwicklung der >äußeren Seele< führen, kommen vom tiefen Selbst. Manchmal sind es gleich mehrere Blockaden, die dem hohen Selbst bewußt werden.
Manchmal geschieht wochenlang oder monatelang überhaupt nichts. Sie sind bereit für die Veränderung Ihrer Seele, aber in Ihnen herrscht Schweigen. Die innere Stimme fordert Sie nur dazu auf, zu warten, sich in Geduld zu üben und darauf zu vertrauen, daß etwas in Ihnen geschieht, was Ihnen den weiteren Weg weisen wird. Kennen Sie die Geschichte vom unfehlbaren Lotsen? Nein? Ich werde Sie Ihnen erzählen.
Ein Schiff wollte durch nebelige Gewässer fahren, in denen sich gefährliche Riffe befanden. Es gab nur einen Lotsen, der bisher alle Schiffe unbeschadet durch den dichten Nebel geführt hatte. Natürlich wollte der Kapitän des Schiffs diesen Lotsen haben. Und er bekam ihn. Der Lotse wurde von seinem persönlichen Begleiter zum Bug des Schiffes geführt und gab von dort aus Anweisungen, wie das Schiff durch den Nebel zu steuern sei. Es dauerte Stunden. Die gesamte Besatzung wurde immer ungeduldiger. Denn sie kannte die tödliche Gefahr, die von den Riffen ausging. Als das Schiff glücklich den Nebel hinter sich hatte und an den Riffen vorbei gefahren war, fragte der Kapitän den Lotsen, wie er in dem Nebel die Riffe habe sehen können. Da antwortete der Lotse, daß er blind sei und mit seinen Augen nichts habe sehen können. Aber wie habe er dann die Riffe ausmachen können, wollte der Kapitän verwundert wissen. Ganz einfach, erklärte der Lotse. Er habe seinem inneren Auge vertraut und darauf gewartet, daß es ihm den Weg weise.
Einmal wurde der Begleiter des Lotsen krank und ein Matrose des Schiffs führte den Lotsen zum Bug. Da fiel ihm auf, daß sich der Lotse seltsam benahm. Er meldete dies dem Kapitän des Schiffes, der feststellte, daß der Lotse blind war. Sofort wies er seine Mann-schaft an, nicht mehr auf die Anweisungen des Lot-sen zu hören. Statt dessen versuchte der Kapitän, die Riffe in der Nebelwand zu sehen und das Schiff unbeschadet hindurchzusteuern. Was weiter geschah, werde ich Ihnen kaum erzählen müssen. Das Schiff lief auf ein Riff auf und sank! Mehr ist nicht zu sagen, deshalb lassen Sie mich bitte schließen.
Mit der Erweckung der >inneren Stimme der Seele< und der Verknüpfung beider Selbst ist der Weg in die Unsterblichkeit vorbereitet. Ein jeder Mensch muß seinen eigenen Weg in die Unsterblichkeit finden und in der Lage sein, ihn zu gehen. Es gibt kein Rezept, keine auf jeden übertragbare sichere Methode. Nur grobe Hinweise, wie ich sie hier aufgeführt habe. Es gibt keine Führung von außen. Die Führung kommt ganz allein vom Innen, von eines jeden tiefem Selbst! «
 
 

III

DIE ERWECKUNG DES TIEFEN SELBST

 
 

Im dritten und letzten Kapitel werde ich Ihnen nun die vier Schritte vorstellen, die notwendig sind, um mit Ihrem tiefen Selbst in Verbindung treten zu können. Ich werde Ihnen diese Schritte so darlegen, wie sie mir von Reimund Cremer vermittelt worden sind. Wenn Sie Ihr tiefes Selbst in sich erwecken wollen, wird es Monate dauern, bis Ihre »innere Stimme der Seele« dazu bereit sein wird, den Kontakt mit Ihnen aufzunehmen. Sie wird den Wunsch, mit ihr eine Bindung herstellen zu wollen, über Ihre Geduld und Ausdauer prüfen. Sie wird beobachten, wie ernst es Ihnen ist und wie stark Ihre Bereitschaft zur inneren Einkehr ist.
Dies ist kein leichter Weg. Doch wenn Sie nach der Lektüre der ersten beiden Kapitel fest entschlossen sind, Ihre innere Stimme zu erwecken, so wird sich der Aufwand lohnen. Denken Sie allerdings immer daran: Das tiefe Selbst in Ihnen ist Liebe, Güte und Harmonie in der vollkommensten und reinsten Bedeutung dieser Worte! Es wird sich Ihnen niemals zu erkennen geben, wenn die destruktiven Anteile Ihrer »äußeren Seele« übermächtig sind. Dies bedeutet nicht, daß Sie ein Heiliger oder ein Weiser sein müssen, um überhaupt die Chance zu haben, mit Ihrer inneren Stimme in Verbindung treten zu können. Aber wenn Ihr Herz verbittert und voller Destruktivität
 ist, werden Sie nicht die Ruhe erzeugen können, in der sich Ihnen Ihr tiefes Selbst bewußt zuwendet. Je mehr Sie den destruktiven Anteilen verfallen sein sollten, um so länger werden Sie bei den ersten beiden Schritten verweilen müssen.
Die vier Schritte zur Erweckung des tiefen Selbst sind die erste Stufe auf dem Weg zu einer möglichen physischen Unsterblichkeit. Doch der Weg zur Unsterblichkeit ist anders als hier beschrieben. Er folgt auf die Erweckung Ihrer inneren Stimme. Er geht ihr nicht voraus. Zunächst darf es Ihnen allein darum gehen, eine Verbindung zu Ihrem tiefen Selbst herzustellen. Betrachten Sie dies nicht als einen Zwischenschritt auf dem Weg zur Unsterblichkeit! Machen Sie deshalb die physische Unsterblichkeit nicht zu Ihrem vordringlichsten oder alleinigen Ziel! Vergessen Sie auch nie, daß die Erweckung Ihres tiefen Selbst kein Garant für das Erlangen der Unsterblichkeit ist! Die Bindung, die zwischen Ihnen und Ihrer inneren Stimme entsteht, wird auch ohne die Unsterblichkeit Ihre Lebensqualität entscheidend erhöhen. Mit ihr werden Sie Energien in sich erzeugen können, die Ihren Alterungsprozeß verlangsamen und möglicherweise vorhandene körperliche Leiden mindern oder sogar heilen können. Sollte Ihre »innere Stimme der Seele« dazu bereit sein, mit Ihnen als hohem Selbst den Weg der physischen Unster\> lichkeit zu gehen, dann wird es Ihnen dies früher oder später mitteilen.
Das tiefe Selbst wird sich nicht von Ihnen benutzen lassen! Eine Beziehung wird nur im gegenseitigen Vertrauen und im bedingungslosen Sich-aufeinander-Einlassen entstehen. Bedenken Sie, daß Ihre innere Stimme alle Ihre offenen und geheimsten Gedanken und Wünsche kennt. Sie können nichts vor ihr verbergen! Sie ist ein Teil von Ihnen, solange Sie leben.
Wie lange es dauern wird, bis die Verbindung zu Ihrem tiefen Selbst hergestellt sein wird, ist nicht zu sagen. Es hängt von vielen Umständen ab, von äußeren wie von inneren. Sie liegen in den persönlichen Lebensumständen, dem Wesen und der individuellen Lebensgeschichte einer jeder Person begründet Die Geduld wird sich als Ihre stärkste Fähigkeit erweisen müssen! Bleiben Sie hartnäckig in Ihren Bemühungen! Lassen Sie sich von vermeintlichen Rückschritten oder von stagnierenden Entwicklungen nicht beeindrucken! Reimund Cremer sagte mir:
»Ohne Geduld werden Sie nichts von dem erreichen, was Sie erreichen wollen; weder in der Welt des Außen noch in der Welt des Innen!«
Wenn Ihre »innere Stimme der Seele« dazu bereit ist, mit Ihnen Kontakt aufzunehmen, werden Sie in diesem Moment möglicherweise Angst verspüren! Angst davor, daß Sie etwas in sich erweckt haben könnten, was nun nicht mehr zu kontrollieren sein wird. Erinnern Sie sich bitte daran, daß das tiefe Selbst Ihnen niemals die Herrschaft über Ihren Körper und Ihre »äußere Seele« streitig machen wird! Sie werden immer die Möglichkeit dazu haben, Ihr Bewußtsein vor Ihrer inneren Stimme zu verschließen! Und sie wird dies respektieren! Vergessen Sie auch nicht, daß sie Sie niemals zu etwas zwingen oder überreden wird, was Sie - als hohes Selbst - nicht wollen! Die vier Schritte zur Erweckung des tiefen Selbst bauen aufeinander auf! Achten Sie unbedingt darauf, die Reihenfolge einzuhalten! Nur wenn der vorhergehende Schritt vollständig durchlaufen ist, können Sie mit dem nächsten Schritt beginnen! Leser, die bereits Meditationserfahrung haben, oder solche, die mit diversen Entspannungstechniken vertraut sind, brauchen gegebenenfalls eine kürzere Zeit, um gewisse innere Zustände zu erreichen. Dies sollte Sie aber nicht nachlässig werden lassen, indem Sie die ersten beiden Schritte zu schnell durchlaufen! Die vier Schritte lauten:

1. Die äußere Stille finden.
2. Die innere Stille aufsuchen.
3. Den Intuitionen Raum geben.
4. Die Verbindung mit dem tiefen Selbst aufnehmen.
 

Im folgenden werden die von Reimund Cremer verwendeten Worte und Bezeichnungen von mir in Anführungszeichen gesetzt.
 

Erster Schritt: Die äußere Stille finden


Dieser von Reimund Cremer für den Menschen des 20.Jahrhunderts hinzugefügte Schritt beinhaltet die geistige Auseinandersetzung mit der äußeren Stille. Dies bedeutet, daß Sie lernen müssen, (absolute) Stille zu ertragen und sie schließlich tief zu genießen. Suchen Sie sich einen stillen Raum, der ganz oder weitestgehend von störenden Geräuschen frei ist (Straßenlärm, Ticken einer Uhr usw.)!
Die äußere Stille zu ertragen und sie schließlich zu genießen, ist nicht so einfach, wie Sie sich dies vielleicht vorstellen. Der Mensch des ausgehenden 20. Jahrhunderts ist daran gewöhnt, ständig mit Geräuschen zu leben. Nicht selten kommt es vor, daß Menschen zu jeder Tageszeit den Fernseher an-geschaltet haben, ohne jedoch bewußt ein Prgramm zu sehen. Es geht ihnen nur darum, ein Hintergrundgeräusch zu hören, um einer Stille zu entgehen, die als nicht ertragbar oder sogar bedrohlich erscheint.
Die äußere Stille zu finden, sie zu akzeptieren und zu genießen, ist die erste Voraussetzung, die Sie erfüllen müssen, um mit Ihrem tiefen Selbst in Verbindung treten zu können. Die »innere Stimme der Seele« lebt in und aus der Stille. Die Stille ist ihr »Lebenselixier« und die innere Stimme ist nicht bereit, diese Stille zu verlassen. Sie müssen sich also zu ihr begeben, um der Stille »ansichtig« werden zu können und damit Ihrem tiefen Selbst zu begegnen.
Beginnen Sie für fünfzehn Minuten am Tag in äußerer  Abgeschiedenheit zu sein! Setzen Sie sich auf einen Stuhl, ein Sofa oder in eine Ihnen vertraute Meditationshaltung! Nur liegen sollten Sie nicht, da dies zu dem erfreulichen, aber hier nicht sinnvollen Nebeneffekt des Einschlafens führen könnte.
Vielleicht werden Sie bemerken, daß Sie diese Abgeschiedenheit sofort genießen können. Unter Um-ständen werden Sie sie aber auch als unangenehm oder als lästig empfinden. Dann werden Sie ein wenig mehr Zeit und Geduld investieren müssen, bis Sie die äußere Stille ertragen können.
Bei diesem ersten Schritt geht es noch nicht darum, Körper und Geist bewußt zu beruhigen. Ziel ist, bewußt mit sich allein und damit ungestört zu sein.
In diesen fünfzehn Minuten sollen Sie an nichts Bestimmtes denken! Natürlich werden sich Gedanken einstellen. Lassen Sie sie einfach an sich vorüberziehen! Weichen Sie der äußeren Stille nicht dadurch aus, daß Sie über ein Erlebnis oder ein Problem nachdenken! Sie sollen in diesen fünfzehn Minuten aber auch nicht aus dem Fenster blicken oder im Raum herumgehen! Dies sind nur weitere Störquellen. Bleiben Sie auf Ihrem Platz, sehen Sie nichts konkret an und konzentrieren Sie sich auf sich selbst! Von Woche zu Woche erhöhen Sie die Zeit um zehn oder fünfzehn Minuten, bis Sie schließlich eine Stunde in der äußeren Stille sein können! Versuchen Sie möglichst täglich und damit regelmäßig die Zeit zur äußeren Stille zu finden!
Je länger Sie in der Abgeschiedenheit sind, je mehr Sie sich anstrengen müssen, sich nicht abzulenken,
um so stärker wird sich das Gefühl der Langeweile einstellen. Entfliehen Sie ihr nicht, indem Sie gegen die Anweisungen zur äußeren Stille verstoßen! Halten Sie diese Langeweile aus! In dieser körperlichen und geistigen »Beschäftigungslosigkeit« werden Sie mit sich selbst konfrontiert. Sie erleben ohne jede »ablenkende Verzierung die Ereignislosigkeit des Augenblicks« und damit die »Nacktheit des Ich«.
Sobald die Langeweile für Sie erträglicher geworden ist - und erst dann -, machen Sie sich offen dafür, was aus dem Innern an die Oberfläche Ihres Bewußtseins will! Mittlerweile kennen Sie die ablenkenden Gedanken und Gefühle, die Ihnen während Ihrer Abgeschiedenheit in der äußeren Stille gekommen sind. Es geht darum, nur solche Gedanken und Gefühle zuzulassen, die ein Thema Ihres Lebens darstellen. Dies sind ausschließlich existentielle Themen. Sie können sich in Erinnerungen zeigen, die für Sie schmerzlich waren und es eigentlich noch sind; die Sie vergessen wollten, aber nur verdrängt haben. Es können auch Ängste sein, denen Sie sich nie zu stellen wagten. Es können Fragen zum Sinn Ihres Lebens sein oder Lebenszweifel. Diese mehr oder weniger verschütteten Lebensthemen werden mit der Zeit durch die Langeweile und damit über die Konfrontation mit der äußeren Stille in Ihnen wachgerufen. Es gilt, sich ihnen zu stellen! Manövrieren Sie sich bei der Auseinandersetzung mit einem Lebensthema nicht in eine für Sie psychisch »ausweglose« Situation, damit die innere Stimme als letzter Retter in der Not erscheint. Es bemerkt, wenn Sie es zu einer Reaktion zwingen wollen. Vergessen Sie bitte nie, daß die »innere Stimme der Seele« nach anderen Gesetzen handelt als denen, die Ihnen vernünftig und einsichtig erscheinen!
Es können viele Lebensthemen sein, die Ihnen in den Phasen der äußeren Stille bewußt werden. Machen Sie jedoch nicht jedes Lebensthema innerhalb einer Übung zur äußeren Stille zum Thema Ihres Nachsinnens! Wählen Sie dasjenige aus, von dem Sie glauben, daß es am schwerstwiegenden und vordringlichsten ist! Belügen Sie sich nicht!
Unabhängig davon, wann Ihnen bei der Übung zur äußeren Stille Lebensthemen einfallen, beginnen Sie bitte erst nach der dritten Woche Ihrer Abgeschiedenheitsübung, sich mit einem davon zu befassen! Bis dahin sollen Sie nur täglich das Gefühl der äußeren Stille erleben.
Ab der dritten Woche teilen Sie die Ihnen zur Verfügung stehende Zeit zu gleichen Teilen auf. Die erste Hälfte ist nach wie vor dafür zu verwenden, in der äußeren Stille zu sein und dabei an »nichts« zu denken, bis Sie diese Phasen der äußeren Stille genießen können. Die andere Hälfte der Ihnen zur Verfügung stehenden Zeit (maximal dreißig Minuten) verwenden Sie, um über Ihr ausgewähltes Lebensthema nachzudenken.
Das Sichauseinandersetzen mit einem Thema Ihres Lebens soll auf eine Art und Weise geschehen, die ihre »Innigkeit« vorbereitet und Sie gleichzeitig darin schult, zu einem späteren Zeitpunkt Ihre Selbstgespräche von den inneren Dialogen mit Ihrem tiefen Selbst besser unterscheiden zu können. Sobald Sie eines Ihrer Lebensthemen gefunden haben, beginnen Sie, in Form eines Selbstgesprächs über dieses zu reden! Betrachten Sie Ihr Lebensthema von allen Seiten! Formulieren Sie es aus! Durchdenken Sie es! Durchfühlen Sie es! Stellen Sie sich (von hohem Selbst zu hohem Selbst) Fragen! Horchen Sie in sich hinein! Diskutieren Sie mit sich! Dies bedeutet allerdings nicht, daß Sie Ihr tiefes Selbst bereits direkt ansprechen sollen. Widerstehen Sie dieser Versuchung! Es wird Ihnen zu diesem Zeitpunkt noch nicht antworten. Tun Sie vielmehr so, als würden Sie Ihre Gedanken einer außerhalb von Ihnen existierenden (imaginären) Person erzählen, etwa einem Freund oder einer weisen Person!
Beachten Sie dabei den Grundsatz, nicht negativ über Ihr Lebensthema und den darin enthaltenen Ereignissen zu reden! Verstehen Sie das, was sich in Ihrer Erinnerung möglicherweise als schmerzlich und bedrückend erwiesen hat, als eine Chance der Veränderung, als eine Erfahrung, die im Nachhinein für das Kommende nur hilfreich sein kann! Geben Sie Ihren destruktiven Empfindungen, wie Trauer, Melancholie, Haß, Neid, Verzweiflung, nur für kurze Augenblicke Raum! Lassen Sie sich nicht in einen endlosen Korridor der Negativität hineinziehen!
Lassen Sie sich bei allem, was Sie tun, Zeit! Erwarten Sie niemals augenblickliche Lösungen oder Veränderungen! Üben Sie sich in gelassener - nicht in zwangsverordneter - Geduld! Vergessen Sie nicht, daß die Geduld von entscheidender Bedeutung für die Weiterentwicklung Ihrer »äußeren Seele« ist!
Wenn es Ihnen möglich ist, versuchen Sie, einen ganzen Tag oder länger in äußerer Abgeschiedenheit zu leben und nur auf sich selbst konzentriert zu sein! Hierbei liegt der Schwerpunkt auf dem Stillsein. Es reicht, wenn Sie sich maximal dreißig Minuten mit Ihrem Lebensthema befassen. Lassen Sie sich für den ersten Schritt viel Zeit! Dies können durchaus mehrere Monate sein. Gehen Sie erst zum nächsten Schritt über, wenn Sie die äußere Stille genießen können und Sie Ihnen nicht mehr fremd ist! Ob Sie in dieser Zeit eines oder mehrere Ihrer Lebensthemen mit sich selbst besprochen haben und dies zu einem für Sie befriedigenden Ergebnis geführt hat, ist für den ersten Schritt nicht weiter wichtig. In der Auseinandersetzung mit einem Lebensthema haben Sie auf indirekte Weise damit begonnen, Ihre Aufmerksamkeit langsam auf Ihr »Innen« zu lenken. Damit haben Sie bereits den vierten Schritt - die direkte Kontaktaufnahme zu Ihrem tiefen Selbst - vorbereitet.
 
 

Zweiter Schrift: Die innere Stille aufsuchen


Sie haben nun die erste Voraussetzung erfüllt: Sie können in der äußeren Stille sein, sie annehmen und genießen. Sie ist Ihnen vertraut Sie sind sich selbst gegenüber inniger und nachdenklicher geworden. Ihre Lebensthemen können Sie wie im ersten Schritt weiterverfolgen. Sie sind aber nicht Bestandteil des zweiten Schritts. Sie brauchen auch nicht mehr die Übung zur äußeren Stille durchzuführen.
Jetzt müssen Sie lernen, die innere Stille in sich aufzusuchen! Das Ziel ist, daß Sie in Ihr »Innen« hinabtauchen und dort das »Zentrum der Stille« in sich finden. Dieses »Zentrum der Stille« beschreibt Reimund Cremer als einen »inneren Ort«, wo Stille und Bewegung miteinander harmonieren und das Leben - ihr eigenes und das kosmische - pulsiert. In diesem Zentrum gibt es keine Gedanken, keine Gefühle, keine Rationalität und Irrationalität, keine Unterscheidungen, sondern nur einen gewaltigen bewußtseinslosen, in sich ruhenden Strom von reiner Lebensenergie (S.76). Die »innere Stimme der Seele« ist hierbei »die Schnittstelle zur Unendlichkeit«. Gelingt es Ihnen, diesen »inneren Ort« zu betreten, berühren Sie die Unendlichkeit. Aber Sie müssen Ihr »Zentrum der Stille« nicht nur berühren. Sie müssen sich auch davon berühren lassen.
Um in Ihr »Zentrum der Stille« hinabzutauchen, müssen Sie zunächst Körper und Geist beruhigen! Dies geschieht über die Atmung. Wer von Ihnen Entspannung und Meditationsformen kennt, weiß, wie hilfreich die Atmung ist, um einen körperlich und geistig ausgeglichenen Zustand zu erlangen. Die Zwerchfellatmung ist hierbei am geeignetsten.
Die Zwerchfellatmung ist eine Tiefenatmung, d.h. Sie atmen bis in den Bauchraum hinein und von diesem wieder hinaus. Dabei führen Sie die Luft durch die Nase ein und wieder aus. Die Zwerchfellatmung unterscheidet sich von der verbreiteten Brustatmung, die keinen Entspannungseffekt hat.
Atmen Sie bei der Zwerchfellatmung tief und ruhig ein und aus! Machen Sie dabei zwischen Einatmen und Ausatmen keine Pausen! Ein- und Ausatmen sollen fließend ineinander übergehen! Halten Sie auch niemals den Atem an! Atmen Sie immer ein weniger länger aus, als Sie eingeatmet haben! Der Entspannungseffekt stellt sich beim Ausatmen ein. Beim Einatmen hebt sich die Bauchdecke ein wenig. Beim Ausatmen senkt sie sich. Überprüfen Sie dies, indem Sie eine Hand auf Ihren Bauch legen. Am besten führen Sie die Zwerchfellatmung im Sitzen durch. Dabei können Sie eine Ihnen bekannte und vertraute Meditationshaltung wählen oder einfach entspannt auf einem Stuhl sitzen.
Wie beim Verweilen in der äußeren Stille sollen Sie keinen Gedanken nachhängen: keinen alltäglichen und auch keinen besonderen lebensthematischen Gedanken. Lassen Sie Ihre Gedanken kommen und gehen, konzentrieren Sie sich zunächst nur auf Ihr Ein- und Ausatmen! Spüren Sie, wie die Luft beim Einatmen in Ihren Körper strömt und durch den Körper erwärmt langsam wieder hinausfließt! Mit der Zeit werden Sie Ihren ganz persönlichen Atemrhythmus gefunden haben. Um die Konzentration zu erleichtern, können Sie beim Einatmen und Ausatmen bis zehn durchzählen und fangen dann wieder von vorne an! Das Zählen soll lediglich eine Hilfe sein, sich nicht an aufsteigende Gedanken und Gefühle zu klammern. Auch die daran anschließende Konzentration auf das Ein- und Ausatmen ist nur ein vorübergehendes Ziel. Das Hauptziel bleibt, sich nur noch auf die innere Stille konzentrieren zu können. Anfangs mag es Ihnen vielleicht schwierig erscheinen, Ihre Atmung umzustellen. Mit ein wenig Übung werden Sie schnell merken, daß Sie sich auf diese Weise in der Regel gut und tief entspannen können. Beginnen Sie täglich dreimal für fünf Minuten in Ihrem persönlichen Raum der Abgeschiedenheit zu atmen! Erhöhen Sie die Zeit wöchentlich um jeweils fünf Minuten, bis Sie zwanzig Minuten erreicht haben! Es reicht, wenn Sie einmal am Tag zwanzig Minuten in der oben beschriebenen Weise atmen.
Beherrschen Sie die Zwerchfellatmung, so können Sie diese Form der Atmung zur Entspannung von Körper und Geist verwenden. Es steht Ihnen jedoch vollkommen frei, sie mit Ihnen bekannten und vertrauten Entspannungsmethoden wie z. B. Yoga, dem Autogenen Training, der progressiven Muskelrelaxation von Jacobsen oder der Selbsthypnose zu kombinieren. Reimund Cremer sagte mir, daß es gleichgültig sei, wie der Körper und der Geist zu Ruhe und Konzentration gebracht werden. Wichtig sei nur, daß es geschieht.
Entscheidend ist jedoch, daß am Ende Ihrer Entspannungsphase keine sprachlichen Äußerungen (wie Formeln) oder körperliche Bewegungen (Veränderung der Körperhaltung) mehr erfolgen. Körper und Geist müssen fest und unbewegt in sich ruhen. Je intensiver Sie üben, um so schneller werden Sie entspannt sein.
Sobald Sie entspannt und konzentriert sind, beginnen Sie, in Ihren Körper hineinzulauschen! Die folgenden Übungen sollen nicht länger als zwanzig bis dreißig Minuten dauern. Schließen Sie die Augen, falls Sie diese nicht schon von Anfang an geschlossen haben sollten! Richten Sie Ihre Konzentration auf das Innere Ihres Körpers! Spüren Sie sich von Kopf bis Fuß! Nehmen Sie nacheinander wahr, wie sich Ihr Kopf, Ihre Arme, Ihre Hände, Ihre Brust, Ihr Bauch, Ihre Beine, Ihre Füße anfühlen! Konzentrieren Sie sich auf die einzelnen Körperteile!
Beginnen Sie zunächst mit dem Kopf. Spüren Sie ihn! Sie müssen ihn vor Ihrem geistigen Auge nicht sehen! Bleiben Sie eine kurze Zeit bei dieser Empfindung. Gelingt Ihnen dies gut, konzentrieren Sie sich auf den nächsten Körperteil, bis Sie alle durchhaben. Dies ist das Ziel in der ersten Woche.
Ab der zweiten Woche versuchen Sie, Ihren Körper in seiner Gesamtheit zu spüren! Gehen Sie als Vorbereitung die einzelnen Körperpartien durch und verbinden Sie die einzelnen Empfindungen zu einem Ganzen! Durch regelmäßiges Üben sollte es Ihnen gelingen, dieses Ganzheitsempfinden innerhalb weniger Sekunden herstellen zu können. In der dritten Woche bleiben Sie eine Weile bei dieser Empfindung. Dann beginnen Sie, sich auf die Schwärze vor Ihren geschlossenen Augen zu konzentrieren! Tauchen Sie mit Ihrem Ganzheitsempfinden darin ein! Die Dunkelheit ist das Synonym für die Unendlichkeit. Begrenzen Sie diese Dunkelheit nicht, indem Sie sich vorstellen, daß sie an Ihren Schläfen, Ihrem Haar, Ihrem Kinn endet, daß Sie Markierungspunkte in die Schwärze setzen oder daß Sie sie durch ein Öffnen der Augen beenden! In dieser Unendlichkeit gibt es kein Oben und kein Unten, kein Rechts und kein Links. Alles ist unterscheidungslos. Spüren Sie die unendliche Weite, die Unbegrenztheit dieser Schwärze vor Ihren geschlossenen Augen. Lassen Sie sich auf sie ein! Halten Sie diese »Unendlichkeit« aus! Versinken Sie in ihr. Lernen Sie, sie zu genießen. Lassen Sie sich von ihr treiben, ohne dabei die Konzentration zu verlieren! Spüren Sie diese Unendlichkeit in Ihrem Körper! Mit dem ganzheitlichen Empfinden Ihres Körpers sind Sie ein Teil der Unendlichkeit. Dies ist Ihr »Innen«, Ihr »Zentrum der Stille«. Wie bei der äußeren Stille kann die innere Stille für Sie anfangs unangenehm sein. Mit der Zeit wird Sie Ihnen jedoch vertrauter und angenehmer werden. Sie werden aus der inneren Stille die Ruhe und Kraft ziehen, die Sie schon aus dem Genießen der äußeren Stille gewonnen haben. Auch bei den Übungen zur inneren Stille werden Sie wahrscheinlich noch leicht ablenkbar sein. Gedanken werden Ihre Konzentration stören. Möglicherweise kommen Ihnen Bilder oder Empfindungen, neue Lebensthemen fallen Ihnen ein. Doch beim Erleben der inneren Stille geht es nicht darum, sie aufzugreifen, sondern um die reine Konzentration auf Ihr »Zentrum der Stille«. Erleben Sie, wie Sie abgelenkt werden, machen Sie sich keine Vorwürfe und ärgern Sie sich nicht! Das lenkt Sie nur erneut ab. Konzentrieren Sie sich statt dessen eine Weile auf Ihre Atmung, bis Sie sich wieder auf die innere Stille konzentrieren können!
Sollte sich bei Ihnen ein Angstgefühl einstellen, hören Sie auf und tasten Sie sich langsam daran, Ihre Angstgrenze zu überschreiten! Sobald es Ihnen gelungen ist, die Unendlichkeit in Ihrem Körper zu spüren und damit die »gewaltige Weite« Ihres Innern zu erfahren, konzentrieren Sie sich für die nächsten zwei bis drei Wochen auf nichts anderes!
Gelingt es Ihnen, in das »Innen« hinabzutauchen und darin zu bleiben, haben Sie die »Pforte des Zentrums der Stille« berührt. Je intensiver Sie nun üben, um so schneller werden Sie diese Schwelle überschreiten und tiefer in Ihr »Zentrum der Stille« eintauchen können. Hierbei wird sich noch nichts Dramatisches ereignen. Das Spüren der Unendlichkeit und der gewaltigen Weite des eigenen »Innen« kann in Ihnen jedoch ein intensives Gefühl der Stärke und Größe hervorrufen. Genießen Sie es! Aber berauschen Sie sich nicht daran! Die Stille des »Innen« liegt jenseits der Mächtigkeit dieser Gefühle. Sie ist im wahrsten Sinne des Wortes still.
Je mehr Sie als hohes Selbst in Ihr »Innen« hinabtauchen, um so mehr werden Sie ein Teil dieses »Innen« werden. Geben Sie sich Ihrem »Innen« hin! Vertrauen Sie der Stille in sich, die nichts anderes ist als ein »Ort« der Harmonie und des inneren Friedens. Versuchen Sie einmal im Monat vier Tage lang jeweils bis zu zwei Stunden in Ihr »Zentrum der Stille« hinabzutauchen. Dies kann insbesondere für Berufstätige und Vielbeschäftigte zu einem zeitlichen Problem werden. Handeln Sie aus Ihrem Bedürfnis heraus! Wenn Sie das Bedürfnis nach der inneren Stille verspüren, folgen Sie ihm!
 

Dritter Schritt: Den Intuitionen Raum geben


Während Sie den ersten Schritt nicht mehr auszuführen brauchen, wird Sie der zweite Schritt für eine lange Zeit begleiten.
Mit dem Folgenden treten Sie in die Phase der indirekten Kontaktaufnahme zu Ihrer inneren Stimme ein. Erinnern Sie sich, daß Intuitionen für Reimund Cremer die indirekten Äußerungen des tiefen Selbst sind! Wir Europäer sind es nicht gewohnt, Intuitionen als eine Form der Erkenntnis anzunehmen, geschweige denn auf sie zu hören. Die indirekten Äußerungen des tiefen Selbst werden so vom hohen Selbst unterdrückt. Es ist das Ziel des dritten Schritts auf dem Weg zur Erweckung des tiefen Selbst, daß Sie die Fähigkeit erlangen, Ihre Intuitionen wahrzunehmen und ihnen folgen zu können. Auf diese Weise werden Sie Ihrer »inneren Stimme der Seele« um einen entscheidenden Schritt näher kommen. Denn im Vertrauen auf die Existenz und Wirksamkeit Ihrer Intuitionen vertrauen Sie bereits indirekt Ihrem tiefen Selbst.
Über das Finden der äußeren Stille und das Erleben der inneren Stille haben Sie bereits Ihren Geist für eine verstärkte Wahrnehmung der indirekten Wirkungsweise des tiefen Selbst geöffnet. Sie haben eine Innerlichkeit gewonnen, die Sie für Ihr »Innen« hat hellhörig werden lassen. Sie haben einen Grad der Ruhe und Ausgeglichenheit erreicht, der es Ihnen ermöglicht, diese Fähigkeit zur Innerlichkeit im All-tag umzusetzen. Das bedeutet, daß Sie in der Lage sind - in Situationen, in denen Sie beispielsweise eine Entscheidung zu treffen haben oder sich einen Eindruck von etwas verschaffen wollen -, auf Ihr »Innen« zu hören. Sie sind bereit, die »Botschaften des Innen« wahrzunehmen. Achten Sie auf das, was sich Ihnen offenbart: Ein zustimmendes oder ablehnendes Gefühl, eine warnende Empfindung, eine sprachliche Reaktion. Halten Sie sich für diese »Botschaften des Innen« offen!
Zu Anfang wird es nicht leicht sein, die echten von den falschen Intuitionen zu unterscheiden. Echte Intuitionen sind Ausdruck Ihres tiefen Selbst. Falsche Intuitionen sind Ausdruck Ihres hohen Selbst. Letzteres bedeutet, daß sie ausschließlich Resultat Ihrer »egoistischen« Wunschvorstellungen, Befürchtungen und Bedürfnisse sind. Sie sind nicht unmittelbar, sondern Ausdruck Ihrer nicht bewußten sofortigen Bewertungen. Dies kann ein tief verwurzeltes Mißtrauen (aufgrund negativer Lebenserfahrungen) gegenüber anderen Menschen sein. Das sofortige Gefühl, der sofortige Gedanke des Mißtrauens, der sich bei der Äußerung eines Menschen einstellt, ist in diesem Fall die Folge in der Vergangenheit gemachter Erfahrungen, aber nicht das Erleben einer echten Intuition.
Sie werden Ihren eigenen falschen Intuitionen öfter erliegen, als Sie denken. Weil Menschen ihren falschen Intuitionen erliegen, setzen sie allgemein und damit voreilig in die Erkenntnisform der Intuition kein wirkliches Vertrauen. Wenn Sie jedoch die Unterschiede erkennen lernen, haben Sie einen erweiterten  Zugang zu sich gewonnen, der Ihnen neue Möglichkeiten eröffnet, die Welt und sich selbst zu sehen. Dies setzt jedoch eine Zeit intensivster Selbstbeobachtung voraus und die Fähigkeit, an den falschen Intuitionen nicht zu verzweifeln und aus ihnen zu lernen.
Ein wesentliches Kriterium zur Unterscheidung zwischen echten und falschen Intuitionen ist, daß echte Intuitionen blitzartig erfolgen. Sie kommen unerwartet und ohne jegliche Vorwarnung. Sie bilden sich unmittelbar. Bedenken Sie, eine Intuition ist nicht Ausdruck eines Denkprozesses! Sie ist weder die Analyse noch die Reflexion eines Gedankens oder eines Gefühls. Diese Form der Erkenntnis hat eine logisch nicht faßbare, aber letztendlich wirksame Qualität. Allerdings können auch falsche Intuitionen sehr schnell sein. Sobald Sie jedoch wahrnehmen, daß solchen Intuitionen ein Gefühl der Besorgnis, der Angst, Ungeduld, Hoffnung vorausgeht, können Sie sicher sein, daß sie auf Ihren Rationalisierungen oder Ihren Gefühlen beruhen. Je unmittelbarer eine Intuition ist, um so eher wird es sich um eine echte Intuition handeln.
Intuitionen sind nicht auf bestimmte Zeiten und Orte beschränkt, auch wenn sie in Ruhephasen und an entspannenden Orten gehäufter auftreten können. Sie lassen sich allerdings nicht darauf begrenzen und festlegen. In jeder Situation können Intuitionen emportauchen und ebenso schnell wieder verschwinden. Dies macht die Schwierigkeit aus, sie überhaupt wahrzunehmen. Ein Mensch, der in und aus der
Hektik lebt oder sich ihr ausliefert, wird seine Intuitionen nicht wahrnehmen können, weil ihm dafür die innere Ruhe und Harmonie fehlt. Seine alltägliche Wahrnehmung wird auf das Außen anstatt auf das Innen ausgerichtet sein.
Sobald Sie glauben, eine echte Intuition zu haben, liegt es an Ihnen, ob Sie ihr vertrauen wollen oder nicht. Es wird Ihnen - wollen Sie einen Kontakt zu Ihrem tiefen Selbst herstellen - nichts anderes übrigbleiben, als das Wagnis des Vertrauens einzugehen. Sie werden dabei zwangsläufig das Risiko tragen, falschen Intuitionen zu erliegen. Erweist sich eine angeblich echte Intuition im nachhinein als falsch, ist es wichtig, daß Sie die Bedingungen ihrer Entstehung gedanklich und emotional nachvollziehen können. Halten Sie den Gesamteindruck einer jeden Intuition sofort fest! Beschreiben Sie ihn genau! Auf diese Weise wird es Ihnen mit der Zeit gelingen, die echten von den falschen Intuitionen unterscheiden zu können.
Versuchen Sie jedoch nicht, Intuitionen herbeizuzwingen! Dies wird nicht funktionieren. Sie blockieren damit nur den freien Fluß der Intuition. Seien Sie einfach in Ihren zwischenmenschlichen Kontakten, in den Phasen des AlIeinseins, in Problem- und Entscheidungssituationen offen für die Antworten, die aus Ihrem »Innen« kommen. Je besser Sie in Ihr »Zentrum der Stille« hinabtauchen können, um so eher werden sich Intuitionen einstellen. Funktioniert dies nicht, müssen Sie sich parallel dazu intensiver dem zweiten Schritt widmen!
In den Wochen, in denen Sie lernen, Ihre Intuitionen wahrzunehmen, ihnen zu vertrauen, sie von falschen Intuitionen zu unterscheiden, bereiten Sie sich bereits auf den letzten und entscheidenden Schritt vor! Das Vertrauen, das Sie Ihren Intuitionen entgegenbringen, wird Ihrem tiefen Selbst zeigen, daß Sie bereit und willens sind, sich auf es einzulassen.
 

Vierter Schritt: Die Verbindung mit dem tiefen Selbst aufnehmen


Sie sind einen langen und intensiven Weg gegangen, um nun den letzten und entscheidenden Schritt zu vollziehen. Sie sind bereit, den direkten Kontakt zu Ihrer »inneren Stimme der Seele« aufzunehmen. Bei diesem letzten Schritt müssen Sie noch nicht von der Existenz des tiefen Selbst vollständig überzeugt sein. Schließlich können Sie nicht einfach an etwas glauben, was Ihnen fremd ist. Sie werden zweifeln, und das ist gut so. Der Zweifel ist der Motor der Veränderung. Er ist nie etwas Negatives, was unter allen Umständen ausgelöscht werden muß. Er hält Sie in innerer Bereitschaft und vermag Sie vor Selbst-täuschungen zu schützen. Ihr Zweifel wird den Impuls, Ihre Selbstgespräche für die >innere Stimme der Seele< zu halten, unterdrücken. Ihr Zweifel darf Sie jedoch nicht lähmen und damit handlungsunfähig machen. Der Zweifel erfährt nur dort seine volle Positivität, wo er Sie für Veränderungen offenhält. Die Kontaktaufnahme zu Ihrem tiefen Selbst ist an das Finden der äußeren und das Erlebenkönnen der inneren Stille gebunden. Suchen Sie nach wie vor Ihren ganz persönlichen »Ort der äußeren Abgeschiedenheit« auf. Ungestörtheit ist notwendig. Beginnen Sie mit dem zweiten Schritt. Atmen Sie bewußt, und vollziehen Sie Ihre Entspannungsanleitung. Suchen Sie das »Zentrum der Stille« in sich auf. Nehmen Sie sich viel Zeit! Konzentrieren Sie sich zunächst nur auf Ihr »Innen« und noch nicht auf die Anwesenheit des tiefen Selbst. Lauschen Sie in sich hinein! Nehmen Sie die Ruhe und Harmonie in sich wahr und schenken Sie ihr Ihre ganze Aufmerksamkeit. Sie sind vollständig auf Ihr »Innen« konzentriert! Wenn Sie die Harmonie in sich spüren, die Einheit und Verbundenheit mit Ihrem Körper, die »Unendlichkeit Ihrer Existenz«, dann sprechen Sie Ihr tiefes Selbst direkt an.
Erwarten Sie an dieser Stelle bitte nicht, daß ich Ihnen mitteile, wie Sie Ihre innere Stimme ansprechen sollen. Dies ist ganz allein Ihre Sache. Bedenken Sie, daß es nicht darum geht, einen formelhaften Satz zu benutzen, sondern daß Sie Ihre eigenen Worte finden müssen! Vielleicht kommt es Ihnen bei der Kontaktaufnahme lächerlich vor, daß Sie zu einem angeblich in Ihnen existierenden zweiten Ich sprechen sollen und wollen. Dieser Umstand macht Sie für Ihr tiefes Selbst nicht unglaubwürdig. Es hat mehr Verständnis, als Sie sich vorstellen können. Lassen Sie sich von dem Gefühl der Lächerlichkeit nicht irritieren und sprechen Sie Ihr tiefes Selbst direkt an! Wenn Sie keine Worte finden und in Gedanken zu stammeln beginnen, so ist dies nicht schlimm. Versuchen Sie, wieder ruhig zu werden, konzentrieren Sie sich auf das »Zentrum der Stille« und probieren Sie es erneut!
Seien Sie nicht enttäuscht, wenn das tiefe Selbst nicht sofort auf Ihre Kontaktaufnahme reagiert! Es tut es in den seltensten Fällen. Die Reaktion Ihres tiefen Selbst kann tage- oder wochenlang auf sich warten lassen. Sie werden ungeduldig werden. Je mehr Sie jedoch Ihre Geduld und Gelassenheit verlieren, um so weiter werden Sie sich von Ihrem tiefen Selbst und Ihrem »Zentrum der Stille« entfernen.
Nehmen Sie Ihre Bitten um Kontaktaufnahme nicht gebetsmühlenartig vor, indem Sie sie ständig wiederholen. Lassen Sie längere Pausen zwischen Ihren Bitten. Warten Sie auf eine Reaktion. Wenn Sie sich beispielsweise zwanzig Minuten in Ihrem »Zentrum der Stille« befinden, sollten Sie in diesem Zeitraum Ihre innere Stimme nicht öfter als vier- oder fünfmal ansprechen!
Wenn Ihre innere Stimme nach zwei Wochen noch keine Verbindung zu Ihnen aufgenommen haben sollte, beschränken Sie sich nicht mehr auf das einfache Bitten! Beginnen Sie, Ihrem tiefen Selbst von sich zu erzählen! Dabei kommt es nicht so sehr darauf an, was Sie erzählen - das tiefe Selbst kennt Sie besser, als Sie sich selbst kennen - sondern vielmehr auf die Art und Weise, wie Sie mit Ihrem tiefen Selbst sprechen. Es ist ein Unterschied, ob Sie anderen Menschen von Ihren Hoffnungen, Sorgen, Freuden, Ängsten, Träumen erzählen. Hier wird immer eine gewisse Distanz vorliegen. Außerdem werden Sie den Inhalt, über den Sie sprechen wollen, immer prüfen, filtern und schließlich auswählen, was Sie erzählen. Gegebenenfalls werden Sie etwas dramatisieren, übertreiben oder bagatellisieren. Wenn Sie mit sich selbst sprechen - von hohem Selbst zu hohem Selbst -, geschieht dies eher in Form einer Selbstberuhigung und Selbsttröstung.
Sprechen Sie jedoch bewußt zu Ihrem tiefen Selbst, so dürfen Sie keine Distanz aufbauen. Seien Sie rückhaltlos ehrlich zu sich! Sie können es sein, denn alles, was Sie sagen, bleibt in Ihnen.
Ist Ihr tiefes Selbst von der Aufrichtigkeit Ihres Kontaktwunsches überzeugt - und bedenken Sie, daß es jeden Ihrer vergangenen und aktuellen Gedanken, Gefühle und Einstellungen kennt -, wird es früher oder später mit Ihnen Kontakt aufnehmen. Dies muß nicht unbedingt auf sprachliche Weise geschehen. Ihr tiefes Selbst kann den Kontakt zu Ihnen aufnehmen, indem Sie ungewöhnliche Empfindungen (erhöhte Intensität, Pochen, Kribbeln) in einer Körper-partie haben oder ein angenehmes Rieseln durch Ihren Körper zieht. Es können auch konkrete Bilder in Ihrem Kopf auftauchen. Die erste Reaktion der inneren Stimme muß auch keine konkrete Botschaft oder Aussage beinhalten. Letztendlich ist es jedoch das Ziel, daß Sie in einen sprachlichen Kontakt zu Ihrer inneren Stimme treten.
Greifen Sie nicht nach dem, was Ihnen Ihre innere Stimme anbietet. Versuchen Sie nicht, die Empfindung, den Eindruck oder die sprachliche Reaktion, die Sie bekommen, festzuhalten! So verlieren Sie nur wieder den Kontakt zu Ihrem tiefen Selbst. Erleben Sie die Reaktion, ohne in besonderer Weise darauf zu reagieren, außer vielleicht in einem kaum vermeidbaren kurzen freudigen Erstaunen oder einer kurzen überraschten Ängstlichkeit! Wenn die Reaktion Ihres tiefen Selbst vorüber ist, liegt es nicht in Ihrer Macht, diese zurückzuholen. Freuen oder erschrecken Sie sich allerdings nicht zu sehr und zu lange! Sie werden dadurch den Kontakt verlieren, da Sie wegen Ihrer Erregung nicht mehr in Ihrem »Zentrum der Stille« sind. Falls dies eintritt, ist es jedoch nicht weiter problematisch! Machen Sie sich deutlich: Ihr tiefes Selbst hat grundsätzlich seine Bereitschaft gezeigt, mit Ihnen in Verbindung zu treten und damit auch zu bleiben! Fordern Sie Ihr tiefes Selbst also in aller Ruhe und Gelassenheit weiter dazu auf, mit Ihnen zu sprechen!
Es kann jedoch geschehen, daß die nächste Kontakt-aufnahme sich für Sie schwieriger gestalten wird. Denn Sie werden nun möglicherweise eine gesteigerte Erwartungshaltung haben! Sie werden unruhiger und ungeduldiger. Dadurch entfernen Sie sich vom »Zentrum der Stille« und erschweren so die Herstellung einer neuen Verbindung.
Das Erschrecken bleibt nicht aus, wenn sich Ihr tiefes Selbst mit Ihrer eigenen Stimme zu Worte meldet, ganz gleich, wie sehr Sie den Kontakt gewünscht haben. Sie werden in der Regel merken, ob Sie sich dabei durch ein Selbstgespräch täuschen oder ob es wirklich die »innere Stimme der Seele« ist, die durch Sie mit Ihnen spricht. Sie werden einen deutlichen Unterschied zu einem Selbstgespräch wahrnehmen. Erinnern Sie sich daran, daß die Art und Weise, wie die innere Stimme mit Ihnen sprechen wird, einzig-artig ist! Die Ruhe und Harmonie, die Güte und Liebe, die aus Ihrer eigenen Stimme klingt, wird Ihnen sofort deutlich machen, daß nicht Sie als hohes Selbst es sind, der sich da mit Ihrer Stimme äußert. Sie werden es einfach wissen!
Ihre zweite Reaktion wird wahrscheinlich zaghaft ausfallen. Denn nun ist es an Ihnen, zu reagieren. Sie werden möglicherweise keine Worte finden. Wer könnte es Ihnen auch verdenken! Möglicherweise werden Sie es auch selbst sein, der den gerade hergestellten Kontakt zu Ihrem tiefen Selbst abbricht! Ganz einfach deshalb, weil Sie die neue Erkenntnis, daß das zweite Ich in Ihnen wirklich existiert, im Moment nicht ertragen können. Sie werden vielleicht Tage benötigen, um dieses Erlebnis zu verarbeiten. Es kann auch möglich sein, daß das tiefe Selbst sich zurückzieht, falls es merkt, daß Sie in diesem Augenblick überfordert sind. All dies ist nicht weiter schlimm. Der Kontakt ist hergestellt. Das tiefe Selbst will diesen Kontakt. Es hält Sie für bereit und für fähig, eine dauerhafte Verbindung einzugehen. Auch wenn Sie im Laufe der Jahre den Kontakt einstellen oder verlieren sollten, weil Sie ihn nicht mehr wollen oder Sie sich ganz einfach von Ihrem »Zentrum der Stille« entfernt haben, werden Sie - sobald Sie es wünschen - sehr schnell wieder einen neuen Kontakt zum tiefen Selbst aufbauen können. Ihre innere Stimme wird Sie deshalb weder tadeln noch Ihnen böse sein. Erinnern Sie sich auch daran, daß das tiefe Selbst sich Ihnen niemals aufdrängt! Es erkennt voll und ganz die Integrität und Unantastbar-keit des hohen Selbst an. Dies gehört zu den Regeln des tiefen Selbst, die unumstößlich sind.
 

Die Unterscheidung zwischen Selbstgespräch und innerem Dialog


Die Verbindung zu Ihrer »inneren Stimme der Seele« ist hergestellt. Ihr nächstes Ziel wird es nun sein, die Verbindung zu Ihrem tiefen Selbst zu erhalten und auszubauen. Bis Sie mit Ihrer inneren Stimme eine Basis der Vertrautheit gewonnen haben, wird einige Zeit vergehen. Anfangs leben Sie ständig in der Gefahr, einen inneren Dialog mit einem Selbstgespräch zu verwechseln. Da sich das tiefe Selbst über Ihre eigene Stimme äußert, kann dies leicht geschehen. Dieser Umstand beinhaltet die Versuchung, sich nicht wirklich auf die »innere Stimme der Seele« einzulassen. Reimund Cremer und alle die, die mit ihm den Weg der Unsterblichkeit gehen wollten, waren dieser Versuchung ausgesetzt. Geben Sie dieser Versuchung nach, können Sie auf eine bequeme Art und Weise alle Ihre Gedanken, Gefühle und Handlungen mit dem Verweis auf Ihr tiefes Selbst legitimieren. Damit bauen Sie jedoch keine Bindung zu Ihrem zweiten Ich auf, sondern ab. Sie beenden den Weg, anstatt ihn weiterzugehen. Wenn Sie Entscheidungen treffen und sich auf ein tiefes Selbst verlassen, das keines ist, sondern nur ein verdecktes hohes Selbst, kann sich dies negativ auf Ihr Leben auswirken. Somit ist die Fähigkeit, zwischen Selbstgesprächen und inneren Dialogen unterscheiden zu können, unerläßlich.
Vom ersten Schritt kennen Sie bereits das intensiv geführte Selbstgespräch. Sie haben die Erfahrung gemacht, wie Sie ein Gespräch mit sich selbst führen. Das mag Ihnen möglicherweise etwas schwergefallen sein, wenn Sie es bis dahin nie bewußt getan haben. Selbstgespräche zu führen, ist jedoch nichts Ungewöhnliches oder Krankhaftes. Die meisten Menschen reden mit sich selbst. In Gedanken gesprochene Sätze wie »Das mußte ja so kommen!« oder »Als erstes mache ich zu Hause ... « sind Formen von Selbstgesprächen und etwas vollkommen Normales. Oft führen Menschen diese Art von Gesprächen, ohne sie bewußt wahrzunehmen, weil sie sich im Laufe der Zeit automatisiert haben. Vielleicht unterhalten sie sich einfach aus Langeweile mit sich selbst oder um auf diese Weise ein Problem, eine Idee besser fassen zu können.
Diese Gespräche werden von Ihnen als hohes Selbst vollkommen kontrolliert. Sie bestimmen den Inhalt, die Form, das Sprechtempo, die Stimmqualität. Es liegt in Ihrer Macht, diese Gespräche zu beenden. Dies funktioniert auch bei einigen leichteren Formen psychischer Störungen.
Vor einiger Zeit arbeitete ich mit einer Klientin, die in Krisensituationen die Stimme ihrer Mutter hörte, die ihr lautstark Verhaltensanweisungen gab oder sich über ihr Verhalten lustig machte. Die Stimme in ihrem Kopf klang genauso, wie die Stimme der Mutter zu deren Lebzeiten gewesen war. Sie stand diesem Phänomen hilflos gegenüber. Ich forderte die Klientin auf, die Stimme der Mutter bewußt leiser zu stellen, so, wie man ein Radio leiser stellt. Dies gelang ihr nach einigem Üben sehr gut. Als nächstes schlug ich vor, die Stimme ihrer Mutter qualitativ zu verzerren. Das bedeutete, daß sie die Stimme, wie bei der Regelung eines Tonbandgeräts, ihrer Mutter beschleunigen oder verlangsamen sollte. Auch dies gelang ihr. Auf diese Weise vermochte die Klientin, die Stimme ihrer Mutter in sich zu beeinflussen. Schon nach wenigen Wochen war die Stimme der Mutter gänzlich verschwunden.
Solange es Ihnen gelingt, Ihre eigene Stimme zu manipulieren, sie leiser zu stellen, zu beschleunigen oder zu verlangsamen, ist es nicht das tiefe Selbst, was zu Ihnen spricht. Dies ist bereits ein entscheidendes Kriterium, um ein Selbstgespräch von einem inneren Dialog mit Ihrem tiefen Selbst unterscheiden zu können.
Ein weiteres Kriterium ist die Plötzlichkeit, mit der sich Ihre innere Stimme zu Wort meldet. Wie bei Ihren Intuitionen erfolgt die Reaktion unmittelbar. Sie denken und fühlen nicht die Antwort, die Ihnen Ihr tiefes Selbst gibt. Sobald Sie merken, daß Sie Sätze vorformulieren, wissen Sie, daß Sie nicht mit Ihrem zweiten Ich sprechen, sondern ausschließlich mit sich selbst. So wie die nichtsprachlichen Intuitionen sind auch die sprachlichen Reaktionen des tiefen Selbst intuitiv. Sie bringen ein Problem auf den Punkt. Eine Lösung wird in Bruchteilen von Sekunden präsent. Eine Einsicht bildet sich ohne vorherige Überlegung. Der Bezug zu Ihrem Leben wird in diesen »sich Ihnen offenbarenden Augenblicken« unmittelbar deutlich werden oder Ihnen aber vollkommen unverständlich und fremd sein. Dann ist Ihr Vertrauen gefordert, daß sich das Unverständliche früher oder später klären wird.
Ein weiteres Kriterium ist die inhaltliche Dichte der Äußerungen des tiefen Selbst. Wo Sie Platitüden, Verallgemeinerungen, Dinge, die Ihnen sowieso schon klar sind, vernehmen - es sei denn, sie führen zu einer blitzartigen und weiterführenden Einsicht-, zeigt sich ebenfalls Ihr Ich am Werk. Ihre innere Stimme ist kein Gesprächspartner im üblichen Sinne. Sie unterhält sich nicht mit Ihnen oder unterhält Sie. Die Äußerungen des tiefen Selbst sind kurz und prägnant und überschreiten in der Regel selten mehr als fünf oder sechs Worte pro Reaktion. Auch wird Ihr tiefes Selbst Sie nie in Ihren emotionalen Ausbrüchen oder rationalen Selbstverteidigungsreden unterstützen. Weder Ihre Wut, Ihren Haß noch Ihren Neid, Ihre Rationalisierungen, kurz alles Destruktive wird Ihre innere Stimme verstärken. Statt dessen wird sie versuchen, Sie zu trösten und zu beschwichtigen. Nie wird es für Sie und damit für Ihre Ichbedürfnisse einseitig Partei ergreifen und sich auf eine Ebene der geistigen Befangenheit und geistigen Eingrenzung begeben.
Das wichtigste Kriterium - Sie erleben und erfahren es bei Ihrem ersten echten Kontakt zum tiefen Selbst - ist der Klang Ihrer eigenen Stimme, durch die das tiefe Selbst zu Ihnen spricht. Diese Klangqualität ist nicht veränderbar. Sie können sie in keiner Weise beeinflussen. Die Güte, Liebe, Ruhe und Weisheit, die aus und in ihr spricht, kann von Ihnen niemals exakt imitiert werden. Zwar können Sie innerhalb eines Selbstgesprächs gütig und weise mit sich selbst sprechen, aber es erzielt nie die Qualität, die sich über Ihre innere Stimme ausdrückt. Es wird etwas fehlen. Sie werden es in den Augenblicken spüren, wo Ihr tiefes Selbst auf seine unvergleichliche Weise zu Ihnen sprechen wird.
Sie können die Verbindung zu Ihrem tiefen Selbst durch Ungeduld oder Angst vor Kontaktverlust verlieren. Gerade am Beginn der Beziehung zu Ihrer inneren Stimme ist es wichtig, daß Sie sehr genau prüfen, ob Sie ein Selbstgespräch oder einen inneren Dialog führen. Unterlassen Sie diese Prüfung, kann sich eine kultivierte Form des Selbstgesprächs entwickeln, die es schwermacht, die richtige Unterscheidung zu treffen.
Es ist anfänglich schwierig und mühsam, die Stimme des tiefen Selbst von Ihrer Stimme klar zu unterscheiden. Es ist letztlich ein Zeichen, daß beide Selbst eins sind und zusammengehören. Und was könnte dies besser ausdrücken, als ein und dieselbe Stimme für zwei Selbst.
Der Zweifel an der Echtheit der inneren Stimme wird Sie wahrscheinlich für einige Zeit begleiten. Das ist normal und sogar sehr wichtig. Unterdrücken Sie Ihre Zweifel nicht! Sie werden unterhalb der Oberfläche Ihres Bewußtseins weiter existieren und Sie trotzdem verunsichern. Auf diese Weise würden Sie den Ausbau und sogar die Herstellung einer echten Beziehung zu Ihrer inneren Stimme verhindern. Erst dann, wenn Sie die subjektive Sicherheit gewonnen haben, daß die innere Stimme in Ihnen wirklich existiert, wird sich in Ihnen eine neue innere Welt auftun, die reicher und inniger ist, als Sie es sich vorstellen können!
 
 

Die Vertiefung der Beziehung zum tiefen Selbst


Sie sind nun in der Lage, zwischen Selbstgesprächen und den inneren Dialogen klar unterscheiden zu können. Die Vertiefung der Beziehung zu Ihrem tiefen Selbst ist somit nur noch eine Frage der Zeit. Je öfter Sie Ihr »Innen« aufsuchen und aus Ihrem »Zentrum der Stille« Verbindung zu Ihrem tiefen Selbst aufnehmen, um so tiefer und inniger wird sich die Beziehung zwischen beiden Selbst gestalten. Sie müssen nun nicht pausenlos mit Ihrer inneren Stimme in Kontakt treten. Es geht nicht um die Quantität, sondern einzig und allein um die Qualität der Beziehung. Vergessen Sie nie, daß Ihr tiefes Selbst mit anderen Maßstäben denkt und handelt, die Ihnen weitgehend unbekannt sind! Auch dann, wenn Sie sie manchmal zu erahnen meinen.
Drängen Sie sich Ihrem tiefen Selbst also nicht auf! Es ist keine Katastrophe, wenn Sie einmal mehrere Tage keinen Kontakt zu Ihrer inneren Stimme haben.
In der Anfangsphase sollten Sie allerdings schon mehrmals am Tag mit der inneren Stimme in Verbindung treten. Da es Ihnen mittlerweile leichter fallen wird, Ihr »Zentrum der Stille« aufzusuchen, ist der zeitliche Aufwand, um zu Ihrem tiefen Selbst Kontakt aufnehmen zu können, nicht mehr so groß wie zu Beginn.
Erwarten Sie von Ihrer inneren Stimme nicht ausführliche oder allumfassende Hilfestellungen und Lösungsvorschläge für Alltagsprobleme oder bestimmte Fragestellungen. Das tiefe Selbst ist ein Selbst, das in kosmischen Maßstäben denkt. Es unter-stützt Sie bei dem, was man existentielle Fragestellungen nennen könnte. Dies sind Fragen, die um den Sinn des Lebens kreisen, um die Art und Weise, wie wir mit uns selbst umgehen und mit anderen Menschen, wie wir die Destruktivität unserer Gedanken und Gefühle vermindern können. Zeigen Sie sich Ihrem tiefen Selbst als ein Fragender, als ein Suchender, als jemand, der seine Seele weiterentwickeln will! Nur über diese existentiellen Fragestellungen vollzieht sich eine echte Annäherung zwischen Ihnen und Ihrem tiefen Selbst. Auf dieser Basis können sich beide Selbst begegnen und ergänzen. Es ist kein Ratgeber für Banalitäten, auch wenn diese Banalitäten für Sie als hohes Selbst von existentieller Bedeutung erscheinen.
Ihr Miteinander wird sich auf einem hohen geistigen Niveau abspielen. Und wenn Sie dieses Niveau erreichen und ausbauen können, wird der Dialog mit Ihrem tiefen Selbst schon bald ein natürlicher und selbstverständlicher Bestandteil Ihres Lebens sein. Sie werden ihn genießen und sich auf die Kontakte mit Ihrem tiefen Selbst freuen. Es wird eine Zeit komme, wo die Bindung zwischen beiden Selbst so intensiv sein wird, daß Ihre innere Stimme sich gelegentlich von selbst bei Ihnen melden wird. Es wird Ihnen gelingen, innerhalb von Sekundenbruchteilen mit Ihrem tiefen Selbst in einen bewußten Kontakt zu treten. Sie werden dann keinen hohen Zeitaufwand mehr betreiben müssen, um in Ihrem »Zentrum der Stille« zu sein. Es wird sich natürlich ergeben und Teil Ihres Alltags sein. Sie werden aus dem »Zentrum der Stille« leben und jederzeit Zugang zu Ihrer »inneren Stimme der Seele« haben.
Wenn Sie die vier Schritte zur Erweckung des tiefen Selbst durchlaufen haben, werden viele Monate vergangen sein, vielleicht sogar ein Jahr oder mehr. Damit haben Sie den ersten und entscheidenden Schritt zur physischen Unsterblichkeit getan. Nun liegt es an Ihnen, ob Sie diesen neuen Weg beschreiten wollen oder sich mit der Erweckung Ihres tiefen Selbst zufriedengeben. Sollte Ihnen Ihr tiefes Selbst die Unterstützung zur Unsterblichkeit verweigern, so sollten Sie dies akzeptieren, so schwer es Ihnen auch fallen mag. Die langandauernde Enttäuschung, diesen Weg nicht gehen zu können, würde das Verhältnis zu Ihrem tiefen Selbst trüben und Sie damit in die Gefahr bringen, die bereits gewonnene Lebensqualität wieder zu verlieren. Alle anderen Wege werden Ihnen jedoch nicht versperrt bleiben. Weder die Erzeugung von Energien, die Ihre körperlichen Krankheiten mindern oder heilen können, noch die Energieerzeugung, die Ihren Alterungsprozeß entscheidend verlangsamen wird.
 

Literaturhinweise
 

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Hirshberg, C. Barasch, M.I.: Unerwartete Genesung. Droemer Knaur, München 1995
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Simonton, O.C. u.a.: Wieder gesund werden. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1994
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Roud, Paul C.: Diagnose: Unheilbar, Therapie: Weiterleben. Kreuz, Stuttgart 1992
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Zeyer, Albert: Das Geheimnis der Hundertjährigen. Kreuz, Stuttgart 1995